LPK-A2

Auf dieser Seite finden Sie die beiden Lappenkeuler - Beiträge “Bad Wildungen” und “Wartezimmer” aus dem Jahre 2003. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.

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Beitrag 1

Lappenkeuler - Brief / Email “Bad Wildungen” vom 31.07.2003


Zum erhabnen Grusse der Herr!

Waren Sie schon mal in Bad Wildungen? Mein Hausarzt belagert mich
jede Woche einmal, dass ich nach Bad Wildungen eine Kur machen gehen
soll. Die klopfen einem aufs Knie und erwarten dass man zuckt und all
solche Sperenzchen. Das ist mir zu blöde und ich habe keine rechte Lust
dazu. Wenn es dort aber sehr schön ist, würde ich es vielleicht doch tun.
Nicht den ganzen Tag bekommt man sicher in der Kur eine Kur und man
hat einige Stunden frei, in denen man wandern könnte. Das lohnt sich aber
nur, wenn die Landschaft dort sehr schön ist. Daher frage ich Sie, ob Sie
wissen, wie es landschaftlich in Bad Wildungen aussieht? Ist es dort
schön? Wissen Sie, wie viel Geld man bei einer Kur heute selbst
dazuzahlen muss? Man hört fast jeden Tag andere schlimme Nachrichten
was die Krankenkasse alles nicht mehr bezahlen will und weiß gar nicht
woran man ist. Wenn ich für die ganze Kur mehr als 100 Euro aus der
eigenen Tasche nachlegen muss, fahre ich nicht in Kur, das kann ich mir
nicht leisten. Für mich sind 100 Euro noch viel Geld und ich bin kein
reicher Schnösel dem man überall das Geld fürs Nichtstun nachwirft oder
fürs Bescheißen von Kunden. Ich glaube, Bad Wildungen vergesse ich
lieber.

Mein Hausarzt hat dann gefragt, ob ich viel Bier trinke und viel rauche.
Jeder Hausarzt auf der Welt stellt wohl die gleichen Fragen. Nein, viel Bier
trinke ich nicht und seit 2 Jahren rauche ich nicht mehr, habe ich ihm
gesagt. Dann war er zufrieden. Dann wollte er noch wissen, ob ich gerne
Spiegeleier esse und überhaupt viel Eier und viel Weißbrot esse, ob ich
häufig Kaffee oder Coca Cola trinke und regelmäßig Medikamente
einnehme, die ich mir selber ohne Verordnung kaufe. Dafür hab ich gar
kein Geld, ich bin ja kein Arzt. Was so Ärzte alles wissen wollen. Komm
hör mir auf, hab ich zu ihm gesagt und ab gewunken, dann hat er gelacht.

Jetzt laufen mir die Augen aus, weil ich eben Spülmittel in die Augen
bekommen hatte. Ich sehe alles verschwommen, wie glitschig sieht die
Welt aus. Mit viel warmem Wasser habe ich schon nachgespült, aber die
Scheiße trieft immer noch. Trief und Tropf! Als gestandener,
unverheirateter Mann spült man ja auch selbst und dann passiert einem
solch ein Missgeschick schon mal. Mit dem Spülen mach ich mir aber kein
Drangsal, in meinem Einpersonenhaushalt fällt soviel nicht an und ich
sammle das schmutzige Geschirr jedes mal 3 Tage, manchmal sogar 4
Tage, erst dann ist die Menge so groß, dass es sich richtig lohnt
abzuwaschen. Zuletzt hatte ich auf der Straße mal eine junge Frau
aufgelesen, die für paar Tage eine Bleibe suchte und die hat mir jeden Tag
gespült, obwohl ich das nicht wollte. Die war toll. Leider ist die wieder
weg. Die hätte ich glatt geheiratet, obwohl sie nicht besonders schön war,
hässlich war sie aber auch nicht, auf keinen Fall, so mittel. Die nicht so
schönen Unscheinbaren sind sowieso meistens in jeder Hinsicht die Besten,
meine ich. Sie hätten mal sehen sollen, wie die sich darüber gefreut hat,
dass sie bei mir sich jeden Tag duschen konnte. Wie man damit heute noch
Leuten so eine Freude machen kann, die hat bald geweint vor Glück wegen
dem frischen Duschen. Wenn sie geblieben wäre hätte sie von mir aus
jeden Tag zweimal duschen können obwohl mir die Wasserrechnung und
das Heißwasser dann hoch wird. Leider gibt es Leute die immer unterwegs
sein müssen, so war die auch. Bloß nirgendwo länger als 3 Tage bleiben,
dann bekommen die schon Panik und müssen einfach wieder reisen. So ist
das eben. Ich bin mehr der Sesshafte, zum Reisen fehlt mir auch das Geld.
Die hatte zwar auch kein Geld, aber die konnte das einfach organisieren.
Heute fährt sie vielleicht 50 km mit dem per Anhalter, dann bleibt sie dort
2-3 Tage und dann fährt sie mit einem anderen wieder 20 km weiter oder
geht auch mal 15 Kilometer zu Fuß u.s.w. Am Jahresende ist sie so quer
durch ganz Deutschland gekommen. Hoffentlich kommt die auf ihrer
Rücktour wieder bei mir vorbei, wäre schön. Nachreisen will ich ihr nicht,
ich bin froh hier endlich eine vernünftige, kleine Wohnung zu haben. Die
setz ich nicht aufs Spiel, um zu verreisen. Finden Sie doch mal eine
Wohnung in einer Stadt, klein, guter Zustand, mit Heizung und so und
dann noch billig. Das ist nicht einfach und wenn man's hat, bloß nicht
wieder ausziehen, so was kriegen Sie so schnell nicht wieder. Dann noch in
einem neueren Haus ganz aus Beton, aus den sechziger Jahren. Ich wohne
lieber im Neubau, da hat alles seine geradlinige Ordnung, kein Boden
quietscht wenn man drüberläuft, sogar im Keller und Dachboden riecht es
frisch und nicht nach altem Modderkram. Dazu wohn ich noch mit einer
prächtigen Aussicht im fünften Stock. Was will man mehr?

Ich hatte Ihnen geschrieben, dass ich Ärger mit einem Fuß wegen der
Straßenbahntreppe hatte. Langsam geht das wieder. Wie neu ist der Fuss
noch immer nicht, aber es tut nicht mehr so sehr weh und humpeln muss
ich nur noch morgens die ersten 50 m. Wenn der Fuß mal richtig
eingelaufen ist, geht es langsam wieder.
Im Treppenhaus kann man heute auch nichts mehr stehen lassen. Ich habe
mir ein altes Fahrrad gekauft für nur 10 Euro beim Stock-Laden. In meine
kleine Wohnung kann ich das ja nicht mit reinnehmen. Deswegen hab ich
es im Treppenhausabsatz nahe bei meiner Wohnungstür abgestellt. Die
doofen Kinder vom Ellinger rasen immer durchs Treppenhaus und haben
sich dann einen Spaß daraus gemacht, mein Fahrrad zu verstecken. Im
Keller vom Nachbarshaus hab ich es dann wiedergefunden, weil dort einer
am schimpfen war, weil die blöden Bälger das Rad genau vor seiner
Kellertür abgestellt hatten und der nicht mehr rein kam. Das hab ich dem
Ellinger gesagt, da sagt der, ich soll mich wegen solchem Kinkerlitz nicht
aufregen. Aufgeregt hab ich mich dabei gar nicht, sondern es nur normal
gesagt. Der ist noch dööfer, als seine Kinder. Die sehen alle aus wie
Quadratköpfe mit einer Schweinsnase und haben vor lauter Fresserei gar
keinen Hals mehr. Sie können die antreffen wo Sie wollen, die sind immer
am Fressen. Entweder haben sie Hefeteilchen in der Faust, gegen Mittag
meistens fetttriefende Hähnchenschenkel oder eine Riesenladung Fritten
und 5 Minuten später sehen sie die mit 3 Negerküssen in jeder Hand
herumlaufen, einfach widerlich. Die würden warmes Frittenfett auch noch
literweise pur saufen und das gut finden. So sehen die aber auch aus. Von
denen ist einer fetter als der andere. Jeder Knall, den Sie in Zukunft hören,
könnte ein geplatzter Ellinger sein! - Lange kann es eigentlich nicht mehr
dauern. Der Arzt sollte lieber diese Fettsäcke in Kur schicken, aber die
werden in Bad Wildungen vermutlich gar nicht angenommen, weil die
aufgepumpten Schweinsköpfe nicht mehr in die Kurzimmer passen. Da
müssten die erst das Dach des Sanatoriums mit einem Kran anheben und
die aufgeblähten Säcke von oben mit einem weiteren Kran reinheben.

Für ein Straßenfest in der Bopserwaldstrasse wollte hier jemand
Chinaböller kaufen, die gibt es jedoch nur kurz vor Sylvester und vor dem
Wasenumzug, da hat er versucht sich nach Vorschlägen aus dem Internet
selbst welche zu basteln. Es hat einen Knall gehabt und dann war seine
Wohnung nur noch Schrott wert. Eine Nachbarsfrau hat sogar einen
Nervenzusammenbruch nach dem Knall erlitten und ist danach wie
verrückt schreiend durch die Stadt gelaufen. Ich weiß nicht was das soll,
jede Strasse glaubt heute ihr eigenes Straßenfest machen zu müssen, so was
hat es früher nie gegeben und ich finde es ist Unsinn. Den Leuten geht es
doch nur darum, einen Grund für ein haltloses Besäufnis zu finden. Sie
haben es gut, bei Ihnen auf dem Land geht alles einige Nummern
beschaulicher zu. Allerdings kann ich nicht meckern, in der Stadt hier lebe
ich recht gerne, wenn alles so bleibt, wie es jetzt ist - oder wenn es noch
besser wird. Es gibt keine Stadt und kein Dorf wo alles restlos gut und
schön ist, man muss sicherlich Kompromisste finden und damit geht es mir
hier gut, hier könnte ich alt werden. Viel liegt es auch daran, in welchem
Viertel und welcher Straße man einwohnt. Jede Stadt hat solche, wo man
lieber nicht abgemalt sein möchte und andere wo man gar nicht mehr weg
will. Klar, meine Wohnung könnte größer sein, aber dann wäre sie für mich
in der Gegend nicht mehr zu bezahlen, wie ich schon sagte, lebe ich von
der Hand im Mund und da muss man ohnehin schon darauf achten, jede
unnötige Ausgabe zu vermeiden. Ich mache keine Schulden für etwas,
niemals, da mein Einkommen jedoch sehr gering ist, ist das Geld, was
reinkommt schnell ausgegeben, wenn man nicht wie ein Schiesshund
aufpasst. Also lieber eine Miniwohnung, die aber schön angenehm, was
übrigens dazu den Vorteil beibringt, dass die Heizkosten im Vergleich zu
meiner früheren Wohnung hier im Altbau oder noch davor in Vaduz, als
ich noch in Liechtenstein wohnte, so gering sind, dass ich sie zuerst gar
nicht richtig auf der Mietabrechnung erkannt hatte. Das wird mit
monatlichen Abschlägen dazugerechnet, also die Heizkosten meine ich,
und pro Monat sind es bei der kleinen Wohnung nur etwas um die 27 Euro.
Dafür braucht man sich nicht den Arsch abzufrieren und bei meiner alten
Wohnung hatte ich fast 140 Euro im Monat an Heizkosten. Das ist ein
Unterschied! Schade ist nur, dass ich in der kleinen Wohnung meine
Waschmaschine nicht aufstellen darf, es wäre auch zu eng dafür. Die muss
ich in einem Waschkellerraum aufstellen, wo auch andere Mitbewohner
ihre Waschmaschinen stehen haben, und ich mag es nicht, wenn Fremde
sich an meiner Waschmaschine zu schaffen machen können. Jeder hat zwar
noch zusätzlich einen eigenen kleinen abschließbaren Kellerraum, aber da
gibt es keinen Wasseranschluss und keinen Abfluss nur Strom ist da. Sonst
hätte ich meine Waschmaschine dorthin gestellt. Ich hoffe, dass keiner sich
an meiner Waschmaschine zu schaffen macht, eigentlich wäre es ja
unnötig, weil jeder seine eigene hat, aber es gibt ja Blödmänner, die immer
anderen etwas kaputt machen müssen, nur so aus ihrer Dummheit heraus,
davor habe ich etwas Angst. Den aufgequollenen Ellingers tät ich so was
zutrauen, doch zum Glück dürfen die gar nicht in den Waschraum. Da hat
es früher wohl man einen Vorfall gegeben, das war aber schon, bevor ich
hier eingezogen bin, und danach hat man den Ellingers den Schlüssel für
den Waschkeller eingezogen und die waschen gegen Gebühr auswärts.
Aber so wie die rumlaufen, waschen die wahrscheinlich gar nicht. Die
stinken immer 5 Meilen gegen den Wind, als wär ihr letztes Bad schon 5
Jahre her und ihre Klamotten sehen auch so aus. Ich mag nichts pikfeines
aber gerade so versifft braucht man auch nicht rumlaufen. Der Bäcker, der
hier im Haus die Brötchen morgens um halb 6 rumträgt, der beliefert die
Ellingers auch nicht mehr, weil die monatelang nicht bezahlt haben. Aber
gut Ellingers sind ein Kapitel für sich und am besten beachtet man diese
Leute gar nicht, aber das ist nicht so einfach. Wenn die einem wieder ihre
sogenannten Scherze aufdrücken ist man automatisch mit den Idioten
konfrontiert. Wenn ich für dieses Haus hier einen einzigen Wunsch frei
hätte, dann würde ich mir wünschen, dass die blöden Ellingers ausziehen.
Zum Glück wohnen die wenigstens nicht in der Wohnung gleich neben
mir, sondern ein paar Etagen tiefer in einem Seitenflur rein. Aber weg mit
jedem Gedanken an Ellingers, dafür ist mein Gehirn zu schade, es mit
denen zu verschleißen.
Nicht weit von mir ist der Park an der Karlshöhe und da kann man sich bei
schönem Wetter stundenlang auf eine nette Parkbank hocken und alles an
sich vorüberziehen lassen. Das ist schön. Ich habe es auch schon gebracht,
dass ich mich bei strömendem Regen dorthin gesetzt habe. Da kam nach
einer Weile eine alte Oma mit dem Regenschirm vorbei und empfahl mir
dringend, doch ins Trockene zu gehen, die war richtig besorgt um mich,
obwohl ich die gar nicht kenne.

Hoch! Jetzt gehe ich noch ein Stündchen spazieren und höre für heute hier
auf damit.


Ihr

Egbert Lappenkeuler
 


Beitrag 2

Lappenkeuler - Brief / Email “Wartezimmer” vom 10.08.2003

Zum Gruße!

Sie wissen es, ich weiss es, doch viele wissen es nicht. Der Mensch ist im
Prinzip ja nur eine Weiterentwicklung des Affen, man könnte vielleicht
sagen eine höhere Version davon. Da sagt mir doch neulich im
Wartezimmer beim Hausarzt eine esoterische Dame, dass sei alles Unsinn;
der Mensch stamme nicht generell von einem Tier, wie dem Affen ab.
Vielmehr gebe es Leute, deren Vorfahrenlinie von Krokodilen abstammt,
andere von Affen, wieder andere vielleicht von Schweinen und vielen
anderen Tieren. Das bemerke man am Verhalten, in der Wesensart u.s.w.
Ich habe die Dame von unten her über den Rand meiner Brille
nachdenklich angesehen, woraus sie wohl schloss, dass ich sie für verrückt
halte. Deshalb sagte sie sogleich: "Jaja, sagen Sie es nur, dass Sie das für
Schwachsinn halten, solche Reaktionen kenne ich, die sind mir nicht neu."
Einige andere Leute im Wartezimmer schauten sich schon gegenseitig
komisch an und grinsten. "Vielleicht haben Sie ja recht", sagte ich
beschwichtigend, um sie mir gegenüber freundlich zu stimmen und weil
ich vor allem hoffte, dass mit einer solchen Reaktion das mir etwas
peinliche Gespräch schnell ein Ende finden würde. Bloß keinen
Diskussionsgrund mit einer gegenteiligen Meinung liefern, dachte ich mir.
Eigentlich war die Dame recht hübsch, wenn auch nicht mehr die
Allerjüngste, vielleicht 50 Jahre, aber sehr teuer gekleidet und ihr ganzes
Äußeres ließ auf gute finanzielle Verhältnisse schließen. Sehr schöne Beine
hatte sie und stellte sie auch passend zur Schau, indem sie einen weißen
Minirock trug, der denen der späten 60iger Jahre um nichts nachstand.
Meine zurückhaltende Reaktion wurde mir jedoch nicht gedankt, die Dame
erhob sich aus ihrem Wartezimmerstuhl und kam zu mir herüber und setzte
sich in den Wartezimmerstuhl neben mir, der leider frei war, das war mir
dann noch peinlicher. Sofort begann sie damit, mir einige verwirrende
Thesen zu unterbreiten, die begründen sollten, weshalb manche Menschen
eben Krokodile, andere wiederum Affen oder Schweine oder vielleicht
sogar Mäuse und dergleichen in ihrer biologischen Vorfahrenslinie haben
sollen. Innerlich dachte ich, die Frau hat recht, denn ich glaub' ich werd'
zum  Elch! Bald verlor ich den Überblick über das, was sie da sagte, hüh
und hot, Tiere, Schweine, Menschen, Affen, jede zweite Reaktion von mir
war ab nun nur noch ein blasse Antwort, wie etwa: "Mag sein" oder "Kann
sein" vielleicht auch mehrmals: "Glauben Sie wirklich?" Ein lehrerhafter
Herr mir gegenüber grinste immer breiter, bis er schließlich sein Lachen
nicht länger unterdrücken konnte und ein leichtes, zischendes: "Hähä"
herausließ. Schließlich rückte die Dame noch näher zu mir, als wolle sie
mir vertraulich etwas ins Ohr flüstern. Sie flüsterte jedoch keineswegs,
sondern sagte in normaler Zimmerlautstärke: "Ich verstehe, dass Sie das
eigenartig finden. Ich möchte aber unbedingt, dass Sie mich verstehen, dass
Sie wissen, was ich meine. Deshalb geben Sie mir die Gelegenheit, Ihnen
das genau zu erklären. Wir sollten uns vielleicht heute Abend bei mir oder
bei Ihnen zu Hause treffen, dort erkläre ich Ihnen alles ganz genau." Der
Herr gegenüber zog mit einer Hand seinen Unterkiefer schräg und flüsterte
so was wie: "Naja, der Abend ist ja wohl gerettet!" Sie glauben gar nicht,
wie peinlich mir das alles war. Ich kannte die Dame doch überhaupt gar
nicht und was wollte die wirklich? Noch bevor ich meine Gedanken
sortieren konnte, schob die Dame nach: "Ach was heißt heute Abend ?
Gleich nach dem Arzttermin kommen Sie einfach mit zu mir nach Hause,
ich wohne nur 2 Strassen weiter, dort erkläre ich Ihnen alles!"  Mein Kopf
war kurz vor einer Explosion und mehr als ein leises: "Dzz" kam aus mir
nicht mehr heraus. Dann die Erlösung, die Arzthelferin rief: "Frau van
Leyden bitte zum Herrn Doktor!" Die Dame stand auf und verschwand im
Sprechzimmer. Wenige Minuten darauf wurde ich ins zweite
Sprechzimmer gerufen und hatte meinen Arzttermin. Hin und hergerissen
über das Erlebte, wusste ich nicht was ich machen sollte. Ich hielt es
schließlich doch für besser, der Dame nicht mehr zu begegnen. Deshalb
wollte ich meine Untersuchung beim Arzt solange wie möglich hinziehen,
in der Hoffnung, dass die Dame nachher nicht noch auf mich im
Wartezimmer wartet. Mir fielen zusätzliche Zipperlein ein, die ich dem
Arzt zur Überprüfung vorschlug, von denen ich zuvor selbst noch nie etwas
gehört hatte. Irgendwann bemerkte der Hausarzt, dass da wohl etwas
anderes dahinter stecken musste. Schließlich zögerte er und sagte langsam:
"Frau van Leyden?" "Wie, was?", sagte ich darauf erschrocken. "Alles
klar", sagte der Arzt, "Sie können ruhig mit der Dame mitgehen, keine
Angst", meinte er, "Sie müssen natürlich nicht, wenn Sie nicht wollen,
dann müssen Sie es ihr nur sagen." "Ja aber mein Rücken tut auch noch
weh", sagte ich, als er mich freundlich aus dem Sprechzimmer drängte und
bereits den nächsten Patienten aufrufen ließ. "Den schau'n wir uns am
Mittwoch Morgen an, kommen Sie bitte dann um 8 Uhr wieder", sagte der
Arzt nur. Jetzt musste ich zwangsläufig wieder quer durch das
Wartezimmer, um zum Ausgang zu gelangen, das ist bei diesem Arzt blöde
gelöst. Ich glaube, ich hatte Schweißperlen auf der Stirn stehen. Was tun,
wenn mich die van Leyden dort erwartet? Eigentlich wäre ich zu nichts mit
der abgeneigt gewesen, aber so plötzlich und auf diese Art? Geraden
Blickes eilte ich durch das Wartezimmer, dann ein verstohlener Blick nach
links: keine Frau van Leyden zu sehen, ein vorsichtiger Blick nach rechts:
ebenfalls keine Frau van Leyden und da war schon die Tür, ich war
draußen, ohne Frau van Leyden! Ahhh! Geschafft! Zuhause angekommen
dachte ich: eigentlich schade, dass Frau van Leyden nicht auf mich
gewartet hat. Ob ich morgen bereits wieder zum Arzt gehen soll, mir ist es
irgendwie gar nicht gut?

Ihr

Egbert Lappenkeuler