LPK-G9

Auf dieser Seite finden Sie die Lappenkeuler - Beiträge “Im Wald da sind keine Räuber, aber dafür Fabriken!” und “Weihnachtsgedanken” aus dem Jahre 2006. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.

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Beitrag 1

Lappenkeuler - Brief / Email „Im Wald da sind keine Räuber, aber dafür Fabriken!" vom 15.12.2006

Erholte Grüße!

Die zurückliegende Woche, ohne die fast schon menschenunwürdigen
Anstrengungen der Wochen davor mit der lästigen Entsorgung des
Werkstattgaragen – Gerümpels, hat uns richtig gut getan. Man kommt
langsam wieder zu Kräften. Diese Plackerei hätten wir gewiss keine
weitere Woche mehr durchgehalten. Dafür waren wir nun, in der
vergangenen Woche sehr viel mit unserem Opel – Corsa gefahren,
sogar so viel, dass wir in dieser Woche gleich 2 mal tanken mussten.
Das ist uns noch nie passiert. Dadurch sind wir jetzt aber über den
Verbrauch bestens im Bilde. Also bei etwas zurückhaltender
Fahrweise kommt man mit 4,2 bis 4,4 Litern Diesel aus, bei normaler
Fahrweise sind es 4,7 Liter und bei zügiger Fahrweise rund 5 Liter auf
100 km. Das sind sehr erfreuliche Werte und es bestätigt sich, dass der
Wagen eine rollende Spardose ist. Die Höchstgeschwindigkeit endet
auf der Autobahn immerhin bei 180 km/h. Aber das ist mehr ein
theoretischer Wert, weil wir diesen Geschwindigkeitsbereich
normalerweise nie nutzen. Auch Kayla benutzt den Wagen sehr gerne
und möchte ihn nie mehr missen.

Wir waren u.a. auch einen Tag am Bodensee, wobei wir ausgerechnet
an diesem Tag mit dem Wetter etwas Pech hatten. Morgens, als wir
abfuhren, sah es hier so schön sonnig aus, als wir am Bodensee
ankamen, war in Allensbach auch noch der schönste Sonnenschein
und selbst in Konstanz noch. So hielten wir dort zunächst, um etwas
zu essen und einen kleinen Rundgang durch Konstanz zu machen.
Aber schon als wir aus dem Wagen ausstiegen, sah man, wie sich vom
See landeinwärts eine Art endlose Nebelschwade bewegte. Binnen
weniger Minuten war alles total grau und nasskalt. Am sonst so
schönen Seeufer konnte man bestenfalls 50 m weit sehen. Der
Stadtrundgang endete dann schon in einer Metzgerei mit
angeschlossenem Speiselokal. Dort haben wir sehr lecker und
zugleich äußerst preiswert gegessen. Ich glaube, die waren froh, dass
bei dem Wetter wenigstens wir noch gekommen sind. Ich weiß nicht,
ob Sie sich noch an meine alte Marotte erinnern, dass ich unterwegs
auf Reisen immer an den Orten bei den Metzgereien Wurst einkaufe,
um mir so einen wurstmässigen Fingerabdruck des Ortes einzuprägen.
Da gleich neben dem  Restaurant die zugehörige Metzgerei quasi in
einem durchgehenden Raum war und die dort ein leckeres und
gepflegt sauberes Sortiment bester Wurstwaren anboten, haben wir
uns nach dem Essen dort gleich ein für unsere Verhältnisse
ungewöhnlich dickes Wurstpaket gekauft. Davon haben wir später
zuhause einen großen Teil eingefroren und werden uns in den
nächsten Tagen noch an der Wurst aus Konstanz erfreuen, die
wirklich exorbitant gut war. Solch gute Wurst habe ich schon seit
Jahren nicht mehr gegessen. Einzige Ausnahme die Hausmacher
Leberwurst, das konnte der Metzger nicht, die ist zu weich und fettig
und nicht gut gewürzt. Einen Metzger, der alle Wurstsorten perfekt
beherrscht, den gibt's nicht, aber sonst alles hervorragend. Immerhin
ein Trost für das miese Wetter. Wenn man quasi nichts sieht, außer
einer grauen Nebelwand, egal wo man hingeht, verliert man schnell
die Lust an der Reise, weil es bringt einfach nichts. Auch mit
Fotografieren war nichts. Gerade das Sehen macht ja den Reiz einer
solchen Reise aus, ich meine man fährt ja nicht den weiten Weg bis
ins schöne Konstanz, um dann dort ins Kino oder ins Kaufhaus zu
gehen, dass hätten wir in Karlsruhe oder Stuttgart einfacher, näher und
mit mehr Auswahl haben können. Kayla setzte sich ans Steuer und
fuhr mehr probehalber planlos in Bodenseenähe weiter in die Schweiz.
In Romanshorn sah das Wetter keinen Deut besser aus, eher im
Gegenteil, hier wechselte der Nebel von grau in dunkelgrau. Es kam
die Überlegung auf, ob man vielleicht von Romanshorn aus die Fähre
quer über den Bodensee nach Friedrichshafen benutzen soll, weil ein
wenig Hoffnung dahinter steckte, dass es auf der anderen
Bodenseeseite vielleicht schöneres Wetter hätte. Da der Fährpreis aus
unserer Sicht jedoch nicht gerade als Sonderangebot durchgeht und
damit ja keineswegs besseres Wetter auf der anderen Seeseite
gewährleistet war, haben wir diesen Plan wieder verworfen und uns
ein wenig enttäuscht auf den Heimweg gemacht. Auf dem Rückweg
wurde das Wetter ungefähr ab Singen wieder besser und so haben wir
dort noch einen schönen Berg etwas erwandert. Es war aber nicht der
berühmte Hohentwiel, sondern ein Stückchen abseits von Singen der
noch höhere Hohenstoffeln. Danach ging es dann aber in einem
Durchgang nach Hause. Hätten wir vorher gewusst, wie sich das
Wetter entwickelt, so wären wir nicht gefahren, aber wenn man immer
alles vorher wüsste, könnte man sein Geld als Wahrsager verdienen.

Mit preiswerter Computersoftware ist zuweilen Vorsicht geboten. Nun
haben wir im Moment eigentlich genug anderes zu tun, als uns um
solches zu kümmern, aber per Zufall sprang uns im Plus – Supermarkt
in Karlsruhe – Durlach ein Sonderstand mit preiswerter Software auf
CDS ins Auge, die trotz ihrer Preiswertigkeit nochmals im Preis
reduziert waren, weil sie wohl in ihrer eigentlichen Verkaufswoche
vor einiger Zeit nicht alle verkauft werden konnten. Sehr interessant
und vielseitig war ein Programm namens „Star – Office 7.6"
beschrieben, so nach dem Motto enthält alles und kann alles. Gewiss,
Textverarbeitung bietet das normale Word ja schon in einem Ausmaß,
wie wir es gar nicht wirklich ausnutzen, aber hier das sollte zugleich
noch viel mehr bieten, wie Tabellenkalkulation, Datenbank,
Diagramme, Fotobearbeitung, Html-Bearbeitung,
Internetseitengestaltung, DTP – Bearbeitung, PHP – Erstellung, XML
– Erstellung, 3D-Bearbeitung, Präsentationsherstellung und sogar
noch die Herstellung von diesen immer beliebter werdenden PDF –
Dokumenten. Es kostete,  sozusagen doppelt reduziert als Ladenhüter
nur 2,50 Euro und bei der Vielfalt schien uns, dass man damit nichts
falsch machen konnte. So nahmen wir davon eine CD mit. Vor
wenigen Tagen installierte ich das Programm dann halt auf meinem
großen Computer. Das ging auch ganz schön und man kann wirklich
viel mit diesem eigentlich schönen Programm machen. Allerdings
kamen schon am Tag danach leichte Zweifel, weil ich den Eindruck
hatte, dass seit dieser Installation alle anderen Programme wesentlich
langsamer und träger geworden waren. Wenn ich beispielsweise von
der Digitalkamera mittels der zugehörigen Software die Bilder
rüberzog, benötigte die Übertragung eines einzelnen Bildes vielleicht
20 Sekunden, was früher höchstens 3 Sekunden andauerte. Oder wenn
ich Word zum schreiben eines Textes benutzte, baute sich der Word –
Bildschirm nur sehr langsam auf und die Leisten mit den
Bediensymbolen am oberen Bildrand kamen mit einer halbminütigen
Verspätung erst ins Bild, während der Text schon vorher da war. Aber
da dachte ich mir noch nichts schlimmes dabei. Einen Tag danach
hatte ich spät abends noch einige Fotos von der Kamera geladen,
gespeichert und danach den PC normal runtergefahren, das klappte
alles noch fehlerfrei. Gleich am nächsten Morgen, als ich den Rechner
einschaltete, kam nicht mehr der gewohnte Bildschirm zum
Vorschein, sondern ein viel schlechteres Bild worin stand
„Abgesicherter Modus" dann einige Hinweisfelder dass zahlreiche
Dateien einen Konflikt im Kerner verursachen und dass ein
sogenanntes  JavaRuntimemodul von Star Office einen Fehler
verursache. Weitere Bedienung des Rechners war völlig unmöglich,
weil die Maus von Anfang an überhaupt nicht mehr reagierte und
jeder Druck auf eine Taste der Tastatur nur mit einem Klicken im
Lautsprecher quittiert wurde, aber ohne echte Auswirkung blieb.
Selbst runterfahren des PCS war nicht mehr möglich. Man konnte nur
noch den Stecker ziehen. Alle weiteren Versuche, den Rechner neu in
Betrieb zu nehmen verliefen genau so. Kayla, die mit Computersachen
etwas besser zurecht kommt als ich, beschaute sich eine halbe Stunde
das Spiel und kam dann zu dem Entschluss, dass hier nur noch eine
Neuinstallation von Windows Abhilfe schaffen kann. Das hat sie dann
gemacht, es dauerte vielleicht 2 Stunden. Danach lief der Rechner
wirklich wieder einwandfrei, aber leider waren dafür restlos alle
Programme und alles was zuvor auf dem Haupt-Festplattenlaufwerk C
war gelöscht. Nur die Sachen die davor schon auf der Partition M
waren, die waren noch da. Ich war schon heilfroh, dass ich auf dieser
Partition M, die mal von Kayla vor längerer Zeit wie ein zusätzliches
Laufwerk eingerichtet wurde, alle Fabrikfotos und überhaupt alle
Fotos immer gespeichert hatte, denn sonst wären alle meine schönen
Fotos ebenfalls für immer verloren gewesen. So aber waren die alle
noch da. Da werde ich zur Sicherheit wohl doch einmal wieder einige
CD – Rohlinge kaufen müssen und mit diesen Fotos bespielen, damit
da kein Verlust entsteht, falls so etwas noch einmal passiert. Kayla hat
inzwischen die meisten Programme wieder aufgespielt, allerdings
dieses billige Star-Office kommt nicht mehr auf den Rechner.

Weg von der Computerwelt, zurück in die reale Welt. Die Post hat
offensichtlich ihren Rationalisierungsversuch abgebrochen, die
normalen Postboten hier in der Siedlung und in anderen ausgelagerten
kleinen Ortsteilen durch einen privaten Zustelldienst zu ersetzen. Ich
hatte das vor Wochen schon mal kurz erwähnt. Diese Privatfritzen
fuhren mit ihrem alten klapperigen Privatwagen mit Rastätter
Kennzeichen die Post rund und kamen jeden Tag zu einer anderen
Uhrzeit. Leute, die Zeitschriften im Abo erhielten beschwerten sich
zudem darüber, dass die Hefte nun regelmäßig verknickt und
zerfleddert oder sogar bekleckert und verschmiert waren. Auch waren
diese Fritzen zu müde, die Post richtig in den Briefkasten zu werfen.
Briefe hingen regelmäßig zu 75 % aus dem Briefkastenschlitz heraus,
so dass schon ein leichter Windstoß sie fortwehte oder jeder Fremde
die Post wieder rausziehen konnte. Zeitschriften wurden erst gar nicht
in den Briefkasten oder die Zeitungsrolle gestopft, sondern generell
nur von weitem vor die Haustüre geworfen. Das führte bei Regen
natürlich dazu, dass sie aufweichten oder auch oft regelrecht im
Matsch lagen. Die Post sah sich danach wohl von endlosen
Kundenprotesten überhäuft und siehe da, es hat geholfen, denn seit
letztem Montag fahren wieder echte Postboten hier die Post aus und
die kommen auch recht pünktlich täglich schon zwischen 8 und 9 Uhr.

In Sachen Werkstattgarage geht es auch langsam weiter. Nicht dass
wir in der zurückliegenden Woche doch schon wieder weiter
gearbeitet hätten, das nicht, aber einige Dachdeckerfirmen gaben sich
hier die Klinke in die Hand, weil ich die zunächst rein informativ
gebeten hatte, eine Zustandserfassung und ein kostenloses Angebot
für einen möglichen Reparaturaufwand des Daches abzugeben. Von 4
Firmen aus dem näheren Umkreis kamen bei dreien die Chefs gleich
persönlich hierher und die vierte Firma schickte einen sogenannten
Kalkulator. Vermutlich ist diese Firma größer, so dass deren Chef sich
mit derartigem Zeugs selbst nicht mehr aufhält. So unterschiedlich die
Firmen waren, so unterschiedlich waren auch kurioserweise die
Ergebnisse ihrer Untersuchung. Der erste der kam, ein winziger
Mensch, der auch der Chef des Unternehmens war, den hätte man von
hinten besehen für einen kleinen Schulbub gehalten – zwangsläufig
schoss mir bei seinem Anblick der Gedanke durch den Kopf, dass der
sogar mühelos zwischen den Dachlatten durchkriechen kann -, also
der spurtete mit einer mitgebrachten Teleskop-Klappleiter auf das
Dach, so etwas hatte ich noch nie gesehen. Der hätte auch im Zirkus
auftreten können, so wie der über das feuchte Dach huschte. Dabei
zog er noch halb balancierend einen Notizblock aus der Tasche und
notierte jede entdeckte Schadstelle. Von unten betrachtete er den
Dachstuhl, wie die die Holzkonstruktion unter der eigentlichen
Eindeckung wohl nennen. Der Dachstuhl wurde, bis auf eine Stelle,
sogar noch mit sehr gut bewertet. Er meinte, da haben die früheren
Erbauer, das beste Holz verwendet, was es gab und dieser Dachstuhl
hält noch weitere 100 Jahre. Die einzige Stelle, die daran zu
bemängeln war, das war ein Querbalken am Ende, der wohl mal später
eingesetzt wurde, als man dieses Gebäude verkürzt hat. Dieses
Bauwerk muss früher ja einmal länger gewesen sein. Der kleine
Dachdeckermeister meinte aber, dass man diesen Einzelbalken auch
nachträglich auswechseln könne, ohne das ganze Dach in diesem
Bereich vorher abtragen zu müssen. Nun, langer Rede kurzer Sinn, der
kleine Mann war kein Freund langer Worte, so kurz wie er selbst war
auch sein Urteil: Reparaturaufwand knapp 2 Arbeitstage mit 2 Leuten,
machbar ab sofort, solange das Wetter so bleibt, Kostenaufwand
insgesamt zwischen 1.400 und 2.000 Euro. Er meinte, so ganz genau
könne man es nicht sagen, da die meisten Schäden in den
Endbereichen des Daches wären, dort wo dann die Übergänge zu den
Regenrinnen folgen und dort könne es sein, dass man die Regenrinne
und die Verkleidungsbretter dazwischen teils wiederverwenden könne
oder aber auch, dass sie bei der Reparatur in Stücke breche oder
löchrig würde und dann in diesen Bereichen erneuert werden müsse.
Der Kleine wies noch ausdrücklich darauf hin, dass er im Falle der
baldigen Auftragsvergabe an ihn keinen Cent Wege- Anfahrtskosten
berechne, obwohl seine Firma mit rund 25 km den weitesten
Anfahrtsweg hatte, und dass sie definitiv zusagen würden, noch vor
Weihnachten mit allem fertig zu sein, das würde er auch schriftlich
zusichern. Das klang alles schon mal interessant.
Der war noch nicht ganz weg, da traf schon der nächste Chef ein,
obwohl ich den erst über eine Stunde später erwartete. Ein Schrank
von einem Kerl, körperlich so ziemlich das Gegenteil von dem ersten,
allerdings eher mit normaler Körperhöhe, aber kräftig und wie ein
Muskelprotz wirkte der. Der hatte keinen weiten Weg, vielleicht 7 km.
Noch bevor der überhaupt etwas anschaute meinte er, dass sie das
dieses Jahr nicht mehr machen könnten, frühestens Mitte Januar,
sofern der Winter mild bliebe. Auch er schaute sich dann das Dach
über 45 Minuten lang genau an, allerdings kletterte er nicht ganz aufs
Dach, sondern nur immer mit einer Leiter an den Rand. Er notierte
sich gar nichts, sondern wollte uns weis machen, dass man vom
Dachstuhl nur die dicken Hauptbalken und Fetten belassen könne,
aber alle Dünnhölzer, wie er das nannte, müssten ausgetauscht
werden. Um die aber auszutauschen muss die ganze alte Eindeckung
komplett runter, was ja nach seiner Meinung egal wäre, da die
ohnehin komplett neu müsse, weil alles porös sei. Sein Fazit und jetzt
heißt es festhalten: Mindestkosten über 25.000 Euro!!! Und das bei
einem Arbeitsaufwand von rund 2 Wochen mit 3 Personen! Wir
verabschiedeten uns freundlich und das für immer.
Tags auf kam der nächste. Ein Mann, den niemand für einen
Dachdecker halten würde. Edel gekleidet, furchtbar nach Parfüm oder
Rasierwasser stinkend, eingecremt wie eine Ölsardine in ihren besten
Tagen. Der hatte erst gar keine Leiter mitgebracht. Er kam mit einem
dicken Mercedes – Geländewagen neuester Bauart ML 420, der hat,
so weit ich weiß 4,2 Liter Hubraum, also scheint es der Firma gut zu
gehen. Der lief 3 mal um die Werkstattgarage, grübelte ein wenig,
sagte dann gar nichts. Nach einigen Minuten des bedächtigen
Schweigens fragte er, was wir denn für die Reparatur anlegen wollten.
Was für eine komische Frage, er sollte uns doch einen Zustands- und
Aufwandsbericht geben und nicht umgekehrt. Da habe ich ihm auch
gesagt, dass wir eigentlich von ihm etwas hören wollten, über den
notwendigen Aufwand und die Kosten, als unverbindliches Angebot.
Er guckte uns nur blöd an, setzte sich in seinen Wagen, machte den
Motor an, ließ die Scheibe runter und sagte dann noch, wir sollten am
besten den Bau abreißen lassen und an der Stelle neu bauen, dann fuhr
er davon. So ein eingebildeter Fatzke!
Zuletzt kam der Kalkulator von der wohl größeren Firma. Ein etwas
unscheinbarer Mann, er kam mit einem blauen Mercedes – Sprinter –
Kastenwagen, so als wolle er am liebsten gleich selbst mit der Arbeit
anfangen. Er machte sich, ähnlich wie der erste kleine Mann, viel
Mühe. Packte eine Klappleiter aus, bestieg das Dach, allerdings
wesentlich unsicherer, oder besser gesagt vorsichtiger, wie der Kleine.
Bestimmt über 2 Stunden schaute er sich alles ganz genau an. Dann
meinte er, das wäre ja ein toller nostalgischer Bau und einen solch
aufwändigen Dachstuhl habe er zuletzt in seiner Lehrzeit gesehen, das
sei vor 22 Jahren gewesen. Dagegen wäre heute alles nur noch billiger
Brettermist. Sein Urteil lautete, dass der ganze hintere Bereich,
ungefähr ein Viertel des Daches, komplett neu eingedeckt werden
müsse. Das ist dann dort, wo das Gebäude mal künstlich verkürzt
wurde. Die „Verkürzer" haben offensichtlich damals, vor vielleicht 40
Jahren, nicht so gut gearbeitet, wie die Erbauer des Gebäudes vor
vielleicht 100 Jahren. Des weitern müssen etliche Stellen dazwischen
im vorderen Bereich nach seinem Urteil auch großflächig ausgebessert
werden. Zudem müsse die Dachrinne komplett neu. Sein Endurteil:
Arbeitsaufwand 4, eher 5 Tage mit 2 Leuten, Kosten rund 8.000 bis
9.000 Euro, beginnen könnten die direkt nach Weihnachten und wären
damit voraussichtlich bis Silvester fertig, sofern es keinen
Wintereinbruch gibt. Er wies noch besonders darauf hin, dass sie auch
samstags weiter arbeiten würden. Das war zwar sehr nett, aber für uns
auch zu teuer.

So haben wir uns das kurz überlegt und dann dem Kleinen mit seiner
Firma den Auftrag erteilt. Die waren letzten Freitag schon hier und
haben angefangen. Am Montag machen die das schon fertig.
Trotzdem habe ich den Eindruck, dass die sehr gewissenhaft und
ordentlich arbeiten und vor allem nur dort, wo es auch wirklich nötig
ist. Der kleine Chef arbeitet sogar selbst mit, allerdings nicht immer.
Manchmal fährt er auch zu anderen Baustellen, die er, nach eigenen
Worten, derzeit im Umkreis von rund 50 km noch hat sowie für neue
Aufträge hereinzuholen oder ins Büro. Die 2 Arbeiter, die von ihm
hier wirken, das ist ein Pole und ein hiesiger, aber beide schon älter,
schätzungsweise 45 Jahre. Meistens sieht man bei Dachdeckern eher
junge Handwerker, eben weil mit fortgeschrittenem Alter keiner mehr
auf dem Dach herumturnen möchte. Die haben sogar neue Dachziegel,
die exakt zu den alten hier passen. Wenn man von unten die
ausgebesserten Stellen ansieht, erkennt man die nur dadurch, weil die
neuen Dachziegel halt sauberer aussehen, aber sonst ist es exakt die
gleiche Sorte. Ich hätte schon erwartet, dass es die gar nicht mehr
passend gibt. Dort wo sie die alten Dachziegel entfernen, heften sie
zugleich unten drunter noch neue Teerpappe, zur zusätzlichen
Sicherheit. An der Dachrinne brauchte bislang nur an einer Stelle ein
ca. 40 cm langes Stück zwischengelötet zu werden. Da die Rinnen alle
noch aus Zinkblech sind, geht das. Der Chef meinte allerdings, bei
einer Kunststoffrinne wäre das heute auch kein Problem mehr. Im
Gegenteil, das sei inzwischen sogar noch einfacher zu beheben, weil
es vorgefertigte Teile gibt. Es gebe zwar sehr viele Firmen, die
behaupteten immer, dann müsse dort die ganze Rinne neu, das wäre
aber Unsinn, da es schon seit über 10 Jahren Einpressstücke gebe, wo
man zuvor mit einem geraden Schnitt das defekte Stück aussäge und
dann beidseitig an die offenen, noch guten Enden der so entstandenen
Lücke, je eines der  Einpressstücke einsetzt, zwischen denen dann
wieder ein entsprechend zugesägtes neues Stück normaler
Kunststoffrinne eingefügt werden kann, halt eben nur dort, wo auch
die Rinne zuvor wirklich defekt war. Diese Einpressstücke, von denen
man dann pro Schadstelle jeweils 2 braucht, sind zwar etwas teurer,
als ein normales Stück Kunststoff – Dachrinne, da aber logischerweise
der Arbeitsaufwand wesentlich geringer ist, als gleich die ganze
Dachrinne auszutauschen, kommen die Gesamtkosten je nach
Einzelfall in den Bereich von etwa 5 % des Komplettaustauschs. Den
größten Arbeitsaufwand bei unserem Dach erfordert jedoch der
Austausch eines der dicken Querbalken am Ende des Dachstuhls.
Der kleine Chef sagt, er habe dafür eine eigene Arbeitsmethode
entwickelt, wie man das bewerkstelligen kann, ohne in diesem
Bereich das Dach abdecken und den ganzen Dachstuhlaufbau dort
zerlegen zu müssen, wie es die meisten Kollegen in solchen Fällen
sonst tun. Dazu wird zuvor fast parallel zu dem dicken schlechten
Balken, nur etwas höher in einem Abstand von vielleicht 30 cm ein
sogenannter Entlastungsträger eingezogen. Das ist ein ebensolcher
Balken, der aber mit angeschraubten Abstandsholzkeilen, die
zwischen ihm selbst und den anderen Dachsparren und Trägern,
sozusagen etwas versetzt, die Last des Daches in diesem Bereich so
lange übernimmt, wie man den eigentlichen Balken austauscht. Wenn
dieser Entlastungsträgerbalken fest drin sitzt, wird der morsche
Balken mit Motorsägen an Ort und Stelle jeweils in Abschnitten aus
der Auflage herausgesägt. Ab und zu knarrt das zwar ein wenig, wenn
die Last dann von dem Balken auf den Entlastungsträger übergeht,
aber das ist nicht nachteilig für das Dach. Sind dann alle Teile des
morschen Balkens komplett raus, dann wird der neue Ersatzbalken an
die Originalstelle von der Vorderseite eingeschoben, darauf alle
Zwischenbalken und Sparren befestigt und danach der
Entlastungsträger wieder entfernt. Das klingt nach sehr viel Arbeit, ist
es auch, aber die sind dafür Spezialisten und haben das schon so oft
gemacht, so dass die damit hier innerhalb von 4 Stunden gleich am
ersten Tag durch waren. Der Chef meinte, das ging deshalb hier auch
so flott, weil man von unten gleich ausgiebig an den Dachstuhl heran
kam. In Gebäuden, wo Zwischenetagen sind, geht das so nicht, da
wird dann oben im Giebel ein Loch reingeschlagen, welches gerade
mal so groß ist, dass der Entlastungsträger und der neue Balken
durchpasst. Der wird dann mit einem Leihkran dort reingehoben und
nach Beendigung der Arbeiten wird das Loch dann wieder
zugemauert. Das hält zeitlich natürlich wesentlich länger auf, wie
gesagt, ist hier aber nicht nötig, da man den neuen Balken von unten
aus dem Werkstattgaragenraum reinheben konnte. Insgesamt ist diese
Reparaturmethode in jedem Fall immer noch wesentlich schneller und
günstiger, als wie die komplette Entfernung und Neuerrichtung dieses
Dachbereichs. Nur wenn gleich mehrere Hauptbalken marode sind,
dann lohnt sich diese Methode nicht mehr. Der kleine Chef sagte, dass
sehr häufig alte Dächer nur wegen eines einzigen morschen Balkens
abgerissen würden, aber die meisten Firmen kennen seine Methode
gar nicht. Man hat schon den Eindruck, wenn man diese Handwerker
hier wuseln sieht, dass man bei denen eine permanente Gegenleistung
für sein Geld erhält und nicht, dass man mehr Pausen und Gehabe
mitbezahlt. Da muss ich ganz ehrlich sein, wenn ich all diese Arbeiten
hätte selbst machen wollen, das wäre erstens gar nicht gegangen, denn
diesen Balkenaustausch hätte ich zusammen mit Kayla niemals so
hinbekommen und selbst bei den reinen Ausbesserungsarbeiten der
Dachziegel hätte ich mich doch sehr schwer getan und alleine dafür
wahrscheinlich 4 Wochen gebraucht. Wenn die jetzt am Montag
wieder kommen, brauchen die nur noch an der südlichen Dachseite
einige Dachziegel auszutauschen und dann sind die schon fertig. Der
Chef meinte, das wäre noch ein Restzeitaufwand von vielleicht 3
Stunden. Wir haben uns zur Kostensenkung darauf geeinigt, dass ich
die morschen Verkleidungsbretter, die außen unterhalb des
Dachüberhanges sind, selbst austausche. Das ist kein Problem, das
kann ich mit einem einfachen rollbaren Leihgerüst gut selbst machen,
zumal diese Holzverkleidungsbretter dort nur an 3 Stellen
ausgetauscht werden müssen, so sehr viel ist das gar nicht, da die
anderen Stellen alle noch gut sind. Ich habe mich schon erkundigt, in
Bretten gibt es einen günstigen Verleih solcher Gerüste, der verlangt
pro Tag 75 Euro für ein einfaches 6,5 m – Rollgerüst plus eine
Sicherheitszahlung von 500 Euro, die man aber nach der Rückgabe
komplett zurück erhält. Ich denke mit maximal 2 Tagen komme ich da
gut aus. Vielleicht schaffe ich es sogar, alle diese Bretter an einem
Tag auszutauschen, eben weil es nur 3 Stellen sind. Passende Bretter
werde ich sicherlich in der Fabrik finden, die kosten mich also gar
nichts. Ob wir in dem Kostenrahmen bleiben werden, habe ich den
kleinen Chef schon mal gefragt, und er ist sehr zuversichtlich, dass es
bei dem Preis zwischen 1.400 und 2.000 Euro bleibt. Wenn dem am
Ende so ist, dann sind wir froh, dass wir dieses Kapitel alsbald als
abgehakt betrachten können. Danach geht es dann wirklich an die
Renovierung der Werkstattgarage. Wie ich Ihnen schon damals mal
schrieb, befinden sich in der Werkstattgarage vereinzelt auch noch
Überreste aus der Zeit, als die noch zur Fabrik gehörte, irgendwelche
Anlagenreste, Schaltkästen, Rohrleitungen, Zahnräder, Antriebe von
irgendwas, Pumpen, Laboreinrichtungen oder was das alles ist, aber
mehr verstreut, hier und da als Fragment, wenn man so will. Jetzt
erhebt sich die Frage, ob wir beim Renovieren diese Dinge alle
rausreißen sollen oder ob wir die als nostalgisches Relikt und
Zugeständnis an die Geschichte lassen sollen. Kayla hat schon gesagt,
das riesige Zahnrad mit Elektromotor in einem Eisenrahmengestell im
Anbau bleibt auf jeden Fall und wird von ihr eigenhändig entrostet
und dann silbern lackiert. Wie man mit den anderen Resten verfahren
soll, darüber sind wir uns noch nicht so ganz einig. Im Prinzip könnte
man die meisten Dinge belassen, da sie an Stellen angebracht sind, wo
sie nicht stören. Nur einige wenige Sachen sind so angebracht, dass
sie eine künftige neue Nutzung erschweren oder behindern, die könnte
man dann ja entfernen.

In der Entspannungszeit, die wir in dieser Woche genossen haben,
sind wir auch hier wieder viel gewandert. Vor mehreren Wochen hatte
ich Ihnen ja schon mal Fotos von der alten Bahnstrecke mit einem
verfallenen Stellwerk angefügt. Da wir uns noch ziemlich im unklaren
darüber waren, wohin diese alte und teils wild zugewucherte Strecke
überhaupt führt, sind wir am Dienstag die Strecke einfach über die
alten Gleise weiter gewandert und zwar ab der Stelle, wo wir damals
aufgehört haben. Dienstag war hier herrliches Wetter und das bot sich
geradezu für eine ausgedehnte Wanderung an. So wurden die neuen
dicken Anoraks angezogen, denn es war trotz der Sonne recht frisch,
und die Wanderung begann. Wie ich schon seinerzeit erwähnte,
verschwenkt diese Bahnstrecke gefühlsmäßig hinter „unserer" Fabrik,
allerdings in einer gebührenden Distanz dazu. Sehen konnten wir die
Fabrik von dem Gleis aus damals nicht, auch weil sich gleich hinter
dem Bahndamm ein schmales Waldstück anschließt, aber vom Gefühl
her meinten wir damals, dass dies ungefähr hinter der Fabrik verlaufen
müsse. So wanderten wir diesmal unbeschwert weiter über das Gleis
in diese Richtung, soweit es möglich war, oder wenn dort bereits alles
zugewachsen war, wichen wir auf den Bahndamm aus. Nach vielleicht
1 km Wanderstrecke waren wir nicht schlecht überrascht, als sich
rechts der seitliche Wald lichtete und neben dem Gleis sich eine alte
asphaltierte Straße auftat und man von dort „unsere" Fabrik sozusagen
von hinten sehen konnte. Also das riesige Fabrikareal von der
westlichen Seite muss das sein. So verließen wir kurz die Bahntrasse,
um dieser alten Asphaltstraße in Richtung Fabrik nachzugehen.
Tatsächlich trafen wir dort auf eine rückwärtige Einfahrt zu der
Fabrik, von der wir noch gar nichts wussten. Die sehen Sie dann auch
auf dem Foto fabrik-hintereinfahrt. Man erkennt dort auch sehr schön,
den alten Gleisrest im Asphalt, wo dann früher die Güterwagen gleich
unten von der heute selbst verlassenen Bahnstrecke ankommend aufs
Fabrikgelände fahren konnten.

 
Fabrik-Hintereinfahrt: das uns bislang noch weitgehend unbekannte westliche Ende des
Fabrikareals mit einer eigenständigen Zufahrt

Ich war immer im Glauben, die Fabrik sei von der Rückseite nicht
erreichbar, weil dort gleich Weiden und Wiesen angrenzen, wo auch
dieser kleinere Eisenkamin steht, dessen Bild ich Ihnen vor längerer
Zeit mal zusandte. Allerdings war das ein kleiner Orientierungsfehler
meinerseits, denn wo dieser Eisenkamin steht und wo die Wiesen
folgen, das ist das nordwestliche Ende des Fabrikgeländes,
verschwenkt man nun aber mehr nur nach Westen, dann folgt dieser
hier fotografierte Eingang und Zuweg. Wohin diese alte asphaltierte
Straße vor dem Hintereingang führt, wissen wir bis heute noch nicht,
denn da wir uns ja vorgenommen hatten, den weiteren Verlauf der
Bahnlinie zu erkunden, gingen wir ab dort wieder zurück auf die
Bahntrasse. Diese Neuentdeckung mit der Fabrik – Hintertür und der
Straße, wohin die führt, oder besser gesagt, woher die kommt, das
wird dann demnächst einmal separat erforscht. Zurück auf dem Gleis
wanderten wir weiter bis sich nach vielleicht einem weiteren km der
Bahndamm mehr in eine breite Fläche verwandelte, wo man noch
Reste weiterer früherer Gleise erkennen kann. Einige 100 m fortan
wurde das Gleis und diese ganze Fläche von einer riesigen
Rohrleitung auf einem Eisengittergerüst überquert, die dann aber kurz
hinter der Gleisüberquerung wie abgebrochen endete. Davon sehen
Sie das Foto rohrende.

 
Rohrende: ein Rohrgerüst überquert die alte
astillgelegte Bahnstrecke und endet wie abgeschnitten

Unter diesem Ende befindet sich gleich neben dem alten Gleis auch
noch ein altes Lagergebäude oder etwas ähnliches, bei welchem das
komplette Dach schon eingestürzt ist. Noch weiter links, hinter der
Kurve, hier nicht mehr sichtbar, ist ebenfalls ein weiteres
Lagergebäude, welches aber noch desolater ist. Seitlich stand ein VW
- Bus von einer Firma, die über einen Seitenweg durch den Waldhain
gekommen sein müssen, denn eine andere Zufahrtsmöglichkeit gibt's
dort nicht. Man sah von den Leuten aber keinen, nur der Wagen stand
dort. Scheinbar wird dort aber an irgendwas gearbeitet, vielleicht auch
demontiert. Vermutlich verlief das Rohr ursprünglich ab der
abgebrochenen Stelle früher weiter in Richtung „unserer" Fabrik, weil
das genau in diese Richtung zielt und bei genauer Betrachtung sieht
man dort dann auch immer wieder noch alte Betonsockel, wo früher
mal weitere Gerüstteile und Stützen von dieser Rohrleitung drauf
standen. Imposant verläuft das alte Rohr weiter an der Bahnstrecke
entlang, wo wir dann auch immer weiter dem Gleis und dem Rohr
nachwanderten. Nach vielleicht einem weiteren km verbuschte das
Gleis wieder mehr und verschwenkte seicht in einen Waldhain. Kurz
nach dieser Stelle tat sich dann etwas oberhalb vom Bahndamm
wieder erstaunliches auf: weitere Reste einer anderen ehemaligen
Fabrik, mitten im Wald und schon sehr ramponiert. Auf dem
scheinbar ältesten Gebäude, welches sich in der Mitte der Anlage
befindet, kann man oben im Giebel noch in schönen Zahlen deren
Baujahr 1879 lesen. Wir waren erstaunt, mitten im Wald wieder eine
ebenfalls recht große alte Fabrikanlage vorzufinden. Ein Bild von
dieser Anlage sehen sie auf fabrik-wald1. Das Bild zeigt aber nur
einen winzigen Ausschnitt der Anlage, so wie man sie quasi von vorne
sieht, wenn man die alte Zufahrtsstraße bewandert, die dort plötzlich
unweit des alten Gleises wie aus dem Nichts im Wald auftaucht. Die
Natur ist halt auf Dauer stärker als Asphalt und so hat sich der
Waldhain vermutlich in den vielen Jahrzehnten des Stillstands auch
des größten Teiles der Zufahrtsstraße bemächtigt. Diese Fabrikanlage
ist zwar auch recht groß, aber doch deutlich kleiner, als „unsere"
Fabrik, aber eindeutig noch viel länger außer Betrieb und regelrecht
total vergessen steht sie da im Wald. Der Wald ist erst später um die
Fabrik herumgewachsen, früher war hier sicher kein Bewuchs.

 
Fabrik-wald 1: quasi mitten im Wald Reste einer weiteren Fabrik

Auf den Freiflächen stehen stellenweise ausgebaute Maschinenreste
und solches Zeug herum, die offensichtlich irgendwann schon mal
jemand abgebaut hat, um sie als Schrott zu verwerten und abzuholen.
Abgeholt wurden sie dann aber wohl nicht und blieben einfach
draußen stehen. Stark verrostet und teils schon regelrecht in den
Boden eingesunken stehen die schweren Reste dort und heute wäre es
ohnehin unmöglich, mit einem Fahrzeug dorthin zu fahren, weil die
Straße wegen dem Baumbewuchs in großen stücken nicht mehr
befahrbar ist. Soweit auf die Schnelle möglich, sind wir auch in einige
der Hallen reingeklettert, aber dort muss man noch mehr höllisch
aufpassen, als in unserer Hausfabrik, weil alles mehr vom Einsturz
bedroht ist. Die Dächer sind zum großen Teil schon eingefallen und
überall tun sich am Boden wieder tiefe Schächte auf. Auch dort
herrschte innen ein eigenartiger Geruch, allerdings nicht gleich
stechend, aber ich weiß nicht recht wie ich ihn beschreiben soll.
Kennen Sie den Geruch von Franzbranntwein? So ähnlich, aber doch
irgendwie anders. Diese Fabrikanlage ist, bzw. war auch einmal
erstaunlich groß für diese doch eher ländlich geprägte Gegend hier.
Ich vermute, wenn man den Verfall und den weit gediehenen
Waldbewuchs ringsum so besieht, dass diese Anlage komplett schon
Anfang der siebziger Jahre stillgelegt wurde, vielleicht sogar noch
früher. Die meisten Gebäude machen einen sehr verwahrlosten und
einsturzgefährdeten Eindruck. Die einzigen Ausnahmen, an noch
einigermaßen erhaltenen Gebäudeteilen sind eine große Halle am
Rand zum Bahndamm, die wirkt auch, als wäre sie vom Baujahr her
das jüngste Gebäude hier, vielleicht kurz nach dem 2. Weltkrieg erst
errichtet und des weiteren auch noch recht gut erhalten erscheint
sozusagen das Gegenstück dazu, die vermutlich älteste Halle in
diesem Ensemble, die sich ziemlich in der Mitte der Anlage
befindliche Hochhalle mit der Jahreszahl 1879 drauf. Soweit es ohne
sonderlichen Aufwand möglich war, sind wir natürlich auch in die
Hallen reingegangen, wobei sich in der besser erhaltenen und
moderneren Halle im Erdgeschoss sehr großzügige, breite Treppenab-
und aufgänge befinden, ähnlich wie bei einer Bahnsteigunterführung
in einem großen Bahnhof. Man kann diese Treppen aber nur vom
Erdgeschoss nach unten in die Keller dieser Halle gehen, die Treppen
nach oben enden auf einem Zwischenpodest an einer stabilen
Stahlwand mit einer immens großen Drahtgittertüre, die sehr gut
verschlossen ist, als gelte es, dahinter noch große Schätze zu
verbergen. Diese Treppenabgänge sind alle noch sehr gut erhalten und
an den Wänden noch mit erstaunlich sauberen und schönen,
glänzenden hellen Kacheln in weiß, grün und gelb gekachelt. Im
Gegensatz zu den anderen Gebäuden hier auf dem Gelände, hängen
hier sogar noch die Lampen und alles sieht fast noch funktionstüchtig
aus. Davon hatte ich auch Fotos gemacht, die sind aber leider aus
unerklärlichen Gründen alle nichts geworden, weil sie mit bunten
Streifen durchsetzt sind, ähnlich wie von einem Barcode, nur halt
bunt. Da hatte man früher mal viel Geld in eine angenehme Gestaltung
gesteckt und es erstaunt heute fast schon am meisten, dass das noch
von niemandem beschädigt, zerschlagen, gestohlen oder beschmiert
worden ist. Aber das ist wohl alles mehr der wirklich sehr
abgelegenen Lage zu verdanken. Bei uns ist ja schon
Abgeschiedenheit, aber wenigstens noch die Vierhäusersiedlung plus
etwas abgesetzt unser Haus, aber im Bereich dieser Fabrikreste hier ist
rein gar nichts. Um so mehr verwundert es einen, dass man diese
Anlagen früher so extrem weit außerhalb errichtet hat. Man muss ja
bedenken, früher hatte noch so gut wie keiner ein eigenes Auto, um
zur Arbeit zu fahren. Andererseits war damals diese Bahnstrecke
sicher noch in Betrieb, die dann neben dem Gütertransport auch
diesen Zweck erfüllte. Zudem fuhren früher sicher viele Leute mit
dem Fahrrad zur Arbeit und fürs Fahrrad sind rund 8 km bis zur
nächsten Ortschaft, zumindest bei trockenem Wetter, auch kein
Problem. Was nun in dieser Fabrik einmal hergestellt wurde, haben
wir noch nicht herausbekommen, aber es gibt für einige Vermutungen
mehrere Indizien. Zunächst einmal ist es wahrscheinlich, dass diese
Fabrik irgendwie mit zu „unserer" Fabrik gehörte oder wenigstens mit
denen zusammen gearbeitet hat, weil wenn man den Verlauf der
unterbrochenen Rohrleitung am Bahndamm vorbei auf dem Bild
rohrende einmal rekonstruiert, dann wird man schnell zu dem Schluss
gelangen, dass diese Rohrleitung die Wald-Fabrik mit unserer Fabrik
in rund 2 – 3 km Entfernung verband. Das muss ja wohl einen Grund
gehabt haben. Wahrscheinlich, dass über dieses fette Rohr Produkte,
Grundstoffe oder so was ausgetauscht oder zugeliefert wurden.
Obwohl in der Wald-Fabrik die meisten Anlagen und Maschinen
abmontiert sind, lassen die verbliebenen Überreste auf eine
Chemiefabrik oder etwas ähnliches schließen. Es gibt dort Reste von
einem Chemie - Reaktor oder einem Destillationsapparatismus oder so
was ähnliches, was auf eine chemische Verwendung schließen lässt.
Nun haben wir uns an diesem Tag nicht sonderlich lange dort
aufgehalten, weil eine ausgiebige Erkundung auch wieder Kräfte
kostet und einer gewissen Ausrüstung bedarf, wie z.B. unsere
superhellen LED – Taschenlampen. Die hatten wir aber nicht dabei,
weil wir überhaupt nicht davon ausgegangen waren, auf eine weitere
Fabrik oder dergleichen zu stoßen. Eigentlich hatten wir vor, weiter
die Bahntrasse zu erwandern, jedoch durch den Aufenthalt in der neu
entdeckten Wald-Fabrik, der uns immerhin über 2 Stunden Zeit
kostete, war es zu spät geworden, um weiter entlang der Bahnstrecke
zu wandern, denn wir mussten ja auch die Zeit für den gesamten
Rückweg zu Fuß zu uns nach Hause mit einrechnen. So sind wir an
diesem Tag nach dem Wald-Fabrik-Besuch auf dem kürzesten uns
bekannten Weg, halt über die Bahnstrecke, wieder heim gegangen.

Eine doch einigermaßen erholsame Woche liegt hinter uns. Wenn die
Dachdecker am Montag mit der Reparatur des Werkstattgaragendachs
wirklich fertig werden, dann geht unsere Arbeit spätestens ab Dienstag
wieder los. Jetzt nach dieser schöpferischen Pause freue ich mich
schon regelrecht darauf, wieder mit vollem Tatendrang dort weiter
machen zu können. Kayla fragte schon künstlich besorgt, was wir
denn wohl machen werden, wenn einmal alles fertig renoviert ist? Ob
wir dann vor lauter Langeweile den Mond anbellen? Das war
selbstverständlich nur spaßig gemeint, da wir beide nicht glauben,
dass wir so bald von Langeweile geplagt werden. Damit ist es genug
für heute, so wünsche ich Ihnen alles Gute, Ihr

Egbert Lappenkeuler.


Beitrag 2

Lappenkeuler - Brief / Email „Weihnachtsgedanken" vom 22.12.2006

Weihnachtliche Grüße!

Kayla und meine Wenigkeit wünschen Ihnen Frohe Weihnachten und,
falls es zuvor nicht mehr zu einer weiteren Email kommt, auch schon
mal vorab einen guten Galopp ins neue Jahr.

Sie wissen aus früheren Jahren, dass ich eigentlich nicht so der
Weihnachtstyp bin, der das teils übertriebene Gehabe um
Weihnachten mitmacht, bzw. eben nicht mitmacht. Damit möchte ich
keineswegs etwas gegen die eigentlichen Ursprünge sagen, auf die das
Weihnachtsfest zurück geht, aber was hat das heute alles noch damit
zu tun? Wissen Sie, ich halte es für eine Seuche, wenn immer mehr
Häuser in den Orten mit einem an völlige Verblödung grenzenden
Kitschzeugs von 1.000 Lämpchen und Figuren ausstaffiert werden.
Wobei ich die Lämpchenketten noch als das kleinere Übel empfinde,
hingegen bei den Fassadenkletter – Nikoläusen das ist doch der
blödeste Kitsch und der größte Schwachsinn, den je ein Spinner im
Zusammenhang mit Weihnachten erfunden hat. Aber was soll es, ich
möchte in der Weihnachtszeit deswegen keine Missstimmung
verbreiten.
Trotz meiner, schon als traditionell zu bezeichnenden Distanz zu dem
ganzen Gehabe, ist es dieses Jahr irgendwie etwas anders. Ich weiß
aber nicht woran es liegt, aber ich finde, über allem liegt eine
komische Stimmung, beinahe schon so, als möchte man sagen, es ist
das letzte Weihnachten, was man erlebt. Überall trifft man auf
weinende Menschen, denen die weihnachtliche Nachdenklichkeit oder
auch die Rückbesinnung auf vergangene Zeiten, die nicht mehr
zurückgeholt werden können, innerlich die Nerven zersetzt hat. He,
sagt man dann, Weihnachten sei doch kein Fest der Trauer. Kein Fest
der Trauer? Ich weiß nicht, Weihnachten erzeugt aber trotzdem eine
übermelancholische Stimmung, weil man automatisch immer an
frühere Weihnachtsfeste erinnert wird. Bei keinem anderen Anlass im
ganzen Jahr denkt man so an vergangene Zeiten zurück, wie in der
Weihnachtszeit. Wie war das noch, 1966, da lebte der und der noch,
oder 1970, war das schön, da haben wir in schöner Runde mit dem
und dem besinnlich Weihnachten gefeiert oder 1973..... u.s.w. u.s.w.
.... Natürlich wird einem dann zwangsläufig auch unumstößlich
bewusst, dass diese Zeiten längst vorbei sind und nie, wirklich nie
wieder geholt und wieder erlebt werden können. Insbesondere wenn
einem dabei schlagartig klar wird, dass vielleicht 40 - 70 % der Leute,
die damals noch dabei waren, heute schon längst tot sind, einige
davon sogar schon total vergessen sind, keiner, außer vielleicht mir
selbst in diesem Moment, mehr überhaupt sich derer erinnert. Ich weiß
nicht, woran es liegt, aber es sind doch vornehmlich solche Gedanken,
die an Weihnachten in einem hochkommen. Gerade solche Gedanken
haben doch eigentlich mit Freude nichts zu tun. Ich kann es verstehen,
wenn viele Leute deshalb Weihnachten nicht mehr aushalten und am
liebsten innerlich laut aufschreien würden oder Weihnachten mit
einem Schalter einfach abstellen würden, um sich so ihrer inneren
Rückbesinnungstrauer und der damit verbundenen unerträglichen
Stimmungslage zu entledigen. Vor Jahren, als ich wegen meiner
Krankheit noch in der Reha – Klinik in Liechtenstein weilte, sagte ein
erfahrener Doktor dort immer, wenn dort Leute eine solche innere
Stimmungslage hatten, dagegen helfe in 95 % aller Fälle ein einfaches
altes schweizer Hausmittel, welches allerdings äußerst eigenwillig
klingt. Man solle sich einen guten heißen Kaffee (oder auch Tee)
aufbrühen und davon dann absichtlich im noch recht heißen Zustand
einen kleinen Schluck trinken, der noch so heiß ist, dass man sich so
gerade ein wenig die Zunge daran verbrennt. Das ist auf der Zunge
sehr unangenehm und man spürt das sicherlich noch den halben Tag
lang und ist dadurch aber völlig von den schweren Gedanken, die
einem die Stimmung in den Keller zogen, abgelenkt und losgelöst.
Natürlich muss man dabei aufpassen, dass man sich die Zunge nicht
wirklich ernsthaft verbrennt und Schaden nimmt. Der Doktor hat
damals sogar noch gesagt, welche Temperatur der Kaffee dafür haben
muss, um sozusagen, die Grenze zur Verletzung haarscharf nicht zu
überschreiten, leider ist die Gradzahl mir entfallen. So verrückt das
klingen mag, es hilft aber wirklich, ich habe es damals einmal
ausprobiert. Um es zu ergründen muss man sicher, wie der Doktor, ein
intensives Studium der Funktionen und ihrer Zusammenhänge im
menschlichen Körper, gepaart mit viel Erfahrung hinter sich haben. So
lange es in der Zunge sozusagen kribbelt und juckt, ist kein Gedanke
an diese trüben Dinge mehr möglich und wenn sich die Lage in der
Zunge wieder normalisiert, dann ist man darüber so froh, dass man
vorerst auch nicht mehr an die anderen Dinge denkt. Eine weitere,
sicherlich angenehmere Möglichkeit, sich vor solchen
trauerbehafteten Gedanken zu schützen, wäre laut einem anderen
Doktor, ebenfalls aus der gleichen Klinik, dass man, sofort wenn man
eine solche Gedanken- und Gemütslage an sich bemerkt, intensiv und
langanhaltend Sex betreibt. Nun ja, da könnte man jetzt endlose
Ausführungen zu beisteuern, aber das lasse ich mal.

Jetzt, wo schon wieder einmal Weihnachten ist, was ja für viele
Menschen sogar der Höhepunkt des Jahres ist, ist es auch
unweigerlich jedem klar, das Jahr geht zu ende. Das alljährliche
Geböllere und sonstige Feuerwerk verschlingt wieder Millionen,
sicher man möchte dem alten Jahr einen würdigen Abgang und dem
neuen Jahr einen tollen Willkommensgruß bereiten, was verständlich
ist, aber zugleich ändert es nichts daran, dass wir keinen Cent für
derartiges Zeug ausgeben. Vermutlich wird man hier in der kleinen
Siedlung kaum etwas von dem ganzen Silvesterjubel bemerken. Der
alte Rentner, mit dem wir öfters schon mal hier vor der Türe einen
Plausch halten, sagte auch schon, dass er seit über 20 Jahren kein
Feuerwerk mehr macht. Wissen Sie, wenn man erst einmal vielleicht
75 Jahre alt ist, dann ist es auch nicht mehr so leicht, sich vollständig
noch selbst zu versorgen. Aber der schafft das trotzdem noch recht
gut, es gibt da natürlich auch Unterschiede, da es auch Leute gibt, die
mit 75 noch so fit wie ein Turnschuh sind. Fit ist dieser Rentner hier
allerdings eher nicht, weil er diverse Krankheiten hat, aber er schafft
es trotzdem recht gut. Dieser Rentner wird hier in der Siedlung also
auch nicht für Feuerwerk sorgen und er sagte, die junge Mutter, die in
seinem Nachbarhaus alleine lebt, weil ihr Mann sie verlassen hat,
macht auch kein Feuerwerk, alleine schon aus Finanzgründen ist ihr
ebenfalls das Geld dafür zu schade. Die Leute in einem der anderen
beiden Häuser kenne ich bis heute überhaupt nicht. Man sieht sie
eigentlich auch nie. Das dritte Haus in dieser Siedlungsreihe, wo ich
mal erwähnte, dass dort ein arbeitsloser Industriekaufmann mit seiner
Familie lebt, der früher mal in Heilbronn bei Fiat arbeitete, scheint
nach meiner Auffassung inzwischen auch vorwiegend leer zu stehen.
Ob diese Leute das Haus jetzt nur noch als Wochenend- oder
Ferienhaus in Verwendung haben, es wirkt fast so. Das vierte Haus ist
zwar bewohnt, aber man sieht die Bewohner nur eilig mit dem Auto
ankommen, dann wird per Fernsteuerung die Garagentür aufgemacht,
die verschwinden mitsamt Auto in der Garage und haben wohl innen
einen Durchgang ins Haus. Man sieht die Leute selbst praktisch nie
auf der Straße hier. Obwohl wir ja nun schon 2 Monate hier wohnen,
könnte ich Ihnen nicht sagen, wie diese Leute aussehen. Deren
Grundstück ist von hohen wuchernden Hecken umgeben, die uralt sein
müssen, denn bevor Hecken eine solche Höhe erreichen, da braucht es
schon etliche Jahrzehnte.

Laufend hört man sich die Leute über das zu milde Winter- und
Weihnachtswetter beklagen. Inzwischen antworte ich dann immer mit
dem Satz: „Der Winter kommt sicher mit der Bundesbahn und hat
dadurch Verspätung." Das fiel mir spontan ein, da man noch häufiger
die Nachrichten über die ständigen Unpünktlichkeiten der Bahn hört,
die offensichtlich nicht in den Griff zu kriegen sind. Nun nutze ich,
wie Sie wissen, die Eisenbahn nicht, oder genauer gesagt, ich nutze
keine öffentlichen Verkehrsmittel, soweit es sich nur irgendwie
vermeiden lässt. Das hat nichts mit der Eisenbahn als Fahrzeug oder
Strecke zu tun, aber ich hasse es einfach, in einem Kasten mit zig
anderen Leuten, die ich mir nicht aussuchen kann, eingepfercht zu
sein. Die Zwangsbegegnungen mit allen möglichen Dummschädeln
sind einer der Hauptgründe für meine Abneigung gegen öffentliche
Verkehrsmittel. Aber auch noch andere Gründe spielen eine große
Rolle, z.B. weil ich es als schlimmen Systemfehler der Bahn
empfinde, dass man ja erst mal zu einem Bahnhof kommen muss und
am Ziel meistens wieder von dort weg muss, zu seinem eigentlichen
Reiseziel. Wenn man Glück hat, können diese Wege zwar auch kurz
sein, jedoch ist das die Ausnahme. Daher finde ich die komischen
Vergleichsrechnungen zur Fahrzeit, die öfters von grünlichen
Politikern dargeboten werden, völlig verkehrt, weil unkomplett. Wenn
ich einen Fahrzeitvergleich Auto – Bahn mache, dann muss ich doch
fairer weise den Vergleich machen, dass ich zu Hause mit dem Auto
beispielsweise um 8 Uhr abfahre und dann um 9 Uhr von mir aus in
Stinkdorf in der Affengasse 10 am Ziel bin. Die grünlichen Politiker
machen ihren Vergleich aber so auf, dass sie sagen, ich steige hier am
Bahnhof um 8 Uhr in den Zug und in der Stadt X am Bahnhof wieder
um 9 Uhr aus dem Zug und deshalb bin ich mit der Bahn genauso
schnell oder gar noch schneller, als würde ich mit dem Auto vom
Bahnhof hier zum Bahnhof in X fahren. Das entspricht doch in den
seltensten Fällen nur dem gesamten Fahrtweg, denn bevor ich hier
irgendwo an einem Bahnhof in einen Zug steige, muss ich ja zunächst
mal beispielsweise eine halbe Stunde fahren, bevor ich von zu Hause
erst an einem Bahnhof bin. Am Zielbahnhof in X muss ich dann noch
in einen Bus nach Stinkdorf umsteigen, der vielleicht auch noch mal
eine halbe Stunde benötigt, bevor er dort ist und in Stinkdorf von der
Bushaltestelle bis zu dem Haus in der Affengasse 10, wo ich dort hin
will, benötige ich vielleicht noch weitere 15 Minuten zu Fuß. So
komme ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln nämlich in Wahrheit auf
eine Gesamtfahrzeit von 2 Stunden und 15 Minuten, bevor ich von zu
Hause aus wirklich an dem Ziel bin, wo ich letztendlich hin möchte.
Beim Auto hingegen brauche ich diese ganzen Zwischenstationen
nicht, sondern fahre direkt von meiner Haustüre den sinnvollsten Weg
nach Stinkdorf in die Affengasse. Also diese ganzen Vergleiche, die
da immer aufgemacht werden, taugen rein gar nichts. Nun habe ich
wieder einen sehr weiten Bogen gemacht, von dem Winterwetter zur
Bahn, aber irgendwie passt das schon.

Am vergangenen Montag haben die fleißigen Dachdecker, von denen
ich Ihnen beim letzten mal berichtete, zügig das Dach der
Werkstattgarage fertig gemacht. Ebenso flink wie deren Arbeit war
der kleine Chef von denen auch mit der Rechnung, denn die brachte er
beim Wegräumen der Werkzeuge gleich mit. Das war mir durchaus
recht, denn so konnte man alle Punkte vor Ort noch mal durchgehen
und brauchte nicht lange bangen, wie hoch die Rechnung denn nun
genau werden würde. Sie erinnern sich vielleicht, anfangs war die
Rede von einem Preisbereich zwischen 1.400 und 2.000 Euro und die
tatsächliche Rechnung lag dann bei 1.860 Euro. Ich finde, da kann
man wirklich nicht meckern, denn wenn Sie gesehen hätten, was die
für das Geld alles geleistet haben, so hatte ich durchaus befürchtet,
dass der jetzt gesagt hätte, es sind doch 2.500 oder gar 3.000 Euro
geworden. Auch muss man beachten, dass in diesem Betrag
sämtliches Material ebenfalls enthalten ist. Nun, da wir zufrieden sind,
haben wir dann die Differenz zu 1.900 Euro, also 40 Euro als
Trinkgeld draufgegeben und der kleine Chef meinte noch, wenn wir
mit ihrer Leistung zufrieden waren, dann sollten wir ruhig etwas
Werbung durch persönliche Empfehlung für seinen Betrieb machen.
Das mache ich natürlich gerne, allerdings dürfte die Zahl der Leute
begrenzt sein, die ich treffe und bei denen dann auch noch
Dacharbeiten anstehen. Man kann es nur wiederholen, die haben
wirklich saubere Arbeit geleistet, schnell und zuverlässig gearbeitet
und vor allem nicht auf unnötigen Arbeitsschritten beharrt, nur weil
die meisten pauschal das ganze Dach runterwerfen, da es vielleicht
schon fast 100 Jahre alt ist. Wozu sollte man Dinge die noch gut sind
auswechseln, nur weil sie 100 oder 40 Jahre alt sind?

Zu Weihnachten muss ich doch noch etwas sagen, allerdings mehr
indirekt. Ich meine, dass es jetzt seit dieser Weihnachts-Woche noch
viel ruhiger hier ist, als sonst und sonst ist es hier schon sehr ruhig.
Beispiel gestern morgen. Relativ früh, gegen halb 8 kam ich aus dem
Haus, es herrschte draußen fast schon eine gespenstische Stille. Man
hörte rein gar nichts, noch nicht einmal ein gewisses Grundrauschen,
was sonst ja irgendwie immer in der Luft schwebt, keinen Windhauch,
kein Klappern, kein Knistern, rein gar nichts. Es war so, als habe
jemand den Ton abgedreht. Trotz der Ungewöhnlichkeit muss ich
sagen, dass wir das genießen, es ist einfach herrlich, manchmal
absolute Totenstille um sich zu haben.

Am Donnerstag klingelte es hier an der Haustüre. Ein Mann, der sich
als Herr Kremer vorstellte, stand dort und fragte, ob wir vielleicht
Schlüssel zu der Fabrik hätten. Ich fragte ihn, worum es denn gehe. Er
sagte, er sei von der Tierhilfe Karlsruhe und man habe ihm gesagt,
dass in der Fabrik mehrere verwahrloste Katzen herumstreunen
würden, die er einfangen und zur Gesundheitspflege ins Tierheim
verbringen möchte. Wie ich dann sah, stand auch vor der
Fabrikeinfahrt sein Wagen, ein kleiner weißer Kombi - Kastenwagen
die es so auf der Basis vom Ford – Fiesta gibt. Nun haben wir ja keine
Schlüssel und wissen noch nicht einmal, wem genau diese ganze
Anlage gehört. Wir haben das dem dann auch erklärt und da wurde er
schon etwas ungemütlich und glaubte uns das nicht. Er meinte, dass
uns die Tiere doch nicht einfach egal sein könnten. Nun weiß ich
nicht, ob es auf dem Gelände überhaupt Katzen gibt, sicher ist das
möglich, denn solche halbwilden Katzen, die streunen ja überall
herum, wo sie nur wollen, aber ich sehe in solchen Tieren dann auch
keine Tiere in Not, denen man wirklich dadurch helfen würde, indem
man sie einfängt und dann einsperrt, um sie angeblich gesünder zu
machen, als sie so in der freien Wildbahn sind. Das ist doch
hirnverbrannter Unsinn und wenn ich mich in die Lage der Katzen
versetzen würde, da wäre ich doch lieber in Freiheit als Streunerkatze
auf dem Fabrikgelände, als wie bei denen mit künstlichem Futter auf
Jahre in einem Käfig. Das ist wieder typisch Mensch, die da nur ihren
eigenen begrenzten Horizont auf ein Tier übertragen wollen. Wie dem
auch sei, selbst wenn ich gewollt hätte, ich konnte dem Mann ja gar
nicht weiterhelfen, aber ich sage es Ihnen offen und ehrlich, auch
wenn ich es gekonnt hätte, dann hätte ich dem nicht geholfen. Nun
gelangte der zu der Überzeugung, dass wir ihm nur nicht helfen
wollten, aber in Wahrheit die Schlüssel dafür hätten. Er schimpfte
ziemlich und lustigerweise drohte er sogar mit einer Klage bezüglich
Tierschutzgesetz oder irgend so was. Dann schleppte er einige Kisten
aus seinem Wagen heraus, schichtete die vor der Fabrikeinfahrt auf
und wollte dann darauf klettern, um so über das große Tor zu steigen,
damit er doch noch auf das Fabrikgelände gelangen konnte. Das
misslang aber, weil die Kisten zu weich waren und unter seiner Last
nachgaben. Kayla meinte dann zu ihm, dass sei ja wohl auch eine Art
von Hausfriedensbruch oder Einbruch, was er da vorhabe. Dann lief er
im Gesicht an, wie ein roter Ballon, warf die Kisten wieder ins Auto
und fuhr weg. Wir haben ihn dann auch nicht mehr wieder gesehen,
ich vermute aber, dass er sich nachher von einer anderen Seite auf das
Gelände geschlichen hat.

In der zurückliegenden Woche sind wir nicht ganz so viel auf dem
Fabrikgelände herumgewandert, aber am Freitag musste es dann doch
wieder einmal sein. So ist es uns gelungen, am westlichen Ende des
Geländes die Spur der großen aufgeständerten Rohrleitung wieder
aufzunehmen, die weit hinten an der stillgelegten Bahnstrecke so
abrupt endete. Wir haben sozusagen mit Weitblick immer weiter
verfolgt, wo noch Reste von Betonsockeln stehen, auf denen dieses
Rohrgerüst vermutlich früher einmal weiter ging. Diese liefen
eindeutig immer mehr auf „unsere" Fabrik zu und siehe da, ab
ungefähr 150 m vor der westlichen Grundstücksgrenze „unserer"
Fabrik geht diese Rohrleitung wieder weiter. Man hat also nur ein
Zwischenstück abgebrochen, welches aber sicherlich immerhin über
500 m lang war. Die gesamte Rohrleitung, die somit diese in der
vergangenen Woche neu entdeckte stillgelegte Fabrik in einem
südwestlich befindlichen Waldhain, mit der Fabrik hier neben
unserem Haus verband, ist sicherlich über 4 km lang. Hier auf dem
Fabrikgelände geht diese Rohrleitung dann weiter bis an einige schon
etwas moderner wirkende Hallen im westlichen Bereich. Dort endet
sie dann, aber wohl auch nur, weil sie in diesem Bereich schon teils
abgebrochen wurde, ein kleinerer Abzweig davon verläuft zwischen
diesen Hallen durch zu weiter hinten liegenden alten Hallen. Dazu
habe ich Ihnen auch ein Foto beigefügt mit der Bezeichnung fabrik-
aussen304.
 
Fabrik-aussen304: da ist sie wieder, die aufgeständerte Rohrleitung

Die Handwerker von der Dachdeckerfirma waren ja ab Dienstag weg,
so hatten wir eigentlich vor, gleich ab dann mit der Renovierung der
Werkstattgarage fortzufahren. Da uns aber doch noch immer die
Anstrengungen von vor 2 und 3 Wochen in den Knochen stecken,
beschlossen wir, vor Weihnachten nicht mehr viel zu tun. Eigentlich
wollte ich unterhalb des Dachüberstandes außen die wenigen
morschen Verkleidungsbretter mit einem geliehenen Rollgerüst
ausbessern, das wäre vielleicht ein Aufwand von einem Tag
Eigenarbeit gewesen, aber da das Wetter meist doch recht
schmuddelig war, haben wir das auf eine Zeit verschoben, wenn es
trockener ist. Wissen Sie, da neben der Werkstattgarage ja nicht
überall befestigter Boden ist, wäre man bei dem Matschwetter mit
dem Rollgerüst dort stellenweise eingesunken oder hätte immer noch
alles umständlich mit dicken Steinplatten oder Holzbohlen
unterfangen müssen. Das läuft ja nicht weg und so wird es eben in 1, 2
oder 3 Wochen gemacht.

Ein Bekannter von mir, der noch in der Nähe von Stuttgart lebt, hat
sich nach langer Arbeitslosigkeit im August dieses Jahres mit einem
Getränkeservice selbstständig gemacht. Es ist aber kein solcher
Getränkeservice, wie man ihn sich vielleicht gleich vorstellt, wenn
man das Wort hört, denn er hat selbst überhaupt keine Getränke
vorrätig, die er verkaufen könnte. Er hat sich vielmehr einen alten,
kleinen Gebraucht - LKW für 2.300 Euro zugelegt und fährt damit im
Auftrag von Kunden Getränkeeinkäufe machen und liefert diese dann
denen frei Haus. Immerhin hat ein Geldinstitut an dieses Konzept
geglaubt, denn er hat, unter Empfehlung einer Behörde, von denen
einen Gründungs – Kleinkredit von 3.500 Euro erhalten, obwohl er im
Prinzip keinerlei Vermögen als Sicherheit vorweisen konnte. Ich habe
vermutet, dass sich das nicht lohnt, doch es scheint erstaunlich gut zu
laufen, sogar besser, als er es selbst erwartet hatte, weil viele,
besonders ältere und reichere Leute es satt haben, die Getränkekisten
lästig selbst heranzuschaffen. Da hätte ich erwartet, dass solche Leute
dann einfach bei einem der zahllosen Getränkeverlage anrufen oder
gleich mit dem Lieferservice von Brauereien und Getränkefirmen
einen Vertrag machen, solche Dienste bringen ja im Prinzip alle
Getränke frei Haus. Meistens haben die einen wöchentlichen Fahrplan
und kommen dann beispielsweise jeden Mittwoch gegen 16 Uhr ins
Haus und liefern, was man haben will, sofern es in ihrem Sortiment
ist. Aber gerade in diesem Punkt liegen bei meinem Bekannten die
Unterschiede zu den üblichen Getränkeverlagen und Lieferdiensten.
Wie schon oben gesagt, er selbst hat überhaupt kein Sortiment,
sondern ruft seine Kunden in einem von diesen selbst gewählten
Abstand, z.B. 2 mal pro Woche an, und fragt, ob sie Getränke
benötigen und wenn ja, welche. Dann vereinbaren beide einen
ungefähren Liefertermin für diese Getränkebestellung und jetzt fährt
er erst los, diese Getränke bei den unterschiedlichsten Läden,
Getränkemärkten, bei Brauereien, Mineralwasserbrunnen und sogar
teils einfach beim Aldi oder ähnlichen Märkten abzuholen und zu
seinen Kunden zu fahren. Er hat also keine fest vorgegebenen Zeiten,
in denen die Kunden immer auf ihn warten müssen, sondern fährt so
gesehen nur bei Bedarf, aber dann zu den Zeiten, wo der Kunde es
haben will, und sei es nachts um 23 Uhr. Wie schon gesagt, sind es
vor allem reichere, ältere Leute, die seinen Service gut in Anspruch
nehmen. Da das so gut läuft, ist er jetzt schon am überlegen, einen
Teilzeitbeschäftigten einzustellen, da er das Arbeitspensum alleine
nicht mehr so recht bewältigt bekommt. So sieht man, dass es doch
noch Nischen gibt, in denen man mit einer Selbstständigkeit ohne
großen Aufwand sein Einkommen haben kann, die schon so simpel
sind, dass man es nicht vermuten würde, dass solche einfachen
Konzepte heute noch aufgehen.

Einen vielleicht etwas ungewöhnlichen Unfall gab es hier bei uns fast
vor der Haustüre diese Tage. Wie ich Ihnen schon vor längerem
einmal schrieb, gibt es hier an der kleinen Straße nur eine dürftige
Straßenbeleuchtung. Hinten wo die 4 Siedlungshäuser stehen, gibt es
2 Straßenlampen, von denen aber eine schon seit wir hier sind defekt
war, dann gibt es noch eine vielleicht 30 m vor unserer
Werkstattgarageneinfahrt, die ebenfalls in unserer Zeit hier noch nie
funktionierte und eine weitere in dem ganzen langen Stück zwischen
den Siedlungshäusern und unserem Anwesen, die zwar leuchtete, aber
irgendwie nicht richtig hell, nur so dämmrig. Wir hatten das bislang
aber nie bei der Gemeindeverwaltung gemeldet, weil es sonst gleich
heißt, kaum wohnen die da, da haben die auch schon was zu meckern.
Nun kam aber diese Tage tatsächlich solch ein LKW mit einem
Auslegerkorb, um diese Lampen zu reparieren und zu reinigen.
Vielleicht hat inzwischen auch ein anderer Anwohner das gemeldet
oder es ist eine Turnuskontrolle. Nun kam der Mann mit seinem LKW
kurz vor seinem Feierabend und hatte es deshalb eilig. Bei uns in der
Nähe der Werkstattgarage an der Lampe baute er sein Fahrzeug auf,
fuhr mit dem Auslegerkorb an die Lampe, reinigte sie und wechselte
dann eine von 2 Röhren in der Lampe aus, die dann auch tatsächlich
aufleuchtete. Die zweite Röhre machte er ersatzlos ganz raus, aus
Energiespargründen machen die das jetzt, wie ich später erfuhr. Aber
immerhin, Licht mit einer Röhre, die funktioniert, ist immer noch
besser, als kein Licht mit 2 kaputten Röhren. Dann passierte es, als er
den Auslegerkorb weiter nach hinten verschwenkte, um ihn in einer
geraden Linie wieder nach unten zu fahren. Da ging der LKW vorne
etwas hoch und das ganze Gefährt mitsamt Auslegerkorb geriet in
Schräglage, wobei der Mann oben umstürzte. Er hatte aber noch
Glück im Unglück, dass er dabei nicht aus dem Korb flog und es noch
schaffte, den Korb trotz der Schräglage weiter nach unten zu fahren.
Als er dann eine geringere Höhe erreicht hatte, lies die Hebelwirkung
der verteilten Last wohl nach und mit einem kräftigen Rumms setzte
der LKW wieder gleichmäßig auf der Straße auf. Als der Korb wieder
ganz unten war und der Mann aus dem Ding kletterte, hatte er schon
einige Blessuren davongetragen. Er blutete an den Lippen, weil er
beim Sturz wohl genau mit dem Mund an eine Art Reling geschlagen
war, die mit einem geländerartigen Handgriff rund um den Korb führt,
auch hatte er sich die Rippen geprellt. Wir erzählten dann noch was
und er räumte ein, dass er aus Zeitgründen wegen dem nahenden
Feierabend die hydraulischen Seitenstützen nicht ausgefahren hatte,
dann hätte das erst gar nicht passieren können. Er meinte, dass man
die eigentlich auf einer solch geraden Straße normalerweise nicht
brauche, obwohl eine Vorschrift besagt, dass er sie hätte ausfahren
müssen. Die Vorschrift scheint also so falsch nicht zu sein. Wie dem
auch sei, alle Straßenlampen in der Siedlung und hier leuchten jetzt
wieder, wenn auch alle nur mit einer von 2 Röhren. Das ist jetzt
nachts gleich ein völlig anderes Bild, als wie zuvor, wo man hier quasi
totale Dunkelheit gewöhnt war.

Kayla und ich wir haben uns nun die Haushaltsarbeiten anders
eingeteilt. Das mag für Außenstehende sicherlich banal klingen,
trotzdem finde ich es insofern ein durchaus interessantes Thema, weil
man sich bei einer halbwegs klugen Einteilung auch viel unnötige
Arbeit sparen kann. Die Arbeit im Haushalt unterliegt von alters her
bestimmten Abläufen und wiederkehrenden Tätigkeiten, die beinahe
schon an ein Ritual grenzen. Sicherlich sind von diesen
Haushaltsritualen in den vergangenen 50 Jahren schon viele
aufgeweicht worden, aber dennoch hat sich vieles in unseren Köpfen
so verfestigt, dass man gar nicht mehr bemerkt, dass man einiges
anders machen könnte und dabei halt eben noch Arbeit spart. Ein
typisches Beispiel dafür ist die Gewohnheit, dass man jede Woche
wenigstens an einem Tag alle Zimmer staubsaugt und reinigt, geflieste
Böden feucht durchwischt; dass man an einem anderen Tag die
Wäsche wäscht, früher war das meist montags, an einem weiteren Tag
vielleicht Gartenarbeiten erledigt, die Treppen putzt, den Keller und
Dachboden reinigt und die Fenster putzt. Viele dieser altmodischen
Regeln hatten wir schon längst über Bord geworfen, aber jetzt haben
wir weiter modifiziert. Ein Grundsatz lautet: unnötige Arbeit
vermeiden. So ist die Verschmutzung, die man mit in die Wohnung
trägt, ja nicht immer gleich groß. Das führt bei solchen turnusmäßigen
Arbeiten jedoch oft dazu, dass man das Zimmer reinigt, obwohl dort
gar kein Schmutz ist, dass man die Fenster putzt, obwohl sie noch
glasklar blinken, dass man die Möbel reinigt, obwohl es eigentlich
nichts zu reinigen gibt. Umgekehrt führt es natürlich auch dazu, dass
der Dreck tagelang liegen bleibt, wenn ich vielleicht dienstags meinen
Putztag habe und mir mittwochs mit dreckigen Schuhen den Schmutz
ins Zimmer schleppe. So haben wir zunächst einmal jede
Grundsätzlichkeit auf ein Minimum beschränkt. Aus Erfahrung weiß
man, dass sich nach ungefähr 2 Wochen stets soviel Dreck auf dem
Wohnzimmerboden angesammelt hat, dass man ihn bei genauer
Betrachtung sieht, also wurde der feste Turnus der Bodenreinigung
von jede Woche auf alle 2 Wochen reduziert und um den Faktor
zusätzliche Reinigung bei Bedarf ergänzt. Den Turnus fürs Fenster
putzen haben wir gleich von wöchentlich auf einmal im Monat
hochgesetzt, ansonsten öfter nur bei wirklichem Bedarf, z.B. nach
gesonderten Verschmutzungen. Wir haben nämlich festgestellt, dass
Fenster selbst nach 2 Wochen in aller Regel noch so sauber sind, als
habe man sie gerade vor 3 Tagen geputzt. Das hängt natürlich sehr
vom Wohnort ab, wie viel Dreck da in der Luft ist. In Stuttgart wäre
ein zweiwöchiger Abstand sicherlich die oberste Grenze gewesen, hier
reicht einmal im Monat völlig aus. In ähnlichem Sinne haben wir so
alle Arbeiten, die im Haushalt anfallen, entrümpelt und neu
organisiert. Auch gibt es kein System der  festen Tage mehr, an dem
ich beispielsweise montags schon sagen kann, diese Woche Freitag
werden die Fenster geputzt. Das wird ab sofort alles ungefähr in den
neuen, gedehnten Zeitabständen gemacht, sofern kein vorzeitiger
Bedarf entsteht. Aber wenn fürs Fensterputzen beispielsweise der
Monat genau an einem Mittwoch abgelaufen ist, dann heißt das nicht,
dass die Fenster dann auch unbedingt an diesem Mittwoch geputzt
werden müssen. Das wird dann nur innerhalb dieses Zeitbereichs
gemacht, es kann also auch Dienstag, Donnerstag oder Freitag
gemacht werden, nur ungefähr in dem Zeitrahmen sollte es dann
bleiben, es sei denn, man stellt fest, dass ausnahmsweise auch in dem
üblichen Zeitrahmen keine Verunreinigung entstanden ist, dann kann
man das natürlich auch ausdehnen.
In Sachen Wäsche waschen hat sich ja ohnehin sicher bei den meisten
Leuten schon seit 40 Jahren die reine Bedarfsregelung eingebürgert,
das ist bei uns natürlich nicht anders. Wäsche wird bei uns immer
dann gewaschen, wenn sich soviel dreckige Wäsche angesammelt hat,
dass man damit 3 Ladungen für die Waschmaschine voll kriegt. So
wird dann hintereinander die Waschmaschine 3 mal befüllt und
waschen gelassen. Früher, als ich alleine war, habe ich die immer
angeworfen, wenn eine Ladung zusammengekommen war. Aber zu
zweit fällt ja auch mehr an und da ist dieses System mehrfach
sinnvoller, weil man ja ohnehin nach Weiß- , Schon- und Buntwäsche
trennen muss und wenn die Maschine einmal warm ist, dann benötigt
die auch für die Ladung 2 und 3 weniger Heizenergie, um sich wieder
aufzuheizen. Diese daraus resultierenden Arbeitseinsparungen sind bei
einem kompletten Haus viel wichtiger und sinnvoller, als früher in der
kleineren Wohnung. In der Wohnung hat man solche Arbeiten mal
schnell mit Links nebenbei erledigt, aber hier im gesamten Haus wird
das schon schnell zu einer tagesfüllenden Beschäftigung und das
Einsparen unnötiger Arbeit lohnt sich gleich doppelt.

Am Freitag kam wieder ein Aufgebot teurer Limousinen und einiger
Firmenautos, die hier am Fabrikgelände anhielten, das Schiebetor
öffneten und danach für einige Stunden auf dem Gelände
verschwanden. Es waren die gleichen Fahrzeuge, die neulich auch
schon mal dort waren, als wir noch mitten in unseren
Entsorgungsbemühungen waren, nur diesmal waren zusätzlich andere
Firmenfahrzeuge dabei. Irgendwas scheint sich dort also zu tun. Der
Rentner hier aus der Siedlung meinte gestern zu mir, er habe beim
Einkauf im Supermarkt gehört, dass vielleicht ein kleiner Betrieb, der
große Regenwassertanks aus Kunststoff herstellt, hier einen Teil der
Fabrik preiswert mieten oder kaufen möchte, um dorthin seine
Produktion zu verlagern. Derzeit würde der in Böblingen produzieren,
das liegt ja fast neben Stuttgart, dort hätte der aber nur eine winzige
Fabrikationsstätte, die wegen dichter Umfeldbebauung nicht erweitert
werden könne. Da der Inhaber ursprünglich hier aus der Gegend
stammen würde, und weil die Fabrik oder Teile davon sicherlich
günstig zu haben sind, wäre das für den eine ideale Sache und der
etwas umständliche Transportweg in diese Abgeschiedenheit spielt für
ihn wohl keine so große Rolle. Die Bahnstrecke werden die für den ja
heute sicher nicht wieder in Betrieb nehmen. Es ist aber alles mehr
noch im Stadium eines Gerüchts. Diese Leute, die hier aber nun schon
wieder mit Plänen herumlaufen, könnten durchaus ein Indiz dafür
sein, dass an dieser Sache etwas dran ist. Wenn jemand hier in
Teilbereichen etwas neu aufziehen möchte, dann werden dazu
sicherlich auch größere Umbauarbeiten notwendig sein und ich könnte
mir vorstellen, dass derjenige dann dafür eine Halle auswählt, die
noch eher jüngeren Datums ist oder die wenigstens noch gut erhalten
ist. Nun sind gerade hier hinter unserer Grundstücksgrenze die
meisten Gebäude recht gut erhalten, selbst auch die große alte
Haupthalle ist sehr gut erhalten, ebenso etliche kleinere Hallen im
Umfeld, die teils vielleicht erst vor 50 und 40 Jahren errichtet wurden.
Weiter hinten im Gelände, am westlichen und südwestlichen Ende des
Grundstücks, dort stehen viele sehr desolate Hallen, deren
Betriebsteile noch länger stillgelegt sind, als der Rest und die dann
teils einsturzgefährdet sind, weil man sie einfach so belassen hat, wie
man sie verlassen hat. Bei anderen Hallen in diesem Bereich hat man
irgendwann mal mit dem Abbruch begonnen, den aber nicht mehr
weitergeführt, wohl weil dann der Denkmalschutz über die
Gesamtanlage verfügt wurde. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass
ein neuer Nutzer sich gerade diese verfallenen Gebäude wieder
herrichten wird, der wird dann sicher mehr in unserer Nähe seinen
Betrieb aufbauen. So hoffen wir natürlich, dass das keine Sache wird,
die hier zuviel Hektik und Unruhe hin bringt, denn wir haben uns
schon so schön an die totale Ruhe gewöhnt, das ist einfach herrlich
und eigentlich unbezahlbar.

Weihnachten naht nicht mehr, es ist da! Was das für jeden einzelnen
bedeuten mag oder auch nicht, bleibt jedem selbst überlassen.
Manchmal würde man sich wünschen, dass Weihnachten nüchterner
und weniger emotionsbeladener angegangen wird, denn dann wären
mit Sicherheit nachher auch weniger Menschen von zu großen
Erwartungen enttäuscht und es gäbe weniger Weihnachtsstress. Das
sagt sich aber alles so einfach, manchmal kann man sich gewissen
Stimmungslagen einfach nicht entziehen, so sehr man es auch will. Ich
denke, es erübrigt sich, Ihnen zu erklären, dass wir, Kayla und ich, uns
gegenseitig nicht mit Geschenken überhäufen werden. Ein kleine
Anerkennung ist klar, aber alles andere wird dann gekauft, wenn man
es haben möchte, sofern die „monetären" Grundvoraussetzungen dafür
gegeben sind. Wozu soll man auch nur für eine einzige Anschaffung
ausgerechnet bis Weihnachten warten oder sie respektive auf
Weihnachten vorziehen, wenn man sie sonst vielleicht erst im
nächsten März gekauft hätte? Das ist doch völliger Unfug und macht
keinen Sinn. Einen Weihnachtsbaum errichten wir dieses Jahr auch
nicht, das macht nur unnötigen Dreck in der Wohnung, wenn man ihn
in einigen Wochen wieder abbauen muss. Ich habe noch einen
winzigen Kunststoffbaum mit fest eingebauter Lichterkette. Den
packen wir wieder aus, bei dem klappt man die Äste runter und dann
sieht das Ding wirklich recht echt aus. Natürlich fehlt der Tannenduft,
aber den gibt's hier ja draußen überall gratis und in größeren Mengen.
Aufbauzeit 5 Minuten, spätere Abbauzeit ebenso, fertig!

So weit so gut. Kayla und ich wünschen Ihnen nochmals frohe
Feiertage und falls es mir nicht mehr gelingt, Ihnen zuvor zu
schreiben, auch schon mal vorsorglich einen guten Rutsch in das neue
Jahr; Ihr
Egbert Lappenkeuler

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