LPK-i6

Auf dieser Seite finden Sie die beiden Lappenkeuler - Beiträge “Kleines Kaleidoskop” und “Fußballwahn” aus dem Jahre 2008. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.

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Beitrag 1

Lappenkeuler - Brief / Email „Kleines Kaleidoskop" vom 17.05.2008

Frühlingsbelagerte Grüße!

Nach einer etwas längeren Pause melde ich mich hiermit wieder
zurück mit einem kleinen Kaleidoskop der zurückliegenden
Ereignisse.

Der Frühling zieht uns nun langsam in seinen Bann. Das Wetter
scheint ziemlich unentschlossen zu sein, allerdings wurde es in den
letzten Tagen hier doch deutlich wärmer. Wir haben uns eine Sitzbank
vor und eine weitere hinters Haus gestellt. Auf der Bank vor dem
Haus kann man sich morgens schön in die Sonne setzen und auf der
hinterm Haus das gleiche nachmittags. Da ist mir dann gleich beim
ersten Test der Bank eine Art Malheur passiert. Gleich am Tag nach
der Aufstellung war morgens gegen halb 9 so schönes Wetter und ich
sagte zu Kayla nach dem Frühstück, dass ich mich mal probehalber
für 10 Minuten dorthin in den Sonnenschein setze. Kayla selbst
beteiligte sich an diesem Probesitzen nicht, weil sie gerade drinnen
mit etwas anderem beschäftigt war. Gegen 9.30 Uhr wollten wir nach
Karlsruhe fahren, wegen einem Arzttermin. Also ich setzte mich auf
die Bank und bin dann bei der totalen Ruhe, die hier draußen
herrschte, im schönen Sonnenschein unbeabsichtigt eingeschlafen.
Kayla hatte über ihrer Beschäftigung im Haus auch die Zeit außer acht
gelassen und kam schließlich gegen 10.30 Uhr nach draußen gesaust
und weckte mich. Da war es zu spät für den Arzttermin. Ich rief bei
denen an, aber ein Ersatztermin war erst 3 Wochen später zu kriegen.
Also man sitzt dort bei Sonnenschein so schön und weil es hier
meistens so ruhig ist, da ist man eingeschlafen, bevor man noch
darüber nachzudenken vermag.

Ungefähr in der Weihnachtszeit 2007 schrieb ich Ihnen davon, dass
auf dem Fabrikgelände sich weitere neue Investoren niederlassen
wollen, die in einem kleinen Teilbereich eine Unterhosenfabrik
aufziehen wollten, was für sich genommen ja schon ein wenig kurios
klingt. Wir betrachten diese Entwicklung mit gemischten Gefühlen.
Einerseits sind wir dafür, weil so zumindest diese Gebäude schon mal
erhalten werden und auch weil sich damit ganz langsam die
Infrastruktur hier etwas verbessert, d.h. die gesamte Zufahrtsstraße
soll besser hergerichtet werden, wovon wir auch profitieren.
Andererseits sitzt uns ein wenig die Angst im Nacken, dass die
liebgewordene Ruhe dann zunehmend weniger wird, denn jedes neue
Unternehmen und sei es auch noch so klein, zieht wieder neuen
Verkehr hierhin und macht zugleich die Siedlung wieder bei mehr
Leuten bekannt, wo sie doch schon weitestgehend in Vergessenheit
geraten war. Wir haben in letzter Zeit schon oft erlebt, dass sich hier
Schaulustige und Neugierige einfinden, die eben nur mal gucken
kommen wollen, um zu sehen, was sich hier bei den neuen
Unternehmen tut. So etwas gab es vor einem knappen Jahr hier noch
gar nicht. Doch zurück zu der Firmen - Neuansiedlung. Ich hatte
Ihnen damals ein Foto beigesteuert von einer mittelkleinen Halle, die
zu dieser Unterhosenfabrik umgebaut werden sollte. Nun, inzwischen
ist alles längst über die Bühne gegangen und in dieser Halle wird
schon seit dem 2. Mai gearbeitet. Diese war ja noch recht gut in
Schuss und die neuen Eigentümer haben da auch gar nicht viel
verändert. Es wurden mal, über einen Zeitraum von einer Woche,
etliche Einrichtungen und Maschinen angeliefert. Am 01. Mai, also
einen Tag vor der offiziellen Betriebsaufnahme, gab es für
Interessierte einen Tag der offenen Tür, dem wir uns natürlich
angeschlossen haben. Die Geschichte mit der Unterhosenproduktion
ist allerdings geplatzt. Die Textilfirma, die das Gebäude eigentlich
kaufen wollte, hat sich das im letzten Moment alles noch mal genau
angesehen und war dabei zu dem Schluss gekommen, dass das
Gebäude für eine solche Produktion doch eher ungeeignet ist.
Besonders der große, hohe Hallenraum im Erdgeschoss ist mehr eine
Angelegenheit für gröbere Dinge. Hätten die das alles passend für ihre
Unterhosenfabrik umbauen wollen, dann wäre es genau so teuer
geworden, wie ein kompletter Neubau. Wie das aber oft so ist, der
Unternehmer kannte wieder einen anderen Unternehmer, der ebenfalls
expandieren wollte und so kaufte der dann diese Halle.
Diese Firma stellt nun 2 eigentlich völlig unterschiedliche Produkte
her, die miteinander so rein gar nichts zu tun haben. Eine komische
Mischung. Aber die Firma hat sich in diesen beiden Sparten schon
länger erfolgreich etabliert. Wenn Sie sich vielleicht an meine Email
aus der Weihnachtszeit entsinnen, diese Halle, hat 2 Etagen, unten
einen mehr hallentypischen Großraum mit Kranbahn und recht hoch.
Oben die Etage ist in 3 großflächige Räume unterteilt mit relativ
niedriger Deckenhöhe, mehr im Stil einer Werkstatt. Im Erdgeschoss
stellt diese Firma Spinde her. Sie kennen sicher diese Spinde, solche
Kleiderschränke für Betriebe halt, in denen die Beschäftigten ihre
privaten Klamotten reinhängen und die Arbeitskleidung rausholen.
Nun ist auch dort die Zeit weitergegangen. Früher kannte man solche
Spinde eigentlich nur in 2 Bauformen, entweder ganz aus Stahlblech,
meist grün oder grau lackiert oder aus Holz in braun, ähnlich einem
einfachen Kleiderschrank. Hier diese neue Firma stellt die Schränke
im wesentlichen aus stabilem Kunststoff her, meist in blau oder grau
und bei den teureren davon ist dann in den Türen noch eine Aluplatte
eingearbeitet. Die sehen relativ chic aus. Das ist so ein stabiler
Kunststoff, der dem Material ähnelt, aus dem heute so die stabilen
Mülltonnen sind, nur noch etwas dicker und rauer und dann in blau,
hellgrau und alufarben. Wie gesagt, das ist die eine Produktpalette,
hingegen im Obergeschoss der Halle stellt die Firma Keramik-
Tischplatten als Zulieferer für die Möbelindustrie her. Sie kennen
sicherlich solche Wohnzimmertische, auf deren Holzplatte im
Mittelbereich Keramikfließen, meist mit diversen Mustern, als
Tischoberfläche befestigt sind. Zum einen zur Verschönung der Optik,
zum anderen weil's praktisch ist, weil man sie z.B. nach dem Essen
leicht abwischen kann. Diese Firma hier stellt aber nicht die
kompletten Tische her, sondern nur diese obere Tischplatte, wo halt
diese Keramikfließen wie eine Einlegearbeit drauf sind. Diese
produziert sie dann gleich für 5 verschiedene große Möbelhersteller
aus ganz Europa, wie man uns bei der Führung sagte. Das klingt zwar
gewaltig, ist es aber nicht, denn so hoch ist der Absatz an solchen
Tischen heute wohl auch nicht mehr. Es sickerte durch, dass die dort
pro Tag rund 10 bis 12 Tischplatten dieser Art produzieren. Bei den
Spinden im Erdgeschoss entstehen pro Tag immerhin etwa 50 solcher
Kunststoffschränke. Zur Expansion planen die auch schon die
Produktion von Werkzeug- und Materialschränken sowie von
Schränken für Arztpraxen in dieser Machart. Die Produktion der
Spinde ist sehr stark automatisiert, weil alles aus Kunststoff
automatisch gegossen und gepresst wird. Am Ende sind dann nur noch
ein paar Leutchen, die die Türen und Aluteile einsetzen, die Beschläge
einbauen und dann noch mal alles kontrollieren oder nacharbeiten. In
diesem Spind-Bereich arbeiten derzeit ganze 6 Leute, mehr nicht. Die
Maschinen nehmen allerdings viel Platz in Anspruch, weil es sehr
langgezogene Anlagen sind, so dass dieser riesige Hallenraum im
Erdgeschoss bereits nahezu voll ausgefüllt ist. Im Obergeschoss die
„Verkachelung" von Tischplatten, das ist reine Handarbeit, Maschinen
gibt es dort nur wenige. Da befinden sich vornehmlich
Eisenrahmengestelle auf drehbaren Böcken, die diese Grundplatte
halten, damit eine Arbeiterin oder ein Arbeiter oben diese Platten
aufbringen kann, die richtig mit speziellem  Haftmörtel und
Fugenmörtel verarbeitet werden, ähnlich wie man es beim Kacheln
des Bads macht. Am Schluss geht die so gefertigte Tischplatte dann
nur in einen großen Trocknungs- und Härtungsofen, damit man nicht
mit der Auslieferung warten muss, bis dass dieser Mörtel auf
natürliche Weise ausgehärtet ist. So geschieht die Aushärtung
innerhalb von einer halben Stunde. Das soll in dem Ofen sogar
irgendwie mit ultraviolettem Licht gehen, weil dem Mörtel etwas
spezielles beigemengt wäre. Das macht man so, damit beim Härten
das Holz der Grundplatte nicht durch Hitze geschädigt wird. In dem
Bereich arbeiten ganze 8 Leutchen. Dann kommen noch ein paar
Kräfte im Büro und der Chef. Also etwa 20 Leute insgesamt schaffen
dort. So muss man sagen, dass aus dieser Fabrik nun eigentlich mehr
ein Handwerksbetrieb oder ein Zwischending zwischen Fabrik und
Handwerksbetrieb geworden ist. Vielleicht trifft der alte Ausdruck
Manufaktur solch eine Betriebsweise noch am ehesten.
Dieser zusätzliche neue Betrieb dort stört uns allerdings nicht im
Geringsten, denn er befindet sich von unserem Haus aus betrachtet
noch ein gutes Stück weiter entfernt, als die
Regenwasserbehälterfabrik. Der Firmeninhaber, der die Rund-
Führung selbst leitete, ein übergepflegter Mensch, der extrem nach
teurem Rasierwasser roch und geschminkt aussah, als ob er gerade aus
einem Ölbad gestiegen wäre, gekleidet mit feinstem teuren Zwirn,
erläuterte, dass wenn die weiteren Expansionspläne verwirklicht
würden, also mit den Werkzeugschränken u.s.w., dann wolle man eine
weitere alte Halle in der direkten Nachbarschaft erwerben und
ausbauen. Dort sollen dann weitere 10 Arbeitsplätze entstehen. Der
bisherige Stammsitz des Unternehmens befindet sich sehr weit
entfernt von hier, nämlich in Remscheid, das ist wohl irgendwo in
Nordrhein - Westfalen. Dass die ausgerechnet hier nun ihren
Zweigbetrieb machen, hat wohl mehrere Gründe. Zum einen weil der
Unterhosenproduzent ein persönlicher Bekannter von dem ist, der ihm
den Tipp gab, dass diese Hallen hier billig zu haben sind, zum anderen
weil die viele ihrer Produkte nach Frankreich verkaufen und das liegt
von hier wesentlich näher, als Remscheid. Zudem seien hier am
Arbeitsmarkt leichter entsprechende Fachkräfte zu kriegen gewesen
und die steuerlichen Rahmenbedingungen besser.

Doch damit im Moment genug von der „industriellen Entwicklung"
hier vor Ort.

Vor einigen Wochen traf hier ein seltsames Schreiben aus Thailand
ein. Es war an Kayla gerichtet, allerdings komplett in fehlerfreiem
Deutsch abgefasst, was Kayla noch mehr verwunderte als mich. In
dem Schreiben wurde behauptet, dass Kayla von einem verstorbenen
Verwandten in Thailand sämtliches Vermögen geerbt habe. Sie könne
das aber nur dann antreten und in Besitz nehmen, wenn sie persönlich
dort bei einer bestimmten Behörde vorspräche. Kayla sagt, dass es
nach ihrer Ansicht völliger Unsinn sei, da alle ihre Verwandten
bettelarm gewesen wären. Der dort zitierte entfernte Verwandte, der
sie nun angeblich fürstlich beerbt haben soll, habe früher jahrelang
davon gelebt, dass seine Frau für andere Leute Wäsche gewaschen hat
und er selbst diese dann abgeholt bzw. ausgeliefert hat, nicht per Auto,
sondern per Moped mit Karre dran. Als sein Moped mal kaputt war,
sei er quer durch die ganze Verwandtschaft gezogen, um sich dort das
Geld für ein Reparaturteil zusammen zu betteln. Dass ausgerechnet
dieser Verwandte nun kurz vor seinem Ableben inzwischen reich
geworden sein soll, das glaubt sie nicht. Sie hält den Brief für eine
Finte, um sie nach Thailand zu locken. Sie will auf gar keinen Fall
dorthin fliegen, selbst nicht mit dem Risiko, so vielleicht wirklich ein
reichhaltiges Erbe auszuschlagen. Sie sagte, in Thailand sei es wohl
so, wenn der für das Erbe vorgesehne Erbe das Erbe nicht antrete,
dann würde nicht der in der Reihe theoretisch nächstliegende
Verwandte das Erbe zugesprochen kriegen, wie es hier wohl ist,
sondern dann ginge das automatisch in Staatseigentum über. Auch
findet sie, dass die Stelle, die den Brief abgeschickt hat, keine
offizielle staatliche Stelle wäre, sondern ein imaginäres Büro für
Ahnenforschung, so würde man das wohl übersetzt nennen, was in
dem Briefkopf steht. Es ist ohnehin für mich etwas kurios, der ganze
Brieftext ist in fehlerfreiem Deutsch, während die Briefköpfe alle in
Thai abgefasst sind, womit ich nun gar nichts anfangen könnte. Kayla
hält es selbst für relativ unmöglich, dass man in ihrem früheren
Umfeld in Thailand überhaupt ihre heutige Adresse kennt, weil sie
diese selbst nie irgend wem gegeben hat. Nach außen hin trete nur ich
hier unter der Adresse in Erscheinung, Kayla überhaupt nicht und die
Meldebehörden geben heute wegen Datenschutz normalerweise so
einfach auch keine Auskunft, wer bei wem wo wohnt. Früher war das
einfacher, da brauchte man nur zu behaupten, man sei ein ehemaliger
Schulkamerad und plane ein Klassentreffen von ehemaligen Schülern,
dann bekam man alle Daten, aber die Zeiten sind schon lange vorbei.
Zudem muss das, was man in Thailand als reichhaltiges Erbe
bezeichnet, hier nicht wirklich viel bedeuten. Dort herrschen andere
Wertverhältnisse und Kayla sagt, wenn dort jemand ein Vermögen
hat, was vielleicht in Euro einem Wert von 2.000 Euro entspricht,
dann würde der als so hoch vermögend angesehen, wie hier jemand,
der 200.000 Euro hat. Sie wird sich zunächst nicht weiter um diese
Angelegenheit kümmern, auch wenn in dem Schreiben eine Frist bis
Mitte Juni gesetzt wird, in der sie dort zur Erbübernahme vorsprechen
soll.

Letzten Donnerstag sind wir in einem alten Steinbruch, der 17 km von
hier entfernt liegt, mit einem selbst ernannten Naturschützer
aneinander geraten. Ich sage Ihnen, ein fanatischer Idiot aller ersten
Ausmaßes! Wir hatten den Steinbruch auf einer kleinen Wanderkarte
entdeckt, die unweit von hier in so einem Schaukasten hängt. Da wir
das interessant fanden, sind wir mit dem Wagen dorthin gefahren und
dann halt um diesen Steinbruch gewandert, in dessen Mitte heute ein
kleiner grünlicher See ist. Es ist ein schönes Plätzchen, vor allem weil
es herrlich ruhig und abgeschieden liegt, ohne großen Auflauf von
Wanderern oder dergleichen. Als wir den Rundweg fast schon durch
hatten, entdeckte Kayla am Rande einige schöne Blümchen, ich weiß
nicht wie sie heißen, schön ja, aber man würde sie augenscheinlich
nicht gleich als etwas Besonderes einstufen, zumal diese in dem
Bereich hundertfach standen. Sie ähnelten ein wenig den altbekannten
Gänseblümchen, waren wohl ungefähr doppelt bis dreifach so groß
und ihre Stängel waren in einem kräftig leuchtenden, fast neonartigen
Grün. Weil gerade so viele dort standen, rupfte Kayla sich vielleicht
10 dieser Blümchen, wickelte sie in ein befeuchtetes Papier, um sie
zuhause in eine Vase zu stellen. Es ist wie verrückt. Kaum hatte Kayla
diese Blümchen gerupft, da tauchte aus einem nahen Gebüsch ein
bärtiger, schmaler Mann auf, bekleidet mit so einer Art Safari-
Klamotten, wie sie Anfang der 80iger Jahre mal modern waren und
einer Anglerkappe auf dem Schädel, ein Fernglas hatte er noch
umhängen. Schon von weitem schimpfte er etwas unverständliches
daher und wirbelte mit den Händen in der Luft. Er hastete näher und
schimpfte auf Kayla ein, dass sie hier nicht einfach diese Blumen
rupfen könne, die stünden angeblich unter Naturschutz und dass er sie
anzeigen werde und daher ihre Personalien haben wolle. Ich habe ihn
dann erst einmal gefragt, ob er noch alle Sinne beisammen habe oder
ob er nur Probleme mit deren Gebrauch hätte. Dadurch wurde er
natürlich nicht gerade freundlicher und er beschimpfte mich dann
auch. Seine Beschimpfungen wurden immer wahlloser und drehten
sich schon längst nicht mehr um die Blümchen. Er hatte in uns wohl
generelle Umweltfeinde und Naturzerstörer ausgemacht, denen
angeblich jede nachkommende Generation völlig egal wäre. Dann
bezichtigte er uns noch, dass Leute wie wir auch am Abschmelzen der
Polkappen und der Gletscher schuld wären. Daraufhin bezichtigte ich
ihn, dass er wohl nur am Abschmelzen der eigenen Hirnmasse schuld
sei. Daraufhin drohte er mir sogar Prügel an. Wissen Sie, man weiß ja
nie, wen man da vor sich hat und daher neigen wir eher zur Vorsicht,
aber rein vom optischen Eindruck her hätte ich den Typen wegblasen
können wie ein Feder, weil der so schmal war. Aber man täuscht sich
da ja auch mitunter und ich bin keiner, der es auf körperliche
Auseinandersetzungen ankommen lässt, außer wenn es unvermeidbar
ist. So sagte ich zu Kayla, dass wir jetzt einfach unsere Runde zu ende
wandern und dann wieder zum Wagen gehen, ohne diesen Wichtigtuer
weiter zu beachten. So setzten wir zum weiter gehen an. Er dackelte
uns dann schimpfend hinterher und verlangte ständig die Angabe
unserer Personalien. Wir taten unterdessen so, als sei er schon gar
nicht mehr da, unterhielten uns gemütlich über dies und das. Das ging
so vielleicht noch 200 m weiter, das Ende des alten Steinbruchs war
schon so gut wie erreicht, bis er schließlich an Schritt zulegte und
mich von hinten an den Schultern fasste, um mich zwecks näherer
Diskussion und Personalienangabe festzuhalten. Da war für mich das
Maß überschritten und ich schubste ihn zurück. Ich habe ihm dann
gedroht, wenn er uns noch weiter belästigen würde, dann würde er
gleich unten in dem schönen grünen See ein Vollbad nehmen und dort
seinen überhitzten Kopf abkühlen können. Mit einem
Gesichtsausdruck des Entsetzens blieb er dann stumm stehen,
während wir dann weiter zum Auto gegangen sind und nach hause
fuhren. Wissen Sie, solche Fanatiker hasse ich ja wie die Pest. Das
sind Leute, die selbst nichts zustande bringen und sich nur an
vermeintlichen Fehlern anderer hochziehen können. Die Grenzen für
die vermeintlichen Fehler wollen sie den anderen dabei selbst
aufdiktieren. Wofür hält sich solch ein, Verzeihung, blödes Arschloch
eigentlich?

Ein für letzte Woche eingeplanter weiterer Arbeitsurlaub in Belgien in
dem Schlösschen des Militärautoschrottplatz-Besitzers, ist kurzfristig
verschoben worden, weil dem Besitzer andere Dinge dazwischen
gekommen sind. Nach der Erledigung dieser Dinge will er in den
nächsten Tagen mit einer teilweisen Aufräumaktion auf seinem
Schrottplatz hier in unserer Nähe anfangen, sofern das Wetter so
schön bleibt. Er sagte, dass er nun einen großen Oldtimerhändler aus
der Nähe von Jülich aufgetan hätte, der ihm auf einen Schlag
immerhin beachtliche 50 Fahrzeuge abgekauft hat. Diese will der neue
Eigentümer der Fahrzeuge demnächst hier abholen kommen.
Irgendwie machte der Schrottplatzbesitzer in letzter Zeit öfters
zweideutige Bemerkungen, dass sich dort bald einiges ändern soll.
Was er damit genau meint, das lässt er aber noch nicht aus dem Sack.

Wo wir gerade beim Thema Fahrzeuge und Autos sind, bleiben wir
dabei. Mit dem Auto hatten wir in der vorletzten Woche etwas Pech.
Dieses Pech ist allerdings nicht auf das Auto selbst zurückzuführen.
Vorne am Abzweig zu dieser kleinen Überland - Zufahrtsstraße zu der
Siedlung hier, befand sich vor einigen Wochen eine Baustelle, wo
dann nur eine einseitige Verkehrsführung mittels einer
Baustellenampel eingerichtet wurde. Auf der gesperrten Straßenseite
hatten Bauarbeiter eine größere Fläche von vielleicht 200 m²
abgefräst, um wohl die obere Deckschicht zu erneuern. Ein Arbeiter
war damit beschäftigt, die ausgefräste Grobteerschicht mittels eines
Sprühgerätes zu benetzen. Wir bekamen grün an der Ampel und
fuhren also auf der freigegebenen Seite gemütlich durch. Nun erst
entpuppte sich der Sprühnebel des Arbeiters als dünner Flüssigasphalt
oder so was ähnliches und da der bei unserer Vorbeifahrt gleich fest
neben unserem Wagen munter weitersprühte, war diese Fahrzeugseite
im Unterbereich extrem mit diesem Teerzeug auf der ganzen Fläche
vollgeklebt. Das war eine Sauerei sonders gleichen. Als Laie kann ich
nicht davon ausgehen, dass wenn ich grün erhalte, dort mein Fahrzeug
mit Teer eingesprüht wird. So hielt ich ein Stück dahinter und stellte
den Bauarbeiter zur Rede. Der winkte aber nur ab und wollte gar nicht
mit mir sprechen. Dann habe ich mir von deren LKW die
Telefonnummer aufgeschrieben und bei denen angerufen. Dort wollte
man mich gleich abwimmeln, so auf die Art, dass ich da ja wohl selbst
dran schuld wäre, wenn ich dort vorbei fahre. Da habe ich dann bei
der Polizei Anzeige gegen die Firma erstattet. Der Polizist auf der
Wache hatte zunächst keine richtige Lust, meine Anzeige
aufzunehmen und riet davon ab, mit irgendwelchen eigenartigen
Begründungen. Als ich mich darauf aber nicht einließ, hat er es doch
alles aufgenommen und meine Angaben ausgedruckt, die ich dann auf
einem Blatt unterschreiben musste. Kayla wurde dann noch als Zeugin
eingetragen. Nach einigen Tagen erhielt ich einen Anruf von dem
Chef der Straßenbaufirma, wo der sich noch wütend beschwerte, dass
ich so ein Fass wegen solch einer Lappalie aufmachen würde. Ich
habe ihm dann gesagt, dass er das ja hätte anders haben können, als
ich zuerst bei ihm angerufen hätte, wo man sich einfach versuchte
rauszureden. Mein Autobekannter riet mir, den Schaden von einem
vereidigten Sachverständigen begutachten zu lassen. Das habe ich
dann gemacht, das ging relativ unbürokratisch in der Werkstatt meines
Autobekannten in Stuttgart. Der Sachverständige gab einen Termin an
einem Donnerstagmorgen um 9 Uhr. Er meinte, so selten wäre das gar
nicht, derartige Fälle habe er sicherlich über 20 mal pro Jahr zu
bewerten. Nun, er machte sich in einem vorgefertigten Bogen, auf
dem der Opel - Corsa in einer Art technischer Zeichnung abgedruckt
war, diverse Notizen mit Zahlen und Zeichen, die er dann nachher in
eine Tabelle im Computer übertrug. Binnen kurzer Zeit errechnete der
daraus eine Schadenssumme von immerhin 520 Euro. Dieser Betrag
wird gerechnet für eine professionelle Spezial - Lackreinigung mit
anschließender Nachbehandlung und Konservierung. Er sagte, man
könne zwar auf die Schnelle dieses Teerzeug meist mit Teerentferner-
Spray und Lappen oder Autowatte völlig weg bekommen, aber damit
sei es bei der großen Fläche nicht getan. Es klingt etwas paradox, aber
würde man anschließend nicht die Rückstände dieses Entferners
professionell entfernen und dann den Wagen nicht neu konservieren,
würde der Fahrzeuglack in diesem Bereich schnell sehr matt oder
sogar seinen Farbton verändern, besonders unter Sonneneinstrahlung.
Zuzüglich zu den 520 Euro Schadenssumme kamen noch 125 Euro
Gebühr für den Gutachter, die dann ebenfalls vom Verursacher zu
tragen sind. Nun, langer Rede kurzer Sinn, obwohl sich der Chef der
Straßenbaufirma rausreden wollte, gab er am Schluss klein bei, als er
bemerkte, dass wir es ansonsten auf einen Prozess hätten ankommen
lassen und übergab die Sache seiner Betriebshaftpflicht-Versicherung.
Die hat inzwischen auch schon fest zugesagt den Schaden zu
begleichen. Ein Heini von der Versicherung rief wenig später hier an,
um ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass ein derartiger Schaden
nicht dazu berechtige, sich einen Leihwagen auf Kosten der
Versicherung zu nehmen, auch nicht für die Zeit, in der der Wagen in
der Werkstatt stehe. Das hatte ich zwar zu keinem Zeitpunkt vor, aber
viele Geschädigte weiden heutzutage in solchen Fällen natürlich alle
Möglichkeiten aus, die sich in diesem Zusammenhang anbieten. Die
notwendigen Arbeiten wurden diese Tage bereits von meinem
Autobekannten in seiner Werkstatt durchgeführt und der Wagen sieht
jetzt wieder wie neu aus. Aber Sie sehen, welchen unverschuldeten
Ärger man mit solchen Trotteln hat und sicher würde manch einer
entnervt klein beigegeben haben und die Teerschicht in stundenlanger
Eigenleistung entfernen. Auf diesen Effekt hoffen die Verursacher
dann nur und würden in Zukunft weiterhin so rücksichtslos arbeiten.

Ansonsten muss ich den Wagen als solchen nach wie vor sehr loben.
Wir hatten das Thema schon oft und ich will Sie damit auch nicht
langweilen, aber man kann es als Erfahrungswert nach inzwischen
rund 60.000 km, die wir selbst bis jetzt damit gefahren sind
beisteuern. Er läuft sehr zuverlässig, wirkliche Mängel am
eigentlichen Fahrzeug gab es bislang nicht, nur mal am Radio, aber
das fließt ja in diese Bewertung nicht mit ein. Er ist bequem, hat eine
sehr sichere Straßenlage, auch in sehr engen Kurven und vor allem
verbraucht er erfreulich wenig. Letzteres wäre zwischendurch nicht
ganz so schlimm gewesen, wo wir ja viel mit dem kostenlosen Alt-
Diesel vom Werksgelände fahren, aber das hört jetzt langsam auf, weil
die Vorräte in dem Tank an einer Stelle angekommen sind, wo
Wasseranteile und Schmutzpartikel mit drin enthalten sind und da
wäre das Risiko zu groß, den Wagen damit zu schädigen. Wir haben
noch ungefähr 350 Liter auf Vorrat gebunkert, mischen diesen aber
gelegentlich bereits mit normal zugetanktem Diesel, indem wir ab und
zu an die Tankstelle fahren und dort für vielleicht 15 Euro zutanken.
Der Kassenmann schaut dann immer blöde, wenn heute noch einer
kommt, der mit einer 15 Euro - Tankrechnung auskommt. Es fällt
schon schwer, wieder die mittlerweile enormen Spritpreise zu zahlen.
Um so mehr erfreut einen dann wieder der doch nach wie vor niedrige
Verbrauch von 4,7 Litern auf 100 km bei unserer Fahrweise. Ich sage
mal so, wir rasen gewiss nicht damit, aber kriechen tun wir schon
gleich gar nicht. Zügig im Verkehr mitschwimmen wäre wohl der
passende Begriff.

Wie ich schon weiter oben kurz andeutete, sind hier an der
Zufahrtsstraße zur Siedlung Ausbaumaßnahmen geplant, weil diese
winzige Straße ja auch den Gesamtverkehr zu den neuen Betrieben auf
dem alten Fabrikareal über sich ergehen lassen muss. Für solch eine
Art von Verkehr ist diese Straße nie konzipiert worden. Es war daher
sogar schon die Rede davon, dass eine völlig neue Zufahrtsstraße oben
von der Bundesstraße direkt bis auf die neue Firmen - Stichstraße
gebaut werden soll. Die sollte dann etwas weiter nordöstlich von der
Bundesstraße 293 abzweigen, als die bisherige kleine Zufahrtsstraße.
Dadurch würde man rund 1 km Streckenlänge einsparen. Man wollte
sie zugleich schnurstracks durch den vorgelagerten nördlichen
Waldhain legen und könnte dann endlich eine Straße mit
ausreichender Breite für dicke LKW errichten und das noch ohne jede
Kurve drin, halt nur ein andauerndes Gefälle, da hier die Siedlung und
das Industriegelände im Vergleich zur Bundesstraße etwa 50 m tiefer
liegt. Die jetzige alte kleinere Zufahrtsstraße sollte bei dieser Variante
in dem mäßigen Zustand belassen werden, wie sie heute ist und dann
nur noch dem Anwohnerverkehr von uns Siedlungsbewohnern dienen.
Diese Neubauvariante hätte den Vorteil, dass der ganze Werksverkehr
danach nicht mehr vorne an den Siedlungshäusern vorbei muss, wie
das derzeit ja ist. Ein weiterer Vorteil wäre, dass während der Bauzeit
der neuen Straße der normale Verkehr wie bisher über die alte Straße
ungehindert weiter rollen könnte, sowohl hier zur Siedlung, als wie
auch zum Industrieareal. Erst wenn die neue Straße fertig wäre würde
die dann am Ende der vor etwas über einem Jahr neu errichteten
Stichstraße mittels eines Kreisverkehrs an diese angebunden. Sie
ahnen, dass es bei solch einem großen Projekt gleich heißt, was kostet
das und wer soll das bezahlen? Zudem wurde sogleich Protest von den
Grünen eingelegt, weil ja in den Waldhain eine neue breite Schneise
geschlagen würde. Vergleichsberechnungen ergaben, dass eine
Verbreiterung und Überholung der jetzigen Zufahrtsstraße unter dem
Strich rund 2,1 Millionen Euro billiger ist, ein schlagkräftiges
Argument und so wie es aussieht, wird man sich dafür entscheiden.
Die Grünen sind jedoch auch dagegen, weil auch bei diesem Plan
stellenweise viele alte Bäume und noch mehr Buschwerk entfernt
werden müssten. Der Nachteil dieses Plans ist aber, dass noch völlig
ungeklärt ist, wie das hier laufen soll, wenn die an dieser kleinen
Straße hier am arbeiten sind. Das gäbe ein Chaos ohne Ende,
besonders wenn die dicken Firmen - LKW kommen, die ja jetzt schon
größte Probleme beim Befahren der teils engen Kurven in dieser
Straße bekommen. Diese schmale Straße zieht sich ja über 4 km hin
und da dauert es so schon ewig, bis solch ein LKW oben von der B
293 bis hier unten durch ist, aber wenn man dann halbseitige
Verkehrsführung macht, wahrscheinlich mit Ampelschaltung, dann
gute Nacht. Dann wartet man hier eine halbe Stunde, bis man wieder
weiterfahren kann. Der Rentner von hier meinte schon, wenn die
zuständigen Verwaltungsleute noch einen Funken Verstand hätten,
dann würden die sich doch noch um entscheiden und diese
Neubauvariante wählen. Vor allen würden die Firmenchefs da auch
nicht mitspielen, wenn deren Zulieferungen über einen langen
Bauzeitraum stark behindert würden. Na wir sind mal gespannt, wie
das weiter geht. So wie es jetzt ist, kann es auf Dauer nicht bleiben,
denn wenn ein LKW auf der heutigen Zufahrtsstraße entgegenkommt,
dann muss man irgendwo am Rand stehen bleiben, weil man sonst
niemals aneinander vorbei käme und die Anzahl der LKW wird
ständig größer, eben weil sich wieder mehr hier tut und weil derzeit ja
alle Waren nur über diesen einen Weg transportiert werden können.

Wie Sie wissen, nutzen wir gerne das Angebot von sogenannten
„Tagen der offenen Tür", die oft Anlass zu kostenlosen Dingen geben.
Warum sollte man solche Angebote nicht mitnehmen, denn dazu sind
sie ja da? So hatte exakt auf Pfingstsamstag eine Großgärtnerei am
Stadtrand von Karlsruhe ab Mittag einen Tag der offenen Tür mit
einigen Zelten, wo sogar eine Musikkapelle anlässlich des 50jährigen
Firmenjubiläums lautstark aufspielte. Jeder Besucher erhielt eine
kleine Topfpflanze als Geschenk, wobei denen zu unseren Gunsten
noch ein lustiges Missgeschick passierte. Jeder von uns bekam
zunächst solch einen kleinen Ton-Blumentopf mit einem
feingliedrigen Gewächs mit tiefblauen kleinen Blüten. Ich weiß den
genauen Namen dafür nicht, aber früher nannte man die hier im
Volksmund immer „Männertreu", aber vielleicht heißen die auch
wirklich so. Das ist jetzt kein enormer Wert, sogar der Aldi hat die ab
und zu mal im Angebot in solchen Plastikbechern für jeweils um 1
Euro das Stück, aber immerhin und in der Gärtnerei sind die ja auch
etwas teurer, als beim Aldi, vielleicht 1,80 Euro oder so in dieser
Gegend. Eine schöne Geste. Da wir ja gerade erst am Anfang unserer
Gärtnereibesichtigung waren und es mir zu lästig erschien, diese
beiden kleinen Töpfe auf dem ganzen Rundweg in der Hand zu halten,
habe ich die schnell zum Auto in den Kofferraum getragen, welches
auf deren Firmenparkplatz stand. Kayla war dabei ein Stückchen mit
des Weges gegangen und ging dann auf dem Rückweg wieder mit mir
zusammen in die Gärtnerei. Am Eingang hatten sich die Frauen in der
Zwischenzeit abgewechselt, die diese Blümchen verteilten. Daher
erkannte die Frau die dann dort saß uns nicht und wir erhielten
nochmals jeder ein solches Gewächs. Diese habe ich dann auch noch
schnell zum Kofferraum gebracht. Aber glauben Sie jetzt nicht, dass
daraus eine endlose Geschichte wird, diesmal saß noch die gleiche
Frau dort und es gab daher kein drittes Paar von diesen Pflanzen. Es
ist schon erstaunlich, was die dort alles für Pflanzen ziehen. Der
Juniorchef hielt in einem Gewächshaus über Lautsprecher eine Rede,
wobei er betonte, dass die momentan 21.500 m² Gewächshausfläche
sowie weitere 6 Hektar Freifläche für die Zucht ihrer Pflanzen nutzen.
Weiterhin würde demnächst mit dem Bau eines neuen großen High-
Tech - Gewächshauses mit weiteren 12.000 m² Gewächshausfläche
begonnen. Früher hätten die vorwiegend Schnittblumen gezogen, das
wäre heute nur noch ein winziger Bruchteil ihrer Tätigkeit, heute
würde man einerseits Topfblumen aber noch mehr spezielle Gemüse -
Setzpflanzen veredeln und züchten, die dann als Setzlinge an die
Landwirtschaft verkauft werden. Nun will ich Sie nicht mit allen
Details zu dieser Großgärtnerei langweilen, das würde Ihnen sicher
nicht viel bringen, aber es ist durchaus auch mal interessant zu sehen,
mit welchen Mitteln dort heute Pflanzenzucht betrieben wird. In
manchen Gewächshausteilen leuchten sogar nachts spezielle Lampen,
nur damit die dortigen Pflanzen zu einem exakt vorberechneten
Zeitpunkt sprießen. Was auf einem anständigen Tag der offenen Tür
natürlich nicht fehlen darf, das ist der Imbiss. So auch hier. Einige
Sachen gab es sogar kostenlos, allerdings wurde das tatsächlich
akribisch kontrolliert, damit da keiner mehrfach in den Genuss kam.
Es gab ein Getränk pro Person umsonst sowie eine heiße Wurst mit
sehr viel extrem süßem Senf und 2 ungetoasteten Toastbrotschnitten.
Einen solch süßen Senf hatte ich zuvor noch nie gegessen. Weitere
Imbisssachen musste man dann aus eigener Tasche bezahlen, deren
Preise waren allerdings sehr zivil. Natürlich darf nicht fehlen, dass am
Ausgang ein riesiger Stand war, an dem man viele Pflanzen aus dem
Betrieb sehr günstig kaufen konnte. Unser Bedarf ist da aber sehr
gering oder besser gesagt nicht vorhanden. Wenn man da allerdings
viele andere Leute sah, die kartonweise Pflanzen kauften, bis dass
nichts mehr in ihren Wagen passte, war das schon die reinste Schlacht
um die günstigen Pflanzen. Die Gartenarbeit scheint nach wie vor
doch ein beliebtes Hobby bei den Deutschen zu sein. Besonders ältere
Damen blühten selbst in der Schlacht um die Blumen wieder auf. Da
wurden sogar die Ellenbogen eingesetzt, um sein Revier am
Blumenstand zu verteidigen, damit man auch ja die schönsten,
buntesten und größten Exemplare einheimsen konnte. Kayla meinte
schon, das hätte man filmen müssen und es wäre dann ein heiterer
Beitrag fürs Fernsehen dabei heraus gekommen.

Bleiben wir in gewisser Weise in der Welt der Pflanzen, wenn auch
auf eine ganz andere Art. Ich habe neulich einen Bekannten aus
meiner Stuttgarter Zeit wieder getroffen. Um seine miese
Haushaltslage aufzubessern kam er auf die Idee, etwas Geld mit
diversen Hausdienstleistungen und vor allem mit Gartenarbeiten
nebenher zu verdienen. So gründete er ein Einmann - Unternehmen,
also eine Art Ich - AG, wie man vor ein paar Jahren noch dazu sagte.
Besonders Rasenmähen entpuppte sich dabei als die am meisten in
Anspruch genommene Dienstleistung. Es gibt besonders viele ältere
Leute, die an ihrem Einfamilienhäusle am Stadtrand nicht mehr selbst
den oftmals großen Rasen mähen wollen. Das ist ja auch eine gewisse
Anstrengung, die man nicht mehr jedem älteren Menschen zumuten
kann. So findet besonders Rasenmähen als Dienstleistung von diesem
Bekannten regen Zuspruch. Natürlich boomt das Geschäft damit nur
in der Zeit zwischen April und November. Aber was ihm da jetzt
passiert ist, das ist schon ein verrücktes Ding. Er hat sich einen alten
Kombi - PKW gekauft, in dem er seinen Benzin - Rasenmäher und
alle Utensilien mitbringt. Er verwendet grundsätzlich immer nur seine
eigenen Werkzeuge, weil er sich damit auskennt und keine Lust hat,
sich zuerst in die Bedienung der Mähgeräte seiner Kunden einarbeiten
zu müssen. Auch vermeidet man damit mögliche
Schadensersatzforderungen, falls ein Kundengerät bei der Arbeit
entzwei gehen sollte. Unter anderem wurde er auch von einer älteren
Fabrikanten - Witwe gebucht, die von ihm eine beträchtliche
Rasenfläche hinter ihrer Villa mähen ließ. Zunächst schien die Dame
mit seiner Dienstleistung auch sehr zufrieden zu sein, denn knapp 2
Wochen später buchte sie ihn wieder. Das freute ihn natürlich, weil er
mit der großen Fläche ganze 3 Tage vollauf beschäftigt ist, was
entsprechend viel Geld in die Kasse spült. Er rechnet da wohl nach
Fläche das Rasenmähen ab und er soll deutlich billiger als die
Konkurrenz sein. Eine knappe Woche nach seinem zweiten Einsatz
bei besagter Fabrikantenwitwe rief diese ihn energisch an und bat,
dass er sofort vorbei komme. Er glaubte zuerst, sie habe noch einen
weiteren lukrativen Sonderauftrag für ihn. Doch weit gefehlt. Kaum
eingetroffen wurde er von ihr beschimpft und sie zerrte ihn auf die
Wiese hinterm Haus mit der Frage: „Was sehen Sie da?" Von weitem
meinte er lapidar: „Ja was soll ich schon sehen? Rasen!" Darauf sie
verbittert: „Dann machen Sie Ihre Augen mal genau auf!" Nun, bei
näherer Betrachtung stellte sich heraus, dass zwischen dem ach so
schönen Rasen doch tatsächlich etliche Gänseblümchen die Frechheit
besaßen, einfach so zwischen den Grashalmen zu wachsen. Damit
aber nicht genug, auch einige Unkräuter, Löwenzahn, Butterblumen
und sonstiges taten es den Gänseblümchen gleich und ergänzten den
Rasen auf eine von der Dame ungewollte Weise. Diese bezichtigte
nun meinen Bekannten, dass er dieses „Barsche Unkraut", wie sie das
betitelte, dort bei seiner Arbeit ausgesät habe. Der Rasen sei erst vor 3
Jahren von einer Fachfirma für viel Geld angelegt worden und nie
wäre dort solch ein „barsches Unkraut" dazwischen gewesen, das habe
er erst mitgebracht. Sie verlangte von ihm, dass er umgehend dafür
sorge, dass dort wieder nur gepflegter Rasen ohne barsches Unkraut
stünde, natürlich unentgeltlich. Er war sich keiner Schuld bewusst,
hatte er doch nur ganz normal gemäht, wie er es immer macht. Daher
verweigerte er das und lehnte erstens jede Verantwortung dafür und
zweitens jeden Anspruch auf eine Änderung dieser Situation durch ihn
ab. Schimpfend verwies die Witwe ihn dann vom Grundstück mit der
Drohung, einen Rechtsanwalt einzuschalten. So kam es dann auch.
Nur wenige Tage später verlangte ein Rechtsverdreher Dr. soundso
von ihm, die unverzügliche Wiederherstellung des ursprünglichen
Zustandes des gepflegten englischen Rasens ohne Unkraut,
andernfalls würde man das von einem Fachbetrieb auf seine Kosten
machen lassen. Er lehnte auch das natürlich ab. Dann kam es noch
toller. Der Rechtsanwalt beauftragte ein Speziallabor mit der
Überprüfung der Angelegenheit. Ein Spezialist nahm dazu unter
anderem Proben vom Rasenmäher meines Bekannten, aber auch
Proben von der verunstalteten Wiese. Dabei stellte sich dann heraus,
dass sich im Rasenmäher meines Bekannten wohl unten in dem
Bereich, wo das Messer rotiert, vertrocknete Samen von diesem
ganzen „Barschen Unkraut" festgesetzt hatten, wahrscheinlich bei
einer früheren Mahd bei einem anderen Kunden. Beim Mähen des
geschädigten Rasens sind dann davon Samenpartikel mit in die Wiese
eingetragen worden und haben sich dort munter vermehrt. Ich muss
noch hinzufügen, ich hätte an seiner Stelle den Mann vom Labor erst
gar nicht an meinen Rasenmäher gelassen, denn dazu konnten die ihn
ja gar nicht zwingen und dann hätten die keinen Beweis gehabt. Aber
das sagt sich so leicht, denn einerseits war er selbst von seiner
Unschuld überzeugt und andererseits ist er ohnehin ein wenig
schwerfällig im Kombinieren von Gedankengängen. Eine schnelle
Beseitigung des Zustandes sei nur durch völliges Abtragen der
gesamten Rasen- und Erdschicht möglich und anschließendes
Neuaufbringen eines entsprechenden Rollrasens in der früheren
Qualitätsstufe durch einen Fachbetrieb. Da die Fläche entsprechend
groß ist, wurden die Kosten für dieses gesamte Unterfangen mit sage
und schreibe 37.000 Euro veranschlagt. Zuzüglich noch die Gebühren
für das Labor, in Höhe von 3.100 Euro und die Gebühren des
Rechtsverdrehers mit 2.900 Euro. Sollte er dieser Aufforderung das
alles zu bezahlen nicht nachkommen, dann will man ihn deswegen vor
Gericht zerren. Er kann das gar nicht bezahlen, selbst wenn er wollte
und deswegen steht ihm nun tatsächlich wegen solch einem Mumpitz
ein saftiger Prozess ins Haus. Ich finde diese Angelegenheit so
ungewöhnlich, das werde ich aufmerksam verfolgen und auch Ihnen
berichten, wie das weiter ausgegangen ist, wenn ich das erfahre. Es ist
schon verrückt, ergreift man selbst die Initiative, um seine
wirtschaftliche Lage zu verbessern, dann droht einem je nach dem
noch, dass man von Leuten, die ohnehin Geld im Überfluss haben und
sich an ihrer Luxusvilla einen speziellen englischen Rasen leisten
können, ausgenommen und mit Schadensersatzansprüchen überzogen
wird. Gewiss kann man sagen, für Schäden, die man verursacht, muss
man auch gerade stehen, aber in solchen speziellen Fällen mag man
daran zweifeln, in wie weit man ihm überhaupt die Schuld zuschieben
kann. Zumal eine wirkliche Schuld meines Bekannten hier doch eher
im trüben Dunstbereich der Entscheidungsfreiheit des Richters liegen
dürfte, wenn es zu einem Prozess kommen sollte. Ich habe ihm
geraten, es gelassen auf einen Prozess ankommen zu lassen. Viel
anderes bleibt ihm eh nicht übrig, denn er hätte schon Mühe 200 Euro
aufzutreiben, geschweige denn eine Gesamtsumme von über 40.000
Euro. Dumm ist, dass mein Bekannter für seinen Einmann-Betrieb
keine Betriebshaftpflicht hat, die würde ansonsten vielleicht sogar für
so etwas aufkommen, weil man ihm ganz sicher keine grobe
Fahrlässigkeit vorwerfen kann. Sie können sich vorstellen, dass er sich
jetzt gar nicht mehr traut, irgendwelche Dienstleistungen anzubieten,
in der Furcht vor weiteren Regressfallen.

Wir besuchen an Wochenenden ja gerne schon mal Flohmärkte und
eigentlich gibt's heute kaum noch ein Wochenende, an dem nicht
irgendwo im Umkreis von 15 km ein solcher Flohmarkt ist. Das heißt
natürlich nicht, dass wir jedes Wochenende Flohmärkte besuchen,
aber ungefähr einmal pro Monat. Es ist eigentlich auch nicht so, dass
wir mit einer bestimmten Kaufabsicht dort hin gehen, alleine schon
das zu sehen macht uns Spaß, auch wenn man am Ende nichts kauft.
Gelegentlich findet man aber doch was. Im Laufe der Zeit haben sich
bestimmte Flohmärkte herauskristallisiert, die wir besonders gerne
besuchen, weil dort ein vielschichtiges interessantes Angebot bei
relativ günstigen Preisen vorherrscht und weil das gesamte Umfeld
stimmt. So ist z.B. ein Flohmarkt in einem Karlsruher Vorort für uns
immer ein willkommenes Anlaufziel. Vor kurzem waren wir sonntags
dort und ich entdeckte einen Stand, der auf großer Fläche
ausschließlich Bücher und Bilder anbot. So stöberte ich etwas in den
Büchern und entdeckte dort 2 alte Bildbände mit zahllosen
Schwarzweißfotos und umfangreichen Beschreibungen über die
Region in der wir wohnen. Das eine Buch war von 1954 und das
andere von 1969. Beide wiesen Gebrauchsspuren auf, waren aber
noch gut lesbar, also nicht zerfleddert oder verknickt. Der
Standbetreiber, ein kleiner schmaler Mann mit Brille und eckigem
Gesicht, etwa in meinem Alter, vielleicht etwas älter, ich habe ihn auf
65 Jahre geschätzt, kam herbei gehumpelt, als er sah, dass ich
Interesse an den Büchern hatte. Ich fragte ihn, was die kosten sollen.
Er meinte, wenn ich beide zusammen nehme 10 Euro. Jeder weiß,
dass auf dem Flohmarkt handeln üblich ist, so sagte ich zu ihm, dass
ich 6 Euro für beide biete. Da fuhr er gleich aus der Haut, entriss mir
die Bücher, legte sie wieder an ihren Platz zurück und betitelte mich
ganz laut als dummes Bauernschwein. Er machte ein regelrechtes
Theater und rief zu seinem Standnachbarn laut über den Platz: „Schau
mal hier was hier bei mir für ein dummes Bauernschwein mir hier die
Sachen abjagen will. Da muss der stinkende Bauer aber eher
aufstehen, mit mir nicht!" Seinen Standnachbarn war dieses Theater
selbst peinlich und die reagierten nahezu gar nicht darauf. Nun ist es
ja so, man lässt sich doch auf einem Flohmarkt von solch einem
Idioten nicht beleidigen, was sind das denn für Manieren? So sagte ich
dann zu Kayla mit mindestens ebensolcher Lautstärke: „Eine große
Schnauze hat er ja, aber leider nur ein kleines Hirn, um nicht zu sagen,
ein sehr kleines Hirn." Da hätten sie den Wahnsinnigen mal sehen
sollen, er brüllte schimpfend herum, wobei er über uns herzog, jetzt
waren wir keine dummen Bauern mehr, sondern Kalya wäre
primitives Nuttenpack und ich ein Hurensohn und dergleichen mehr.
Da auf solchen größeren Flohmärkten ja auch Ordner vom
Veranstalter herumlaufen, die normalerweise nur die Standgebühr
kassieren, den Aufbau der Stände etwas kontrollieren und die Leute
auf dem benachbarten Parkplatz einweisen, bin ich schnurstracks zu
einem der Ordner und habe dem gesagt, dass dieser Knallkopf die
Kunden beleidigt und wenn er als Ordner da nicht einschreite, dann
würde ich die Polizei rufen. Der Ordner rief dann über sein Handy
wohl den Organisator des Flohmarktes an, um sich von dem Weisung
erteilen zu lassen, wie er auf unsere Beschwerde reagieren soll. Das
führte dazu, dass der Organisator selbst aus einem in der Nähe
stehenden Wohnmobil herbei eilte und dann mit uns zusammen
wieder zu dem Stand des Verrückten ging. Zu unserem Glück kannte
der Schwachkopf den Organisator des Flohmarktes gar nicht, sondern
nur dessen Ordner. Uns erkannte er natürlich sofort und rief uns schon
von weitem lautstark zu: „Hach, da kommt ja der dumme Stinkbauer
mit seiner Nutte wieder. Will er mich etwa übers Ohr hauen?" Der
Organisator schaute mich nur ungläubig an, als er das hörte und fragte
mich, ob ich den irgendwoher kennen würde. Ich erklärte ihm nur,
dass ich den dort heute früh zum ersten mal gesehen hätte und
nochmals, wie es zu der ganzen Geschichte kam. Dann ging der
Organisator des Flohmarktes mit uns näher an seinen Stand und sagte
zu dem, dass er sofort seine Sachen einpacken und den Stand
schließen soll. Für ihn wäre der Flohmarkt zuende. Der Giftzwerg
beschimpfte den Organisator dann auch, was er denn wolle, was er
sich überhaupt einbilden würde, er sei nur ein kleiner Wichser und
habe ihm gar nichts zu sagen u.s.w. Der Organisator zeigte dann einen
Ausweis und sagte, dass er halt der Organisator hier wäre und ihm
sofortiges und dauerhaftes Platzverbot auf allen seinen Flohmärkten
erteile. Dann schimpfte der Knilch und stellte in Zweifel, dass er
wirklich der Organisator sei. Das änderte sich aber schnell, als der
Organisator per Handy 2 seiner Ordner herbei rief, die dem Kerl
klarmachten, dass sie ihm gleich etwas unsanft beim Einpacken helfen
würden, wenn er das nicht sofort selbst mache und hier verschwinde.
Dann tobte der Kerl, dass er schließlich bereits 65 Euro Standgebühr
bezahlt habe und deswegen noch den ganzen Tag hier stehen bleiben
könne. Das verneinten Organisator und die Ordner dann aber, weil er
sich nicht an die von ihm anerkannten Bestimmungen gehalten habe,
die Friedfertigkeit auf dem Platz zu wahren. Der Typ wurde dann
weiß wie eine frisch gekalkte Wand und packte murrend sein Zeug
zusammen. Wir registrierten das natürlich mit deutlicher Genugtuung.

Schon häufig berichtete ich Ihnen von meinem Autobekannten, der
zusammen mit seiner Frau, der Griechin, am südwestlichen Stadtrand
von Stuttgart vor längerem ein leerstehendes, relativ großes und
modernes Autohaus übernommen hatte, während er zuvor über viele
Jahre mitten in Stuttgart eine beengte kleine Hinterhof - Werkstatt
betrieb. Zweifellos war das mit der Übernahme schon eine riskante
Sache, weil ein solch großes Autohaus auch große Unkosten erzeugt,
die erst einmal jeden Monat gedeckt sein wollen. Zur Unterstützung
hatten sich ja damals die Eltern seiner Frau finanziell stark beteiligt.
Das sind sehr nette Menschen, ich habe die ja mal kurz kennen
gelernt, die selbst in absolut einfachen Verhältnissen leben, obwohl
die relativ reich sind. Ich leugne nicht, dass ich anfangs da so meine
Bedenken hatte, weil die Griechin, also seine Frau, Sie mögen sich
erinnern, ein enorm sexbedürftiges Wesen ist. Daher glaubte ich, dass
mein Autobekannter mit der zu gar nichts anderem mehr kommen
wird und seine schöne neue Werkstatt sehr vernachlässigen wird, eben
weil er dauernd Sex mit seiner restlos unersättlichen Frau betreiben
wird. Aber ich muss vor beiden jetzt den Hut ziehen, alle Achtung. Ich
will damit nicht sagen, dass ich so ein totales Leben in Dauersex
bemängelt hätte, ist ja auch zweifellos eine schöne Sache, aber dem
wirtschaftlichen Fortkommen hätte es in dieser Dauerdimension sicher
eher geschadet. Aber es ist erstaunlich, was die beiden in der kurzen
Zeit aus dem Laden gemacht haben. Da kann man wirklich nur
Respekt zollen. Es ist inzwischen ein gut florierender Betrieb
geworden. Während er anfangs noch alleine in der Werkstatt stand
und alle Reparaturen, genau so wie früher in der Hinterhof -
Werkstatt, alleine durchführte und seine Frau den Schreibkram
erledigte, haben die inzwischen 6 fest Beschäftigte sowie noch 3
weitere Hilfskräfte, die bei Bedarf aushelfen. Verkaufte er früher
vielleicht alle 2 Wochen einen älteren Gebrauchtwagen sowie 5 recht
ausgelutschte Gebrauchtwagen über einen Exporteur nach
Griechenland, so verkauft er heute pro Woche sicher 3 Neuwagen
verschiedener Marken als sogenannte EU - Importfahrzeuge sowie
rund 10 Gebrauchtwagen. Die Exportgeschichte nach Griechenland
läuft aber auch noch nebenbei und ist inzwischen auf rund 50
Fahrzeuge pro Monat angewachsen. Zusammen mit dieser
Exportfirma macht er das aber. Diese EU - Import - Neuwagen kauft
er über freie Einkäufer in ganz Europa zusammen, um sie dann hier
mit Gewinn aber trotzdem noch billiger als beim Markenhändler,
wieder an seine Kunden weiter zu verkaufen. So hat er z.B. fabrikneue
VW - Golf und VW - Passat da stehen, die er selbst über Dänemark
gekauft hat und die sind dann hier trotz des Transportaufwandes rund
3.500 Euro billiger, als im VW - Autohaus. Dabei verdient er selbst ja
auch noch daran, denn nur aus Menschenfreundlichkeit macht er das
nicht. Er hat aber auf diese Weise Fahrzeuge von verschiedenen
Marken da stehen, u.a. neben VW auch von Ford, Opel, BMW,
Peugeot, Renault und Citroen.
Wenn man den Verlauf der Zeitgeschichte manchmal so betrachtet ist
das schon komisch, wie viel sich in nur wenigen Jahren doch
verändern kann. Damit spreche ich für meinen Autobekannten, aber
auch für mich. Würde man den Kalender nur um lächerliche 4 Jahre
zurück schrauben, dann hätte mein Autobekannter mir vor 4 Jahren
sicher mehr als nur einen Vogel gezeigt, wenn ich ihm gesagt hätte,
dass er in absehbarer Zeit mal Chef von so einem großen Autohaus
sein würde. Umgekehrt hätte ich vor 4 Jahren jedem einen Vogel
gezeigt, der mir prophezeit hätte, dass ich mal ein eigenes Haus
besitzen würde und dass ich mal nicht mehr in Stuttgart wohnen
würde. Manchmal steht man neben seiner eigenen Geschichte und
schaut nur noch ungläubig zu oder versteht selbst nicht so recht, was
sich da alles ereignet hat. Es kommt einem dann zuweilen vor, als
betrachte man als Außenstehender die Geschichte von einer ganz
anderen Person, mit der man selbst gar nichts zu tun hat, so ähnlich
wie man im Fernsehen eine Romanverfilmung sieht.

Zu etwas anderem. In einer regionalen Werbezeitung, die wöchentlich
kostenlos an alle Haushalte verteilt wird, war neulich zu lesen, dass
ein Antiquitätenhändler in Pforzheim einen tollen Fang gemacht hat,
an dem seine Freude aber eher gedämpft ist. Ein Kunde hatte ihm eine
alte Kommode angeboten, die er von seiner verstorbenen Oma geerbt
hatte. Das Teil war stark überholungsbedürftig und stammte wohl von
1920. Der Antiquitätenhändler hat die Kommode dem Kunden dann
für 60 Euro abgekauft, in der Hoffnung, sie nach einer gründlichen
Restauration für rund 1000 Euro wieder an Antiquitätenfreunde
verkaufen zu können. So mag das nach einer riesigen Gewinnspanne
klingen, aber dazwischen liegt in diesem Fall ja auch eine Menge
Arbeit, die nach den Angaben in der Werbezeitung mehrere Wochen
in Anspruch genommen hätte. So begann der Händler an einem
ruhigen Tag, als nur wenige Kunden seinen Laden besuchten, in seiner
Werkstatt mit der Restauration des alten Stückes. Bei dieser Arbeit 
entdeckte er dann unter einer Schublade einen großen alten Umschlag,
der dort eingeklebt war. In dem Umschlag selbst fand er dann 53 alte
1000 - Mark - Scheine. Die bekommt man ja auch heute noch
umgetauscht, also etwa 26.500 Euro. Nun muss man den Händler
wohl auch ein wenig als dümmlich bezeichnen, dass er das in seiner
ersten Freude überhaupt Außenstehenden erzählt hat. Ich an seiner
Stelle hätte ja schön den Mund gehalten. Irgendwie machte diese
Geschichte dann die Runde und der Kunde, der ihm die Kommode
verkauft hatte, hörte auch davon. Sie können sich vorstellen, wie
schnell der bei dem Antiquitätenhändler wieder auf der Matte stand
und seine Ansprüche an den 53.000 DM anmeldete. Der hingegen
stellte sich auf den Standpunkt, da die Kommode zum Zeitpunkt der
Entdeckung bereits sein volles Eigentum war, gibt es nichts und das
Geld gehöre ihm, weil es zu dem Zeitpunkt sozusagen ein Bestandteil
der Kommode war. So wird man die Gerichte bemühen und wie in der
Zeitung stand, wurde von Amts wegen Kommode und Geld erst mal
sicher gestellt, bis das Verfahren Klarheit in die Sache gebracht hat.
Wie dort weiter stand, könnte aber der reguläre Kaufvertrag des
Antiquitätenhändlers ihm vielleicht vor Gericht zu Vorteil gereichen.
Er hat zwar nur seinen normalen Muster - Kaufvertrag verwendet, der
von beiden Seiten akzeptiert und unterschrieben wurde, so wie er es
immer machen würde, aber genau in dem Kleingedruckten davon
steht, dass der gekaufte Gegenstand vollständig mit allen daran und
darin befindlichen Gegenständen in das Eigentum des Käufers
übergeht. Das klingt zwar fast so, als wäre es auf diesen speziellen
Einzelfall zugeschnitten, aber ist es nicht, das steht in den Verträgen
der Händler meistens so, weil die schon öfters erlebt haben, dass
manche Kunden später einen Nachschlag wollen, z.B. mit der
Begründung, dass vielleicht bestimmte Teile eines Gegenstandes im
Kaufpreis nicht enthalten gewesen wären. Wie ich schon schrieb, ich
hätte an dem seiner Stelle mich über das schöne Geld gefreut und
außer Kayla keinem etwas davon gesagt, dann hätte er sich den
ganzen Zirkus erspart, der jetzt folgt.

Fotos füge ich diesmal nicht an, da wir das Problem mit unseren
Kameraakkus bzw. dem Ladegerät von Kaylas Kamera noch immer
nicht gelöst haben.

Somit ende ich jetzt für hier, Kayla ist schon in die Werkstattgarage
gegangen, um den Wagen rauszufahren, wir wollten gleich noch mal
oberhalb von Karlsruhe an den Rhein fahren und dort am Rheinufer
das schöne Wetter genießen.

Kayla und ich wünschen Ihnen alles Gute und viele schöne
Sonnentage,

Ihr

Egbert Lappenkeuler.
 


Beitrag 2

Lappenkeuler - Brief / Email „Fußballwahn" vom 12.06.2008

Frischheiße Grüße!

Einige sehr erlebnisreiche Wochen liegen hinter uns.
Soll noch einer sagen, es würde keinen Sommer mehr geben. Nun
hatten wir zweifellos bislang von allen Wettersorten etwas, einen
ziemlichen Mix. Solange der Mix halbwegs in Richtung ausgewogen
tendiert, soll es mir recht sein, denn ein Sommer der nur nass ist, taugt
wenig, ebenso ein Sommer der nur heiß ist. Nach dem Totalausfall des
Sommers 2007 mag man sich ohnehin für dieses Jahr mehr warme
und trockene Sonnentage wünschen. Jeder besonders warme Tag wird
bekanntlich von den vielen selbst ernannten Klimaspezialisten, die
man heute täglich in den Medien antrifft, als eindeutiges Anzeichen
der gefährlichen Erderwärmung herangezogen, nur im Sommer des
letzten Jahres hörte man von denen wenig oder nur die ganz dreisten,
die auch den zu kühlen und nassen Sommer auf diesen Klimawandel
schoben. Der Hauptwitz folgt jedoch stehenden Fußes, wie man so
sagt, denn diese Klimaspezialisten setzen insgeheim auf die
Vergesslichkeit der Bevölkerung und behaupten heute dreist und fest,
dass der Sommer 2007 ein überdurchschnittlich heißer Sommer
gewesen sei. Wer sich wirklich an den Sommer 2007 erinnern mag,
der muss spätestens jetzt erkennen, wie glaubwürdig und kompetent
diese ganzen angeblichen Klimafachleute sind.  Die Schar der Leute,
die diesen Klimahysterikern bedingungslosen Glauben schenken, wird
trotzdem immer größer, weil die Sache sich langsam verselbstständigt
und einmal in Schwung gekommen ist. Frei nach dem Motto: „Die
Geister die ich rief, werd' ich nicht mehr los...." Dabei tauchen jetzt
immer mehr ernsthafte Forschungsergebnisse auf, die sogar bereits an
mehreren Stellen ein Ende beziehungsweise sogar eine Umkehr des
Klimawandels feststellen. Eine bestimmte Arktisforschung ergibt so
seit fast 2 Jahren das zunehmende Ergebnis, dass an Stellen, wo das
Eis bis vor 3 Jahren durch die Erderwärmung immer weniger wurde,
nun seit 2 Jahren wieder zunimmt. Stellen, die schon weiträumig
aufgetaut waren, froren nun doch, wider Erwarten, nach einer
mehrjährigen Pause wieder völlig zu. Verwunderlich fand ich, dass
der Wissenschaftler im Radio darauf hinwies, dass solche Äußerungen
derzeit in der Öffentlichkeit und auch in der Politik nicht gerne gehört
würden, auch wenn sie nur sachlich über tatsächliche Beobachtungen
berichten, weil es den Anschein erwecken würde, dass alles bisher in
dieser Angelegenheit von klugen Politikern und Umwelt - Akteuren
gesagte, falsch gewesen sei. Andere Forschergruppen registrieren
diese Entspannung erst gar nicht und warnen weiter, dass die
Gletscher in Zukunft immer mehr und schneller abschmelzen würden.
Laut erstgenannten Forschern würde dieser Prozess aber auch in
einigen Jahren zum Stillstand oder vielleicht sogar zu einer Wende
kommen, nur an den Orten, wo die Gletscher sind, würde es sich erst
mit einiger Verzögerung bemerkbar machen. Wie dem auch sei, Sie
erinnern sich, ich habe die ganze aufgebauschte Klimakatastrophe
immer für baren Unfug gehalten, der nur dadurch entsteht, weil der
Mensch sich anmaßt eine Sache aus seiner dezimierten Sicht zu
beurteilen, die nur einen microwinzigen Zeitabschnitt bewertet, der
aber im Gesamtgeschichtsverlauf überhaupt keine Bedeutung hat und
dort sozusagen im Grundrauschen der üblichen Schwankungen
verschwindet, auch wenn diese einseitig operierenden Forscher das
nicht wahr haben wollen, weil es nicht in ihre Politik passt. Die
Menschen spielen verrückt, weil sie sich verrückt machen lassen
wollen. Das hat so eine Urstimmung vom drohenden Weltuntergang
und der Mensch braucht so was einfach, weil er das in jeder Zeit
immer gebraucht hat. Wenn nicht irgend ein globales
Damoklesschwert über den Köpfen aller schwebt, dann gibt es auch
keinen, der sich als Retter der Menschheit oder als Klima - Exorzist
aufspielen kann, jedoch genau das tun die grünlich angehauchten
Politiker und Forscher nur zu gerne, weil sie darin eine kräftige Form
der Selbstbestätigung sehen und vor allem erhoffen sie darin eine
Möglichkeit, irgendwann die politischen Zügel ganz zu übernehmen.
Ohne so was kämen sie sich nur sinnlos vor, was sie aber letztendlich
wohl auch sind.

Manche Menschen sind offensichtlich von sprunghaftem Wesen oder
neigen zumindest zu sprunghaften Entschlüssen. Nun lassen sich
gewisse Entscheidungen in ihrer Spontaneität durch viel Geld
beflügeln. Worauf ich abziele, das ist der inzwischen oft zitierte
Militärauto - Schrottplatzbesitzer, mit dem wir sehr gut auskommen,
es ist eine Art kollegiales Verhältnis, was sich da aufgebaut hat. Wie
Sie wissen, hatten wir dem schon mal in Belgien bei
Renovierungsarbeiten an seinem alten Schlösschen geholfen und
sollten dies eigentlich bereits vor mehreren Wochen wieder tun.
Daraus wurde jedoch nichts. Der Grund dafür ist so überraschend wie
komisch. Wenige Tage nach dem ich Ihnen zum letzten mal schrieb
klingelte der Militärauto - Schrottplatzbesitzer hier bei uns an der Tür.
Er fragte nach, ob wir Lust hätten, ab dem darauf folgenden
Wochenende ihm wieder bei dortigen Renovierungsarbeiten zu helfen.
Das war uns durchaus recht, da wir vor allem Lust hatten, mal wieder
auf Erkundungsreise zu gehen, was ja damit auch verbunden gewesen
wäre. So sagten wir spontan zu. Die Reise nach Belgien sollte
sonntags in der Frühe um 7 Uhr hier starten. Am Samstag davor waren
wir am frühen Nachmittag dabei, schon unseren Wagen mit den
Dingen voll zu packen, die wir mitnehmen wollten. Da klingelte der
Schrottplatzbesitzer unerwartet wieder an der Tür und bat uns um ein
kurzes Gespräch. Er eröffnete uns, dass wir nicht wegen weiterer
Renovierungshilfsarbeiten zu seinem Schlösschen nach Belgien fahren
sollten, weil er soeben das ganze Anwesen verkauft habe. Wir
schauten uns zuerst nur ungläubig an, weil das Schlösschen war für
ihn immer so was wie ein Heiligtum, von dem man gesagt hätte, dass
er eher sein letztes Hemd verkaufen würde, bevor er auch nur einen
müden Gedanken an den Verkauf dieses Kleinods verschwenden
würde. So ganz genau sagte er uns nicht alles, das konnte ich spüren,
aber zweifelsohne muss ganz viel Geld im Spiel sein und Sie wissen
es auch, irgendwie hat im Leben alles seinen Preis, auch wenn viele
das bestreiten wollen. Soviel haben wir von ihm erfahren, eine Firma
hat ihm jedenfalls ein sehr gutes Angebot gemacht, welches er nicht
ausschlagen konnte. Auf so viel Geld zu verzichten wäre eine
verpasste Gelegenheit gewesen, wie sie zeitlebens nie wieder kommt
und vor allem für deren Verpassen man sich hätte zeitlebens immer
Vorwürfe gemacht. Ich kenne keine Zahlen, aber er sagte selbst, dass
er bei Beginn der Verhandlungen über den Verkauf, noch absolut
nicht bereit war, das Schlösschen überhaupt zu verkaufen. Er hatte
denen zu Beginn gleich gesagt, den Preis, den er dafür würde haben
wollen, den wären sie mit Sicherheit nicht bereit dafür zu geben. Er
habe denen dabei aber noch keine konkrete Zahl genannt, eben weil er
eigentlich gar nicht verkaufen wollte. Dann hätten die, ohne lange zu
fackeln, gleich ein erstes Angebot unterbreitet, welches auf Anhieb
schon fast drei mal so hoch war, wie die theoretische, nicht genannte
Zahl, die er sich selbst so ausgedacht hatte, wohlgemerkt als Grenze,
ab der er in jedem Fall doch verkaufen würde. Da er ja ein alter
Geschäftsmann ist, habe er denen dann trotzdem signalisiert, dass
dieser Preis zu gering sei. Schließlich sei es ihm gelungen, in weiteren
zähen Verhandlungen den Preis auf rund den fünffachen Wert hoch zu
treiben, den er sich selbst eigentlich als „Überredungssumme" zum
Verkauf im Inneren gesetzt hatte. Da er immer schon viele Pläne im
Kopf hatte, die sich aber aus Kostengründen fast alle nicht wirklich
umsetzen ließen, bis auf die bruchstückhafte Renovierung des
Schlösschens in vorwiegender Eigenleistung, wurde ihm schlagartig
klar, dass er so mit dem totalen Verkauf des Schlösschens alle anderen
großen Pläne sofort in die Tat umsetzen kann, ohne auf den Cent
achten zu müssen. Auf dem Gelände des Militär - Autoschrottplatzes
hier stehen ja vereinzelt noch Reste früherer Hallen und Gebäude von
der kleinen Kalimine, die größtenteils schon eingestürzt sind, wo
immer sein Traum war, einige davon wieder aufzubauen. Dieser
Traum kann nun Wirklichkeit werden, weil er dazu durch den
Schlossverkauf genügend Zaster hat. Kurzerhand wird er eines der
Gebäude in Kürze herrichten lassen und dann seinen Wohnsitz dorthin
verlegen, obwohl er noch vor kurzem gesagt hat, dass er niemals mehr
aus Belgien wegziehen möchte, weil es dort nicht so viele
bürokratische Hürden geben würde, wie hier. Nun kann man natürlich
sagen, mit dem notwendigen finanziellen Hintergrund kann man auch
hierzulande sicher viele bürokratische Hürden aushebeln. Da sieht
man, wie schnell sich alles ändern kann. Ich glaube man kann in
diesem Fall sagen, dass er von seiner eigenen Entscheidung überrascht
wurde. Somit heißt das für uns, dass es keine Hilfseinsätze in Belgien
mehr geben wird. Da es uns bei dem ersten Einsatz in Belgien aber so
gut gefallen hat, haben wir beschlossen, in einigen Wochen halt nur
mal so dorthin zu fahren, also ohne jeglichen Bezug auf den
Schrottplatzbesitzer oder sein Schlösschen. Bei dieser Gelegenheit
werden wir dann auch weiter ins Land hinein fahren und vielleicht
sogar mal bis zur belgischen Küste an die Nordsee, die ja sehr schön
sein soll.

Zuweilen wird man von komischen Krankheiten, oder sagen wir mal
gesundheitlichen Einschränkungen betroffen. Vor einigen Wochen, es
war ein Dienstag, wollten wir morgens früh nach Karlsruhe zwecks
Lebensmitteleinkäufen in einen Supermarkt fahren, den wir öfters
besuchen. Schon als ich morgens aus dem Bett aufstand, hatte ich in
der linken Kopfhälfte auf- und abschwellende Kopfschmerzen, die
zugleich mit einem insgesamt sehr dämmrigen Gefühl verbunden
waren. Deswegen war ich auch sonst sehr matt und jede noch so
kleine Körperanstrengung sorgte für eine sofortige Vervielfachung der
Kopfschmerzen in der linken Kopfhälfte. Nun sind mir solche
halbseitigen Kopfschmerzen nichts neues, besonders in Frühling und
Herbst habe ich damit schon seit Jahrzehnten öfters zu tun, was aber
neu war, das war dieses dämmrige Gefühl dabei. Wir sind aber
trotzdem zum einkaufen gefahren, Kayla hat den Wagen gefahren. Im
Laden selbst konnte ich mich gar nicht konzentrieren, ich hatte nahezu
alles vergessen, was wir einkaufen wollten. Zum Glück hatte Kayla
einen Einkaufszettel geschrieben und deswegen die wichtigsten Dinge
nicht vergessen. Während ähnliche Kopfschmerzeffekte früher
meistens spätestens ab Mittag nachließen, blieb mir das den ganzen
Tag lang treu und das dämmrige Gefühl wurde sogar noch stärker. Ich
hatte schon die Befürchtung, dass sich vielleicht so meine frühere
schwere Erkrankung zurück melden würde. Am Tag danach war zum
Glück alles wieder weg.
Wo wir gerade bei seltsamen Krankheiten sind, Sie mögen sich
erinnern, dass Kayla in der Weihnachtszeit 2006 / 2007 wegen eines
unerklärlichen Schwächeanfalls ins Krankenhaus musste. Nun ist das
so lange her, dass man kaum noch daran dachte, aber jetzt meldete
sich ein Arzt aus dieser Karlsruher Klinik, dass er auf Grund eines
Forschungsprojektes noch mal Kaylas Krankenakte studiert habe,
wegen gewisser Ähnlichkeiten mit einigen Symptomen in anderen
Krankheitsfällen. Er bat um die Möglichkeit, ob Kayla noch mal zu
einer Nachuntersuchung ins Krankenhaus kommen könne, eine kurze
Sache von etwa einer Stunde Zeitaufwand, um damit möglicherweise
dem tatsächlichen Grund näher zu kommen, den man ja damals nicht
heraus fand. Der jetzige Arzt ist aber ein ganz anderer und das ist auch
in einer ganz anderen Abteilung des gleichen Krankenhauses. Nun ist
es einerseits so, dass man eigentlich keine rechte Lust hat, damit noch
Zeit zu verschwenden, andererseits wenn es zur nachträglichen
Aufklärung des Krankheitsgrundes beiträgt, so sieht man es doch als
sehr sinnvoll an, denn wer weiß, ob das noch mal auftritt und dann
hätte man in diesem Fall vielleicht eher gleich eine
Behandlungsmöglichkeit, wenn man schon weiß, woran es liegt. So
sind wir in der vorletzten Woche dienstags dorthin gefahren. Kayla
wurde dann an einige Apparaturen angeschlossen und zugleich
durchleuchtet, wenn man so will, und zwar mit solch einem modernen
Magnet - Resonanz - Tomographen wo sie dann drin lag und in dem
Gehäuse davon saust dann etwas rund. Dabei bekam sie dann noch
eine Flüssigkeit, die sie in winzig dosierten Schlückchen trinken
sollte. Der Arzt bedankte sich sehr, anschließend konnten wir wieder
nachhause fahren. Er sicherte zu, mögliche Ergebnisse sobald wie
möglich mitzuteilen, die Auswertung der jetzigen
Untersuchungsergebnisse brauche aber rund 3 Tage. So fuhren wir
nach hause. Jetzt am Montag kam ein Schreiben von der Klinik-
Abteilung dieses Arztes, in der man Kayla mitteilt, dass ihr damaliger
Schwächeanfall vermutlich von einer sogenannten Lactose -
Unverträglichkeit her stammt. Da zuckt man zuerst mal mit den
Schultern und fragt sich, was das sein soll. Das wurde dann aber auf
einem Beiblatt ausführlich erklärt. Milch und Milchprodukte enthalten
viel von dieser Lactose und es gibt Menschen, die dagegen allergisch
sind. Das kann wieder mehrere Gründe haben. Bei vielen Menschen
würde im Körper oder im Verdauungstrakt ein bestimmtes Enzym
fehlen, was dann eine normale Verdauung von diesen Lactoseanteilen
der Milchprodukte verhindert und oftmals zu den unterschiedlichsten
allergieähnlichen Reaktionen führt. Manche bekommen dann heftigen
Durchfall, andere Magenkrämpfe, Erbrechen, rote Flecken auf der
Haut oder sonstige Hautausschläge, wieder andere erleiden, wie
Kayla, einen heftigen Schwächeanfall, der zuweilen mehrere Tage
andauern kann, wieder andere Leute bekommen Sehstörungen davon.
Das kann also einen ganzen Schwall von Auswirkungen auslösen.
Nun gesellt sich noch ein wichtiger Punkt hinzu, dass nämlich
besonders Menschen aus dem asiatischen Raum sogar meistens dieses
Enzym nicht hätten und daher sehr oft zu einer Lactose -
Unverträglichkeit neigen. Nun sei das heute kein wirkliches Problem
mehr, weil man auch schon überall lactosefreie Milch kaufen könne,
aber wenn man das gar nicht weiß, kann man sich auch nicht danach
richten. Nun muss man dazu sagen, wenn wir Milchprodukte haben,
dann hat Kayla die immer ganz normal mit getrunken, gegessen u.s.w.
wie ich auch und scheinbar auch nie Probleme damit gehabt. Wenn
man bedenkt, was ja alles Milchprodukte sind, egal ob Milch selbst,
Käse, Quark, Joghurt, Speiseeis und selbst in vielen Backwaren ist ja
versteckt Milch enthalten, da wird es dann schon schwer bis
unmöglich, hierzulande eine Aufnahme von Lactose generell zu
vermeiden. Andererseits ist es dann wieder komisch, wenn Kayla nur
dieses eine mal damit Probleme hatte und davor und danach nie
wieder. Da meinte der Arzt, das könne aber durchaus sein, da nicht
alle Leute, die darunter leiden, gleich stark darunter leiden. Dann gibt
es bei Milch und Milchprodukten auch untereinander in der Lactoseart
und dem tatsächlichen Lactosegehalt erhebliche Unterschiede und die
können es dann ausmachen, ob Kayla Probleme damit bekommt oder
nicht. Kayla mag zum Beispiel sehr gerne Speiseeis und besonders
jetzt in der warmen Jahreszeit wäre es für sie schon ärgerlich, wenn
sie das nicht mehr essen dürfte. Sie sieht es aber locker und sagt,
damals, als sie diesen Schwächeanfall hatte, das war ja im Winter. Da
hat sie mit Sicherheit vorher kein Eis gegessen. Es kann sein, dass sie
vielleicht vorher Milch getrunken hat, wenngleich wir sehr selten
Milch trinken, aber zum Essen bereiten brauchen wir öfters mal
Milch. Aber das kann man heute nach so langer Zeit mit Sicherheit
nicht mehr nachvollziehen, ob vorher so ein Auslöser möglicherweise
gesetzt wurde. Kayla isst also weiter Eis und ich glaube auch nicht,
dass ihr das Probleme bereiten wird.

Wie die Zeiten sich doch manchmal entwickeln und vor allem
vergehen. Wie Sie wissen, halte ich immer noch einen gewissen
Kontakt zu Stuttgart. Früher ging ich in Stuttgart oft an ein bestimmtes
Kiosk, trank dort ein oder zwei Tassen Kaffee, im Sommer auch mal
Zitronenlimonade oder Mineralwasser und vielleicht noch ein Eis
dazu und da ich die Inhaberin sehr gut kannte, bekam ich von der
öfters eine Kiste mit abgelaufenen Illustrierten, Computerheften,
Zeitungen und solchem Zeug aus den Vorwochen. Viele Berichte in
solchen Gazetten sind im Prinzip ja nicht wirklich zeitgebunden, außer
vielleicht der Wetterbericht und das Fernsehprogramm. Ich habe
diesen Kram höchstens zu 5 % gelesen, den Rest ungelesen wieder
entsorgt, weil das meiste in solchen Blättern uninteressanter Müll ist.
Was interessiert mich, was irgendwelche degenerierten
Adelsfamilienmitglieder treiben oder was die so genannte
Sportprominenz tut? Solche Berichte finde ich nur zum Kotzen
langweilig und kann nicht verstehen, weshalb sich dafür überhaupt
manche Leute interessieren. Aber darauf will ich auch gar nicht
hinaus, das nur am Rande nebenbei bemerkt. Jedenfalls erfahre ich
diese Tage, dass die Inhaberin dieses Kiosks gestorben ist. Das ist mir
unerklärlich und man muss schon sagen, dass es mich etwas bedrückt.
Ich glaube, ich hatte es vor etlichen Jahren mal erwähnt, bevor Kayla
in mein Leben trat, habe ich durchaus viel Zeit mit dieser Frau
verbracht. Man kann nicht sagen, dass wir ein Verhältnis miteinander
hatten, jedenfalls nicht im üblichen Sinne, wir sahen das mehr
pragmatisch. Wie soll man es sagen? Gewisse Bedürfnisse entstehen
nun mal und das sah sie sehr locker, je nach Lust und Laune, vor
allem ersterem, traf man sich dann mal öfters bei ihr zu Haus. Sie war
ungefähr 45 Jahre alt, also auch nicht wirklich alt und, wie ich fand,
für ihr Alter noch richtig knackig, was natürlich immer eine
Geschmacksfrage ist. Ich sage es mal so, ich bin ja um
Beschreibungen nicht müde, vom Gesicht her war sie nicht sonderlich
attraktiv, eher unterhalb des Durchschnitts, aber wer den Rest kannte,
war sicherlich sehr angetan von ihr. Auch vom Wesen her war sie auf
eine schlichte Art nett und völlig unkompliziert. Wissen Sie, es gibt
Frauen, die machen um vieles ein Brimborium und ein Gehabe um ein
Nichts, so etwas kannte sie nicht, das war ihr völlig fremd. Solange sie
in ihren normalen Alltagsklamotten im Kiosk stand, hat sich sicherlich
keiner erträumt, was sie für einen tollen, geradezu  jugendlichen
Körper hatte, um es damit mal auf den Punkt zu bringen. Man kann
ihr Erscheinungsbild vielleicht so beschreiben, eine auf den ersten
Blick völlig unscheinbare Frau um die 40 mit dem Gesicht einer 50-
jährigen und dem Körper einer 20jährigen. Also und die soll nun
gestorben sein? Ich konnte und wollte mir das einfach nicht vorstellen,
trotzdem ist es so. Ein Erich, den nannten immer alle nur Erich, wie
der weiter heißt weiß ich nicht, also dieser Erich war jeden Tag an
dem Kiosk, nicht wegen der Inhaberin, sondern nur wegen seinem
Bier und wegen einer Zeitschrift, die es anderswo nicht gibt, aber der
Erich hat wohl selbst gesehen, wie es passiert ist. Er stand, wie
tagtäglich, draußen am Kiosk, sie bediente ganz normal, war noch
fröhlich und sackte dann ohne jedes Vorzeichen und ohne jede
Äußerung plötzlich hinter dem Kiosktresen in sich zusammen und war
tot. Der Erich hat dann sofort den Notarzt gerufen, der war auch nach
nur 3 Minuten schon da, aus einem unweit gelegenen Krankenhaus,
konnte aber nur noch den Tod feststellen. Aus einer gewissen Distanz,
die durch mein Zusammenleben mit Kayla und später dann durch den
Umzug hierher entstand, kann ich natürlich sagen, dass ich Kayla
niemals wegen der Monika, so hieß die, hätte sitzen lassen und seit
Kayla passierte zwischen Monika und mir auch gar nichts mehr,
obwohl wir freundschaftlich verbunden blieben, aber halt auf Distanz.
Andererseits kann ich durchaus sagen, wäre Kayla nie in mein Leben
getreten, so wäre diese Monika sicherlich bis auf weiteres eine relativ
bedeutende Frau in meinem Leben geblieben und wer weiß, vielleicht
hätten wir uns wirklich irgendwann einmal zusammen getan, ohne
Heirat, so ähnlich, wie ich jetzt mit Kayla zusammen lebe. Nun, es
nützt nichts und jetzt in sentimentale Rückbesinnungs -
Gefühlsausbrüche zu verfallen, wäre gewiss auch etwas komisch und
das hätte die Monika auch nicht gewollt, für uns geht das Leben
weiter, zum Glück. Natürlich war ich auf ihrer Beerdigung und die
war auch etwas eigenartig. Viele Leute kannten sie und sie war
gegenüber den meisten sehr großzügig, auch wenn's mal mit dem
Bezahlen am Kiosk nicht so gut klappte, weil der eine oder andere
vielleicht gerade klamm in der Kasse war und sie war bei fast allen
sehr beliebt. Daher hätte ich erwartet, dass bei ihrer Beerdigung der
Friedhof überquellen würde von einer riesigen Trauergemeinde, aber
nein. Mit mir dazu gezählt, abzüglich von Pfarrer, Meßdiener und
Beerdigungshelfern, die ja nicht zum wirklichen Besucherkreis
zählen, waren ganze lächerliche 7 Leutchen dort. Davon entfielen 4
auf direkte Verwandtschaft und neben mir 2 weitere ehemalige Kiosk-
Kunden, wovon einer natürlich der oben erwähnte Erich war. An
ihrem Grab wurde mir kurz etwas anders, seltsam kann man sagen,
weil eine Frau in der überschaubaren Trauergemeinde schaute exakt
so aus, wie die Monika, das wirkte so, als würde sie ihre eigene
Beerdigung beobachten. Mein Kopf platzte da bald, denn es kommen
einem Trugbilder aus der Erinnerung hoch und die zeigen, wie
irrational unser Denkapparat manchmal funktioniert, denn diese Frau
schaute bei genauer Überlegung nicht so aus, wie Monika in den
letzten Jahren ausgesehen hatte, sondern exakt so, wie sie vor
vielleicht 10 Jahren mal aussah. Es stellte sich heraus, das es ihre
jüngere Halbschwester war, die aber mehr wie eine Voll-Schwester
wirkte, weil die Ähnlichkeit so frappierend war. Würde man Fotos
von beiden nebeneinander legen, auf denen die Monika vor 10 Jahren
und diese Halbschwester von heute fotografiert wäre, dann würde man
sogar glauben, es sei die gleiche Person oder wenigstens
Zwillingsschwestern. Dieses Ereignis hat mich in den Wochen danach
noch sehr beschäftigt. Ich kam von gewissen Gedankengängen einfach
nicht los. Das fiel auch Kayla auf und sie meinte schon, ob ich
vielleicht mal in diese Monika verliebt gewesen wäre, was ich aber
ohne zu flunkern verneinen kann. Ich mochte sie gerne, sogar sehr
gerne, aber verliebt war ich nie in sie und ich denke das war
umgekehrt auch nicht anders. Zur Verliebtheit gehört noch etwas
anderes, was ich jetzt hier nicht so recht zu erklären vermag. Bei der
gleichen Frage in Bezug auf Kayla würde ich die Verliebtheit ohne
Nachzudenken sofort bejahen, doch das nur am Rande. Trotzdem,
wenn man einen Menschen mal gerne hatte, also auch ohne das große
Wort Liebe, und der ist auf einmal schlagartig für immer weg,
sozusagen aus dem Lebensbuch ersatzlos gestrichen, im Schauspiel
würde man sagen: „Spielt nicht mehr mit!"; das ist schon komisch,
auch selbst dann, wenn wir uns ja sicher schon über ein ganzes Jahr
zuvor gar nicht mehr gesehen hatten und auch sonst kein richtiger
Kontakt mehr bestand. Machen wir uns nichts vor und genau damit
kann ich sentimentale Spätanwandlungen abstreifen, wenn Kayla
plötzlich aus meinem Leben verschwinden würde, das wäre nicht nur
wesentlich schlimmer, das wäre wirklich tragisch, aber diese Monika
hinterlässt, bei allem Respekt und bei aller Würdigung, keine
wirkliche Lücke in meinem aktuellen Leben, die aus heutiger Sicht
noch Auswirkungen auf mich hätte. Wäre das vor vielleicht mehr als 4
Jahren passiert, dann ja, aber jetzt nicht mehr. Ich weiß, das klingt kalt
und gefühllos, es beschreibt auch nur mehr schlecht als recht die
heutige Situation von mir in Bezug auf Monika. Bei solchen
Gelegenheiten denkt man aber über alles Mögliche nach und
angestoßen durch diese Gedankengänge muss ich die Frage
aufwerfen: „Kann man nach einem Menschen süchtig werden,
vielleicht so ähnlich, wie ein Alkoholiker nach der Flasche Schnaps
oder Bier süchtig ist?" Ich glaube, man könnte dieses Frage mit Ja
beantworten, denn ich fürchte, dass ich inzwischen süchtig nach Kayla
bin. Es ist schon komisch, man sagt, je länger eine Beziehung dauert,
um so mehr schleift sie sich ab und um so mehr geht man lascher mit
ihr um, um so eher kann man auch mal auf den Partner eine Weile
verzichten, aber zwischen Kayla und mir scheint es genau umgekehrt
zu sein. Es ist für uns beide zwar immer wichtig gewesen, möglichst
seinen eigenen Rückzugsraum zu haben, wo man auch mal zeitweise
völlig alleine ohne den anderen einige Stunden am Tag verbringt, aber
ohne eigenes Zutun werden diese „Einzelzeiten" immer geringer und
zuweilen bemerke ich schon, dass ich sie vermisse, wenn sie nur mal
für 1 - 2 Stunden nicht hier ist. Verrückt, nicht wahr? Aber ich möchte
das nicht vertiefen, darüber könnte man sonst wieder stundenlang
sinnieren ohne zu einem wirklichen Ergebnis zu kommen.

Wissen Sie, wie man manche Jugendliche zur Weißglut treibt? Nun
muss ich da etwas länger ausholen und es ist keineswegs meine
Absicht, Jugendliche zur Weißglut zu treiben, jedenfalls nicht ohne
Grund und wenn, dann nur ganz bestimmte unter denen. Manche
Jugendliche verhalten sich ja recht flegelhaft. Nun ist das nichts
außergewöhnliches, vor allem Jugendliche mit minderer Bildung und
solche, die nichts können und ohne echtes Selbstwertgefühl sind,
neigen zur Flegelhaftigkeit und dazu, derbe Späße auf Kosten anderer
zu machen. Das artet immer mehr in sinn- und hirnlose
Gewaltattacken aus, frei nach dem Motto: „Was du nicht im Hirn hast,
das musst du in den Fäusten haben."  Wir waren vor einigen Wochen
sonntags in die Nähe von Germersheim an den Rhein gefahren und
dort etwa eine Stunde lang am Rhein längs spaziert. Da folgt ein
Stück, wo in einem Betonsockel ein altes Eisengeländer ist, welches
den Rheinuferweg, der dort auch ausgiebig als Radweg genutzt wird,
von der Uferböschung trennt. An diesem Eisengeländer lungerte eine
kleine Gruppe aus 4 jugendlichen Jungs, ich schätze so ungefähr 14
bis 16 Jahre alt, die dort ihre hohlen Sprüche klopften, bei jedem der
dort vorbei kam. Zugleich hatten sie ein großes Kofferradio nebenan
im Ufergebüsch stehen und beschallten mit einer recht primitiven
Musik ohne Melodie die ganze Umgebung. Als wir dort vorbei
gingen, rief uns wohl der Anführer dieser Clique lautstark nach: „Was
kostet eine Nacht ficken mit der japanischen Nutte?" Wobei er auf
Kayla abzielte. Im Prinzip wäre es lächerlich überhaupt auf solche
dummen Rotzlümmel zu reagieren, aber mir war gerade danach. So
sagte ich zu ihm nur ganz kurz und laut: „Bübchen hält den Mund,
Bübchen hat Sendepause!" Das hätten Sie erleben sollen. Seine
Kollegen kicherten dann, weil so eine Antwort hatte ihr Cliquenchef
wohl noch nie erhalten. Nur der Betroffene geriet gleich in Rage und
kam auf mich zu mit einer Bemerkung wie, dass ich jetzt sehen würde,
wie er mit solchen Arschlöchern wie mir umgeht. Dabei steigerte er
sich immer mehr in schreiende Wutausbrüche. Man glaubt es kaum,
aber dieser Rotzlümmel zog doch tatsächlich ein Messer aus seiner
Tasche und kam damit auf mich zu. Während ich ihm zunächst
seitwärts auswich, hatte Kayla blitzschnell reagiert und ihn von der
Seite in die Kniekehle getreten, wodurch er etwas ins Straucheln
geriet. Diese Chance ließ ich mir nicht entgehen und zog ihn dann an
seinem ausgestreckten Arm, in dem er noch das Messer hielt, auf mich
zu. Der hatte ja mit allem gerechnet, aber damit nicht. Solche
Angreifer rechnen vielleicht damit, dass man ihnen ausweicht oder
ihnen entgegenschlägt, aber nicht damit, dass man sie auf sich zu
zieht. Noch bevor der mitbekommen hatte, was sich tut, hatte Kayla
ihn ein zweites Mal, jetzt von hinten getreten und ich habe ihm dann
einen Kinnhaken verpasst und ihm das Messer abgenommen. Seine
Freunde waren sich anfangs unsicher, ob sie sich beteiligen sollten,
aber als es erst so weit war, dass wir ihren Anführer im Griff hatten,
verdünnisierten die sich flugs. Leute aus einem unweit gelegenen
Lokal, die dort auf einer Terrasse saßen, hatten das alles beobachtet
und bereits die Polizei gerufen, die dann schon eintraf. Den Rüpel
haben wir den beiden Polizisten übergeben, ebenso das Messer und
dann mussten wir noch mit auf die Wache, wo dann alles schriftlich
festgehalten wurde. Einer der Polizisten meinte, dass dieser Bursche
schon stadtbekannt wäre, vor allem in erster Linie für diverse
Sachbeschädigungen. So endete ein Sonntagsspaziergang unverhofft
in einem ungewollten Abenteuer.

Kurz ergreife ich noch mal das viel strapazierte Thema Auto. In einem
Vorort - Stadtteil von Karlsruhe war neulich ein verkaufsoffener
Sonntag mit großer Autoausstellung. Natürlich ging es dort darum, die
Fahrzeuge an den Mann bzw. die Frau zu bringen, aber da wir zufällig
dort vorbei kamen, haben wir uns das mal kurz angesehen. Nicht etwa,
dass wir den Kauf eines anderen Autos planen, dafür sind wir viel zu
zufrieden mit unserem Opel - Corsa, aber man ist ja neugierig. Und
ich muss sagen, mit vielem, was die Autoindustrie vielfach da heute
anbietet, kann man aus unserer Sicht bei sachlicher Beurteilung keinen
Hund hinter dem Ofen hervorlocken. Das sehen viele Leute heute
vermutlich anders, da ihnen die Fähigkeit abhanden gekommen ist,
etwas wirklich sachlich zu bewerten. Viele Fahrzeuge scheinen heute
vornehmlich nur noch aus Blendwerk und Plastikimitaten zu bestehen.
Auf den ersten Blick wirken zahlreiche Fahrzeuge sehr edel, selbst
etliche Kleinwagen in der Größenklasse unseres Corsas, die für unsere
Zwecke völlig ausreicht, sehen oberflächlich betrachtet richtig nobel
aus. Ich gewinne den Eindruck, als wolle man versuchen, Rolls Royce
oder ähnliche Nobelschlitten in das Kleinwagensegment zu
übertragen. Nur wenn man sich die meisten dieser Fahrzeuge einmal
genauer ansieht, dann fällt dem kritischen Beobachter sehr schnell auf,
dass nahezu alles, was auf den ersten Blick so hochwertig ausschaut,
in Wirklichkeit billigste Plastikimitate sind. Die Oberflächen davon
sind zugegebenermaßen gekonnt auf das Vortäuschen einer Qualität
getrimmt, die in Wahrheit gar nicht vorhanden ist. Dabei brauche ich
noch nicht einmal irgendwelche komplizierten technischen Dinge zu
vergleichen, es fängt schon mit dem Fahrersitz an. In diesen
Neuwagen sieht der Fahrersitz auf den ersten Blick toll aus, schaut
man aber genauer und vergleicht diesen Sitz zum Beispiel mit dem
Sitz in unserem inzwischen schon etwas betagten, gebrauchten Corsa,
der ja mit Sicherheit kein Nobelprodukt ist, dann muss man sagen, bei
unserem Corsasitz da hat man noch richtig etwas in der Hand, da ist
noch Material vorhanden, aber bei diesen edel wirkenden
Neuwagensitzen stellt man bei genauer Betrachtung fest, dass daran
fast kein Material mehr vorhanden ist. Dünnes Zeug, fast puppenartig,
wie für ein etwas groß geratenes Modellauto. Nur die reine Optik, die
täuscht einem vor, dass da etwas tolles wäre, aber schon beim
normalen Anfassen bemerkt man, dass da nichts mehr ist. Richtig
primitives Zeug. Schaut man sich dann die ganzen edel wirkenden
Verkleidungen und selbst die Karosserieteile z.B. um die Lampen und
die Lampen selbst mal genauer an, dann hat man den gleichen Effekt.
Billigstes Plastikzeug auf hochwertig getrimmt. Für so etwas soll man
dann noch Preise bezahlen, für die man vor 10 Jahren noch einen
dicken Mercedes oder fast 3 der damaligen Vorgänger dieses Wagens
bekommen hätte. Das haben die Händler auch schon lange gemerkt
und Sie finden kaum noch einen Händler, der sich traut, groß den
wahren Preis des Wagen auf die Preistafel zu schreiben. Dort steht
heute immer nur noch der Preis fett, den die berühmten „Auf - Pump -
Käufer" an Monatsraten zahlen müssen, der wahre Preis steht
entweder nur ganz klein unten irgendwo in der Ecke oder manchmal
auch gleich gar nicht mehr drauf. Das sind dann heute oft die Typen,
die sich in einem neuen Wagen wichtig vorkommen und den dicken
Maxen mimen, der ihnen in Wahrheit gar nicht wirklich gehört,
sondern einer Finanzierungsbank. Alles hohle Luftnummern und
hohle Luftnummern sind wohl typisch für unsere heutige Gesellschaft.
In der Beziehung passen dann wieder die oben erwähnten,
vorgetäuschten hohlen Wertigkeiten an diesen Neuwagen zu ihren
Fahrern. Ich finde diese Entwicklung nicht nur falsch, sondern sie
macht auf Dauer auch die Menschen kaputt. Die Anzahl derer, bei
denen die Luftnummer dann auch wie eine Seifenblase zerplatzt, wird
immer größer und mit dieser Art steigt auch die Zahl der Menschen,
die sozusagen finanziell gestrandet sind. Solche Leute sind dann
natürlich extrem frustriert, obwohl sie zu einem großen Teil selbst an
ihrer Misere schuld sind, aber das sehen die ja nicht ein, weil man
denen ihr ganzes Leben lang immer vorgegaukelt hat, dass sie ja nur
den Kreditvertrag unterschreiben brauchen. Ich weiß, es mag in der
heutigen Zeit für viele abenteuerlich klingen und die Autoproduzenten
würden es erst recht nicht mögen, aber wenn ich zu sagen hätte, dann
würde ich den Autokauf auf Raten oder Kredit verbieten. Was glauben
Sie, wie viele zig tausend Leute seit Jahren hochverschuldet sind und
heute noch an Autos abzahlen, die sie schon seit 5 oder gar 10 Jahren
nicht mehr haben? Überhaupt plädiere ich dafür, dass es nur noch sehr
wenige Dinge gibt, für die man Kredit bekommen dürfte. Damit hätte
man viel Leid aus der Welt genommen und zugleich verhindert, dass
sich Habenichtse künstlich aufblähen, die in Wahrheit ein Nichts sind
und immer ein Nichts bleiben werden. Dieses ganze heutige System
der relativ leichtfertigen Kreditvergaben gehört abgeschafft, weil es
genau genommen der gesamten Welt schadet. Leider bemerkt man das
erst lange Zeit später sozusagen durch die Hintertür, wenn man dann
die gravierenden Nachteile dieses vorgetäuschten Wohlstandes
entdeckt. Gäbe es diese Kreditvergaben nicht, dann wären auch unsere
Straßen nicht so verstopft, denn dann gäbe es auch mindestens 40 %
aller Autos gar nicht, weil sich diese Leute nämlich dann gar kein
Auto leisten könnten. Was wäre denn so schlimm daran, wenn nur
noch die Leute ein Auto hätten, die es sich auch wirklich vom eigenen
Geld ohne Kredit leisten könnten? Es kann auch nicht jeder eine Burg
oder ein Prunkschloss besitzen, wenn er sich das nicht leisten kann,
also soll mir keiner mit irgendwelchen Gerechtigkeits-,
Gleichberechtigungs- oder Gleichbehandlungsgründen kommen.
Eigentlich müsste sogar die Politik daran interessiert sein,
Kreditvergaben für Autokäufe zu verbieten, denn die damit
einhergehende Reduktion der Autos würde gleich in doppelter Weise
für eine deutliche Luftverbesserung sorgen, weil dann auch weniger
Schadstoffe in die Luft geblasen werden. Doppelte Luftverbesserung
deshalb, weil dann auch zwangsweise von der verbleibenden
Autokäufern viele auf ein wesentlich kleineres und spritsparendes
Auto umsteigen würden, weil sie sich ohne Kredit einfach keinen
großen Spritsäufer mehr leisten könnten. Sicher eine Theorie, die sich
für manch einen Luftikus etwas abenteuerlich anhören mag, zumal wir
in einer Zeit der hohlen Luftikusse leben, aber die Zeche für die
Autokäufe von den Leuten, die sie sich eigentlich gar keines leisten
können, zahlen wir im Prinzip alle, nur das hat noch keiner begriffen.
Aber weg von diesem etwas desolaten Thema.

Am 2. Juni war hier vielleicht etwas los. In der Nacht vom 2. auf den
3. Juni gingen ungefähr ab 18 Uhr heftigste Gewitter mit extremen
Regengüssen hier nieder. Wie es hieß, wäre es aber rund 100 km
weiter südlich noch wesentlich schlimmer gewesen, dort sollen sogar
Menschen ums Leben gekommen sein und Häuser eingestürzt sein,
die den Wassermassen nicht stand hielten. Aber hier war auch schon
einiges los. Ich würde sagen, es waren mit die heftigsten Regenfälle,
die ich in meinem ganzen Leben erlebt habe. Das war irgendwie nicht
mehr als normal zu bezeichnen. Im benachbarten Fabrikgelände
wurden erneut die hinteren Abwasserflüsse und Schächte überflutet,
so dass dort befindliche elektrische Anlagen, die vor allem ständig
bestimmte Pumpen in Betrieb halten, vom Wasser beschädigt wurden
und ausfielen. Daraufhin stieg der Wasserpegel dort noch weiter an
und dadurch fiel zeitweise wieder in der ganzen Siedlung der Strom
aus. Wie ich Ihnen seinerzeit beschrieb, liegt diese Siedlung hier ja
etwas tiefer, das heißt, sie zweigt von einer Art vorgelagertem
Hochplateau ab, wo dann die kleine Straße im Verlauf von mehreren
km abschüssig verläuft und das Gelände hier liegt in einer Art
Talkessel, der aber zu unserem Glück nicht völlig eben verläuft,
sondern der seinerseits wieder eine ziemliche Schräge hat. Wenn man
so will, wie ein Kessel mit einem schiefen Innenboden. Unser Haus,
die Siedlungshäuser vorne, die alte Fabrik und die
Regenwasserbehälterfabrik liegen bildlich betrachtet noch im oberen,
höheren Bereich dieser Bodenschräge, dadurch hatten wir das Glück,
dass die Wassermassen aus den noch höher gelegeneren Bereichen nur
hier vorbei flossen. Aber unten zu den Mühlen hin liegt alles noch
deutlich tiefer und dort ist fast die tiefste Stelle dieses Kesselbodens.
Nur einige Felder hinter den Mühlen liegen noch etwas tiefer. Dieser
Anordnung haben wir zu verdanken, dass bei uns nichts wirklich vom
Wasser geschädigt wurde, außer der alte unterirdische
Verbindungsgang, der vom Keller unter das Fabrikareal führt, der
stand rund 1m unter Wasser, jedenfalls stellenweise. Ich hatte Ihnen
vor längerer Zeit mal Fotos von alten Stollen beigefügt, die wir hinter
einer Gittertür in einem Damm am Weg zu den Mühlen entdeckt
hatten. Diese Gittertür dichtet ja nichts ab und so war klar, dass die
Wassermassen, die hier über den Weg zu den Mühlen vorbei liefen,
teilweise auch dort rein liefen. Aus Neugierde schauten wir mehrere
Tage später mal in den Anfang dieses Stollensystems und es stand da
noch mannshoch unter Wasser, eine Begehung war unmöglich. Teils
bös erwischt hat es auch unten diese „Computermühle" selbst. Keller
und Teile des Erdgeschosses standen vorübergehend unter Wasser, der
Schaden soll im Bereich von 80.000 Euro liegen. Ich kann Ihnen nur
sagen, wir waren heilfroh, dass unsere höhere Lage im
Zwischenbereich zwischen Hochplateau und dem tiefsten Punkt unten
bei den Mühlen, Schlimmeres verhindert hat. Es wurde noch einiges
an Erdreich bei uns im Garten und vorne am Wegesrand
weggeschwemmt, was man aber mit mäßigem Aufwand tags danach
wieder zurück schaufeln konnte. Neben der vorderen kleinen Straße,
also der Straße, die hier von der Siedlung zum Militärauto -
Schrottplatz und zu den Mühlen verläuft, befindet sich ein kleiner
Wassergraben, der halt zur Straßenentwässerung dient. Der war bei
dem Regen zu einem großen Fluss angeschwollen und man hätte mit
einem Boot darauf fahren können. Auch Kayla war sichtlich
erschrocken angesichts dieser ungebändigten Wassermassen.

Jetzt haben wir schon wieder diesen verrückten Fußballwahn. Es ist
grässlich, überall stößt man darauf und die Wahnsinnigen in unseren
Straßen werden immer mehr, die mit diesen idiotischen Fahnen am
Auto durch die Gegend brausen. Ich habe immer mehr den Eindruck,
dass unsere Gesellschaft zusehends zu einem kollektiven Haufen von
hochgradigen Idioten verkommt. Nun muss ich zugeben, dass mir
insbesondere die Begeisterung für Fußball, aber auch die Begeisterung
für Sportereignisse im Allgemeinen schon seit frühester Kindheit
völlig abgeht und nicht vorhanden ist. Ich kann mir nicht erklären,
wieso ich mich darüber freuen soll oder geschweige denn einen
Tumult daraus machen soll, wenn eine bestimmte Fußballmannschaft
einen Sieg erzielt? Ähnlich uninteressant finde ich es, wenn Sportler
des einen oder anderen Landes irgendwelche besonderen Leistungen
vollbringen. Was habe ich davon, was nützt es mir, wenn die
gewinnen oder tolle Leistungen erbringen? Überhaupt nichts habe ich
davon. Es nützt mir und meinem Lebensumfeld gar nichts. Ich
verdiene dadurch keinen Cent mehr, das Wetter wird auch nicht
schöner dadurch, also mir fehlt jeder Draht dazu. Diese Dinge sind
mir dermaßen gleichgültig, wie einem nichts gleichgültiger sein kann.
Es hat noch nicht einmal Null Bedeutung, sondern sogar schon eine
negative Bedeutung, weil es einem auf die Nerven geht, da man
allenthalben zwangsweise mit diesem Käse konfrontiert wird. Ich
kann durchaus gut verstehen, wenn ein aktiver Sportler sich über seine
eigenen erzielten Leistungen freut, besonders wenn er da etwas für
sich außergewöhnliches geschafft hat; das ist ja auch völlig in
Ordnung und soll so sein, aber was haben Außenstehende davon, die
daraus so ein künstlich aufgeblähtes Theater machen? Das will mir
einfach nicht in den Kopf hinein, was für mich als Außenstehender
daran so toll sein soll, wenn beispielsweise beim Fußball die
Mannschaft von Deutschland gewinnt. Von mir aus kann auch jeder
andere gewinnen und egal welches Ergebnis dabei heraus kommt, es
wäre mir noch nicht einmal den Ansatz einer Radiomeldung oder
einer halbzeiligen Textmeldung in einer Zeitung wert. Immer wieder
stehe ich nur erstaunt als unbeteiligter Zuseher nichts begreifend
neben mir, wenn ich sehe, wie Verrückte ausrasten und hupend durch
die Straßen fahren, grölend durch die Gegend ziehen, sich deswegen
besaufen, zerschlagen, übermäßig freuen oder weitere ähnliche
Auswüchse der geistigen Umnachtung zeigen, nur weil eine
Mannschaft oder ein Sportler gewonnen hat. Kayla kommt ja
bekanntlich aus einem anderen Kulturkreis, der in vielen Dingen aber
gar nicht so anders ist, wie man allgemein glauben möchte, aber ich
entsinne mich noch genau an den Tag, in Stuttgart war es seinerzeit
noch, als sie mich nur fragend anblickte, als nach einem Fußballsieg
für Deutschland bei der letzten WM etliche Fans hupend durch die
Straßen fuhren. Sie verstand das noch weniger als ich. Ich kannte das
ja, wenngleich ich es auch nicht verstehen kann und muss feststellen,
dass diese Auswüchse immer heftiger werden, aber Kayla fand es
noch unerklärlicher als ich. Sie war anfangs fest im Glauben, dass
diese grölenden Leute zum Teil selbst bei dem Fußballspiel
mitgemacht hätten, denn sonst könne man sich als völlig Unbeteiligter
doch nicht daran so aufbrausend hochziehen, dass irgendwelche völlig
fremden Leute ein paar mal einen lächerlichen Ball in ein Tor getreten
haben. Als ich versuchte, ihr diese Zusammenhänge grob zu erklären,
fand sie das einfach nur völlig kindisch und meinte, dass das wohl
Leute mit einer stark zurück gebliebenen geistigen Entwicklung sein
müssten, die bei denen auf dem Level eines Kleinkindes hängen
geblieben ist. Aber letztendlich zeigt sich hier auch wieder von
Vorteil, dass wir nun hier in der abgelegenen Siedlung wohnen, da
wird sich wohl so schnell kein Autocorso von Wahnsinnigen bilden
und hupend rund fahren und auch grölende Menschenansammlungen
von fußballbegeisterten Alkoholikern wird es hier sicher nicht geben.
Es erübrigt sich wohl Ihnen zu sagen, dass wir keine der EM -
Übertragungen im Fernsehen oder Radio verfolgen werden, da wissen
wir garantiert mit der Zeit besseres anzufangen ohne auch nur eine
Sekunde überlegen zu müssen. Was ich nur hasse wie die Pest an
diesem ganzen System, wie das aufgezogen wird, das ist, dass man
sich im Prinzip trotz allem nicht wirklich diesem Schwachsinn
entziehen kann. Es verfolgt einen gewissermaßen wo man geht und
steht. Macht man das Radio an, um etwas Hintergrundmusik zu hören,
was folgt? Fußballergebnisse. Will man sich im Fernsehen die
aktuellen Tagesnachrichten ansehen, was folgt? Fußballergebnisse.
Das grenzt fast schon an Folter. Ich plädiere ja schon seit Jahren dafür,
dass man normale Nachrichten und Sportnachrichten strikt trennen
sollte, in eigenständigen Sendungen. Davon hätte ja auch keiner einen
Nachteil. Die Sportbegeisterten könnten diese Sendungen ja nach
Herzenslust einschalten und Leute wie wir, die das einfach nur als
sehr störend und restlos uninteressant empfinden, würden genau das
nicht tun und würden in den normalen Nachrichtensendungen nicht
mit diesem vollkommen uninteressanten und belanglosen Schrott
belästigt.

Doch weg von diesem Unsinnszeug Fußball und allem, was damit zu
tun hat. Am Montag hatten wir uns spontan dazu entschlossen, eine
längere Radtour zu machen. Völlig ungeplant, ohne festes Ziel, die
früh morgens nach dem Aufstehen nahezu schlagartig gesetzte
Vorgabe sollte nur lauten, ungefähr den ganzen Tag auf dem Rad zu
verbringen. Es ist schon kurios, wenn man erst eine bestimmte Menge
an Kilometern abgestrampelt hat, dann läuft es ab einem gewissen
Punkt wie von selbst. Während man vorher noch darüber nachdenkt,
ob man auch nicht zu weit fährt, weil man ja auch wieder zurück muss
oder man sich bei einer zu langen Tour nicht zu sehr verausgabt, so
vergisst man alle diese Gedanken ungefähr ab dem fünfzehnten
Kilometer. Natürlich hängt das Eintreten eines solchen Effekts
erheblich von der Qualität der Drahtesel ab. Wenn ich da an unsere
früheren Schrotträder denke, da war man nach lächerlichen 3 km
schon so fertig, dass man keine 100 m mehr weiter fahren wollte. Wir
hatten ja seinerzeit mal bei einer Umzugshilfe, wo ich die alten
Mopeds abgestaubt hatte, auch noch ältere aber sehr gute Qualitäts -
Fahrräder abgestaubt, für die der frühere Besitzer am neuen Wohnort
keine Verwendung mehr hatte. Also es bewies sich jetzt wieder, diese
Räder sind einfach super. Natürlich muss man sich auf einem Rad
immer irgendwie noch anstrengen, um in Bewegung zu bleiben, aber
bei einem guten Qualitätsrad geschieht das unter derart optimalen
Bedingungen, dass man es nicht als wirklich störend empfindet,
während bei den Billigdingern jeder gefahrene Kilometer ein
Kilometer zu viel ist und einfach nur als Last empfunden wird. Wie
Sie wissen, gibt es hier in der Gegend Steigungen genug und gerade
dort macht das Radfahren auf Dauer keine allzu große Freude. Daher
fahren wir gerne hinter Karlsruhe an den Rhein. Dort gibt es tolle
Parallelwege zum Rhein, die endlos ohne jede Steigung verlaufen, die
also ein wahres Radlerparadies abgeben. Auch hat man dort immer
angenehm frische Luft, sofern nicht gerade Abwasserkanäle punktuell
die Idylle mit ihrem Gestank unterbrechen oder es gibt hier und da
Chemiefabriken am Rhein, die seltsame Gerüche verbreiten, aber
insgesamt hat man dort vorwiegend eine tolle Luftqualität. So sind wir
also von hier zuerst über Weingarten bis Leopoldshafen geradelt und
ab dort in Richtung Philippsburg am Rhein entlang. Bei Rheinsheim
folgte dann das erste größere Malheur dieser Radtour. Mit einem
kräftigen „Ratsch" hatte es die Kette von meinem Rad zerfetzt. Ein
Glied war mitten im Metallstück durchgerissen. Nun war schieben
angesagt, denn an eine Reparatur der gerissenen Kette war nicht zu
denken. Ich hatte zwar versucht, mit dem Bordwerkzeug des Rads das
gerissene Glied zu entfernen und dann die um ein Glied kürzere Kette
wieder zusammenzusetzen, in der Hoffnung die dann etwas straffere
Kette wieder aufspannen zu können, aber daraus wurde nichts, es
klappte nicht. Ein freundlicher Herr, der auf einer Bank saß und unser
Missgeschick beobachtet hatte, gab den Ratschlag, das Rad bis
Lingenfeld zu schieben, was nur ungefähr 2 km von dieser Stelle
entfernt lag, dort sei eine winzige aber vorzügliche Zweiradwerkstatt,
die das sicher im Handumdrehen reparieren könnte. Das haben wir
dann gemacht. Ein junger Bursche, vielleicht 22 Jahre alt, reparierte
den Schaden wirklich flugs mittels einer komplett neuen Kette. Er
beschied, dass man die Sorte Ketten, wie sie an dem Rad war, nicht
reparieren könne, da man keine Einzelglieder auswechseln kann;
ansonsten wären das aber hervorragende Ketten. Er hat dann eine
andersartige neue aufgezogen, es kostete mit Arbeit und Material
zusammen 42 Euro. Na ja ungeplante Ausgaben, aber es konnte weiter
gehen. Unsere Räder lobte er und meinte, diese Modelle wären lange
vor seiner Zeit, so um 1980 herum, so etwas wie der Mercedes unter
den Touren - Fahrrädern gewesen. Das freute uns natürlich, damit eine
fachlich fundierte Bestätigung dafür zu haben, was wir eigentlich
schon ahnten. Seine Arbeit machte er wirklich sehr routiniert und ich
glaube, dass wir kaum länger als 10 Minuten in dessen Werkstatt
weilten. Von dort aus wollten wir dann auf dem schnellsten Weg
wieder zurück auf den Radweg am Rheinufer, davon riet der
Fahrradmechaniker aber ab, weil nur wenige Kilometer weiter das
Ufer von Altrheinarmen durchzogen wird, wodurch die Fahrradwege
unterbrochen sind bzw. wo sie in heftigen Umwegen um diese Gebiete
geführt werden. Er hatte solche in Folie wetterfest eingeschweißten
einseitigen Fahrradwegekarten von der Region, die man sich vorne in
der Mitte an die Lenkgabel heften kann, die er uns schenkte,
sozusagen als Reklame für seine heimische Region, diese zeigen die
besten Radwege im Umkreis von ungefähr 30 km, was ja in unserem
Fall mehr als ausreichte, denn weiter als vielleicht noch 15 km wollten
wir nicht mehr fahren. Man muss ja auch immer den Rückweg im
Hinterkopf behalten, der die gefahrene Streckenlänge immer
automatisch verdoppelt und von uns zuhause bis Lingenfeld sind es
schon ungefähr 40 km gewesen. Die Karte zeigte eine weitere
Möglichkeit. Wenn wir wieder auf „unsere" Rheinseite gewechselt
wären, hätten wir ohne allzu große Umwege wegen der Altrheinarme
weiter am Rhein radeln können. Aber die Rheinseite wechseln geht
wegen der eher seltenen Rheinbrücken nicht so leicht. Wären wir in
der geplanten Richtung weiter gefahren, dann hätten wir noch weiter
bis Speyer gemusst, um dort wieder überwechseln zu können. Das
wären ungefähr weitere 15 km gewesen, also am oberen Rand des 
angedachten Rahmens, aber wir hatten keine Lust dort erst noch durch
die Innenstadt radeln zu müssen, um zur Rheinbrücke zu gelangen.
Also wurde der Entschluss gefasst, von Lingenfeld wieder zurück zur 
Germersheimer Rheinbrücke zu radeln. So wurde das dann auch
gemacht. Auf der Radwegekarte entdeckten wir dann einen weiteren
flach verlaufenden Radweg, der eigentlich mehr eine Route aus
zusammengestückelten Teilstrecken von Wirtschaftswegen ist und der
schon wieder etwas in Richtung unserer Heimat verlief. Ein durchaus
schöner Weg, wenngleich uns dort die frische Rheinluft etwas fehlte.
Ohne schlimmes zu ahnen nahte jedoch ein weiteres Malheur. Diese
Wege werden auch gerne von Leuten benutzt, die mit ihrem Hund
gassi gehen, wie man so sagt. So ging im Bereich von Liedolsheim
eine Frau mit ihrem Hund, wobei sie den Hund frei laufen ließ, ohne
ihn an der Leine zu führen. Der blöde Köter lief Kayla genau ins Rad,
so dass Kayla ziemlich unschön stürzte. Sie zog sich dabei eine breite
Schürfwunde am Knie zu. Weitere Schäden gab es zum Glück nicht,
aber das war ja schon schlimm genug. Der Scheißköter jaulte und
begann dann endlos uns anzubellen und fletschte die Zähne. Die blöde
Kuh von Hundehalterin hatte nichts besseres zu tun, als uns auch noch
zu beschimpfen, dass wir nicht auf ihr doofes Viech Rücksicht
genommen hätten, obwohl wir schon äußerst langsam und im
größtmöglichen Abstand daran vorbei steuern wollten. Ich habe ihr
dann eine Standpauke gehalten, dass sie dafür verantwortlich sei und
verlangte dann von ihr die Angabe der Personalien, damit ich sie
anzeigen könne. Das verweigerte sie jedoch und lief schimpfend
weiter ihren Weg. Das war so eine der wenigen Situationen, wo man
wirklich ein Handy hätte gebrauchen können, aber wie Sie wissen
hasse ich Handys und wir haben natürlich nach wie vor keines. Kayla
ging es jedoch gleich wieder gut und die Heimreise konnte eigentlich
weitergehen. Nun kennen Sie mich inzwischen sicher so weit, dass Sie
sich vorstellen können, dass ich das dieser blöden Hundehalterin nicht
so ungestraft durchgehen lasse. Ich meine, ein normaler Hundehalter
ist ja auch versichert gegen solche Vorfälle, aber ich vermute, dass
diese abgewrackte Kuh ihre kläffende Scheißmaschine noch nicht
einmal angemeldet hat, um die Hundesteuer zu sparen. Während
Kayla an der Stelle auf mich wartete, bin ich mit dem Rad der blöden
Ziege nachgeradelt. Ich hatte zunächst den Plan, ihr solange
nachzuradeln, bis sie irgendwo in ihr Auto steigt und dann das
Kennzeichen davon zu notieren und sie mit dessen Hilfe anzuzeigen.
Nach einer Weile entdeckte sie mich natürlich und schimpfte lauthals
drauf los, was ich denn für ein Arschloch sei und was das soll. Darauf
reagierte ich gar nicht und radelte in einem Abstand von vielleicht 50
m weiter kriechend hinterher. Nun ist es mit dem Rad bequemer
einem Fußgänger zu folgen, als umgekehrt und der wird wohl eher
müde. Nach wenigen Minuten gesellte sich Kayla auch wieder dazu,
denn längeres Warten wäre eine ungewisse Sache geworden. So
radelten wir im Schritttempo gemeinsam der penetranten Kuh mit dem
blöden Köter hinterher. Dann drehte sie sich plötzlich um und blieb
stehen. Wir gesellten uns dann langsam dazu. Eine erneute Kanonade
aus wüsten Beschimpfungen ließ sie über uns ab. Kayla meinte nur,
sie solle so weiter machen, jede Beleidigung werde sie teuer zu stehen
kommen, zusätzlich zu dem Hundeunfall. Sie sagte dann, dass sie den
Hund auf uns hetzen werde, wenn wir sie nicht sofort in Ruhe lassen
würden. Ich sagte daraufhin, dass sie uns nur ihren Personalausweis
zeigen solle, ich würde mir dann Namen und Adresse notieren und
schon wäre sie uns los. Darauf gab es erst mal wieder einen Zentner
Beleidigungen aus ihrem Schandmaul und dann sagte sie, dass sie
noch bis 3 zählen werde und dann würde sie ihren Hund endgültig auf
uns hetzen. Nun war das kein kleiner Pinscher, ich kenne die Rasse
nicht, aber es war schon so ein halbes Kalb von einem Hund. Ein
Schäferhund oder so was ähnliches war es nicht, diese Rasse kenne
auch ich, aber von der Größe her durchaus vergleichbar. So war die
Frage, was sollte man tun? Sich von dem Viech anfallen lassen oder
das Weite suchen und damit der widerwärtigen Kuh ihren Willen tun,
sich auf unsere Kosten aus der Verantwortung zu stehlen? Wie Sie
ahnen, beides nicht unsere Sache. So schaute ich mich flugs um und
entdeckte im Wassergraben neben dem Weg ein kräftiges Winkeleisen
und einige dicke Aststücke. Kayla wurde mit den Aststücken
bewaffnet und ich nahm dieses vielleicht 1,2 m lange Winkeleisen. Ich
sagte ihr dann, dass wenn sie den Hund auf uns hetzen würde, dann
würde ich den Hund tot schlagen und anschließend käme sie an die
Reihe. Den Hund tot zu schlagen, da hätte ich keine Hemmungen mit
gehabt, natürlich nur, wenn sie den wirklich auf uns gehetzt hätte, ihr
hätte ich natürlich nicht wirklich etwas angetan, aber die Situation bot
sich gerade an, um mit dieser Drohgebärde unsere Macht zu
untermauern. Ich glaube, da erkannte sie langsam, dass es für sie und
ihren Kläffer aus dieser Situation kein Entrinnen in ihrem Sinne mehr
gab. Kleinlaut sagte sie, dass sie ihren Ausweis nicht dabei habe. Sie
werden es nicht glauben, diese widerwärtige Hexe konnte sich
plötzlich sogar entschuldigen und das ohne dass wir weiter
nachgeholfen hätten. Als Wiedergutmachung und weil auch sie keinen
Ärger wolle, bot sie an, Kayla umgehend 50 Euro zu zahlen, als
Schmerzensgeld sozusagen, wenn damit die Sache ein für allemal aus
der Welt wäre. Nun sind wir gewiss keine Unmenschen, auch wenn
die Alte und ihr blöder Köter eine saftigere Abstrafung verdient
hätten, aber nach einiger Überlegung, bei der die Entscheidung
natürlich ganz bei Kayla lag, willigten wir ein. Kayla erhielt einen 50
Euro-Schein, wir verabschiedeten uns und radelten wieder zurück in
die Richtung, in die wir eigentlich wollten. Vielleicht war das der
Giftziege eine Lehre für künftige Fälle im Umgang mit ihrem Hund
gegenüber anderen. Aber solche Leute sind meist beratungsresistent.
Wir beschlossen dann auf dem kürzesten Weg zurück nach Hause zu
radeln, für diesen Tag hatten wir vom Radeln die Nase voll, obwohl es
ansonsten eine schöne Tour war. Gerade die letzten 10 km des
Rückweges sind die schwersten, einerseits weil man natürlich dann
schon ziemlich ausgepowert ist, wie man heute in neudeutsch wohl
dazu sagt, aber zum anderen vor allem, weil in diesem Abschnitt der
größte Anteil des Anstieges vom flacheren Rheintal hier herauf zu
unserem Gebiet folgt. Da sind schon einige langgezogene, heftige
Steigungsstrecken drin, bei denen man unterwegs manchmal eine
kleine Pause einlegen muss. Da ist Auto fahren dann zweifellos
schöner. Als wir wieder zu Hause waren, waren wir dann auch fix und
fertig. Nach einer ausgiebigen Dusche sind wir gleich tief und fest
eingeschlafen.

So, das war's dann mal für heute. Schauen Sie nicht zu viel Fußball,
es lohnt sich nicht, denn wer gewinnt das ist völlig egal, es bringt
Ihnen nichts, uns nichts und der ganzen Welt nichts.
Kayla und ich wünschen Ihnen einen vergnüglichen Sommer,

Ihr

Egbert Lappenkeuler.