LPK-A10

Auf dieser Seite finden Sie die beiden Lappenkeuler - Beiträge “Die Ruhe kehrt wieder” und “Kayla” aus dem Jahre 2004. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.

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Beitrag 1

Lappenkeuler - Brief / Email "Die Ruhe kehrt wieder" vom 14.04.2004

Gut erblühende Grüße.

Ach ist das schön. Erst jetzt, wo ich nicht mehr jeden Morgen in die
Zamenhofstraße zum Antritt von städtischen Hilfsarbeiten fahren muss,
sehe ich, wie schön es ist, wieder den ganzen Tag für sich selbst nutzen
und verplanen zu können. Wenn andere aufstehen und zur Arbeit hasten,
dann habe ich schon mein Geld verdient, und brauche mir kein Gerülpse
von einem blöden Quatländer oder seinesgleichen anzuhören. Der Wert
meiner eigenen Zeit ist durch diese Erfahrung bedeutend gestiegen. Das,
was man bis davor als selbstverständlichen Zustand hingenommen, aber
nicht mehr wahrgenommen hat, das ist jetzt plötzlich wieder ein wahrer
Genuss. Und mit dem jetzigen Einkommen, wie es sich mit der
Aufstockung, von der ich Ihnen bereits zurückliegend berichtete ergibt,
komme ich sehr gut aus, bin ich zufrieden. Was will man mehr? Sicher
mehr geht immer und ist angenehm, nein sagen würde ich zu mehr Geld
ganz gewiss nicht, dann wäre ich ja auch schön blöd, aber unverschämt
sein will ich auch nicht. Wenn es so bleibt, wie es jetzt ist, dann bin und
bleibe ich zufrieden. Den Suzuki kann ich mir so mühelos leisten und
behalte nun, dank der mäßigen Aufstockung durch die Anerkennung der
Mehrbelastung durch meine zurückliegende Krankheit, trotz Auto jeden
Monat noch etwas mehr zum Sparen zurück, als vorher ohne Auto.

Meine Tätigkeit als Aushilfsfahrer für den Eisenwarenhandel habe ich
diese Tage aufgegeben, weil der Chef von denen plötzlich ständig etwas zu
meckern hatte. Immer ging es um Dinge, auf die ich gar keinen Einfluss
hatte. Was kann ich dafür, wenn Stau ist und die Waren dadurch zu spät am
Zielgeschäft ankommen? Ich weiß ja, dass um diese Zeit fast immer Staus
auftreten und habe deshalb auf meine Initiative hin schon dem Chef
angeboten, früher zu fahren, jedoch das wollte er nicht. Er verlangte, ich
solle dafür an den Stellen ohne Stau schneller fahren, um die Zeit wieder
wett zu machen. Der hat ja eine Meise. Dann müsste ich in der Stadt die
staulosen Stücke mit mindestens 80 km/h fahren, wo nur 50 erlaubt sind
und ich habe keinerlei Lust, für den meinen Führerschein oder zumindest
teure Verwarnungszettle zu riskieren. Der hat gut reden. So gerieten wir
öfters in Streit um dieses Thema. Mir wurde das dann neulich zu bunt und
ich habe ihm nach dem Empfang meines letzten Wochenlohns gesagt, dass
er sich ab Dienstag nach Ostern einen anderen Dummen suchen soll. Da
wurde er noch frecher, jedenfalls zuerst, nachher wollte er beschwichtigen,
dass ich wenigstens noch so lange bleibe, bis dass der kranke Fahrer wieder
zurück kommt, weil das nur noch eine Woche dauern soll. Das habe ich
aber nicht getan, soll er doch selbst fahren. So ein Affe.

Mir fällt sogleich auf, dass sich im Kontrollverhalten der Polizei in der Zeit
meiner finanziell bedingten Abstinenz vom Autofahren bis heute einiges
verändert hat. Ob das bei Ihnen zuhause auch so ist weiß ich nicht, jedoch
früher war es hier so, dass sie beim Autofahren vielleicht innerhalb von
einem Monat irgendwo auf den Straßen rund um die Stadt mal einer
mobilen Radarkontrolle begegneten. Heute hingegen sehe ich spätestens
jeden zweiten Tag irgendwo die dezent versteckten Zivilfahrzeuge mit
ihrer heimtückischen Blitzkanone lauern. Nun ist es so, dass ich mich
redlich bemühe, die geforderten Geschwindigkeitsbeschränkungen
einzuhalten. Auf Landstraßen und Autobahnen bereitet es mir sowieso
keinerlei Probleme, da ich so gut wie nie schneller als 110 km/h fahre, da
dies mit der kleinen Susi eine irgendwie praktikable Geschwindigkeit ist.
Die knappen 140 km/h ausreizen, die der Wagen hergibt, macht wenig
Freude und erhöht auch merklich den Verbrauch auf über 8 Liter, zugleich
wird's dann innen unangenehm rau. Günstig bleibt es bis 120 km/h und
begnügt man sich mit maximal 110 km/h so läuft der kleine Suzuki
wirklich sehr angenehm ruhig und man glaubt sich fast schon in einem
teuren Komfortauto, zugleich sind Verbräuche von 5 Litern drin. Mit
diesen Geschwindigkeiten bin ich selbst auf Landstraßen immer noch im
zulässigen Bereich. Gewiss ist es keine Kunst, in der Stadt selbst mit einem
eher lahmen Auto die Begrenzungen zu überschreiten, aber auch dort sehe
ich zu, in dem Toleranzbereich zu bleiben, der noch ohne jede Verwarnung
ist. Ich möchte einfach kein unnötiges Geld für so was ausgeben. Trotzdem
kann sich kein Fahrer ganz von Fehlern freisprechen und daher finde ich
die Vermehrung der Kontrollen im heute üblichen Stil doch reichlich
übertrieben. Das wirkt ja fast schon so, als wolle man gezielt jeden nur
erdenklichen Verstoß auch unbedingt mitbekommen und in bare Münze
umwandeln. Das halte ich für überzogen und finde, die Stadt und das Land
sollte lieber die Polizeibeamten mehr in sicherheitsrelevanten Bereichen
zum Eigentumsschutz und dergleichen einsetzen und endlich einmal dafür
sorgen, dass die Anzahl der Sachbeschädigungen, Wohnungseinbrüche und
Autodiebstähle zurück geht. Auch die Jugendkriminalität artet immer mehr
aus, jedoch dort tut man so gut wie nichts und lässt die Täter weitgehend
ungeschoren davon kommen.

Die Ämter zeigen Flagge und schwirren in einer von der Politik
vorgegebenen Emsigkeit, angeblich um zu sparen und Missbrauchsfälle
von Sozialhilfe zu unterbinden. Durch die jüngsten Ereignisse um meine
Sozialhilfe, bekomme ich ja nun mehr als zuvor. Aber eine andere
Dienststelle, die davon nichts weiß, die aber ebenfalls im
Behördenzentrum, sogar im gleichen Stockwerk ansässig ist, sendet mir
nun letzten Freitag einen Fragebogen zu. Darin will man wissen, ob in
meinem Haushalt hier vielleicht noch andere Personen leben, die ein
Einkommen nach Hause bringen. Die Überlegung, die offensichtlich
dahinter steckt, ist eine bald gültig werdende Änderung im
Sozialhilfegesetz, die die Zuteilung von Sozialhilfe nicht mehr auf die
Person bezieht, sondern auf den Haushalt in dem die jeweilige Person lebt.
Leben in einem Haushalt mehrere Personen, auch unverheiratet zählt dabei,
dann wird zusammengerechnet, wie viele Einkünfte insgesamt
hereinkommen und davon anteilig wird das Gesamteinkommen nach einer
Formel auf jedes Mitglied des Haushaltes umgerechnet. So könnte es
beispielsweise passieren, dass wenn 3 Personen in einem Haushalt leben, 2
von denen schon soviel Einkommen haben, dass dem dritten unter
Umständen kein Cent Sozialhilfe zusteht. Würde der Dritte hingegen
alleine in eigener Wohnung leben, so stünde ihm die volle Sozialhilfe
entsprechend zu und die Übernahme der Mietkosten. Im Mehrpersonen-
Haushalt sollen die anderen dann mit ihren Einkünften gewissermaßen den
einen mit durchfüttern. Das soll sogar dann gelten, wenn die Bewohner
eigentlich absolut nichts miteinander zu tun haben, also bei reinen
Zweckgemeinschaften. Das wird nicht klappen und für reichlich Ärger
sorgen. Es zeigt erneut, dass die zuständigen Politiker wieder einmal nicht
von 12 bis Mittag denken. Die Folge ist, dass es künftig keine solchen
Zweckgemeinschaften mehr geben wird. Jeder Sohi wird dann eine eigene
Wohnung beanspruchen, die dann vom Sozialamt bezahlt werden muss,
das kommt in der Gesamtheit den Staat mit Sicherheit viel teurer. Jeder
Sohi, der seinen Verstand noch halbwegs beieinander hat, wird sich doch
künftig hüten, mit anderen eine Wohnung a' la Wohngemeinschaft zu
teilen, weil man ihn dann zum Bestandteil eines Haushalts abstempelt, dem
kein eigenes Einkommen zusteht, wenn andere Haushaltsmitglieder ein
Einkommen haben. Ich kann den Wisch getrost und ohne Schrecken
ausfüllen, weil ich zum Glück alleine wohne und keine weiteren
Haushaltsmitglieder anmelden muss. Vielleicht werden vom Staat, dem
Land oder der Stadtverwaltung dann noch Spitzel angestellt, die
auskundschaften, ob wirklich jeder Einpersonenhaushalt auch ein solcher
ist. Falls vorhanden, wenn die Freundin über Nacht bleibt, wird die dann
automatisch zum Haushaltsmitglied erklärt und kann ihren Freund mit
durchfüttern oder umgekehrt. Mich soll's nicht erschüttern, jedoch wer
weiß, auf welche verrückten Ideen die Machthaber sonst noch kommen.
Die Bürger sind eine Zitrone und die hat man jetzt einmal schön in den
Entsafter eingespannt und da wird weiter gequetscht und gezwiebelt bis
dass auch der letzte Tropfen raus ist. Die gleichen Dummbatze beschweren
sich dann aber, dass nichts mehr gekauft wird und die Wirtschaft noch
schlechter da steht, als zuvor. Aber wovon sollen die Leute dann noch
etwas kaufen? Wenn ich schon die blöden Vorschläge höre, egal von
welcher Partei sie auch kommen. Man hat 5 Millionen Arbeitslose, will als
Gegenmittel die Wochenarbeitszeit für die, die Arbeit haben, wieder
verlängern, um diese abzubauen. Das ist ein Vorschlag, der gleichwertig
damit wäre, als würde der Verkehrsminister nun fordern, alle Autobahnen
auf eine einzelne Spur zu reduzieren, um den Verkehr flüssiger zu machen;
obwohl ich will's nicht berufen, besonders den grünen Politikern würde ich
so was auch noch zutrauen. In diesem Lande muss irgendwo ein
Hobbypathologe nachts umherschleichen, der bevorzugt Politikergehirne
ausbaut, um sie in seiner Sammlung, eingelegt in Alkohol in die Vitrine zu
stellen. Aber vielleicht liegt es auch an mir, dass ich nur zu dumm bin, die
Zusammenhänge zu begreifen und die Erde ist auch gar keine Kugel,
sondern eine Pyramide.

Wenn man das alles hört, dann ist man schon wieder gleich froh, alleine zu
leben, obwohl ich rein prinzipiell durchaus gerne wieder eine Frau hätte.
Eigentlich bin ich ein Familienmensch, aber nur bezogen auf den kleinsten
und engsten Kreis der Familie, der eben aus Frau und Mann und vielleicht
noch Kindern besteht, aber der ganze Meschpochenschwanz von
Anverwandten kann mir gestohlen bleiben. Eine Familie mit Kindern kann
ich mir jedoch heute nicht mehr vorstellen, dazu fühle ich mich zu alt. Vor
20 Jahren wäre das etwas anderes gewesen, aber heute nicht mehr. Gegen
die Findung einer Partnerin hätte ich aber nichts, im Gegenteil. Jedoch
schauen Sie sich viele Frauen von heute doch einmal an. Anspruchsdenken
bis zum Abwinken, als wären sie die Königin von England persönlich,
wollen vorne und hinten verwöhnt und vor allem unterhalten werden, als
wäre eine Partnerschaft nur dazu da, den reinen Unterhaltungswert des
Alltags zu erhöhen. Der Mann als Entertainer, der seine Angebetete von
einem Tanzabend zum nächsten führt, wohlklingende Hohlkonversation
verabreicht, genug Geld mit nach Hause bringt, was die Frau dann mit
vollen Händen für sinnlosen Krimskrams rauswerfen kann und ich könnte
Ihnen noch mehrere Seiten an Negativbeispielen auflisten, die einem schon
ganz schön den Spaß an der Sache verderben können. Trotzdem glaube ich
irgendwo noch daran, dass es auch anders geht. Es sind nicht alle Frauen
so, das ist klar. Ich muss vorsichtig sein, weil im tatsächlichen Gegenüber
hat mich eine hübsche Frau schnell eingelullt und bringt mich in
Richtungen, in die ich gar nicht will. Früher, vor vielen Jahren, noch vor
meiner Krankheit, bin ich dann schnell reingefallen und die Ernüchterung
kam flott. Heute als Sohi mit einem Monatseinkommen, welches manche
Frauen für ein Paar Schuhe ausgeben, passiert mir das nicht mehr so
schnell. Wenn dieser oben geschilderte Typ von Frau merkt, dass ich
alleine aus finanziellen Gründen ihr solch ein Dauerentertainment nicht
bieten kann, dann verfängt die sich erst gar nicht bei mir, dafür haben die
meist einen guten Riecher. Darüber bin ich aber nicht traurig, im Gegenteil,
es erspart Enttäuschungen.

Ansonsten habe ich in den letzten Tagen mir einmal etwas Zeit genommen,
mich mit meiner Digitalkamera zu beschäftigen. Die Beschreibung ist
leider so klein gedruckt, dass man sie nur mit einer Lupe lesen kann. Die
Autoren der Beschreibung waren Meister des Erfindens umständlicher
Sätze, deren wahrer Inhalt sich einem, wenn überhaupt, dann erst
frühestens nach dem dritten Durchlesen erschließt. Grässlich ist dabei auch,
dass immer wieder Bezug auf Fußnoten genommen wird, die dann mit
winzigen Zahlen in einem Kreis in noch kleinerer Schrift unten am Rand
stehen. Man springt beim Lesen nur noch zwischen eigentlichem
Anleitungstext und den Fußnoten hin und her und weiß danach nichts
mehr. Nach dem ich einige Einstellungen gemäß der Anleitung verändert
habe, scheint die Aufnahmequalität jedoch deutlich besser geworden zu
sein. Besonders die Intensität der Farben hat nach meinem Empfinden
zugenommen, waren sie doch vorher recht dezent und die Fotos wirkten
teilweise wie ein Gemisch aus Schwarzweiß- und Farbbild, so ist das nun
besser. Ein Foto vom Rande eines kleinen Waldes am Stadtrand hier habe
ich einmal beigefügt.

 
Nun ende ich hier für heute, weil ich vergessen habe einzukaufen. Da muss
ich jetzt schnell noch in die Stadt, bevor die Läden zu machen, denn ich
habe kein Brot mehr im Haus.
Langsam fällt der Winter von einem ab und irgendwie wird man frischer!

Ihr

Egbert Lappenkeuler


Beitrag 2

Lappenkeuler - Brief / Email "Kayla" vom 17.04.2004

In der letzten Zeit bin ich ganz früh morgens viel hier durch die
Waldstücke in der Nähe sowie durch verschiedene Parks gewandert.
Man kann sagen, dass ich mir daraus schon eine Gewohnheit gemacht
habe. Wie Sie aus meinen früheren Berichten wissen, bin ich seit sehr
langer Zeit solo, also ohne Lebenspartnerin, ich habe schon damit
aufgehört, die Jahre zu zählen, die seit der letzten Partnerschaft
verstrichen sind. Trotzdem tut sich in dieser Richtung bei mir nun auf
einmal doch wieder etwas, aber ich gehe davon aus, es ist endlich und
zeitlich begrenzt. Seit 3 Tagen habe ich eine sehr nette Thailänderin
hier bei mir. Ich weiß, dass die nicht dauernd bleiben wird, aber im
Moment ist das so ok. Die habe ich vor ein paar Tagen bei einem der
Spaziergänge im Kräherwald aufgelesen. Das ist der absolut richtige
Ausdruck dafür, ich habe sie aufgelesen, wie man per Zufall einen
Zettel findet. Ich ging da so meines Weges und sie kam mir langsam
vom Hofackerweg entgegen. Dann stürzte sie ziemlich heftig und
blieb am Boden liegen. Ich habe sie dann dort aufgelesen. Sie hatte
sich das ganze Knie dabei aufgeschlagen und zugleich auch noch den
Knöchel verstaucht. Was will man machen? Ich habe ihr aufgeholfen,
aber ohne Stützung konnte sie gar nicht mehr gehen. Da ich Zeit
genug habe und ich muss zugeben, sie gefällt mir auch gut, habe ich
ihr angeboten sie weiter zu stützen und sie zur Sicherheit in die
Ambulanz des Olgahospitals zu fahren. Das habe ich dann auch
gemacht. Sie spricht übrigens sehr gut deutsch. Dort wurde sie
verarztet, konnte aber gleich wieder mitgehen. Dann habe ich ihr
angeboten, sie nach Hause zu fahren, was ihr jedoch nicht behagte. Es
ist schon irgendwie eine blöde Geschichte, sie hatte hier halbwegs
gezwungen in einem Bordell gearbeitet, man kennt diese Storys ja zur
Genüge, dann war der Eigentümer des Bordells inhaftiert worden und
sie hing quasi in der Luft. Zuerst wollte man sie wieder nach Thailand
abschieben, dann wurde sie aber in einem schäbigen Wohnheim
einquartiert, wo sie mit 3 anderen Leidensgenossinnen in einem
Zimmer haust. Nach Thailand will sie keinesfalls wieder, sie möchte
schon in Deutschland bleiben, aber in einem Bordell arbeiten, will sie
natürlich auch nicht. Sie ist auch nicht der Typ dafür. Einerseits ist sie
zwar sehr zurückhaltend, aber andererseits auch wieder nicht und sehr
direkt. Ich hatte dann mit ihr noch nett etwas geplauscht, mit ihr redet
es sich phantastisch, sie hat eine tolle Allgemeinbildung. Als sie dann
erfahren hat, dass ich alleine wohne, hat sie aus sich heraus
vorgeschlagen, ob sie nicht vorrübergehend bei mir einziehen könnte,
weil sie die Bude mit ihren Ex-Kolleginnen nicht mehr aushalte.
Zugleich fügte sie prompt hinzu, obwohl sie mich ja nun überhaupt
nicht näher kannte, wenn ich wollte, könnte ich jederzeit Sex mit ihr
betreiben, das würde sie gerne machen. Naja, solche direkten
Angebote ist man hier ja nun nicht gerade gewohnt und verstören
einen zunächst ein wenig, aber so ist sie nun eben einmal, in ihrer
Kultur redet man vermutlich darüber durchaus offener, als hier. Damit
will ich aber keineswegs einen falschen Schwerpunkt auf dieses
Thema setzen, das klingt immer gleich so einseitig vorbelastet und
treibt den Schwerpunkt in die falsche Richtung. Es war halt so, sie
sagte es so und ich hatte derartiges aus mir heraus mit keinem Wort
erwähnt und war in dieser Gesamtsituation unter den doch etwas
vertrackten Umständen auch nicht auf eine derartige Idee gekommen.
Andererseits müsste ich lügen, wenn ich behaupten würde, dass es
mich nicht faszinierte, wie unbeschwert sie damit umging.
Wie dem auch sei, sie ist jetzt seit 3 Tagen hier mit eingezogen. Sie
hört auf den hierzulande doch recht ungewöhnlich klingenden Namen
Kayla. Ich finde, dieser Name klingt gar nicht so recht asiatisch, aber
wer von uns kennt sich damit schon aus? Ungewöhnlich oder nicht,
immerhin ein Name, der auch leicht über deutsche Zungen geht, da
gibt es sicher viele andere Namen, die einem die Zunge verknoten
mögen. Um gleich ein weiteres Klischee zu bedienen: Sie kocht
übrigens sehr gut, allerdings ungewohnt scharf. Das mit dem Kochen
ist übrigens auch völlig ihrer eigenen Initiative zu verdanken, es ist
nicht so, dass ich von ihr etwa verlangt hätte, sie solle mich dafür
bekochen, dass ich sie bei mir wohnen lasse.
Sie wissen ja wie das heute geht, Neid und Missgunst überall. Ein
Mitbewohner hier im Haus konnte sich seine dummen Bemerkungen
natürlich nicht verkneifen. Der ist ohnehin einer meiner liebsten
Feinde hier im Haus, aber normalerweise macht es nichts, weil er ganz
unten in einer anderen Ecke des Hauses seine Mietwohnung hat und
wir uns bestenfalls einmal pro Woche im Flur begegnen. Die Thais
sind bekanntlich vom Körperwuchs her meist deutlich kleiner als
Europäer, nun kommt noch hinzu, dass Kayla äußerst schlank und
extrem kleinbusig ist, um es im Klartext zu sagen. Das rief natürlich
gleich die Missgunst und den Argwohn des genannten anderen
Mieters auf den Plan, indem er mit seinem eklatanten Schandmaul
behauptete, ich würde mir jetzt schon eine minderjährige Sexsklavin
halten. Dieser blöde Idiot! Zum Glück sind weder Frauen in ihrer
figurativen Beschaffenheit noch die Geschmäcker der Männer
genormt und selbst, wenn die meisten Männer es anders sehen mögen,
ich finde Kayla so wie sie ist, ist sie optimal, mir gefällt sie so. Ich bin
aber auch bestimmt Leuten, wie diesem primitiven Blödian, keinerlei
Rechenschaft darüber schuldig. Solch bornierte Jaucheköpfe, wie
dieser andere Hausbewohner, begreifen das wohl nicht. Gewiss ist sie,
gemessen an meinem eigenen Alter, noch recht jung, jedoch mit 23
Jahren altersmäßig wohl über jeden Zweifel erhaben, aber machen Sie
das mal solchen Pappköpfen klar. Die kennen nur ihre eigene
bornierte Sicht der Dinge und wollen auch gar nichts anderes
zulassen.
Nun kommen aber die Dinge zusammen, denn durch das vergangene
Woche Gesagte, mit dem Fragebogen, muss ich jetzt wohl höllisch
aufpassen, dass man mir nicht noch einen gemeinsamen Haushalt
andichtet. Obwohl im Moment wär's wahrscheinlich egal, weil Kayla
kein eigenes Einkommen hat. Sie ist recht anspruchslos, mag keine
Schminke, was man heute wohl eher selten findet, ist aber trotzdem
sehr gepflegt. Sie sagt selbst, der einzige Luxus, den sie sich gönnt, ist
zweimal täglich zu baden oder zu duschen. Warum nicht, wenn's ihr
Spaß macht, soll sie doch. Mir persönlich genügt zwar alle zwei Tage
ein Bad, außer im Sommer, da bade ich täglich, aber sie kann das ja
gerne anders handhaben. Schön ist die Situation schon, aber ich mache
mir da gar nichts vor. Auf Dauer wird diese 23jährige Kayla wohl
keine Lust dazu haben, mit einem alten Knallkopf von 51 Jahren
zusammenzubleiben. Sie wird sicherlich irgendwann ihrer Wege
gehen und ich wieder alleine sein. Aber im Moment genieße ich es,
warum sollte ich diese Chance nicht wahrnehmen, solange sie besteht?
Nur auf etwas Gutes verzichten, weil man weiß, dass man es nicht auf
Dauer halten kann? Das wäre nach meiner Lebenseinstellung Unsinn,
weil man dann in seinem Leben gar nichts anfangen bräuchte, denn
irgendwann ist alles zu Ende. Dank meiner zurückliegenden Krankheit
weiß ich, dass dieses Ende schneller kommen kann, als man im Alltag
vermutet und dass ich heute noch lebe, daran hätte vor 2 Jahren so gut
wie keiner mehr geglaubt, mich selbst eingeschlossen. So freue ich
mich, heute doch noch so etwas Schönes wie Kayla im Arm halten zu
können, ein paar Spazierfahrten mit dem Suzuki machen zu können
und zu warten, was der nächste Tag bereit hält. Vielleicht geht schon
morgen gar nichts mehr, dann bereue ich aber bestimmt nicht, es
wenigstens heute genossen zu haben. Wissen Sie, mit einer Kiste Bier
und zig Flaschen Spirituosen, mit Zigaretten oder Zigarren, mit
einigen spektakulären Mannschaftssiegen im Fußball oder anderen
sportlichen Ereignissen, all damit kann man mir keine Freude machen,
darum gebe ich gar nichts und es interessiert mich nicht die Bohne,
aber mit so einer hübschen, anschmiegsamen Frau ohne extravagante
Ansprüche und einem stressfreien Leben, das ist mein Ding, dafür lass
ich sämtlichen anderen Scheiß stehen. Ich hätte aus heutiger Sicht
nichts dagegen, wenn mir Kayla auf Dauer erhalten bliebe, aber ich
mache mich deswegen nicht verrückt mit Gedanken an den Tag, an
dem sie gehen wird und der Tag wird kommen.
Wie ich Ihnen schon vor langem berichtet hatte, ist meine Wohnung
hier ja sehr klein, sie besteht nur aus einem einzigen Zimmer, mit
abgetrennter Schlafzimmernische, einer winzigen Diele und einem
kleinen Bad mit WC. So werden Sie sich sicherlich wundern, wie ich
in derart beengten Verhältnissen auch noch Kayla mit unterbringen
kann. Das wundert mich bei genauer Überlegung selbst ein wenig,
aber es geht hervorragend. Es geht auch vermutlich deshalb so gut,
weil Kayla aus ihrer früheren Heimat nach eigenen Worten an sehr
beengte Wohnverhältnisse gewohnt ist. Sie kommt damit prächtig klar
und findet, dass wir beide hier zusammen immer noch wesentlich
mehr Platz zur Verfügung hätten, als sie damals in Thailand in ihrer
Wohnung hatte. Auch sei ihre dortige Wohnung recht baufällig
gewesen, dafür aber immerhin etwas außerhalb an einem Stadtrand,
das wäre schon angenehmer, als dort mitten in der pulsierenden Stadt
zu leben, weil die Städte extrem abgasverseucht wären und man dort
keine Ruhe findet.

Ich hatte das bislang nicht ausprobiert, aber Kayla wusste schon wie
das geht, sie hat mir gezeigt, wie man mit dem Toshiba-Notebook
sogar eine richtige CD selber herstellen kann. Auf der Verpackung
hatte ich anfangs schon gelesen, dass das geht, jedoch wegen meines
vorübergehenden städtischen Jobs war ich noch gar nicht dazu
gekommen, mir dieses Kapitel in der sehr guten Bedienungsanleitung
durchzulesen. Unter ihrer Anleitung ging es noch flotter, als wenn
man es sich anlesen muss. Ich hätte gar nicht erwartet, dass es so
einfach ist. Zur Probe hat sie einfach einiges von Internetseiten
heruntergeladen und auf die CD gebracht und zugleich noch Fotos von
meiner Digitalkamera dazu. Dass es so einfach geht, hätte ich nicht
erwartet. Überhaupt scheint Kayla mit Computerdingen recht
bewandert zu sein und sie hat sogar einen richtigen Beruf erlernt, als
Dolmetscherin für Thai-Deutsch, weshalb sie sicherlich auch nahezu
perfekt deutsch spricht. Doch dazu später mehr. Das soll für heute
genug sein.

Der Frühling kommt nicht nur, er ist da!

Ihr

Egbert Lappenkeuler