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Lappenkeuler - Brief / Email "Busfahrt" vom 04.11.2003
Zum allerguten Grusse!
Bin ich froh, Ihnen hier nun wieder schreiben zu können. Wer weiss, was passiert wäre, wenn alles so weiter gegangen wäre, wie es seinen Lauf genommen hatte. Neulich stieg ich in einen Autobus ein, mit meinem Mofaroller konnte ich nicht fahren, weil er einen Schaden hatte und deswegen nicht anspringen wollte. Öffentliche Verkehrsmittel üben auf mich nicht gerade einen einladenden Reiz aus. Eher wiederwillig bestieg ich also den Linienbus. Bezahlte davor am Klickautomaten den Fahrstreifen und saß so da. Die Fahrt überbrückte ungefähr 10 Haltestellen und wäre sicherlich über 10 Kilometer lang gewesen. Innen war es im Gegensatz zu draußen schön warm. Nach wenigen Minuten bin ich etwas eingedöst. Plötzlich schlug mir jemand von hinten ins Kreuz, so dass ich wie von der Tarantel gestochen hochschnellte. Ein Kerl, mehr ein langer Lulatsch, laberte mich an, ich sei ja sein Kumpel aus seiner Lehrzeit und dass er sich sehr freuen würde, mich nach so vielen Jahren endlich wieder zu sehen. Ich war mir sicher, ich kannte den gar nicht. Er wollte mir gleich in einer Kneipe einige Biere spendieren und drängte darauf, dass wir an der übernächsten Haltestelle aussteigen mögen, weil er dort eine hervorragende Kneipe kenne, wo wir einige Begrüßungsschlucke zu uns nehmen sollten. Bald merkte er, dass ich mich nun überhaupt nicht an ihn erinnern konnte. Deswegen schlug seine Stimmung etwas um und er nörgelte, dass ich noch immer genauso vergesslich sei, wie früher in der Berufsschule. Der Idiot, ich bin nie mit dem in einer Berufsschule gewesen. Dann habe ich ihm angedeutet, dass er mich verwechseln müsse. Darauf begann er mich zu schubsen und maulte, dass ich wohl nichts mehr mit ihm zu tun haben wolle, weil er wohl nicht fein genug für einen Umgang mit mir wäre. Das wäre nach seiner Ansicht ja wieder typisch, so etwas passiere ihm ständig, sein Chef habe ihn letzte Woche aus ähnlichen Gründen entlassen, seine Frau habe ihn vor einem halben Jahr aus gleichem Grund verlassen (die Ärmste, mich würde jede Frau verwundern, die es mit einem solchen Idioten länger als einen Tag aushält). Schließlich folgte eine lange Litanei von Aufzählungen der Stationen seines Lebens, an denen er bislang gescheitert war. Immerhin hörte er auf an mir herum zu schubsen, als ich ihm bei seinen Ausführungen zuhörte und ab und zu kleinlaut ähnliche Worte, wie: das ist natürlich nicht schön, sagte. Irgendwann sagte ich dann aber: das ist natürlich Pech. Daraufhin schlug seine Stimmung weiter ins Negative um und er schubste wieder und brüllte durch den ganzen Bus: Was?! Pech, Pech ist das?! Pech nennst Du so was?! Die ganze Welt ist voller Drecksschweine, die es nur darauf abgesehen haben, mich klein zu kriegen, aber das schafft keiner! Weiter folgte ähnliches Zeug in hoher Lautstärke. Der Busfahrer war schon auf uns aufmerksam geworden und schüttelte den Kopf. Mir wurde das zu dumm und ich beschloss, an der nächsten Haltestelle schnell auszusteigen. Als ich gerade einige Meter in Richtung Tür ging, huschte der Lulatsch gleich hinter mir her und wollte mich dazu drängen nun doch mit ihm in der nächsten Kneipe einen Begrüßungsschluck zu nehmen. Als ich das verneinte, entstand sogar ein Gerangel im ganzen Bus, bei dem ich zu Fall kam. Noch als ich im Fallen war schreckte ich auf und stellte fest, dass ich doch noch auf meinem Bussitz saß und eingenickt war. Ich hatte also im gleichen Bus die ganze Sache 1:1 nur geträumt. Der echte Bus war hingegen kaum besetzt, schon gar nicht mit einem langen Lulatsch, der einem lästig wurde. Es war noch 3 Stationen Zeit bis zu meiner Haltestelle. An der nächsten Haltestelle wurde ich jedoch plötzlich bleich wie eine Leiche, die Dame mir gegenüber muss es beobachtet haben, denn sie sah mich entsetzt an und fragte, ob mir nicht gut sei. An dieser Haltestelle stieg der lange Lulatsch in Echt ein, ich glaube, ich bin innerlich fast wahnsinnig geworden. Zum sofortigen Aussteigen war es zu spät, der Bus war schon wieder angefahren. Der echte Lulatsch begann mit Leuten im vorderen Busbereich zu reden und sie zu schubsen. Als die ihn forttrieben kam er weiter in meine Richtung. Zum Glück kam die nächste Haltestelle und ich bin wie ein Wiesel raus aus dem Bus und die restlichen 2 Stationen zu Fuß gegangen. Als der Bus abfuhr, hielt sich der Lulatsch innen an einer Stange am Ausstieg fest und grinste mir hämisch zu, als der Bus an mir wieder vorbei fuhr. Das war eine meiner abenteuerlichsten Busreisen, das kann ich Ihnen sagen.
Wissen Sie, die ganze Welt ist ein Schwamm!
Ihr
Egbert Lappenkeuler
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Lappenkeuler - Brief / Email "Gewohnheiten" vom 15.12.2003
Zum sehr guten Gruße, der Herr!
Alte Gewohnheiten brechen auf und werden ungültig. Schade drum, wenn damit ein altes Stück Beschaulichkeit den Bach runter geht. In der Jahreszeit, die wir doch jetzt haben, ging das Leben bislang eine Nummer ruhiger und träger vonstatten. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Man kommt einfach nicht zur Ruhe, noch nicht einmal in der Wohnung. So sitze ich morgens um 9 Uhr, wie gewohnt, und sehe die neusten Fernsehnachrichten da klingelt es schon an der Tür. Ein lästiger Kerl von einer Behörde wollte ein Formular unterschrieben haben. Ich habe kein Formular bestellt, also unterschreibe ich keines. Er wird frech und nötigt mich doch zu unterschreiben, andernfalls erhalte ich keine Sozialhilfe mehr, sagt der. Kaum ist dieser penetrante Behördenfuzzy weg, klingelt die Dame aus dem Stockwerk unter mir. Sie will, dass ich am Nachmittag eine Stunde auf ihren blöden Hund aufpasse, weil sie zum Arzt muss und da kann der Hund nicht mit. Sonst sind die beiden unzertrennlich. Man will ja nicht so sein und willigt ein, obwohl ich den Hund nicht mag. In meine Wohnung kommt der Köter auf gar keinen Fall rein, so laufe ich mit ihm so lange ums Haus, bis die Alte wieder kommt. Der Hund ist blöd, ein blöder Hund. Alle 5 Meter hockt er sich beim Laufen hin und macht eine Pause. Man kommt regelrecht aus dem Tritt und fällt selbst fast noch auf die Schnauze. Ich war froh, als die Dame am Horizont wieder auftaucht und gehe ihr mit dem Hund entgegen, um ihn endlich wieder los zu werden. Der Hund wird fast wahnsinnig vor Freude, sie wieder zu sehen. Er kläfft und hopst wie eine angestochene Ziege, als er seine Matura erkennt.
Lassen wir das beiseite. Weihnachten, Nikoläuse und Hinweise auf Sylvester belästigen einen nun auf Schritt und Tritt. In Presse, Radio und Fernsehen springen einem die Konsumgestalten weihnachtlichen Kommerzes in allen Kanälen und Seiten aufdringlich entgegen. Nikoläuse in rotweiß mit Rauschebart, so ein Blödsinn, als ob die wirkliche Geschichte sich so zugetragen hätte und der echte Urnikolaus so ausgesehen hätte. Weltweite Volksverblödung, die Leute geraten in eine Trance aus Konsumlust und Wohlherzigkeit. Wehe dem, der das anzweifelt, der wird gleich als Gegner der gesamten Menschheit ausgemacht. Ich liebe die kontinuierliche Langeweile, wenn alles seinen gewohnten Gang geht, ohne Höhen und Tiefen. Eine solche Zeit ist die beste Zeit im Leben, aber der Weihnachtsterror bringt diese Abläufe aus dem Lot. Es ist grässlich und je mehr man sich dagegen sträubt, um so mehr springen einem diese Dinge ins Auge, weil man dann schließlich besonders darauf achtet. Ich könnte auf den Bildschirm rotzen, wenn ich das sehe. Es würde nichts ändern, also lasse ich es.
Vorgestern ist mir ein großes Missgeschick passiert, aber es ist gut gegangen. An meinem Zimmerfenster habe ich von außen einige Blumentöpfe stehen. Gestern reinigte ich die Fensterscheiben, das mache ich regelmäßig jeden zweiten Samstag. Dabei stürzte ein Blumentopf in die Tiefe, ich wohne schließlich im fünften Stockwerk. Das hätte ungesund ausgehen können, aber ich und noch mehr ein Passant, also wir beide, hatten großes Glück. Nur 5 Meter hinter dem Passanten zerschellte mein Blumentopf auf dem Gehweg. Der Passant, ein älterer Herr, hat das Unglück nicht kommen sehen können, weil er schon gerade vorbei war. Natürlich zerkrachte mein Topf mit einigem Getöse hinter ihm, worauf er einen Sprung des Schreckens machte, der an einen zur Beute hinschnellenden Tiger erinnerte. Er war so verwirrt, dass er nicht einmal auf die Idee kam, dass dieser Blumentopf von oben gekommen sein muss. Er war wohl im Glauben, dass einige Jugendliche, die sich im benachbarten Park aufhielten, ihm den Topf nachgeworfen hätten. Er schimpfte aufgeregt in deren Richtung. Die Jungendlichen waren jedoch so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie von dem Vorfall gar nichts mitbekommen hatten. Schnell habe ich meine Idee verworfen, den ollen Knecht aufzuklären und um Verzeihung zu bitten, da ich zu dem Entschluss kam, dass er ohnehin nicht schnallt, was wirklich passiert ist und wieso soll ich mir da möglichen Ärger mit dem an den Hals hängen? So bin ich oben geblieben und habe so getan, als wäre nie etwas passiert. Vom jetzt geschlossenen Fenster habe ich beobachtet, wie sich die Sache weiter entwickelt. Der alte Mann schimpfte noch vielleicht 5 Minuten in Richtung der Jugendlichen, die nur schulterzuckend abwinkten, dann schüttelte er noch vielleicht weitere 5 Minuten den Kopf, wobei er seitlich die Arme in die Hüften stützte. Schließlich verlies er weiter kopfschüttelnd die Gegend. Andere Passanten hatten von dem Vorfall nichts mitbekommen, nur von dem Geschimpfe des Ollen und glaubten schon, dass dieser Herr einen Spleen habe oder betrunken sei. Ich hatte Glück, mein Blumentopf war zwar entzwei, jedoch nicht auszudenken, welche Folgen es gehabt hätte, wenn der Blumentopf seinen Kopf geziert hätte.
Manche Leute haben zudem einen Weihnachtsfuß mit dem sie nicht recht vom Fleck kommen. Das kann gut sein, weil man damit vielleicht den Zeitpunkt verpasst, wann der Blumentopf gerade von oben herabrast. Solche Überlegungen sind jedoch eine Angelegenheit der Unendlichkeit, weil das Schicksal ebenso umgekehrt zuschlagen könnte und er den Blumentopf genau deshalb auf die Birne bekommt, weil er mit dem Weihnachtsfuß einen Moment langsamer war. Aber ich denke, solche Überlegungen kann man sich schenken, sie führen zu nichts, außer dass man sich in einer endlosen Denkschleife fest hängt.
Im täglichen Leben haben sich viele Leute das Zuhören abgewöhnt. Vielleicht hat ein Grossteil dieser Leute das Zuhören auch nie erlernt. Man hört nur noch das, was man hören will. Ein automatischer Reißverschluss macht den Gehörgang dicht, sobald etwas folgt, was wenig genehm ist oder was aufmerksames Zuhören verlangt. Man will sich das einfach nicht antun. Die Zeit ist zu schade, der Willen nicht da, die Egomanie zu groß und ähnliche Dinge führen dazu. Was macht man, wenn jemand schlecht hört? Mit einer Bohrmaschine die Ohren aufbohren, wie ein Opa von mir vor mehr als 40 Jahren stets zu sagen pflegte? Das wird gewiss ein unpassender Weg sein, dessen Erfolg in eine ganz andere Richtung führt. Der Mensch sieht sich heute ohnehin meist als Nabel der Welt, bei logischer Betrachtungsweise folgt die schnelle Erleuchtung, dass an dem nicht so sein kann, denn mehrere Milliarden Menschen auf der Erde würden bedeuten, dass die Welt demnach mehrere Milliarden Näbel hätte, eine lächerliche Vorstellung. Darauf angesprochen, würden viele in ihrer egozentrischen Weise sagen, dass ja nur er der Nabel der Welt wäre, auf die anderen Menschen träfe dies ja nicht zu. Nur leider sagt das jeder. Bietet sich die Frage, ob manche Menschen dazu bereit sind, in der gefühlsmäßig melancholisch geschwängerten Weihnachtszeit, eher über diese Dinge nachzudenken? Hier bäume ich mich auf, weil ich es für falsch halte, einen bestimmten Zeitraum im Jahr auszumachen, in dem man sich solche Überlegungen der Menschlichkeit leistet, während man innerhalb der restlichen Jahreszeit die Gefühlskälte zum Kult erhebt. Manch einer beweint in der Weihnachtszeit seine eigenen rüden Methoden, um dann spätestens ab Neujahr mit noch kräftiger gestärkten, rüderen Methoden an der Stelle weiter zu machen, an der er vor der Weihnachtszeit aufgehört hat. Was ist das für eine Moral? Ist es überhaupt eine Moral? Wahrscheinlich nicht. Auch daher ist meine frühere Vorliebe für die Weihnachtszeit sehr gesunken. Vielen bietet sie nur eine Rechtfertigung des Gutmenschseins, um in der restlichen Jahreszeit dann in jeder Beziehung die Sau raus zu lassen. Wo ist die Normalität geblieben, die die Menschen in unserem Lande in der Zeit von vielleicht 1950 bis 1975 an den Tag legten? Ich finde sie nicht wieder! Die Menschen von heute wirken auf mich, wie ein ganz anderes, unbekanntes Volk, welches mit dem Deutschland aus dieser vergangenen Epoche von 1950 bis 1975 so gut wie gar nichts mehr gemeinsam hat. Dabei beziehe ich meine Erkenntnisse nicht auf politische Dinge, die lasse ich absichtlich völlig außen vor. Alles befindet sich in einer ständigen Entwicklung, aber wie es kommen kann, dass sich eine Entwicklung so meilenweit von ihren Wurzeln entfernt, dass sie mit ihnen gar nichts mehr zu tun hat, wird mir wohl auf Lebzeiten verschlossen bleiben. Es ist so, als würden aus einer Tomatenstaude plötzlich Kirschen erwachsen. Für viele Leute ist Weihnachten auch nur eine Rakete, mit der sie ihr Ansehen in der Öffentlichkeit durch scheinbare Mildtätigkeit und Mitmenschlichkeit schlagartig nach oben befördern. Man sollte sich jedoch vor solchen Charakteren hüten, das sind meist kühl berechnende Menschen, die nur eines kennen: ihren eigenen Vorteil. Wer auf der Erde kriecht, wird keinen Höhenkoller bekommen, sagt ein altes chinesisches Sprichwort im übertragenen Sinne, daher halte ich mich grundsätzlich von Menschen fern, die im allgemeinen Status einen gewissen Grad überschritten haben. Mag man es oberflächlich als Kastendenken ausmachen, so liegt dem viel mehr eine Lebensweisheit zugrunde, die sich auf meine Erfahrung stützt, dass Leute ab einer bestimmten sozialen Stellung automatisch zu Schweinen verkommen. Zu roboterhaften Elgären, die fast alle dem gleichen Automatismus von Machthaberei und Abforderung von Leistungen und Haltungen folgen und dies von allen Leuten verlangen, die in sozialen Schichten unter ihnen angesiedelt. Meine Erfahrungen weisen in diese Richtung, daher klinke ich mich sofort aus, sobald Leute dieser Schicht hinzustoßen. Ich gebe dann auch keinerlei Kommentare dazu, warum ich dies so mache, ich drehe mich sofort herum und bin weg.
Wechseln wir zu Erfreulicherem. Nicht weil Weihnachten naht, sondern weil mir danach war, habe ich mir einen neuen Computer gekauft. Hier der alte Apparat war von mir vor Jahren gebraucht gekauft worden, war also schon veraltet, als ich ihn bekommen habe. Dank meiner strapazierten Haushaltskasse war aber damals nicht mehr drin. In den letzten Monaten habe ich aber öfters an einer Autowaschanlage ausgeholfen. Niedrige Arbeiten, Autos mit einer so genannten Wasserlanze vorsprühen, zwischendurch und vor Feierabend die Waschanlage selbst reinigen und ähnliche Aufgaben. Nicht täglich, meist dreimal die Woche und auch dann nur für jeweils drei Stunden. Den Lohn habe ich über viele Monate gespart, nun waren daraus immerhin für mich beachtliche 4.700 Euro geworden, weil ich nichts davon ausgegeben hatte. Eigentlich hatte ich angepeilt, mit diesen Zusatzarbeiten nur 3.000 Euro hinzuzuverdienen. Durch den Überhang von 1.700 Euro habe ich nun davon 990 Euro für einen neuen Computer ausgegeben. Der erste neue Computer meines Lebens! Es sind viele Anleitungen dabei und ich traue mich noch nicht, das Gerät für den Internetzweck anzuschließen. Ich werde zuerst noch zwei Wochen damit Trockenübungen veranstalten. Es riecht noch alles so schön neu, ein Geruch, den ich sonst gar nicht kenne. Eigentlich kaufe ich nur gebrauchte Sachen, weil viel billiger. Das restliche Geld brauche ich im Laufe des Jahres auf und kann es mir nun leisten, fast ein Jahr oder mindestens ein halbes Jahr nicht mehr arbeiten zu gehen. Sozialotto zahlt die Miete und einen Teil der Heizkosten, so geht das schon. Kann es einem König besser gehen? Es ist sicher eine Einstellungsfrage, aber zum Leben habe ich so alles, mehr brauche ich nicht. Ich werde satt, kann mich jeden Tag duschen, sitze in einer schönen, aber sehr kleinen Wohnung, habe keine Langeweile und meistens auch keinen Unmut und all die Luxusartikel brauche ich nicht. Ich benötige keinen Porsche vor der Haustür, keinen Fernurlaub und die Zeit wird mir von meiner Tschibo - Armbanduhr genauso angezeigt, wie sie mir von einer finanzschweren Rolex - Armbanduhr gezeigt würde. Viele sagen, mir fehlt der Draht dafür; ich sage, die anderen, die so was brauchen, haben einen Draht aus der Mütze, denn was bringt das? Nichts, rein gar nichts. Es ist nicht so, dass ich gar keine Wünsche habe. Aber ich kann meine Wünsche im Zaume halten, weiß genau, wo die Grenze ist, deren Überschreitung in meiner momentanen Finanzlage nicht machbar ist und ich kann damit gut leben. Es kränkt und grämt mich nicht, wenn mehr nicht drin ist, dann ist das eben so. Momentan kann ich sagen, wäre meine Wohnung doppelt so groß und könnte ich mir wenigstens ein kleines Auto leisten, wäre ich absolut wunschlos glücklich. Beides geht jetzt nicht, das weiß ich, und dann ist es auch gut. Zudem wollte ich die Lage meiner kleinen Wohnung hier im fünften Stock keinesfalls tauschen, es ist mir die liebste Wohnung in der ich jemals gewohnt habe, was die Lage betrifft, nicht was die Größe betrifft. Hätte ich deutlich mehr Geld zur Verfügung würde ich vielleicht die Nachbarwohnung hinzu mieten und aus beiden eine größere Wohnung machen, denn die Nachbarwohnung steht seit Monaten leer. Sie sehen daran, dass meine Wünsche anspruchslos sind und ich finde, wer immer nach mehr geifert, der wird niemals glücklich und ausgeglichen werden können, noch nicht einmal im Ansatz. Dabei bin ich nicht Derjenige, der zur Erlangung solcher Erkenntnisse den Vergleich mit anderen Leuten heranziehen muss, denen es auf der Welt noch viel viel schlechter geht, als mir. Solche Vergleiche hasse ich wie die Pest. Die Erkenntnis, dass ich eigentlich zufrieden sein kann und bin, die muss aus einem selbst erwachsen und nicht, weil ich mich mit dem Leid anderer trösten muss. Genauso wenig muss mir die bessere Situation andersgestellter Leute einen Drang nach mehr Wohlstand, Geld und Macht abfordern, das reizt mich alles überhaupt nicht und wäre mir kein Fingerschnippen wert.
Nun aber gut. Ich weiß nicht, soll ich Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr wünschen? Mache ich meine eigenen Worte, die ich viel weiter oben zu Weihnachten gesagt habe, damit nicht unglaubwürdig? Halten wir es vielleicht so, falls Sie persönlich mehr der üblichen Weihnachtsstimmung huldigen, dann wünsche ich Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und den guten Rutsch ins neue Jahr, falls Sie mehr meinen Erkenntnissen anheim fallen, übersehen Sie es und wir streichen das ersatzlos.
Wissen Sie, die ganze Welt ist ein rotweißer Schwamm mit Rauschebart!
Ihr
Egbert Lappenkeuler
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