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Beitrag 1

Lappenkeuler - Brief / Email „Pulvermühle" vom 30.09.2007

Herbstliche Grüße!

Es gibt Verrückte unter diesem Himmelszelt, man vermag es nicht zu
beschreiben. Ein Stück weiter nach unten, in Richtung der Mühlen,
befinden sich an dem Weg vereinzelt noch Weiden, die von einem
Bauern aus einem Nachbardorf zuweilen mit Kühen bestückt werden.
Diese Weiden sind natürlich eingezäunt und zwar mit stabilen
Holzpfosten an denen meist Elektrozäune hängen oder teils auch noch
Stacheldraht. Nun war neulich ein Mann hier mit einem recht alten,
auffällig vergammelten Nissan vorbei gefahren, ich kannte den nicht,
der sich unten an den Weiden zu schaffen machte. Mit einem großen
Vorschlaghammer zertrümmerte er etliche dieser Pfähle, indem er
seitlich kräftig dagegen schlug. Die Holzpfähle brachen dabei meist
gleich unten am Boden ab oder gerieten zumindest in erhebliche
Schieflage. Mochte man zunächst noch glauben, dass er vielleicht im
Auftrag des Landwirts handelt und auf diese seltsame Weise morsche
Pfähle aussondiert, um dort anschließend neue zu setzen, wurde
schnell klar, dass da etwas nicht stimmt. Was tut man, wenn man so
etwas sieht? Normalerweise würde man sagen, solle man doch einfach
den Bauern anrufen und mal bei dem nachfragen, ob das alles so seine
Richtigkeit hat. Dazu müsste man aber wissen, wie der Bauer heißt
und wo er wohnt, wissen wir aber beides nicht. Wir sehen den nur
kurz, wenn er Kühe bringt oder abholt. Das macht er dann immer mit
dem Traktor und einem Viehanhänger dran, in den jeweils 2 Kühe rein
passen. Damit fährt der dann oft einen halben Tag lang mehrmals hin
und her, bis die Weide voll oder leer ist, denn Sie können sich
vorstellen, dass der nicht nur 2 Kühe dort grasen lässt, es werden
schon um die 10 Tiere sein. Zwischen jeder Fahrt liegt meist über eine
Stunde, bevor er dann mit der nächsten Fuhre wieder hier ist. So kann
man davon ausgehen, dass der nicht allzu weit von hier weg wohnen
wird, denn in dieser Zeit muss er ja zurück fahren, 2 neue Kühe
aufladen und wieder hierher fahren. Ich schätze, dass er in einem der
kleineren Dörfer oder Einzelgehöfte im Umkreis von 5 bis 8 km
wohnt. Als der tobsüchtige Fremde auf der Weide immer mehr in
seinem Eifer zulegte und schließlich jeden Pfahl der Reihe nach
umschlug und dabei noch unverständliche Worte laut brüllend über
die Weide schimpfte, haben wir die Polizei angerufen. Es dauerte
allerdings über eine halbe Stunde, bevor die eintrafen und wir gingen
schon davon aus, dass der Wahnsinnige bis dahin sein Werk beendet
hat und wieder weggefahren ist, aber der wurde nicht müde und
befand sich inzwischen schon weit hinten auf der Weide, um dort die
Pfähle niederzuschlagen. Gemeinsam mit den beiden Polizisten fuhren
wir bis zu der Weide und die Beamten baten uns, beim Streifenwagen
auf sie zu warten, während die sich querfeldein über die Weide zu
dem Idioten begaben. Als der sie schon von weitem erblickte, geriet er
noch mehr in Rage, in einen regelrechten Tobsuchtsanfall und vor
allem nahmen seine brüllenden Beschimpfungen noch drastisch zu. Er
schimpfte in einem Dialekt, den ich kaum verstand und ich wusste den
auch nicht so recht zuzuordnen. Aus hier der Gegend war der Dialekt
nicht, wenn auch ein wenig artverwandt, aus der Stuttgarter Ecke noch
weniger, aber es war noch ein wenig schwäbischs Gschwätz mit drin,
aber halt eben doch anders, als man es kennt. Die Polizeibeamten
versuchten, den Mann mit Worten zu beruhigen, was aber völlig in die
Hose ging. Je mehr die beruhigend auf den einredeten, um so wilder
wurde der und fuchtelte mit dem Vorschlaghammer herum. Soweit ich
Brocken seiner wilden Beschimpfungen deuten konnte, zog er
vermutlich über den Bauern, der die Weide nutzt, her und er warnte
die Polizisten, dass sie ihm nicht zu nahe kommen sollten und dass sie
sich nicht von dem Beschimpften einspannen lassen sollten. Nachdem
gutes Zureden nichts brachte, überwältigten die Polizisten den
ruckartig, indem einer ihn von hinten ansprang während der andere
sich von vorne näherte. Der große Vorschlaghammer entglitt dem
Wahnsinnigen dabei, wodurch die Gefahr für die Polizisten geringer
wurde und sie ihn dann gemeinsam zu Boden warfen. Aber die hatten
zu zweit doch sichtlich Mühe, den offensichtlich relativ starken Mann
im Griff zu halten. Dann haben die dem die Hände auf dem Rücken
mit großen Kabelbindern aus Kunststoff zusammengebunden, so
ähnliche, wie man sie auch zum Zusammenbinden von
Starkstromleitungen verwendet. So in seiner Bewegungsfreiheit
eingeschränkt, musste der Mann sich zwangsläufig beruhigen,
jedenfalls was seine körperlichen Aktionen betraf. Seine brüllende
Schimpferei ging aber weiter. Schließlich warf sich der Kerl auf den
Boden und rollte sich regelrecht über den Weg, wobei er sich noch
ziemlich am Kopf verletzte und kräftig blutete. Dann wurde noch ein
Krankenwagen nebst Arzt herbei gerufen. Der Doktor spritzte dem
etwas, wonach er wirklich endlich ruhiger wurde. Inzwischen hatte
man den Bauern ausfindig gemacht und verständigt, der die Weide
nutzt, der traf dann auch hier ein. Es stellte sich heraus, dass der
Tobsüchtige ein entfernter Verwandter von dem Bauern ist. In einer
Erbangelegenheit hatte dieser tobsüchtige Verwandte wohl nur diese
Weide geerbt, während der Bauer den ganzen Rest nebst Hof und viel
Geld geerbt hatte. Bei so was ist der Ärger vorprogrammiert. Da der
Tobsüchtige irgendwo relativ weit weg in der Pfalz wohnt und auch
selbst eigentlich kein Interesse an der für ihn wertlosen Weide hat,
weil er ja gar keine Kühe oder sonstigen Viecher hat, die er dort
grasen lassen könnte, hat sich der Bauer gesagt, bevor man die Weide
sinnlos weiter verkommen und verunkrauten lässt, nutze ich sie halt
gelegentlich für meine Kühe. So gesehen ist der Tobsüchtige also der
rechtmäßige Eigentümer dieser Weide. Er hatte irgendwoher erfahren,
dass der verwandte Bauer die Weide einfach so mit seinen Kühen
nutzt, obwohl der speziell diese eine Weide nicht geerbt hatte. Da
tobte der, ob ihm das andere denn noch nicht genug wäre, ob er ihm
auch noch diese eine Weide abjagen wolle. Der Bauer sagte dann,
dass sei ja irrwitzig und es zeige wie geisteskrank dieser Verwandte
von ihm sei, denn diese Erbangelegenheit sei schon 8 Jahre her und in
der ganzen Zeit habe er sich nie um die Weide gekümmert, sei kein
einziges mal dorthin auch nur gucken gefahren, alles sei verwildert,
was ja auch teils verständlich sei, da er 150 km entfernt wohne. Aber
kaum höre er irgendwoher, dass der Bauer sich fast schon mehr nur
zur Landschaftspflege und zur Werterhaltung etwas der Weide
angenommen habe, indem er die Kühe gelegentlich drauf grasen lässt
und deswegen die Umzäunung drum gemacht habe, da sei ihm dann
plötzlich kein Weg zu weit, um das alles kaputt zu machen, zu
verhindern und sich künstlich aufzuregen. Es hätte ihn doch überhaupt
nicht gestört, wenn er nichts davon gewusst hätte und alles wäre
jahrelang weiter einfach so verwildert. Sie sehen, also eine etwas
verfahrene Situation, eine Sonderform des Familienstreits im
weitesten Sinne. Nach dem die Polizisten so über die wahre Lage der
Dinge aufgeklärt worden waren, befragten sie den Tobsüchtigen, ob er
bereit sei, friedlich die Aktion zu beenden, dann würden sie ihm diese
Handfesseln wieder abnehmen. Das sicherte er zu, wonach er von
seinen Kabelbindern befreit wurde. Die Polizisten meinten, über den
Schaden mit den Pfählen müssten sich die beiden Kontrahenten selbst
einigen, denn vermutlich habe ja auch nie eine Erlaubnis des
tobsüchtigen Eigentümers bestanden, dort überhaupt die Pfähle mit
dem Zaun zu errichten, also habe der Bauer so gesehen widerrechtlich
gehandelt und könne daher nun wohl keinen Schadensersatz für die
Zaunteile verlangen. Die Aktion endete dann damit, dass die beiden
Kontrahenten wortlos in ihren Autos verschwanden und davon fuhren,
noch bevor die Polizisten wieder wegfuhren. Ich habe dann mit den
Polizisten noch etwas gesprochen und meinte, dass ich ja gar nicht
wusste, wer das war und dass man in einer solchen Situation eben
nicht wisse, wie man korrekt reagieren soll. Die Polizeibeamten
meinten dann aber auch, dass es durchaus richtig war, wie wir reagiert
hatten. Einer der Polizisten meinte sogar, wer weiß, wie das
ausgegangen wäre, wenn der Bauer ohne Polizei dazu gestoßen wäre,
die hätten sich möglicherweise gegenseitig umgebracht oder
zumindest krankenhausreif geschlagen.

Wo ich Ihnen beim letzten mal doch so erfreut über die von uns frisch
entdeckte Pulvermühle berichtete, ließ uns diese Neuentdeckung keine
Ruhe, bis dass wir uns doch überwunden hatten, die auch von innen zu
erkunden, jedenfalls soweit das ging.
Davon möchte ich Ihnen nun berichten, natürlich mit ein wenig
Fotounterstützung. Dass die Erkundung dieser alten kleinen
Sprengstofffabrik von innen deutlich mehr Überwindung kostete, als
die Erkundung „unserer Fabrik" gleich nebenan, liegt nicht etwa an
dem sauschlechten Ruf mit nahezu abergläubischem Hintergrund, den
dieses Gemäuer hier in der Siedlung hat, sondern vor allem an der
Tatsache, dass der Bauzustand innen in Teilbereichen erheblich
unkalkulierbarer ist, als in der Fabrik nebenan. Will nebenan jeder
Schritt 2 mal überlegt sein, so muss jeder Schritt in der Pulvermühle
mindestens 10 mal überlegt sein. So klein die Anlage auf der einen
Seite ist, so gefährlich ist sie auf der anderen Seite. Das ändert nichts
daran, dass es hochinteressant ist, durch dieses Gemäuer zu
schleichen. Bei der Gelegenheit haben wir auch auf der anderen Seite
des hinter der Fabrik befindlichen Baches die abgesetzt liegenden
Mischbunker aus Beton gefunden, auf die uns der Rentner noch
hingewiesen hatte, in denen wohl die brisanten Mischungen
zusammengefügt wurden. Weil die relativ niedrig gebaut und von
teilweisen Erdwällen umgeben sind, sieht man die in dem meterhoch
zugewachsenen Gestrüpp gar nicht. Erst dann, wenn man direkt davor
steht. Von außen konnte man die nicht fotografieren, weil das
Gestrüpp so dicht ist, dass man dann nur dieses Gewucher auf dem
Bild sieht, von innen hingegen sind diese Mischbunker noch deutlich
besser erhalten, als der Rest der Pulver-Fabrik. Beton bleibt eben
Beton, das beweist sich hier erneut. Zu den Fotos im Einzelnen.
Gleich im Übergang von dem vermeintlichen Bürotrakt zur
ehemaligen Fabrikationshalle befindet sich der Rest einer Werkstatt
oder vielleicht war's auch die Versandabteilung und dort lag auf
einem alten Tisch noch ein vergammelter Karton der früheren
Produkte. Das sehen Sie auf dem Foto sprengstoffpaket. Neben der
Bezeichnung Stokolith P 35 steht noch in größeren Lettern und in 3
Sprachen Vorsicht Sprengstoff darauf. Beinhaltet hat das Paket aber
nichts mehr.
 
sprengstoffpaket: in einer alten Werkstatt oder vielleicht auch der ehemaligen Versandstelle liegt noch ein alter Sprengstoffkarton, natürlich ohne Inhalt

Dann ging es weiter in den vorderen Teil der alten Fabrikationshalle,
das sehen Sie auf dem Bild pulverm-innen1. Dort enden 4 dicke Rohre
wie abgeschnitten, vermutlich war dort mal ein großer Chemieofen,
ein Kessel oder eine Maschine, die man aber entfernt hat. In einer
Lagernische darüber, dort wo die alte Holzleiter steht, wuchsen schon
kleine Unkrautpflänzchen.
 
pulverm-innen1: abgeschnittene Rohre zeugen von einer Teildemontage alter Anlagen
Kurz dahinter folgte ein abgetrennter Raum der Halle, in dem das Foto pulverm-innen2 entstand. Riesige alte Metallrohre füllen fast den ganzen Raum.
 
pulverm-innen2: riesengroße Metallrohre über irgendwelchen Anlagenresten

Man kann sich kaum vorstellen, wie groß diese Rohrgebilde sind, aber
als groben Anhaltspunkt erkennt man ungefähr unten in Bildmitte eine
Tür. Diese Tür ist so groß, wie halt eine normale Tür ist, vielleicht gut
2 m hoch und 1 m breit und anhand des Vergleiches, wie winzig diese
Tür im Vergleich zu den Rohren wirkt, mag man eine ungefähre
Vorstellung davon bekommen, wie gewaltig diese Rohre sind. Wozu
sie dienten weiß ich nicht, unterhalb der Rohre war ein großer,
rostiger, eckiger Maschinenkasten, der durch den Fußboden noch nach
unten in den Keller reichte, vielleicht auch eine Art Brennofen oder so
was. Besonders gemütlich wird es aber jetzt erst. Im angrenzenden
mittleren Hallenteil tat sich das auf, was Sie auf dem Foto pulverm-
innen3 sehen.
 
pulverm-innen3: frisches Tageslicht von oben, wegen teils eingestürztem Dach, Bewuchs,
Treppen in den Keller und Vegetation innen und außen, sowie ein beißender Geruch, den man leider nicht mit fotografieren konnte.

Dort war das Dach teils eingebrochen und das wahrscheinlich schon
vor Jahren. Dadurch wuchsen dort besonders so komische Farne auf
dem Boden. Links im Bild sehen Sie einen Abgang in den Keller unter
diesen Hallenteil, dazu später noch etwas. An den Wänden überall
große Rohre, die wohl mal zu Maschinen und Anlagen führten, die
man schon vor langem ausgebaut hat. Vielleicht haben auch
Schrottverwerter die Sachen mal geholt. Aber in diesem Raum stank
es bestialisch, und das obwohl durch das teils eingestürzte Dach
eigentlich für Frischluftzufuhr gesorgt war. Die an der hinteren
Seitenwand offen stehende Tür führt durch einen Vorraum, der
seitlich zu anderen Fabrikräumen nebenan führt, der aber mit
allergrößter Vorsicht zu genießen ist, weil dort selbst der stabile
Betonfußboden beim Betreten knirscht und nachgibt. An einigen
Stellen war sogar der schon nach unten in den Keller gestürzt.
Geradaus kommt dann, wie man sieht, eine Tür nach draußen. Diese
führt genau auf eine der kleinen 4 Brücken über den kleinen wilden
Bach, die zu den Mischbunkern führen. Neben diesem Hallenraum
folgt dann der Raum, den Sie auf dem Bild pulverm-innen4 sehen, der
teils in 2 Etagen aufgeteilt ist. Dort steht ein komischer Tank oder
Kessel mit etlichen gekappten Rohranschlüssen dran.
 
pulverm-innen4: ein alter Kessel mit Rohrenden, marode Stahlkonstruktionen einer Zwischenetage, die wackeln, wenn man dagegen tritt und ein Abgrund in den Keller

Vorne an dem Geländer geht es ohne Boden gleich weiter in den
Keller. Dort befanden sich früher wohl große Anlagen, die
durchgehend die Höhe vom Keller bis unter diese Zwischenetage
beanspruchten. In diesem Bereich hatte Kayla schon einen Fehltritt
getan und wäre um Haaresbreite in den Keller gestürzt, der immerhin
schätzungsweise 6 m tief war. Von dem Ansinnen, die Zwischenetage
in diesem Raum auch zu begehen nahmen wir schnell Abstand, als wir
sahen, dass eigentlich alle Verbindungsschrauben dieser Etage so gut
wie abgerostet waren und die Stützen im Mauerwerk so locker und
ausgebrochen in diesem hingen, dass sie sich schon hin und her
bewegten, wenn man nur unten mit dem Fuß gegen eine der Stützen
trat. Auf dem vorherigen Foto pulverm-innen3 sehen Sie links einen
Kellerabgang. In diesen haben wir uns auch reingewagt, da dort eine
stabile Betontreppe hinab führte. Was uns dort unten erwartete sehen
Sie dann auf dem Foto pulverm-innen5. Alte Tanks, hochkant und
quer, viele Rohre, viel abgeplatztes Beton- und Putzzeug, ein sehr
eigenartiger Geruch der einem auf Anhieb gar nicht mal übel vorkam,
der einem aber doch irgendwie die Sinne vernebelte. Deshalb
entschlossen wir uns, gleich wieder diesen Raum aus
Sicherheitsgründen zu verlassen. Dort hörte man auf sehr eigenartige
Weise immer das Plätschern des Baches. Man muss sich vorstellen,
dass der Bach, der ja draußen fest an der Gebäudewand vorbei fließt,
dort höher liegt, als dieser Kellerraum ist. Das heißt, wenn diese Wand
einmal undicht werden sollte, dann ergießt sich der Bach sofort in den
Keller. Feucht war es dort ohnehin überall, aber es verwunderte
eigentlich mehr, dass eine solche Undichtigkeit nach so vielen Jahren
der Verlassenheit und des Zerfalls nicht schon längst eingetreten ist.
 
pulverm-innen5: im Keller des mittleren Hallenteils, ein undefinierbarer, fast schon
angenehmer Geruch waberte dort so stark, dass er einem regelrecht die Sinne zudrückte.

Dann sind wir über die Brücke hinter der Außentür auf die andere
Seite des Baches geklettert und haben die Mischbunker auch noch von
innen besichtigt. Der Rentner hatte mal von 5 Mischbunkern
gesprochen, wir haben auf Anhieb aber nur 3 finden können. Den
ersten davon sehen Sie auf dem Bild mischbunker-innen1. In diesem
lag viel Gerümpel herum und haufenweise hohle Holzzylinder und
daneben exakt dort rein passende kolbenähnliche Stücke.
 
mischbunker-innen1: viel Gerümpel, alte Stopfwerkzeuge aus Holz, Hülsen u.s.w.

Kayla meinte, und das schien mir plausibel, das wären Werkzeuge
zum Stopfen von Sprengmittel-Stangen, also mit denen man
sozusagen das Pulvergemisch in die Stangenhüllen des Sprengkörpers
verdichtet. In der Mitte sind im Dach Glaskuppeln, die aber nicht so
sind, wie man Glaskuppeln normalerweise kennt. Die hier sind Marke
Eigenbau und bestehen aus mehreren Schichten von Spezialglas, die
immer leicht schräg versetzt in eigenständige Rahmen eingehangen
sind. Das hat vermutlich auch Sicherheitsgründe. Der zweite
Mischbunker ist innen etwas kleiner und Sie sehen den auf dem Bild
mischbunker-innen2. Dort ist alles etwas sauberer, fast schon wie
aufgeräumt.
 
mischbunker-innen2: recht aufgeräumt und einige Überreste alter Anlagen

Auf einem tief im Boden verankerten Betonsockel gab es früher wohl
mal eine Maschine, hinten an der Wand steht eine Art Pressmaschine
mit der man ganze Kartons zusammenpressen könnte. Der dritte
Mischbunker war ähnlich aufgebaut wie dieser zweite, aber darin
stank es so bestialisch, das wir gleich an der Tür Kehrt machten.
Wieder zurück auf der Hallenseite wurde dann noch der Torbogen
inspiziert, der von vorne mit einem abgesperrten Schacht unter den
Anfang der Halle führt. Dieser Schacht schien früher eine Art
Verlängerung oder besser gesagt Abzweig des Baches zu sein. Damit
konnte man wohl mal von dem Bach unter der Fabrikationshalle her
einen kleineren Abzweigbach sprudeln lassen, der dann vermutlich in
ein weiteres Gebäude auf dem Areal führte, welches heute nicht mehr
existiert. Für diese These spricht, dass wir am Ende dieses nun
trockenen Zusatzbachlaufs alte Fundamentreste gefunden haben.
Wahrscheinlich wurde dort früher überall viel Wasser von dem Bach
gebraucht, als die Anlage noch aktiv in Betrieb war. Anschließend
wollten wir dann noch mal den rechten, ehemaligen Verwaltungs- und
Laborkomplex genauer unter die Lupe nehmen, aber inzwischen war
es schon so dunkel geworden, so dass wir das auf später verschoben
haben. Denn trotz unserer guten LED - Taschenlampen ist das
irgendwie nichts richtiges, bei Tageslicht sieht man doch besser. Mit
dem Rentner gerieten wir vor wenigen Tagen in ein längeres Gespräch
über unsere Erkundungen hier in den alten Fabriken und sonstigen
Gemäuern. Er fand es einerseits hochinteressant und gut, dass sich
noch Leute für die einstmals blühende industrielle Vergangenheit
dieser Siedlung und der ganzen Region hier interessieren, aber
andererseits hegte er ziemliche Bedenken, besonders beim Besuch
solcher verfallenen Betriebe, wie der Pulvermühle. So meinte er
beispielsweise, dass er von den Leuten, die früher mal dort gearbeitet
hätten, einige gekannt hätte und davon wäre keiner älter als 55 Jahre
geworden, weil die es wohl mit dem Arbeitsschutz und ihren teils
giftigen Chemikalien nicht so genau genommen hätten. Nun waren
damals auch noch andere Zeiten, wo nicht lange gefragt wurde, wie
gesund ein Arbeitsplatz ist. Jedenfalls sagt der Rentner, dass die dort
Beschäftigten meist recht früh an Krebs oder ähnlichen Dingen
erkrankten und starben. Daher hätte er selbst keinerlei Verlangen, in
diese Gebäude noch aus historischen Anwandlungen heraus zu gehen,
weil ihm da seine Gesundheit wichtiger sei und er meint, wer weiß
denn, ob da heute nicht noch Reste gefährlicher Chemikalien im
Boden oder den Überbleibseln der alten Anlagen stecken, die man
unbemerkt einatmet und dann vielleicht in einiger Zeit gesundheitliche
Probleme davon bekommt? Daher riet er davon ab, dort weitere
Erkundungen zu machen. Er befand, dass im Vergleich Erkundungen
in „unserer Fabrik" hier gleich nebenan zumindest nicht so extreme
Gesundheitsgefahren in dieser Richtung beherbergen würden, obwohl
es da ja auch aus chemischer Sicht gefährliche Ecken gibt, siehe die
schon längst verwaisten Hallen der ehemaligen Ammoniakproduktion.
Na ja, sicherlich bedenkliche Worte, die nicht ganz ohne sind, aber ich
denke, dass nach über 35 Jahren Stillstand im Fall der Pulvermühle,
da heute eigentlich keine wirklich so gefährlichen Dinge mehr übrig
sein dürften, obwohl es an verschiedenen Stellen wirklich bestialisch
gestunken hat. Es ist schon so, dass wir die Pulvermühle nicht
sonderlich häufig von innen besuchen werden, das heißt, wir wollen
die Gefahren nicht mit Gewalt herauf beschwören.

Zu etwas anderem. Ein Haus hier vorne in der Siedlung, wo man
ohnehin nur recht selten die Bewohner sah, es ist das Haus rechts
beziehungsweise westlich neben dem Haus des Rentners, wird seit
Anfang der Woche mit großem Aufwand umgebaut. Die Eigentümer
selbst sind vor wenigen Wochen ausgezogen und wohnen jetzt in
Weingarten, das ist ein Ort, der ungefähr 7 km nordwestlich von hier
liegt. Der Rentner als direkter Nachbar hatte erfahren, dass die nun in
dem Haus 3 Ferienwohnungen einrichten und diese ab 2008 saisonal
an Urlauber vermieten wollen. Ich meine, die landschaftliche Lage ist
für eine solche Nutzung sicherlich geeignet, aber das ist hier
überhaupt keine Ferienregion, wie man so sagt, und zudem ist es
fraglich, ob es Urlaubern gefällt, rund 300 m von einer doch schon
recht betriebsamen Fabrik zu wohnen, denn die wohnen ja genau an
der Zufahrt zu der Regenwasserbehälterfirma und haben seit der
Abholzung des dortigen Waldbereichs in südwestliche Richtung
direkten Blick auf diese Fabrik. Früher hatten wir ja nur die alte
stillliegende Fabrik im Blickfeld und diese Leute haben sich darüber
manchmal lustig gemacht, obwohl ich daran gar nichts negatives
finde, aber seit dem Abholzen haben die ja einen ebensolchen
Hintergrund nur mit dem Unterschied, dass sie immerhin noch etwa
300 m Abstand haben, dafür aber diese Fabrik sogar emsig arbeitet,
während bei uns Ruhe herrscht. Die Zufahrtsstraße zur
Regenwasserbehälter-Fabrik führt bei denen sogar direkt vor dem
Haus vorbei und da ist halt schon einiges an Verkehr. Andererseits
überwiegen die idyllischen und wirklich besinnlich-ruhigen Stellen
nach wie vor. Mit wenigen Schritten steht man in der grünsten Natur,
die man sich vorstellen kann, wenn man so will, da tut zum Ausgleich
der alte Fabrikkomplex und die emsige Regenwasserbehälterfabrik
richtig gut, sonst würde es fast schon zu langweilig.
Ich jedenfalls möchte weder das eine noch das andere missen. So
betrachtet wäre die alte Getreidemühle sicher der ideale Ort für
Ferienwohnungen, dort wo der Computerfritze heute sein Domizil hat.
Dort gibt es einfach nur eines, Ruhe, endlose und absolute Ruhe; weit
und breit kein Durchgangsverkehr und auch sonst nichts. Der Rentner
meinte, dass hier diese ganze Region, wenn überhaupt, dann
bestenfalls als Billig-Urlaubsecke vermarktet würde, für Leute, denen
ein Urlaub am Bodensee, im benachbarten Schwarzwald oder in den
Alpen zu teuer ist. Wenn sich überhaupt Urlauber hierher verirren,
dann oft welche, die eigentlich lieber in den Schwarzwald gefahren
wären, die hier zumindest relativ nah beim echten Schwarzwald
preisgünstig Urlaub machen können und auf diese Weise wenigstens
etliche Tagesausflüge in selbigen einbauen können. Der Schwarzwald
beginnt ja im Prinzip in seinen nördlichen Ausläufern nur wenige
Kilometer von hier. Ich kenne mich mit Übernachtungspreisen in
solchen Ferienwohnungen nicht so recht aus, aber der Rentner sagte,
dass eine ansonsten gleichartige Ferienwohnung, die im benachbarten
Schwarzwald pro Übernachtung 120 Euro kostet, hier schon für 25 bis
30 Euro zu haben ist. In der Vor- und Nachsaison sogar noch deutlich
billiger. Es soll hier in der Umgebung schon Ferienwohnungen ab 12
Euro pro Tag geben. Da kann man ja sagen, dass man demnach hier
für den Tagespreis des Schwarzwaldes schon eine ganze Woche
bleiben kann. Nun weiß ich es nicht wirklich, aber ich habe den
Eindruck, dass sich die hiesige Region in keiner Weise irgendwie
bemüht, hier Urlaubsgäste hinzubekommen. Man könnte sagen, das
Thema Tourismus ist kein Thema, es existiert einfach gar nicht und
keiner redet darüber. Was ich übrigens sehr begrüße, nicht dass meine
Worte hier nun fälschlicherweise den Anschein erwecken, dass ich das
bemängeln würde, im Gegenteil. Wissen Sie, überall sonst habe ich
bislang erlebt, dass wenigstens auf einem geringen Level eine Art von
Werbung für Fremdenverkehr gemacht wird, hier nicht. Man gewinnt
sogar den Eindruck, als sei so etwas einem lästig und unerwünscht,
zumindest aber völlig egal. Nun habe ich keinen Draht zu solchen
Dingen, ich selbst hätte da auch keine Ambitionen in diese Richtung.
Wenn ich mir vorstellen soll, dass wir vielleicht hier im Haus oder im
Anbau der Werkstattgarage eine Ferienwohnung einrichten, wo dann
zig mal im Jahr völlig fremde Leute herumhängen, neee, das ginge
mir auf den Wecker, ich könnte das nicht abhaben, wie man heute so
sagt. Überhaupt finde ich die heute häufig in den Medien
vorgetäuschte Gastfreundlichkeit sehr fragwürdig. Vielleicht ticken
die meisten Menschen wirklich so viel anders, als wir, aber ich glaube
es eher nicht. Also mir persönlich geht es so, dass ich nicht gerne
fremde Leute im Haus habe, auch nicht für nur ein paar Stunden zu
Besuch, geschweige denn für mehrere Tage oder gar Wochen. Mit
Bekannten ist das natürlich etwas anderes, aber es würde mich
furchtbar nerven, wenn plötzlich der X aus Y hier ankäme und sagen
würde, so ich mache jetzt für 2 Wochen Urlaub hier. Das ganze hohle
Gefasel von offenem Haus und ähnlichem neuzeitlichen Stuss, was
man heute ebenfalls recht häufig hört, halte ich für Selbstbetrug.
Besucher sind immer auch Fremdkörper und Fremdkörper stören
generell. Wie schon gesagt, wenn gute Bekannte zu Besuch kommen,
ist es etwas anderes, aber auch nur, wenn dieser Besuch nach einer
leicht überschaubaren Zeit wieder endet. Ich selbst gehe auf ähnliche
Weise auch nicht gerne zu anderen auf Besuch, zu Bekannten ja, aber
allerhöchstens für 2 - 4 Stunden, das muss dann absolut ausreichen.
Wenn ich Fremde besuchen soll, fühle ich mich generell sehr unwohl.
Ich mag solche Situationen überhaupt nicht. Aber ich glaube, ich
schweife hier doch etwas weit vom Thema Ferienwohnung ab. Ich
will auf uns bezogen damit nur sagen, dass selbst eine ansehnliche
Tagesmiete uns nicht dazu verleiten könnte, Zimmer oder eine eigens
eingerichtete Ferienwohnung zu vermieten, alleine schon nicht, um
unser eigenes Wohlbefinden nicht darunter leiden zu lassen.
Andererseits kam neulich sogar der Rentner auf die Idee und meinte,
wo wir doch so viel Platz nur für uns 2 hier haben, könnten wir doch
beispielsweise problemlos den Anbau der Werkstattgarage als schöne
Ferienwohnung umbauen. Da hätten wir nach wie vor keine Fremde
im Haus, denn die Werkstattgarage nebst ihrem Anbau steht ja
ungefähr 20 bis 30 m entfernt seitlich etwas nach hinten versetzt
rechts neben dem Haus. Trotzdem wollen wir das nicht. Zudem
müsste man dann viel größere Investitionen bei der Renovierung
dieses Anbaus da rein stecken, als wie wir es so machen, denn da
muss man den Leuten auch schon etwas bieten. Bevor man solche
Zusatzkosten dann wieder mit den bescheidenen Tagespreisen für
Urlaubswohnungen, die hier üblich sind, herein bekommt, vergehen
etliche Jahre und das alles für eine Sache, hinter der man selbst nicht
steht? - Nein danke!

Bereits zu unserer Stuttgarter Zeit hatte ich Ihnen mal geschrieben,
dass Kayla und ich sich meistens gegenseitig die Haare schneiden. So
ist der Bedarf an Friseuren bei uns eher gering. Nun ist es aber nicht
so, dass wir uns generell immer selbst die Haare schneiden, ungefähr
jedes vierte oder fünfte mal geht es dann doch zu einem richtigen
Friseur. Da wir ja nicht vom Fach sind, läuft der Schnitt sozusagen
immer mehr auseinander und entfernt sich mit jedem weiteren
Selbstschnitt mehr von der gewünschten Fasson. Wenn man dann mal
wieder einen Profi rangelassen hat, der ein vernünftiges Grundkonzept
in die Kopfwolle bringt, kann man sich bei den nächsten 4 bis 5
Schnitten daran wieder orientieren. Daraus ergibt sich, dass wir etwa
einmal pro Jahr doch zu einem richtigen Friseur gehen. Noch zu
unserer Stuttgarter Zeit hatte ich dort einen neuen Schnell - Discount -
Friseur von einer Filialkette entdeckt, der für wenig Geld in sehr
kurzer Zeit einen guten Haarschnitt ablieferte. Wissen Sie, das
Schlimmste am Friseurbesuch ist für mich, neben dem relativ hohen
Preis, die vertane Zeit, die man dafür aufopfern muss, insbesondere,
wenn man dann noch lange warten muss, bevor man dran kommt.
Zweifellos ist es uns zu lästig, extra von hier nach Stuttgart zu diesem
Discount - Schnellfriseursalon zu fahren, also suchten wir hier im
Umfeld Ersatz. Den haben wir auch in Karlsruhe gefunden. Dort
gibt's einen Friseurladen, der nach ähnlichem Konzept arbeitet und
die Preise ähneln denen in Stuttgart. Aber ich sage Ihnen, beim
Ergebnis liegen da doch Welten zwischen. Während ich in Stuttgart
mit dem erzielten Ergebnis sofort weitgehend zufrieden war, fand ich
das, was man mir da in Karlsruhe am Kopf angetan hat, geradezu
grässlich. Da wäre jeder Selbstschnitt besser gewesen, selbst dann,
wenn man mit dem Langhaarschneider des Rasierers ohne Spiegel und
ohne hinzugucken einfach quer über die Rübe gefahren wäre. Nun
lässt sich über Geschmack und Mode trefflich streiten und es dürfte
Sie nicht verwundern, dass mich Modeaspekte nun überhaupt nicht
interessieren. Ich weiß, welche Frisuren mir gefallen und welche
nicht, basta, egal was irgend eine vermeintliche Mode vorschreiben
möchte. Nun fühlte sich die Friseuse in Karlsruhe offensichtlich dazu
berufen, an meinem schütteren Haarwerk noch einen Kraftakt der
neuzeitlichen Haarkunst zu vollbringen. Offensichtlich gilt bei der
heute aktuellen Haarmode der Grundsatz, dass es nachher so aussehen
muss, als sei man 10 Jahre nicht mehr beim Friseur gewesen, während
es vorher nur so aussah, als sei man 1 Jahr nicht mehr dort gewesen.
Haarschnitte, die so aussehen, als habe man den Kopf zuvor in eine
gefüllte Regentonne eingetaucht und die Haare dann ungekämmt, so
wie man der Regentonne entstiegen ist, am Kopf trocknen lassen.
Also für so etwas brauche ich keinen Friseur. Der Schnitt, den man
Kayla bei der Gelegenheit im gleichen Laden verpasst hatte, war
durchaus gefälliger. Die Friseuse, eine recht dicke junge Frau, schnitt
kaum Haare weg, sie war mehr damit beschäftigt, diese in Büscheln
nach oben zu kämmen und mit einer Art Seifenlauge zu fixieren. Als
ich das schon bei der Ausführung bemängelte, beruhigte sie mich nur,
dass es nachher ganz toll aussehen würde und ich solle ihr da nur
vertrauen. So vertraute ich, jedenfalls bis zu einem gewissen Grad.
Als sie dann noch auf die glorreiche Idee kam, dass meine Haare doch
mal gefärbt werden müssten, um überhaupt mal einen ganz anderen
Typ zu stylen, wie sie das nannte, da war Sense mit dem Vertrauen.
Wie ein Bagger schwebte sie um mich herum, sofern man das
schweben nennen möchte, korrigierte hier was, zwackte da noch etwas
weg, fuhr dann mit dem Föhn dazwischen, um kurz danach fast die
gleiche Ecke mit einem nassen Pinsel wieder zu benetzen und dann
erneut zu föhnen. Trotz all dieser doch eher seltsam anmutenden
Arbeitsschritte war sie immerhin in knapp 10 Minuten mit mir fertig,
was ich danach allerdings auch war, jedenfalls als ich in den Spiegel
schaute. Wissen Sie, oben auf dem Kopf habe ich nun mal naturgemäß
schon seit Jahren einen ziemlichen Kahlschlag, einen
Hubschrauberlandeplatz, wie man hier so sagt, dazu sind meine
Geheimratsecken inzwischen so ausgeprägt, dass sie sich bald schon
mit dem Hubschrauberlandeplatz zu einem Großparkplatz vereinigen.
Zum Bearbeiten gibt es da eigentlich vorwiegend nur noch einen Ring
um den Kopf, wenn man so will. Aber diese Maschine von einer
Friseuse hat es doch tatsächlich geschafft, die Haare von diesem
Kopfring so keilförmig zu drapieren, dass die so entstandenen Spitzen
wie Teile eines Zahnrades über diese Kahlflächen hinausragten. Kayla
brach gleich in Gelächter aus und meinte, ich müsse nun wohl höllisch
aufpassen, mich mit dieser Frisur nicht irgendwo zu verhaken. Noch
im Friseurladen entstand eine heftige Diskussion zwischen mir und
der dicken Kunstfriseuse, deren Unmutsäußerungen meinerseits der
Filialleiterin nicht verborgen blieben. Sie kam hinzu und diskutierte
mit. Sie vertrat den Standpunkt, dass ich einen wirklich zeitgemäßen,
tollen Haarschnitt erhalten habe, an dem nun wieder überhaupt nichts
lächerliches dran sei und zudem habe ich der Friseuse wohl beim
Beginn nicht genau gesagt, was ich haben wollte. So habe diese
einfach die heute üblichen Kriterien angewandt und mir ein
zeitgemäßes Outfit verpasst. Nun kann man eigentlich über den Preis
gewiss nicht meckern, ganze 9 Euro, dafür kriegt man heute
normalerweise keinen Haarschnitt mehr, aber mit dem Ergebnis hätte
ich noch keinen Cent dafür gegeben. Kayla mischte bei der
Diskussion auch heftig mit und befand ebenfalls, dass mein
Haarschnitt ja wohl völlig zum Knicken sei, während sie mit ihrem
Ergebnis durchaus zufrieden sei. Dazu muss man sagen, sie wurde
auch von einer anderen Friseuse bearbeitet, die ganz offensichtlich
wirklich ihr Handwerk verstand. Durch dieses Gemisch aus Kritik und
Lob war die Filialleiterin dann aber schon freundlicher gesinnt und
weicher für eine kostenlose Korrektur. Nach einer Zeit des
Diskutierens schlug sie nämlich vor, dass sie selbst höchstpersönlich
gewisse Korrekturen an meiner Frisur vornehmen würde, die dann
vielleicht eher meinen Vorstellungen entsprächen. Schlimmer konnte
es ohnehin nicht mehr werden, selbst der Schnitt einer totalen Glatze
wäre besser gewesen und wurde von mir schon notfalls als der letzte
Ausweg ins Auge gefasst. So legte sich diese Filialleiterin einen
himmelblauen Kittel an und fegte selbst noch mal über meinen Kopf.
In 5 Minuten gestaltete sie dann soviel um, dass ich sage, mit diesem
Ergebnis kann ich leben, wenngleich ich dafür normalerweise nicht zu
einem Friseur gefahren wäre. Eine interessante Frage tauchte da in
diesem Zusammenhang auf: Muss man bei einem Friseurbesuch heute
sagen, wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um? Bei vielen
Friseuren von heute habe ich den Eindruck, dass die überhaupt nichts
mehr können, aber dann noch ihr Nichtkönnen als hohe Kunst
verkaufen.

Es ist immer wieder erstaunlich, was es heute alles so gibt. Dass Leute
oder sogar organisierte Banden Schrott und alles mögliche aus Metall
klauen, nur um damit beim Schrotthändler den Schrottpreis zu
ergaunern, ist nicht neu und gelangt in den letzten Jahren durch die
hohen Schrottpreise zur neuen Blüte, aber dass es nun ähnlich mit
Altpapier los geht, das ist sicher neu. Wie Sie wissen, arbeitet Kayla
seit etwa 2 Monaten jeden Montag ganz früh in einer Papierfabrik in
Karlsruhe eine einzelne wöchentliche Frühschicht. Dort wird auch viel
Altpapier verarbeitet und auf einem gesonderten Hof gelagert, der
etwas abseits vom eigentlichen Fabrikationsgelände liegt. Von diesem
Altpapier-Hof wurde in letzter Zeit öfters palettenweise Altpapier
gestohlen, immer über nacht. So auch in der Nacht vom vorletzten
Sonntag auf Montag und Kayla wunderte sich über Polizeiwagen, die
schon am frühen Morgen gegen 4 Uhr dort standen. Ein Nachtwächter
hatte die Polizei gerufen, weil er gegen 2 Uhr sah, dass fremde
Gestalten im Bereich des Altpapier-Hofes unterwegs waren. Die
wurde dann auch schnell fündig, denn auf einem Feldweg, der hinter
der Papierfabrik her führt, stand ein alter rostiger Kleintransporter,
den die Polizisten den Papierdieben zuordneten. Dieser wurde dann
beobachtet und nach 20 Minuten trafen die Diebe an dem Wagen ein,
allerdings ohne das begehrte Papier, weil die wohl irgendwie Lunte
gerochen hatten. Trotzdem wurden sie verhaftet, weil die Polizei bei
einer Überprüfung in dem Wagen anderweitiges Diebesgut fanden,
welches in der gleichen Nacht in einer Fabrik für Fertigteile gestohlen
wurde, die sich vielleicht 2 km entfernt von der Papierfabrik befindet.
Erst beim Morgengrauen gegen 8 Uhr, entdeckten dann Arbeiter am
Rande des Altpapier  - Hofes einige schon zum Abtransport durch den
Zaun bereit gestellte Paletten mit Altpapier. Die Krönung der
Frechheit kommt aber noch, die Diebe hatten in Seelenruhe zum
Transport der sehr schweren Paletten einen Gabelstapler aus der
Fabrikhalle abgezweigt und die Paletten damit schon mal bis zu
diesem Zaun gefahren. Vermutlich wollten sie dort den Zaun
aufschneiden und dann mittels des Gabelstaplers die Paletten in ihren
Kleintransporter hieven. Es ist nur ein normaler Maschendrahtzaun,
weil man dem Altpapier bis dato keinen so hohen Wert beigemessen
hatte, dass ernsthaft die Gefahr bestünde, dass das jemand klaut.
Wahrscheinlich sind die Diebe dann schon auf die gerufene Polizei
aufmerksam geworden, haben Paletten und Gabelstapler draußen
stehen lassen und sind über den Zaun geflüchtet, um dann mit etwas
zeitlichem Sicherheitsabstand zu ihrem Kleintransporter zurück zu
kehren, was aber sichtlich fehlschlug. Es soll sich bei den Dieben um
Türken gehandelt haben. Natürlich drängt sich einem bei so was die
Frage auf, welchen Wert denn 2 solcher Paletten mit Altpapier haben
mögen, damit Diebe es als lohnend ansehen, das zu klauen. Selbst
verwerten werden die das Zeug ja sicherlich nicht, sondern bei einer
anderen Papierfabrik irgendwo zum Verkauf anbieten. Etliche
Papierfabriken zahlen ja für Altpapier, zumindest wenn man es in
größeren Mengen anliefert. So hat ein Chef von der Papierfabrik
gesagt, dass beide Paletten zusammen einen Erlöswert von ungefähr
15 bis 25 Euro gehabt hätten, je nach Dichte der Package und der
darin enthaltenen Papierqualität. Also ich weiß es nicht, aber ich
finde, wenn sich Diebe für maximal 25 Euro solch einen Aufwand
antun, die müssen für mich bescheuert sein. Bei einem Erlös von 250
Euro hätte ich das noch verstehen können, aber einen derartigen
Aufwand, nur um 25 Euro zu erzielen, da muss man doch schon einen
gewaltigen Sprung in der Schüssel haben. Da wäre es einfacher und
ertragreicher, wenn die Idioten normal arbeiten gehen würden, zumal
man ja auch die Zeit der Ganoven mit einrechnen muss, die sie
verbrauchen, um das Zeug wieder los zu werden und den
Spritverbrauch, den sie dafür verfahren. Aber wahrscheinlich wird der
Sprit den die verbrauchen auch geklaut sein.

Der Rentner erzählte neulich, dass angeblich der Computerfritze unten
in der großen alten Getreidemühle pleite sei. Nun wäre das eine wahre
Rekordleistung, erst vor knapp einem halben Jahr den Betrieb dort
aufgebaut, alles mit viel Aufwand renoviert und umgebaut, jedenfalls
innen, von außen sieht man noch nicht viel, und dann schon pleite,
bevor es richtig los geht. Das ist ein schwaches Zeichen. Wie gesagt,
es ist derzeit mehr noch ein Gerücht, aber es scheint wohl etwas
wahres dran zu sein, denn irgendwas ist da unten anders, als noch vor
vielleicht einem Monat. Der hat ja auch ein paar Beschäftigte dort,
irgendwas zwischen 3 und 5 Leuten und er sprach vor ein paar
Monaten noch davon, dass er bald 13 bis 14 Leute beschäftigen wird
und im Endausbau sogar auf 25 Leute aufstocken wird. Diese paar
Beschäftige kamen zwangsläufig jeden Morgen mit ihrem PKW hier
vorbei gefahren, einen anderen Zufahrtsweg dort hin gibt es ja nicht.
Einer immer gegen dreiviertel 7 und 2 weitere meist kurz vor 8. Seit
knapp 2 Wochen kommt immer nur noch der Wagen von dem vorbei,
der immer gegen dreiviertel 7 heran reiste, allerdings jetzt zu allen
möglichen Uhrzeiten und manchmal kommt der schon eine halbe
Stunde später wieder zurück, so als habe man nicht mehr viel zu tun.
Früher kehrten die meist erst zwischen 14 und 17 Uhr wieder zurück.
Die anderen beiden, die früher immer gegen 8 kamen, kommen gar
nicht mehr. Ich dachte schon, die hätten vielleicht Urlaub, aber jetzt
wo der Rentner das sagte, ergibt das einen ganz anderen Sinn. Na das
wäre schade, wenn soviel Energie vergebens da rein gesteckt wurde
und noch unschöner wäre, wenn nachher wieder alles beginnt zu
verfallen und zuzuwachsen. Andererseits wohnt der Inhaber
inzwischen selbst auch in der Mühle, so könnte es ja sein, dass der
Betrieb zwar geschlossen wird, er aber weiter dort wohnt. Aber
abwarten, noch ist es ja mehr ein Gerücht.

Etwas erschrocken schnellten wir am Donnerstagnacht aus dem Bett
hoch, weil wir ernsthaft glaubten, dass jemand vielleicht nebenan in
der Fabrik mit einem Presslufthammer am arbeiten ist; wohlgemerkt
mitten in der Nacht oder genauer gesagt um halb 2 in der Früh. Ich
öffnete das Fenster, um zu erkunden, wo genau das hämmernde
Geräusch her kam, allerdings draußen war Totenstille, das Geräusch
kam bei uns aus dem Haus. Schnell entpuppte sich die Heizung als die
Geräuschquelle. In allen Heizkörpern ratterte es wie verrückt, so dass
es durch das ganze Haus schallte. Es stellte sich heraus, dass die
Umwälzpumpe des Heizkessels eine Macke hat und diesen Lärm
verursacht. So etwas kommt vor, wenn die Dinger ein bestimmtes
Alter oder eine bestimmte Anzahl von Betriebsstunden auf dem
Buckel haben, eigentlich nichts Dramatisches, aber Sie ahnen nicht,
was das insbesondere nachts für ein nervendes Geräusch sein kann. So
musste schnell eine neue Pumpe in die Anlage, denn deswegen kann
man ja auch nicht die Heizung abschalten und nachts frieren. Bei
genauer Betrachtung und da Handwerker teuer sind, kam mir die Idee,
dass das Wechseln dieser Pumpe wohl nicht so schwierig sein kann,
also musste nur erst mal eine neue besorgt werden. Schon da ist man
erstaunt, denn man kriegt die zwar heute in jedem Baumarkt, aber es
gibt dort meist Pumpen für ca. 90 Euro und dann aber auch welche
von über 350 Euro. Fragen Sie mich nicht, wo da genau der
Unterschied liegen soll, denn diese Frage konnte mir selbst so ein
Fritze im Baumarkt nicht halbwegs befriedigend beantworten. So
wurde die billigste gekauft und der Einbau sollte beginnen. Der endete
dann aber zuhause am Heizkessel, denn entzürnt stellte ich fest, dass
ich keinen passenden Maulschlüssel habe, der auf die riesigen Muttern
passt, mit denen die Rohrenden an der Pumpe festgeschraubt sind. Ich
glaube Größe 36 war das, wer hat denn so was? Alle normalen
Werkzeugsätze gehen nur bis Größe 19 oder mit viel Glück in
Ausnahmefällen bis 22. Selbst mit einer großen Zange ließen sich
diese gigantischen Muttern nicht umgreifen. Es gibt da wohl spezielle
große Wasserpumpenzangen, die da passen könnten, aber solche in
der Größe haben wir nicht. Selbst die meisten Baumärkte haben diese
großen Werkzeuge nicht. Trotzdem fand ich in Karlsruhe einen
Baumarkt, der sowohl einen solchen Schlüssel, als wie auch
entsprechend große Grip - Wasserpumpenzangen im Programm hat,
aber Sie laufen im Gesicht weiß und blau zugleich an, wenn Sie hören,
was die billigsten davon kosten, mit 98 Euro sind Sie dabei! Da habe
ich denen was gehustet! Das Werkzeug genauso teuer wie die Pumpe,
früher bekam man solche Pumpen mal für 35 Euro, wahrscheinlich
solche Zangen auch. So folgte am nächsten Tag ein ausgedehnter
Gang durch die alte Fabrik mit akribischem Blick in alle Ecken, wo
noch alte Werkzeuge liegen könnten. Dort liegen in ehemaligen
Werkstätten immer wieder mal diverse alte Werkzeuge herum, die
damals vergessen wurden, oftmals sogar, als habe man sie gerade bei
der Arbeit fallen lassen, um am nächsten Tag an der Stelle weiter zu
arbeiten, aber den nächsten Tag gab es dann wegen der
Werksschließung nicht mehr. Sie werden lachen, wenn nicht, ich habe
es getan, denn tatsächlich wurden wir neben einem riesigen Kessel im
Keller der Fabrik fündig, dort lag so ein 36er Schlüssel. Zwar ziemlich
rostig, aber Hauptsache passt. So konnten wir endlich die nervende
Ratterpumpe austauschen. Vor und hinter der Pumpe befinden sich
Absperrhähne, die muss man vor dem Ausbau der alten zusperren,
sonst läuft die ganze Anlage leer. Diese Hähne gingen verdammt
schwer, aber mit etwas Caramba - Spray ging es dann. Zunächst
bekam ich die Anschlussstutzen der Rohre nicht richtig dicht, weil ich
einfach die alten Dichtungen wieder verwendet hatte. Da mussten
dann doch neue rein. Dann habe ich mich noch beim Stromanschluss
vertan, so dass diese Fi-Sicherung heraussprang. Ich hätte doch meine
Lesebrille dazu aufsetzen sollen, denn in halbem Blindflug habe ich
wohl diesen gelbgrünen Schutzdraht mit dem blauen Minusdraht
verwechselt. Dieses Problem war dann aber auch schnell beseitigt und
nun können wir wieder in Ruhe schlafen und das trotz behaglicher
Zimmertemperaturen bei der Nacht. Sicher ärgert es einen, wenn man
so wieder Zusatzkosten für diese Reparatur hat, aber wir wollen uns
nicht beklagen, weil wir ja auch seit längerem mit kostenlosen
Heizölresten aus der Fabrik heizen, ähnlich wie wir auch mit
kostenlosen Dieselresten autofahren. Solche Kosten wären ja
inzwischen um ein Vielfaches höher.

Verwunderlich ist doch, welches Sammelhobby manche Leute heute
betreiben. Auf einem Flohmarkt in Bretten erfuhr ich von jemandem,
der sammelt so genannte Stopp - Drucke. Schon mit diesem Begriff
wusste ich erst gar nichts anzufangen. Was soll das sein, ein Stopp -
Druck, dachte ich? Kayla wusste da auch nicht weiter. Trotzdem nicht
ganz uninteressant fand ich dann, was das wirklich ist und ich kann
mir vorstellen, dass da durchaus Raritäten in der Welt kursieren. Ich
habe den Mann dann gefragt, was denn das überhaupt sei. Dann holte
er relativ weitschweifig aus und hielt mir einen Vortrag von beinahe
einer viertel Stunde. Das möchte ich Ihnen hier aber nicht alles
wiederkäuen. Kurz erklärt sind Stopp - Drucke das, was entsteht,
wenn z.B. früher in alten Druckereien und Druckhäusern, wo die
Zeitungen gedruckt wurden, der Druckvorgang dieses Tages beendet
wurde und die Maschinen abgeschaltet wurden. Dann kam am Ende
als letztes eine unkomplette Zeitung oder ein unkomplett bedrucktes
letztes Blatt heraus und genau dieses unkomplette Etwas ist ein Stopp
- Druck. Was da genau unkomplett rauskam, hing wohl auch vom
verwendeten Druck- oder Rotationsmaschinentyp oder überhaupt von
der Art der verwendeten Gesamt-Anlage ab. Bei manchen war das
dann eben schon eine richtige Zeitung, die nur unkomplett bedruckt
war, wo dann trotzdem noch die gleiche Menge an Papier zu einer
seitenmässig kompletten Ausgabe zusammengefaltet wurde, bei der
dann halt vielleicht die letzten zweieinhalb Seiten unbedruckt waren.
Bei anderen Anlagen wiederum entstand dann nur eine einzelne Seite
dieser Zeitung, die dann noch ungeheftet und vielleicht zu einem
Bruchteil bedruckt übrig blieb. Normalerweise wurden diese
Überbleibsel in den Druckhäusern sofort weggeschmissen und im
Altpapier entsorgt, weil man damit ja kein Geld verdienen konnte.
Daher kann man sich schon vorstellen, welchen hohen Seltenheitswert
solche, halt eben als Stopp - Drucke bezeichneten Stücke, doch haben
können. Insbesondere, weil von den Sammlern ja Stopp - Drucke von
Zeitungen gesammelt und gesucht werden, die vielleicht vor 40, 50
oder noch mehr Jahren heraus gekommen sind. Wie will man da
erfahren, wer damals solche Überreste anstatt zu entsorgen bis in die
heutige Zeit aufbewahrt hat? Die absolute Krönung sind dann noch
Stopp - Drucke von Zeitungen, die an einem geschichtlich besonderen
Tag entstanden. So hatte dieser Sammler in Bretten auf dem
Flohmarkt 2 unterschiedliche Stopp - Drucke von der gleichen
Ausgabe aus dem Jahre 1939 des Völkischen Beobachters, in der der
Einmarsch in Polen verkündet wurde. Dieser Völkische Beobachter
war zu der Zeit ja eine überregionale Nazi - Tageszeitung. Manche
würden jetzt sagen, 2 unterschiedliche Stopp - Drucke von der
gleichen Ausgabe, das kann es ja gar nicht geben, aber große
Zeitungen mit hoher Stückzahl hatten ja die gleiche Ausgabe nicht nur
in einer einzigen Rotationsmaschinenanlage laufen, sondern in
vielleicht 20 Anlagen gleichzeitig und bei jeder dieser Anlagen
entstand beim Abschalten sozusagen ein individueller Stopp - Druck,
der unterschiedlich endete, also unterschiedlich viel weißes Papier
übrig ließ. Heutige moderne Druckanlagen kennen, laut Auskunft
dieses Sammlers, keine Stopp - Drucke mehr, die enden zielgenau
exakt nach soundsoviel Exemplaren und das funktioniert ja auch alles
ganz anders. Der sagte, diese Zeit der Stopp - Drucke endete im
Prinzip schon in den siebziger Jahren, als die Anlagen immer mehr
elektronisch gesteuert wurden. Diese oben besagte Ausgabe kostet
unter Sammlern sage und schreibe um die 12.000 Euro. 12.000 Euro
für ein vergilbtes und dazu noch unkomplett bedrucktes Blatt Papier,
das muss man sich mal vorstellen. Dieser Sammler wies allerdings
darauf hin, dass es für Einsteiger in dieses auserlesene Hobby
durchaus preiswerte Möglichkeiten gebe, damit anzufangen.
Besonders viele Exemplare zu Preisen im Bereich zwischen 30 und 50
Euro seien im Umlauf, die vorwiegend aus der ehemaligen DDR
stammen und meist in der Zeit zwischen 1960 und 1975 entstanden.
Angst vor Fälschungen brauche man trotz der teils lukrativen Preise
weniger zu haben, weil jeder halbwegs eingearbeitete Sammler mittels
einer Aufsatz - Augenlupe erkennen könne, ob es sich um einen
Nachdruck mittels Computer oder einen echten Druckmaschinen- oder
Rotationsdruck handle. Wer hingegen als Fälscher sich echt solche
Maschinen aufstellen wollte, der müsste schon einen derartigen
Aufwand betreiben, dass sich das Fälschen nicht mehr rechnen würde.
Es gibt aber wohl nicht viele Sammler für so etwas, er meinte in
Deutschland bestenfalls zwischen 10 und 15 Leute.

Es ist immer wieder schön, wie leicht man manche Leute in tiefste
Verwunderung und geradezu in Ungläubigkeit stürzen kann. Am
letzten Mittwoch gegen 9 Uhr in der Frühe, sah ich hier gleich vor
unserem Haus einen VW - Bus halten, der einige Antennen auf dem
Dach hatte. Der stand dort etwa eine halbe Stunde und fuhr dann im
Schritttempo weiter in Richtung der Mühlen. Ich dachte schon, ob die
vielleicht sogenannte Schwarzseher suchen, die Fernsehen gucken
ohne Gebühren zu zahlen. Aber das würde auch keinen Sinn machen,
denn hier wohnen nur wir und dann müssten die in ihren Akten sehen,
dass ich ja GEZ - Gebühren bezahle. Gut, damals, noch in Stuttgart,
gab es ja mal Probleme, wo die GEZ sich auf den Standpunkt stellen
wollte, dass Kayla ebenfalls eigenständig Gebühren zahlen müsse, wir
also nach deren verrückten Ideen für unseren gemeinsamen Haushalt
zweimal die Gebühren abdrücken müssten. Daraus wurde jedoch
nichts, weil dann unser Umzug dazwischen kam. Zudem können die
wohl mit einem noch so schönen Messwagen nicht messen, wie viele
Leute nun hinter dem Fernseher hocken und ob darunter vielleicht
welche sind, die nicht bezahlen und welche, die bezahlen. Na ja, um
so etwas mache ich mir auch gewiss keine Sorgen. Ich ging dann in
den Anbau der Werkstattgarage, um dort mit begonnenen
Renovierungsarbeiten weiter zu machen. Wir haben nämlich diese
Tage damit angefangen, in einem Raum des Anbaus den alten Putz
abzuklopfen. Schon bald stand der antennenbestückte VW - Bus
wieder vor der Tür und ein hagerer, sehr großer Mann mit dunkel
getönter Brille, der ein wenig diesem Schlagersänger Heino ähnelte,
stieg aus und klingelte bei uns an der Haustür. Ich sah das, weil ich
gerade die Tür vom Anbau öffnete. Ich ging dann rüber zu ihm. Er
stellte sich vor, als Herr Bresgen von einer Netzagentur mit
Telekommunikationsbehörde oder umgekehrt oder so ähnlich, und
fragte, ob ich öfters Probleme mit dem Handyempfang hätte und
welches Handy-Funknetz ich denn benutzen würde. Diese Frage rang
mir wohl ein hämisches Grinsen ab, Sie wissen, wir haben kein Handy
und wollen auch nach wie vor keines. Ich sagte ihm, dass ich kein
Handy besitzen würde. Er schaute mich an, als habe er gerade ein
Monster aus dem Weltall entdeckt und sagte, dass ich keine Angst
haben soll, er wolle mir keinen neuen Handyvertrag aufschwatzen,
ihnen sei gemeldet worden, dass es hier im Bereich gleich mehrere
weiße Löcher geben soll, in denen von bestimmten Mobilfunknetzen
keine Verbindung möglich sei. Nun, ich zuckte mit den Schultern und
meinte, dass es von mir aus auch schwarze Löcher geben könne, das
wäre mir egal, da ich, wie schon erwähnt, kein Handy habe, von
keinem all dieser vermeintlich schönen Netze. Somit wäre ich wohl
im übertragenen Sinne selbst ein riesiges weißes Loch, welches auch
nicht zu einer Bekehrung bereit sei. Da meinte der doch tatsächlich,
dass ich ihn wohl veräppeln wolle, wie er das wörtlich nannte. Der
Aussprache nach kam der auch nicht hier aus dem weiteren Umkreis,
ich vermute, dass der aus Frankfurt oder Mainz daher kam, jedenfalls
klang seine Aussprache so ähnlich, wie früher im Fernsehen immer
dieser Humorist Heinz Schenk sprach, wissen Sie, der diese
altmodische Sendung „Zum blauen Bock" immer moderierte, aber die
gibt es ja auch schon sicher 20 Jahre nicht mehr. Ich wiederholte nun
zum dritten mal, dass in unserem Haushalt kein Handy existieren
würde und auch nie eines existiert habe, betonte nun aber zusätzlich,
dass das auch in der absehbaren Zukunft so bleiben wird. Der starrte
mich dann nur blöd an und wusste nicht mehr, was er dazu sagen
sollte. Nach einer Denkpause seinerseits kam dann leise der Satz:
„Aber heute hat doch jeder ein Handy...", den ich dann kurz und
bündig mit der Bemerkung „Eben nicht!" konterte. Er seinerseits griff
dann in seine Jackentasche zog ein dickes Spezialhandy heraus und
versuchte damit wohl einige Netze zu empfangen, was aber
anscheinend tatsächlich auf Probleme stieß. Er rief zu einem
Kollegen, der noch in dem VW - Bus saß, dass irgend ein E - Netz
überhaupt nicht gehe und die beiden D - Netze nur mit Aussetzern
oder so was. Als er dann wieder zu dem Kollegen in den Bus stieg,
konnte man ihm gleich förmlich ansehen, wie er dem die absolute
Neuigkeit mitteilte, dass er da doch wohl gerade auf einen ganz
komischen Vogel gestoßen sei, der noch kein Handy habe; worüber
sich dann beide sehr zu amüsieren schienen. Dann fuhren die weiter
und bogen in die Stichstraße zur Regenwasserbehälterfabrik ein, wo
sie dann in dem Bereich wohl mehrstündige Messungen vornahmen,
denn erst mehrere Stunden später sah ich, wie sie aus der Straße
wieder raus und nach oben in Richtung der Bundesstraße wegfuhren.

Wettertechnisch sind wir hier jetzt wohl doch im Herbst angekommen.
War es noch vor 5 Tagen wunderbar sonnig und mild, so regnet es
jetzt immer scheinbar zielgenau in dem Moment, wenn wir rausgehen
wollen. Grau ist es den ganzen Tag, was aber unsere derzeitige Laune
nicht verderben kann. Wie Sie wissen, sind wir hier ständig in einer
Art Entdeckerlaune, die jetzt wieder neue Blüten treibt, weil wir
entdeckt haben, dass wir doch auf dem Fabrikareal vieles eben noch
nicht entdeckt haben. Man wird ja ganz kirre von den vielen
Möglichkeiten und Gebäuden und weiß beinahe schon nicht mehr, wo
man schon mal war oder wo noch nicht. Das Einfachste liegt nahe,
fällt einem aber oft erst spät ein. Kayla kam auf die Idee, einfach die
Gebäude der Fabrik auf simplen Handzetteln zu notieren, in denen wir
schon mal waren, und zwar in grüner Farbe und auf einem zweiten
Handzettel in roter Farbe die Gebäude, in denen wir noch nicht waren.
Neben den 7 Gebäuden, die noch fest verschlossen sind, in denen wir
alleine aus diesem Grunde noch nicht waren, fielen uns dabei erst jetzt
weitere rund 10 Gebäude und Anlagenteile auf, die wir noch gar nicht
oder bestenfalls im Ansatz besichtigt haben. Manchmal blieb es bei
einem Ansatz, weil beispielsweise die Dämmerung dazwischen kam
und wir es dann trotz guter LED - Taschenlampen vorzogen, wieder
nach Hause zu gehen. Erkundungen mit Kunstlicht sind nicht
dasselbe, wie ebensolche bei Tageslicht, weil die dabei entstehenden
Eindrücke völlig anders sind. Bei Tageslicht erkennt man die Weite
der Räume viel besser, während mit dem punktuellen
Taschenlampenlicht immer nur der nähere Bereich zum Vorschein
kommt. Wir haben uns vorgenommen, die noch nicht erkundeten
Teile in den nächsten Wochen zu begehen. Sehr viele weitere
Erkundungsmöglichkeiten kommen jetzt auf eine andere Weise hinzu.
Wir trafen in der letzten Zeit hier mehrmals auf Fotografen, die die
Anlagen durchschritten und dort Fotos machten. Es stellte sich heraus,
dass es deren Haupthobby ist, alte Industrieruinen und ähnliches zu
fotografieren, die gehören sogar einem Verband an, der seinen Sitz an
drei Stellen, in Aachen, in Dortmund und irgendwo in der Schweiz
hat. Das sei so ein lockerer Zusammenschluss mit stetig wachsender
Mitgliederzahl von derzeit rund 150 aktiven Mitgliedern aus ganz
Europa oder sogar weltweit. Nun hat diese Fotografengruppe gerade
wohl für sich entdeckt, welche historische Industriegeschichte es hier
im Großraum Karlsruhe mal gab, von der heute kaum noch einer
etwas weiß. Nun ist es nicht nur die rein industrielle Geschichte, die
von denen fotografisch in ihren Resten festgehalten wird, sondern
überhaupt alles, was an größeren oder markanten Gebäuden und
Anlagen stillgelegt und vergessen ist und heute vor sich hin bröckelt.
So waren die auch für unseren Tipp mit der verfallenen Villa und die
leerstehenden Bahnhöfe und Anlagen unweit von hier sehr dankbar.
Im Gegenzug luden die uns ein, doch mal bei ihren Erkundungen
mitzumachen. Demnächst erkunden die unweit von hier eine Art
Krankenhaus, genauer eine große Nervenklinik, die seit etwa 15
Jahren geschlossen ist und zusehends verfällt, wovon ich noch gar
nichts wusste. Die soll knapp 20 km von hier entfernt liegen. Des
weiteren werden in absehbarer Zeit hier im Umkreis von vielleicht 25
km noch weitere alte Fabrikanlagen sowie ein seit 8 Jahren
stillliegendes Hotel am Schwarzwaldnordrand erkundet. Das Hotel sei
insofern etwas besonderes, weil es ein riesiges Neubauprojekt war,
welches erst etwa 1992 im ersten Bauabschnitt fertig gestellt wurde.
Der zweite Bauabschnitt sei nie fertig geworden und der erste
Bauabschnitt habe nie die erwarteten Gewinne eingefahren. Die
Betreiberfirma sei dann 1999 pleite gegangen. Seither verfalle dort
alles, einschließlich kompletter Inneneinrichtung, obwohl es ein
Neubau ist. Wir brauchten nicht lange überlegen, wir werden uns
diesen Erkundungen anschließen und wahrscheinlich sogar Mitglied
in deren Verband, weil wir das, vorbelastet durch unsere eigene Lage,
hochinteressant finden und die Mitgliedschaft ist kostenlos. Der
Austausch von internen Informationen erfolgt über das Internet.

Soweit für heute, Ihr

Egbert Lappenkeuler.