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Auf dieser Seite finden Sie die Lappenkeuler - Beiträge “Discount-Friseur” und “Kein Job für jeden” aus dem Jahre 2006. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.
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Beitrag 1
Lappenkeuler - Brief / Email „Discount-Friseur" vom 26.08.2006
Weitere Frischgrüße aus Stuttgart!
Sie sehen, die Ereignisse überrollen einen ein wenig, denn sonst würde es in solch kurzer Zeitspanne nicht so oft neues zu berichten geben. Ich weiß gar nicht, womit ich anfangen soll.
Vielleicht zuerst ganz kurz zur Eingewöhnung mit dem neuen alten Auto von Subaru. An ein Auto hat man sich schnell wieder gewöhnt und ist sehr froh, endlich wieder fahren zu können. Die im Vergleich zum VW - Golf mäßigen Fahreigenschaften sind bei einer vernünftigen Grundeinstellung dazu auf lange Sicht gut erträglich, sofern man wirklich seine ganze Grundeinstellung darauf abrichtet. Wichtig ist, dass man fahren kann, nicht ob man zügig und sportlich unterwegs ist. Ich war zwar nie ein Raser, aber auch kein Schleicher. Mit dem Subaru relativiert sich das alles. Ein normaler Fahrstil im Golf würde man, sofern man ihn mit dem Subaru nachempfinden will, schon als rasen bezeichnen, eben weil der bei diesen Dingen schon an seine Grenzen stößt, die beim Golf noch als entspannte Alltagssituation erschienen. Wie mir jetzt aufgefallen ist, hat man mit dem Subaru selbst große Mühe, mit einem VW - Polo TDI halbwegs mitzuhalten, obwohl der TDI-Polo meines Wissens nur um die 70 PS hat. Aber was soll's, alles gemütlich angehen, Hektik gleich aussperren, sobald man ins Auto steigt und dann kann man auch mit dem Subaru recht zufrieden unterwegs sein. Der Alltagsverkehr ist kein Formel-1-Rennen und man geht am besten mit der Einstellung hinters Lenkrad, es ist mir völlig gleichgültig, wie rasant oder schnell andere fahren, ich fahre weiter meinen gemütlichen Fahrstil, lasse jeden vorbei der schneller unterwegs ist, es ist mir total egal, ich hab nicht mehr oder weniger davon, wenn ein anderer vor mir am Ziel ist oder wenn ein anderer schneller durch die Kurven fegt, als ich, fertig. Trotz solch zurückhaltender Fahrweise ist, so wie es aussieht, ein Verbrauch unter 10 Litern tatsächlich nicht zu schaffen, damit müssen wir jetzt wirklich leben. Auf Autobahnen fahre ich nun tatsächlich grundsätzlich nicht mehr schneller als 120 km/h, auf Landstraßen nur 90, obwohl man 100 könnte, ansonsten wie üblich. Sie werden lachen, aber jetzt begrüße ich sogar jeden Landstraßenabschnitt, der auf nur 70 oder 80 km/h begrenzt ist, das hilft mir Sprit sparen, ohne mich in den Augen anderer Verkehrsteilnehmer als lahmen Kriecher betiteln zu lassen. Was ich damals noch grundsätzlich ablehnte, sehe ich nun anders, von mir aus könnte man alle Landstraßen auf 70 km/h begrenzen, allerdings aus anderen Gründen, wie es beispielsweise von den Grünen gefordert wird. Ob der Abgasausstoß dadurch geringer wird oder nicht, ist mir ehrlich gesagt völlig egal, was für mich zählt ist nur, dass damit der Spritverbrauch und meine Kosten sinken. Früh hoch schalten, um mit niedrigen Drehzahlen weiteren Sprit zu sparen, mag der Subaru nicht gerne, im Golf war's kein Problem. Beim Golf TDI war dann auch bei niederen Drehzahlen noch genug Kraft dahinter, um trotzdem gut voran zu kommen. So kraftvoll zeigt sich der Subaru - Motor nicht, obwohl er mit 2 Litern Hubraum auch nicht gerade ein kleines Motörchen ist und nominal noch 0,1 Liter mehr Hubraum hat, als der Golf. Wenn man durch frühes Schalten in solch niedrigen Drehzahlen kommt, dann reagiert er zwar nicht mit ruckeln, wie viele Autos früher das machten, nein, er reagiert dann praktisch gar nicht. Er wird weder schneller noch langsamer, sondern dümpelt mit der langsamen Ausgangsgeschwindigkeit weiter daher, so als ob man gar nicht mehr Gas geben würde. Man ist also in dem Bereich schon zum Schalten und Drehzahl steigern gezwungen, sonst passiert nichts. Na ja, langer Rede kurzer Sinn, egal ob Kayla oder ich fahre, die ersten Nachrechnungen beim frühzeitigen Nachtanken ergaben bei der sehr schonenden und zurückhaltenden Fahrweise einen Durchschnittsverbrauch von 10,5 Litern auf 100 km. Wie ich schon ankündigte, haben wir daher unser Nutzungsverhalten dem angepasst. Fuhren wir früher mit dem Golf etwa zwischen 200 und 250 km die Woche, so fahren wir jetzt, durch Zusammenlegung und Fortfall von Einzelfahrten, etwa 150 km die Woche. Das gleicht den Mehrverbrauch zwar ungefähr aus, die Mehrkosten aber noch nicht ganz, eben weil Benzin ja auch noch deutlich teurer ist, als Diesel. Wir feilen da noch dran, um die durchschnittliche Wochenfahrstrecke auf etwa 100 km zu reduzieren und damit wäre dann auch dieser Liter- Mehrpreis weitgehend ausgeglichen. Fazit ist, die Beschleunigung und das Temperament sind bestenfalls halb so gut wie beim Golf, ebenso die Kurveneigenschaften bei höheren Geschwindigkeiten. In der Höchstgeschwindigkeit ist der Unterschied nicht so gravierend, der Subaru läuft durchaus 185 km/h, wie ein kurzer Test ergab, der 90 - PS - TDI - Golf war da vielleicht 5 km/h schneller. Allerdings steigen bei höheren Geschwindigkeiten die durchgesaugten Liter bei dem sauflustigen Subaru nochmals deutlich mehr, als im Verhältnis beim Golf. Von Geschwindigkeiten ab 140 km/h und höher muss man beim Subaru gleich die Finger ganz weg lassen, sonst kann man per Countdown abzählen, wie der Zeiger der Tankuhr nach unten gegen 0 geht. Hätte man beim Golf den gleichen Verbrauch gehabt, hätte man sich ständig umgesehen, ob nicht irgendwo der Sprit auf die Straße rinnt, wegen einer undichten Stelle im Tank oder so. Der Verbrauch liegt nominal um rund 60 % höher, wenn man die rund 6,5 Liter auf 100 km beim Golf als 100 % - Wert ansetzt. Rechnet man nun noch hinzu, dass Benzin knapp 20 % teurer ist, als Diesel, dann hat man insgesamt fast die doppelten Kraftstoff-Kosten, als beim Golf. Trotzdem, und da stehe ich zu unserem Subaru, kann sich der Kauf eines solchen Wagens im Vergleich lohnen, eben weil man ihn als Gebrauchtwagen zuweilen zu Spottpreisen bekommt, die ungefähr bei einem Sechstel des Preises eines gleich alten Golf - TDI liegen. Diese Rechnung geht natürlich nur bei jemandem auf, der relativ wenig fährt, wo dann die Kraftstoffkosten dadurch weniger ins Gewicht fallen. Genau betrachtet, wäre dies das ideale Auto für Leute die maximal 5.000 km im Jahr fahren. Solche Leute gibt es ja auch, besonders in Städten viele. Ansonsten ist er sehr bequem, fast schon etwas sänftenartig und der ungewöhnliche Boxer - Motor grummelt in einem dezenten Grunzgeräusch, welches akustisch Kräfte vortäuscht, die in der Praxis leider nicht da sind.
Nun wieder hier zum Haus. Letzten Samstag eilte der Notarztwagen hierher und mit großen Augen verfolgten wir, wie die Rettungssanitäter hier ins Haus liefen. Die Frau oder Partnerin von dem Neumieter, die so oft heftig hustet, war zusammengebrochen und musste in die Klinik. Ich weiß zwar nach wie vor nicht, worunter die genau leidet, aber es scheint doch ernster zu sein. Am Donnerstag war sie aber wieder hier und hustet jetzt auch nicht mehr ganz so oft. Dieser Kunstmaler, der sonst gerne über alles mögliche im Flur oder hier hinter dem Haus ein stundenlanges Schwätzchen hält, erwähnte mit keinem Wort die Krankheit seiner Nuala und ich wollte ihm auch nicht die Würmer aus der Nase ziehen. Vielleicht ist es ihm ja peinlich, darüber zu reden. Er ist jedenfalls stolz wie Oskar auf seine Nuala, die soll angeblich früher sogar einmal Bartänzerin gewesen sein. Das muss aber dann, nach meiner Meinung, schon viele Jahrzehnte her sein, also mit der senkrechten Zeppelinfigur müsste es schon etwas elefantöses haben, wenn die tanzt. Die sonstigen Neuigkeiten aus dem Haus geben auch nicht gerade Anlass zur Freude. Irgend so ein Heini von der neuen Eigentümergesellschaft war hier, um sich mal in natura anzusehen, was sie da überhaupt von der Entwicklungsgesellschaft im Mai übernommen haben. Das war so ein staubtrockener Bürofurzer, der nur seine Akten, Bilanzen und Bestimmungen kennt. Er besuchte jede Wohnung und alle Mieter und immerhin konnte ich ihm einige Informationen entlocken. Diese komische Schweizer Gesellschaft hat nicht restlos alle Gebäude der früheren Entwicklungsgesellschaft erworben, sondern nur ungefähr ein Drittel. Die anderen beiden Drittel wurden von anderen Firmen gekauft. Der Heini nannte sich Herr Balg und stammte nach eigenen Angaben eigentlich aus der Gegend von Aachen, würde aber schon seit 1976 für diese Schweizer Wohnungs- Managementfirma arbeiten und in wenigen Jahren in Rente gehen und sich dann in seinen Altersruhesitz in der Schweiz zurück ziehen. Wir sind ja fast in Lachen ausgebrochen, als der zum ersten Mal die schrägen Raumzuschnitte hier sah. Sein Gesicht hätten Sie sehen sollen. Der war zunächst felsenfest der Meinung, ein Mieter habe sich einen schlechten Scherz erlaubt und ohne Wissen der Vermieter selbst die Raumgestaltung so schräg verändert. Als er dann sah, dass hier alle Wohnungen so sind, schüttelte er nur noch völlig ungläubig den Kopf und meinte, was sich der damalige Haus-Eigentümer vor einigen Jahren dabei wohl gedacht habe. Zu jeder Wohnung machte er sich zahlreiche Notizen in einem dicken Kladden. Uns sprach er aus sich heraus direkt auf das besondere Mietverhältnis ohne reguläre Mietzahlungen an. Das wusste er also. Er fand dies sehr befremdlich und meinte, dass bei der Entwicklungsgesellschaft so einiges nicht mit normalen Dingen zugegangen wäre und er überall auf Ausnahme- und Sonderregelungen treffen würde. Das würde ihnen, als neue Eigentümer nun allergrößte Schwierigkeiten bereiten, da nicht viel einheitlich geregelt sei und das könne so nicht bleiben. Da wäre keine wirtschaftliche Führung der Wohnanlagen möglich, man brauche den dreifachen Verwaltungsaufwand, wenn von 118 Wohnungen in insgesamt 14 Häusern, die sie von der Entwicklungsgesellschaft hier in Stuttgart übernommen hätten, immerhin 34 mit unterschiedlichsten Sonderregelungen vermietet wären, die absolut keinen normalen Gepflogenheiten entsprechen. Es sei alles komisches Gemauschel und man bemerke sofort, dass die vorherige Entwicklungsgesellschaft ein Tochterunternehmen einer Kommune gewesen sei, so etwas gebe es nur dort. Das machte uns natürlich stutzig und Kayla fragte direkt, was das denn konkret für uns bedeuten könnte und ob man Änderungen erwarten müsse. Der Herr Balg wollte zwar nicht so recht auf diese direkte Frage antworten, lies aber im weiteren Verlauf doch durchblicken, dass man ihrerseits da eine andere Lösung finden müsse. So wie das jetzt läuft, wäre der Verwaltungsaufwand viel zu groß, eben wegen der ganzen Ausnahmen vom Normalfall. Er sagte, das sich etwas ändern wird, davon muss man ausgehen, allerdings wie und was sich ändert, das könne man jetzt noch nicht sagen, da das Konzept zur Änderung erst dann erarbeitet wird, wenn alle Fakten von allen Häusern zusammengetragen und ausgewertet sind. Es solle keine Sonderlösungen für Einzelfälle mehr geben, sondern alles soll nach den gleichen Regeln gehandhabt werden, die natürlich vornehmlich von der Schweizer Wohnungsmanagementfirma bestimmt werden. Kayla meinte dann, das könne dann ja sicher noch 2 Jahre dauern. Das hatte sie natürlich nur so dahergesagt, um ihm eine konkrete Antwort zu entlocken, die dann auch prompt folgte. Er meinte wörtlich: „Machen sie sich da mal keine falschen Vorstellungen. Wir sind nicht die Entwicklungsgesellschaft. Unser Team ist da sehr kompetent, erfahren und schnell. Wenn das lange dauert, werden es 2 Monate, wahrscheinlicher ist 1 Monat. Jede Verzögerung bringt Verluste und Verluste will sich kein Unternehmen freiwillig leisten." Zur Vorsicht wiesen wir gleich auf gewisse vertragliche Zusicherungen in Sachen Mietfreiheit u.s.w. hin. Mit starrem und uninteressierten Blick meinte der Herr Balg dann, dass uns auch niemand diese Zusicherungen als solche nehmen wird, aber man könne vielleicht für beide Seiten interessante und einvernehmliche Möglichkeiten ausarbeiten, um alles in geordnete Bahnen zu lenken. Was er damit genau meinte, sagte er aber nicht. So bahnt sich wieder eine Lage an, an die wir ja fast schon gewöhnt sind, nämlich die, dass man da in der Luft hängt, wie man so sagt. Ohne wirklich längerfristige Zukunftsperspektiven in Sachen Wohnung. Man kennt das ja, vertragliche Zusicherungen werden von den hohen Herren kunstvoll umgangen oder ausgehebelt und der berühmte kleine Mann auf der Straße kann sehen, wie er damit fertig wird oder soll im Zweifelsfall noch zu deren Gewinnoptimierung auf seine eigene Kappe beitragen. Wissen Sie, nun weiß man ja noch nicht, worauf das alles hier hinausläuft, aber im Prinzip sehe ich am geistigen Horizont schon wieder einen erneuten Umzug auf uns zukommen. Übrigens Kayla sieht es durchaus ähnlich. Prinzipiell bin ich gar kein Feind von Umzügen, weil jede Veränderung nach meiner Meinung auch Positives mit sich bringt, allerdings hat alles seine Grenzen. Ich habe keine Lust gleich 2 oder 3 mal in einem Jahr umzuziehen. Da traut man sich ja selbst bei unserem minimalistischen Hausstand bald nicht mehr, die Umzugskartons überhaupt noch auszupacken, weil man sie nach ein paar Monaten oder gar Wochen schon wieder neu packen müsste. Das ist doch verrückt und man wird wahnsinnig darüber. Falls wirklich eine solche Entwicklung schon wieder anstünde, habe ich zu Kayla gesagt, dann sollen die uns lieber eine wirklich ordentliche Abfindungszahlung leisten, nach der wir aus den vertraglichen Ansprüchen aussteigen und dann kaufen wir uns dafür ein großes Wohnmobil oder so was und leben künftig darin. Da kann man den Ort wechseln wie man will und hat trotzdem seinen eigenen Hausstand immer dabei. Bei den paar Sachen, die wir haben, die bekämen wir zur Not in solch einem großen Wohnmobil untergebracht, zumindest wenn wir die Schränke mal weg lassen. Sicher wäre auch das keine Dauerlösung, aber für vielleicht 2 Jahre wäre ein solches Leben durchaus mal interessant. Nun will ich nicht vorgreifen, von aus- oder umziehen hat ja bislang noch keiner etwas gesagt, aber ich habe das Gefühl, dass so etwas wieder in der Luft liegt. Wir werden noch zu Dauer - Umziehern, die ständig auf Wanderschaft sind, da können wir uns ja bald den Zigeunern anschließen.
Ach ja, ich berichtete Ihnen von dem onkelähnlichen Bekannten, diesem Fritz, der plötzlich gestorben war. Nach seinem Tod ist der dann noch einmal genau untersucht worden, um herauszufinden, woran er nun wirklich gestorben ist. Man vermutete ja einen Zusammenhang mit seiner Diabetes - Erkrankung oder eine Herz- und Kreislaufschwäche, die im Zusammenhang damit entstanden ist. Die Untersuchung ergab zwar, dass diese Werte wohl auch relativ schlecht waren, aber man geht nun davon aus, dass zwar eine Herzschwäche den eigentlichen Tod ausgelöst hat, aber diese Herzschwäche selbst ist durch eine Überlastung des Herzens verursacht worden, die ihrerseits wieder ihre Ursache in einem riesigen Krebsgeschwür in seinem inneren hatte, von dem keiner etwas wusste, er selbst wohl auch nicht. Die sagten, solch ein Geschwür belaste den Kreislauf ab einem bestimmten Stadium ungemein, sorge für unbeherrschbar hohen Blutdruck und enorme Kreislaufschwankungen. Nur seine Frau meinte, im letzten halben Jahr sei er irgendwie anders gewesen, habe immer schlecht geschlafen und sich gesorgt, wie es nur weitergehe oder sei von seltsamen Alpträumen aus dem Schlaf gerissen worden. Dann bei der Beerdigung, an der ich selbstverständlich teilnahm, traten illustre Gäste mit auf, bei deren Anblick es sicher manch einem kalt den Rücken runter lief. Es war sehr voll auf diesem Friedhof, ich würde sagen, dass sicher über 200 Leute dort waren, um an seinem Abschied teilzuhaben. Darunter befanden sich auch alte Kiez-Größen aus diesem seltsamen Milieu, als er früher noch diese Spelunken hatte. Eine Frau, ich kannte die gar nicht, machte einen regelrechten Aufstand, ein Geheul, als habe man ihr den Verstand geraubt. Nachher erzählte mir einer, dass sei eine Tochter von dem gewesen, die er mit der Frau hatte, von der er einst seine zweite Spelunke abgekauft hatte. Davon wusste ich gar nichts, ich kenne seine Frau und die beiden inzwischen auch schon längst erwachsenen Töchter, die er mit der hat, aber die hier kannte ich gar nicht. Seine beiden erwachsenen Töchter, die ich kenne, sind inzwischen auch schon ungefähr 35 bis 40 Jahre alt. Daran sieht man, wie die Zeit verfliegt, ich kannte die beiden noch als süße kleine Gören. Aber hier die angebliche Fremd-Tochter, die dieses Geschrei am Grab veranstaltete, hatte zwar eine bildhübsche Figur, war aber nach meinem Eindruck vom Gesicht her noch etwas älter, vielleicht 45, eher 50 Jahre. Vom Verhalten her ein richtiger Zickentyp, wie man so sagt. Die machte ein Trara und eine Show, das uferte schon in den Bereich von Lächerlichkeit und Wahnsinn. Man sah auch sofort, dass die und die „echten" Töchter sich nicht grün sind. Wenn Blicke töten könnten, dann wären die dort sofort alle 3 umgefallen. Das Geschrei von ihr war kein Streitgebrüll mit den anderen, näheren Verwandten, es war, ich würde mal sagen, aufgebauschte Trauer. Sicher, jeder trauert anders, aber mir war das sehr suspekt und es war wie eine aufgesetzte Theaterinszenierung. Man hatte den Eindruck, die springt fast noch dem Sarg hinterher, als der abgelassen wurde. Später gab es in einer Nobelgaststätte unweit des Friedhofs einen Leichenschmaus. Normalerweise nehme ich an Leichenschmäusen nicht teil, aber im Fall von Verwandten und sehr guten Bekannten schon. Selbst dort war die Bude bis zum letzten Sitzplatz voll und der Festsaal des Lokals alleine genügte nicht, obwohl der schon recht groß war. Die Feierlichkeit wurde deshalb kurzerhand noch auf das benachbarte eigentliche Lokal ausgeweitet. Der Wirt hing dann ein Schild an die Eingangstüre, auf dem stand „Heute Geschlossene Gesellschaft", damit Normalgäste, die damit nichts zu tun hatten, erst gar nicht mehr rein kamen. Na und dort wurde dann heftig geredet und geflüstert. Besonders über die theatralische Aufführung dieser Fremd-Tochter, die so gut wie keiner zuvor überhaupt kannte. Kaum jemand vermochte an eine echte Trauer zu glauben, das war doch nur eine Showeinlage, sagten fast alle. Einer wollte wissen, dass diese Nebentochter deshalb kaum jemandem bekannt sei, weil sie schon in den 70iger Jahren einen Araber geheiratet hatte und dann mit dem in den Orient gezogen sei. Dort sei sie aber durch die ungewohnten Lebensumstände oder gewisse Vorfälle wahnsinnig geworden. Ein anderer meinte ergänzend, es habe daran gelegen, weil dieser Araber sie dort gegen ihren Willen gewissermaßen an zahlende andere Orientalen vermietet habe, worauf ihr jetzt verstorbener Vater sie von dort zurück geholt habe und mit seiner durchaus vorhandenen Macht durch seine ganzen Verstrickungen auch dafür sorgen konnte, dass die Ehe annulliert wurde. Angeblich sei dann rein zufällig kurz danach dieser Araber bei einem erneuten Besuch in Deutschland mit seinem Wagen in den Bodensee gefahren und dabei ertrunken. Hier habe sie dann schon seit Mitte der 80iger Jahre ihr Leben in einer psychiatrischen Klinik verbracht und sei dort vor etwa 10 Jahren als geheilt entlassen worden. Was nun stimmt, ich weiß es nicht, vielleicht ist auch alles nur dummes Zeug. Sie wissen ja, solche Vorgänge entwickeln gerne ihr Eigenleben und fast jeder, der diese Storys weiter erzählt, hängt eine noch dramatischere Variante hinten an. Unterdessen traf die besagte Nebentochter auch auf dieser Feierlichkeit ein. Selbst im geschlossenen Raum behielt sie ihre große, total schwarz getönte Sonnenbrille auf. Dazu trug sie einen eigenartigen schwarzen Hut, der wie mehrstufig ineinander geschobene schwarze Rohre aussah, die sich nach oben verjüngten. Neben ihr saß ein junger Mann, der wie so ein Gorilla aussah, also solch ein Türstehertyp. Mit dem redete sie pausenlos, wobei sie immer wieder schrill aufkicherte. Von Trauer war da keine Spur mehr zu sehen. Im Laufe der Zeit kam dann noch ein Apotheker, die nannten den so, ob es wirklich ein Apotheker war, weiß ich nicht, auf die blöde Idee, eine langanhaltende Laudatio auf den Verblichenen zu halten. Er hatte sich echt Mühe gemacht und viele Fakten zusammengetragen, die er alle in seiner Rede unterbrachte, aber die Rede wurde dadurch sehr langatmig und vor allem langweilig, nachdem sie eigentlich sehr spannend und interessant begonnen hatte. Diese Laudatio dauerte mindestens 45 Minuten und etliche liefen schon im Kreis und vertraten sich die Beine andere klimperten nervös mit dem Besteck, um ihm zu zeigen, dass er ein Ende finden soll. Damit aber nicht genug. Als der mit seinem Gesülze endlich fertig war, hatte das einen alten Zwerg angespornt, ich kannte den gar nicht, ein alter, sehr kleiner Herr, der schon 87 Jahre alt war, wie er selbst betonte, erzählte mit piepsender Stimme einige Anekdötchen aus der Vergangenheit. Die waren dann aber unterhaltsamer, als die langgezogene Laudatio. Dann gab es ein äußerst opulentes Essen, bei dem es zu einem Eklat kam. Wir aßen gerade die zwar dünne, aber trotzdem sehr schmackhafte Vorsuppe, da schlug die Nebentochter mit voller Wucht und voller Absicht auf die Kante ihres Tellers, so dass der zuerst mitsamt Suppe hochschnellte, die Suppe durch die Gegend spritzte, dann flog der Teller natürlich zu Boden und zersplitterte. Der Gorilla an ihrer Seite fasste sie dann beim Arm und versuchte sie zu beruhigen. Das gelang ihm aber nicht richtig. Die schimpfte wie ein Rohrspatz und so schrill, dass man die Worte nicht verstehen konnte. Irgendwie beschimpfte sie wohl die Frau und die „echten" Töchter des Verstorbenen, aber den Zusammenhang oder was die damit überhaupt sagen wollte, konnte man beim besten Willen nicht ausmachen. Ich kenne ja die Frau und die Töchter des Verstorbenen und würde aus meiner Sicht sagen, das sind sehr gute Leute, die bestimmt nicht diese kreischende Zimtzicke von Nebentochter irgendwie übers Ohr gehauen haben oder so. Ich kann mir keinen wirklichen Grund für dieses Theater vorstellen. Die Nebentochter steigerte sich immer mehr in das Geschrei, sprang dann aber letzten Endes auf und verließ zusammen mit ihrem Gorilla die Lokalität, mit der nun plötzlich klar und deutlich vorgetragenen Bemerkung, dass sie mit solchen Leuten nicht die gleiche Luft atmen könne. Ich saß direkt am Fenster zum Parkplatz des Lokals hin und sah dann, dass sie draußen schlagartig die Gesichtszüge von finster auf lustig, ja geradezu lachend wechselte. Sie stieg in einen teuren, neuwertigen, silberfarbenen Mercedes, während der Gorilla in einen älteren, rostzerfressenen BMW stieg und mit quietschenden Reifen davon brauste. Wissen Sie, mit der Lebenserfahrung bekommt man ja auch die Fähigkeit, gewisse Situationen, das Verhalten der Leute dabei und auch in diesem Zusammenhang die gemachten Gesichtszüge zu einem Gesamtbild zu deuten. Danach beurteilt war für mich klar, die ganzen Szenen, der ganze Aufstand war nur gespielt und die Nebentochter hat sich darüber in Wahrheit noch köstlich amüsiert, den Leuten eine solche Show geboten zu haben, über die mit Sicherheit noch lange gesprochen wird. Des weiteren hatte ich den Eindruck, dass auch dieser Gorilla eigentlich gar nicht zu der Frau gehörte, dass der nur gemietet war oder irgendwie aus Gefälligkeit mitgekommen war, nur um ihrem Auftritt noch mehr den Reiz des Besonderen zu verleihen. Die älteste echte Tochter des Toten sagte dann kurz einige Worte des Bedauerns über diesen Zwischenfall mit der Laura, so hieß diese Nebentochter demnach. Eine Frau Krüger saß bei mir mit am Tisch, die kenne ich sogar von früher, die hatte vor 20 Jahren beim Verstorbenen im Büro gearbeitet. Ich glaube, die war sogar um ein paar Ecken mit seiner Frau verwandt. Die Krüger erzählte, dass diese ausgerastete Laura es früher schon faustdick hinter den Ohren hatte. Sie sei unter anderem schon als Kind mehrfach wegen ihrer extrem unersättlichen Nymphomanie erfolglos in diversen, teuren Spezialkliniken gewesen und habe damals schon mehr Männer pro Monat verschlungen, als 20 normale Frauen in ihrem ganzen Leben zu Gesicht kriegen. Gegen 18 Uhr endete die Veranstaltung und ich fand, dass durch den Vorfall mit der Nebentochter der Verstorbene viel zu wenig gewürdigt wurde. Normalerweise wird bei einem solchen Leichenschmaus rekapituliert, was der Verstorbene alles interessantes durchlebt und geleistet hat, aber durch diese Sache kam auf die Idee erst gar keiner mehr, alles drehte sich nur noch um Laura.
Das ist vielleicht ein eigenwilliger Sommer. Der Juli so heiß, dass man sich schon beim Anfassen der Hauswand von außen fast die Finger verbrennt und dann nun dieser August, der typisches Septemberwetter bietet. Jetzt herrschte vor ein paar Tagen hier ein Blitzgewitter in zweifacher Hinsicht, nicht nur weil ein Gewitter auch Blitze enthält, sondern weil es blitzartig kam und auch blitzartig wieder verschwand. Dabei kam es so schmalspurig daher, dass es Stadtteile von Stuttgart gab, die überhaupt nichts davon mitbekamen, andere hingegen erwischte es um so heftiger, so auch hier. Ich war gerade auf dem Weg in die Tiefgarage, weil ich mit dem Subaru Getränke einkaufen fahren wollte. Schlagartig begann ein Platzregen, der es in sich hatte. An der Einfahrt der Tiefgarage befindet sich ein längliches Ablaufgitter, welches auf der gesamten Fahrbahnbreite die herbeiströmenden Abwässer, also vornehmlich Regen, erfasst und in die Kanalisation leitet. Aber da strömte nun plötzlich soviel Regenwasser rein, dass die Abfließgeschwindigkeit nicht mehr nachkam und ein Rückstau entstand. Das Wasser brodelte hoch und floss sogar im Einfahrtsbereich in die Tiefgarage rein. Nun waren hier gottlob kluge Planer am Werk, denn bereits im Inneren der Tiefgarage folgt etwa 2 m hinter der Einfahrt ein breiter Abwasserschacht, der mit einem Gitter abgedeckt ist. Nun floss das überschüssige Wasser dort rein und gefährdete dadurch nicht die Fahrzeuge und den Rest der Tiefgarage. Obwohl ich meine Gangart verstärkte und zur Tiefgarage lief, war ich auf den wenigen Metern vollkommen durchnässt worden vom Regen, nass bis auf die Haut. Hätte ich das vorher gewusst, wäre ich im Haus durch den Keller gegangen, denn von dort gibt es einen unterirdischen Quergang aus Beton zur Tiefgarage. Meist benutze ich aber einfach den Weg hinten am Haus raus über die gepflasterte Fläche zwischen Haus und der Wiese, weil das deutlich schneller geht und wenn man mit Leergutkästen bewaffnet ist, eckt man in dem Kellerzugang überall an. Jedenfalls war ich so patschnass geworden, dass an eine weitere Einkaufsfahrt nicht zu denken war. So entschloss ich mich, zurück in die Wohnung zu gehen und erst einmal zu duschen und trockene Klamotten anzuziehen. Gemütlich schlenderte ich durch den strömenden Regen zurück zum Haus, was ja jetzt egal war, weil ich ohnehin durchnässt war. Einige, die das vom Fenster aus sahen, mögen mich für verrückt gehalten haben, aber nasser als ich schon war, konnte ich davon auch nicht mehr werden. Nur mit dem schnellen Duschen das funktionierte nicht, denn wie ich erst drinnen feststellte, war der Strom durch das Gewitter ausgefallen und ohne Strom kein warmes Duschwasser, weil die Umlaufpumpe der Heizung dann kein warmes Wasser hochpumpen kann. Um eiskalt zu duschen war mir an dem Tag die Umgebungstemperatur zu kühl, bei solchen Temperaturen wie im Juli hätte ich das gemacht. Nach 45 Minuten kam der Strom wieder und ich war froh, dann endlich duschen zu können. Danach hatte ich dann aber keine Lust mehr, Getränke kaufen zu fahren und verschob das auf den nächsten Tag. Als ich dann einen Tag später in der Tiefgarage zum Subaru kam, stellte ich erst fest, dass ich in der Regenhektik am Tag zuvor den Wagen bereits aufgeschlossen hatte, den Kofferraumdeckel offen und die leeren Kästen daneben standen. Nun hat in der Zwischenzeit keiner etwas gestohlen, es kommen ja normalerweise auch nur Bewohner des Hauses und eine Hand voller Parkplatz-Fremdmieter aus der Nachbarschaft rein, aber trotzdem. Es wäre gewiss auch für Fremde kein Problem, in die Tiefgarage zu kommen, wenn einer sich hier halbwegs auskennt. Es ist ja so, wenn einer mit dem Wagen rausfährt, dann bleibt der ja nicht mehr stehen, um abzuwarten, bis dieses Rolltor wieder von selbst zu geht. Eigentlich soll man zwar nach dem Rausfahren kurz anhalten, dann an einem kleinen Pfosten einen rotweißen Knopf drücken, danach senkt sich das Rolltor sofort ab und verschließt die Tiefgarage, aber jeder weiß, dass wenn man das nicht macht, das Rolltor nach etwa 3 Minuten von selbst wieder zufährt, eben um ein Vergessen der Schließung zu vermeiden. So ist inzwischen fast jeder zu faul, beim Rausfahren diesen besagten Knopf noch zu drücken und fährt in einem Durchgang am Haus vorbei vorne auf die Straße. So bleiben theoretisch Fremdlingen mindestens 2 unbeobachtete Minuten, in denen sie gemütlich durch die Ausfahrt in die Tiefgarage eintreten können. Wie angedeutet, es war in meinem Fall jetzt aber nichts weggekommen, obwohl der Wagen dort einen Tag geöffnet herumstand, sogar mit weit hochgeklapptem Kofferraumdeckel und danebenstehend auf dem Garagenboden 4 Getränkekisten. Es hat aber auch keiner der anderen Tiefgaragennutzer etwas gesagt, aber das kann man sicher nachvollziehen. Jeder der das sieht, der denkt, ach der kommt jeden Moment wieder, hat sicher was vergessen oder befindet sich sogar irgendwo in der Tiefgarage in der Nähe, nur man sieht ihn halt nicht. Außerdem würden Autodiebe sich sicher nicht unbedingt einen alten Subaru als Objekt ihrer Begierde aussuchen.
Rund einen halben Kilometer von hier hat diese Tage ein, ja nennen wir es mal Discountfriseur aufgemacht. Ich wüsste im Moment keinen anderen Namen dafür. Es wurden an alle Haushaltungen Zettelchen verteilt, dass am 21. große Eröffnung sei. Neben Unterhaltung, freien Getränken und Knabberei, erhielten am Eröffnungstag alle Besucher ein Los und jede 10. Losnummer gewinne einen kostenlosen, freien Haarschnitt, einzulösen binnen der ersten Betriebswoche. Sie kennen unsere Vorliebe für derartige Veranstaltungen und so sind wir selbstverständlich hingegangen. Es war recht voll dort und schon schwierig überhaupt noch in den Friseursalon rein zu kommen. Es ist uns aber noch gelungen. Zuerst erhielt Kayla ein Los mit der Nummer 304, ich bekam etwas später eines mit der Nummer 319. Jede halbe Stunde wurde ausgelost, welche Losnummern aller Besucher, die in der vorhergegangenen halben Stunde gekommen waren einen solchen Freihaarschnitt gewonnen hatten. Die Idee, das so zu machen war nicht schlecht, denn sonst hätten ja alle bis zum Schluss bis zur Endverlosung warten müssen, es wäre noch voller gewesen und die Auslosung selbst hätte 2 Stunden gebraucht. Anhand der fortlaufenden Nummern konnten die dann gleich sehen, dass z.B. nun nur Nummern zwischen 300 und 350 ausgelost wurden, da die niedrigeren Nummern schon vorher bei den Verlosungen dran waren und eventuell höhere erst bei der nächsten Verlosung dran kommen werden. So blieb die Spannung ständig gleich hoch und der Prozentsatz der Gewinner wurde ebenfalls gleichmäßig über den Tag verteilt, was ja mehr Wirkung erzeugt, als wie wenn man ganz am Schluss in geballter Monotonie eine endlose Liste von Gewinnnummern vorliest. Die halbstündliche Verlosung ging unterdessen schnell. Kayla gewann mit ihrer Nummer 304 nichts, aber ich hatte tatsächlich das Glück, mit der Nummer 319 gezogen zu werden und einen sogenannten Herren- Schnellhaarschnitt zu gewinnen. Friseur, Haarschnitt und schnell das klingt per se schon mal gut, weil's sich eigentlich widerspricht. Ich hasse es, bei Friseuren herumzusitzen und zu warten, dass man dran kommt. Seit Jahren trimmen wir uns die Haare auch deshalb selbst, das heißt seit Kayla bei mir ist, machen wir uns das gegenseitig und das klappt inzwischen wirklich hervorragend. Vor Kaylas Zeit habe ich mich damit öfters mehr schlecht als recht abgemüht. Sich selbst die Haare schneiden ist eigentlich ein Unding, aber da ich keine Zeit und kein Geld für den Friseur verplempern wollte, habe ich dann früher mir immer etwa 3 mal die Haare stümperhaft selbst zerschnitten und dann bei jedem 4 mal bin ich dann doch zu einem richtigen Friseur, der dann in das Kopfgestrüpp wieder etwas Ordnung brachte und dabei manchen Stoßseufzer über die von mir eingebauten Fehler losließ. Später war ich mehr durch Zufall dann mal an eine Friseuse geraten, die das als Hausbesuche machte. Eine sehr nette Person, nur oft vergingen dann die Stunden und wir hatten alles mögliche gemacht, nur nicht meine Haare geschnitten. Dann musste die am nächsten Tag noch mal kommen und oft ging's dann ähnlich. Nun gut, der machte das Spaß, die bekam ja auch jede Stunde bezahlt, die die hier war, egal was die machte. Aber seit Kayla in mein Leben trat, ist natürlich mit solchen Eskapaden Schluss. Ich muss zugeben, vor Kaylas Zeit war ich für solche Gelegenheiten, um es mal so zu nennen, sehr anfällig. Wissen Sie, ein alter Grundsatz lautete, so lange es noch geht, geht es und wenn es einmal nicht mehr geht, dann nützt keine Trauer mehr um verpasste Chancen. Doch zurück zum Discount-Friseur. Ich hatte also einen kostenlosen Haarschnitt gewonnen. Am Eröffnungstag wurde mir der aber nicht verabreicht, dazu wäre es auch zu voll gewesen. Wir haben die Veranstaltung dann auch verlassen. Am Mittwoch danach bin ich dann früh morgens gleich in den Laden, um mir sozusagen meinen Gewinn abzuholen, beziehungsweise den Gewinn in Haarpracht umsetzen zu lassen. Also man muss sagen, die alten Vorurteile gegen Friseure scheinen dort nicht mehr viel Gültigkeit zu haben. Kaum war ich in dem Salon, kam eine nette Dame, bot mir erstens einen Kaffee oder Tee zur Wahl und schon gleich konnte ich auf einem von etwa 12 Friseurstühlen Platz nehmen. Es mag natürlich auch an der frühen Zeit mit gelegen haben, aber trotzdem. Gehen Sie mal zu einem Friseur ohne Anmeldung, da warten Sie selbst bei günstigen Bedingungen 2 Stunden, bevor sie überhaupt dran sind. Ich schlürfte einen Hagebutten-Tee und schon ging es los. Eine erfahren wirkende, etwa knapp 30 Jahre alte Friseuse fragte noch in welcher ungefähren Stilrichtung ich den Haarschnitt haben möchte. Ich zuckte mit den Schultern und meinte, dass mir da nichts konkretes vorschwebe, weil ich nicht weiß, wie sich diese Stile alle so nennen. Da ich ja schon erhebliche Haarlücken habe oder mehr nur noch von einem ausgeprägten Haarkranz sprechen kann, meinte die Friseuse, sie wisse schon etwas, was da gut passe. So ließ ich sie machen, betonte aber zuvor, dass ich nicht als lebendiges Kunstwerk den Laden verlassen möchte und auch keine Punkfrisuren oder dergleichen mag. Keine Sorge, meinte sie, Punkfrisuren gebe es bei ihnen gar nicht und für Kunstwerke reiche die Zeit nicht. Zuerst überschwemmte sie meinen Kopf mit einer klaren Tinktur, die sehr angenehm roch, ich fand das jedenfalls. Auf die Frage, was das sei, meinte sie, es sei ein Mittel, welches dafür sorge, dass sich Haar und Kopfhaut entspannen, wodurch die sich einfacher, schneller und korrekter schneiden ließen. Von so etwas habe ich noch nie gehört, nur dass sich Haare direkt nach dem Waschen noch klatschnass besser schneiden lassen, ist mir bekannt, denn das machen wir auch so, wenn wir uns gegenseitig die Frisur mähen. Ich sage Ihnen, die Frau fegte mit einem Tempo über meine Rübe, als gelte es einen Geschwindigkeitsrekord im Haare schneiden aufzustellen. Seitlich flogen nur so die Fetzen von meinen Haarresten weg. Nach allerhöchstens 10 Minuten lupfte sie mir die Schutzschürze ab und meinte stolz: „Das war's, schon fertig und alle Ohren sind noch dran!" Dann hielt sie von hinten einen Spiegel hinter meinen Kopf, so dass ich dadurch im großen Spiegel vor mir sozusagen in doppelter Spiegelung auch das Ergebnis an meinem Hinterkopf begutachten konnte. Nun ja, heute sind die Frisuren auch für den Mann ja völlig anders, aber ich fand es schon seltsam. Keine gleichmäßige Ordnung, alles steht irgendwie struppig nach allen Richtungen, und ein guter Friseur von heute hinterlässt offensichtlich ein Ergebnis, was so ausschaut, als sei man gerade eben nicht beim Friseur gewesen, eher sogar so, als sei man mit dem Kopf in eine gefüllte Regentonne geraten und habe dann nach dem Rausziehen des Kopfs einfach alles so ohne zu kämmen trocknen lassen. Die Friseuse meinte, es sei aber sehr gelungen, es hatte vor allem den Vorteil, es war so geschickt angelegt, dass die kahlen Flächen auf meinem Denkplateau fast völlig unsichtbar wurden, weil sie von hochragenden Stückchen der noch vorhandenen Haarreste verdeckt wurden. Ähnlich wie bei einem Parkplatz, den man nicht sieht, weil rundum eine Hecke drum ist. Ein anderer Kunde, der sich einen aufwändigen Stylehaarschnitt machen ließ und dafür sogar unter der Trockenhaube saß und wartete, klatschte gar Beifall und meinte das sei wirklich hervorragend gelungen. Ich selbst empfand den Haarschnitt eher als lächerlich, aber es mag auch am völlig ungewohnten liegen. Der Haarschnitt war ja kostenlos, dank Los Nummer 319, der fixen Friseuse spendierte ich anstandshalber dann noch 2 Euro Trinkgeld. Man muss es aber sagen, dieser Herren-Haarschnitt hätte nur 7,50 Euro gekostet, wenn man sie regulär hätte bezahlen müssen. Dafür gestattet Ihnen heute ein normaler Friseur noch nicht einmal mehr den Lesezirkel im Wartebereich aufzuschlagen. Unter 30 Euro läuft bei denen doch nichts mehr. Bei Damen-Haarschnitten bewegt sich gar unter 60 - 70 Euro kein Kamm mehr in Richtung Kopf. Also preiswert sind die, sehr schnell und ohne großartige Wartezeit und die Haarmode wird heute beim normalen Friseur auch nicht anders sein, so sind halt die Zeiten. Trotzdem hatte ich dank des ungewohnten Kopfbildes draußen ständig das Gefühl, dass alle Leute mich verwundert anstarren oder sich gar lustig über mich machten, aber das war natürlich Unsinn und dieses Gefühl legte sich nach 2 Stunden der Eingewöhnung. Kayla war zu Hause natürlich zuerst auch erstaunt über diesen Haarschnitt, den sie als Zaun-Frisur bezeichnete.
Für heute ende ich hier schon wieder, obwohl es noch einiges zu berichten gibt, aber ich muss noch dringend in die Stadt fahren, daher erledige ich das mit der Email jetzt noch schnell und packe die weiteren Nachrichten in meine nächste Email. Viele, hoffentlich bald mal wieder sommerlichen Grüße, sendet Ihnen Ihr
Egbert Lappenkeuler
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Beitrag 2
Lappenkeuler - Brief / Email „Kein Job für jeden" vom 01.09.2006
Weitere, verregnete Grüße.
Die Dinge schreiten weiter und das mit ungewöhnlich großen Schritten. Womit fange ich an?
Am letzten Sonntagnachmittag war Kayla ein kleines Malheur passiert. Beim Zurücksetzen mit dem Subaru in eine Parklücke stieß sie mit dem hinteren rechten Kotflügel gegen einen Begrenzungspfosten aus Eisen. Nun ist für uns ein Auto kein Schönheitsideal oder so was, aber man ärgert sich doch, zumal wenn man den Wagen erst gerade hat. Nun ist es andererseits eine alte Kiste, wenn man so will, da ist es dann auch wieder nicht so schlimm, da es an der Fahrtüchtigkeit nichts ändert. Aber gut, man sagt sich schon, da hat es der Wagen ohne uns geschafft 9, fast sogar 10 Jahre ohne Beule zu überstehen, und dann kaufen wir ihn und rumms knapp 2 Wochen später hat er die erste Beule. Der Subaru ist im Vergleich zum Golf, an den wir noch gewöhnt sind, unübersichtlicher und in den Außenabmessungen größer, obwohl innen eigentlich sogar etwas weniger Platz ist. Schlechte Raumausnutzung nennt man so was wohl. Gut, vorne auf den Sitzen merkt man keinen nennenswerten Nachteil zum Golf, aber hinten schon und vom Kofferraum wollen wir erst gar nicht reden. Von den Außenabmessungen her gehört der Subaru ja eigentlich in die Fahrzeugklasse, in der auch der VW - Passat, der Ford - Mondeo oder Opel - Vectra liegt, innen hat er aber, wie gesagt, sogar etwas weniger Platz als ein Golf, der ja so gesehen eine ganze Fahrzeugklasse kleiner ist. Egal, Kayla hatte also eine kleine Beule reingefahren, die trichterförmig nach innen verlief. Es gab deswegen keinen Krach zwischen uns, um Gottes Willen, dafür mag ich Kayla viel zu gerne, ehe ich der deswegen eine Szene machen würde und sind wir mal ganz ehrlich, mir hätte das selbe auch passieren können. Beiläufig berichtete ich meinem Autobekannten davon, mit der Frage, ob er einen guten Tipp auf Lager hat, wie man so etwas selbst wieder einigermaßen weg kriegt. Er meinte dann nur, ich soll mal mit dem Wagen vorbei kommen, er muss sich das zuerst ansehen, um einen Tipp geben zu können. So sind wir zu dem gefahren. Der meinte dann, da hätten wir wahrscheinlich ausgesprochenes Glück, denn er sehe sofort, dass die Beule gleichmäßig unter Spannung stünde. Nun hat der in seiner Werkstatt solche langen Eisen mit einem Griff unten dran, die aussehen wie ein zu lang geratener Schraubenzieher, bei dem der obere Teil flach abgeknickt ist. Mit solchen Dingern könne man das von innen wieder vorsichtig rausdrücken, wenn man von der Innenseite zwischen die Bleche kommt. Wie sich herausstellte, ging das aber nicht, da ausgerechnet diese Stelle zwischen Ecken und Verkleidungen versteckt lag. Er meinte, normalerweise wäre es dann ein Fall für den Schlagschweißer oder die Schlagkralle. Das kannte ich auch noch nicht. Ersteres ist ein ringförmiges Gerät, in dessen Mitte eine Art verstellbarer Schweißelektrode sitzt. Dieser kreisrunde Metallring des Geräts, wird dann um die Delle auf das Blech gehalten, ab der Stelle, wo das Blech noch gerade, also unverbeult ist. In der Mitte des Kreislochs sitzt dann genau über der Beulenmitte diese verstellbare Schweißelektrode und das ganze Ding wird dann an einen Elektroschweißtrafo angeschlossen. Dann drückt man oben an einem Hebel, der bewirkt, dass die Elektrode, sozusagen genau durch die der Loch-Mitte des Metallrings hindurch an der Beulenvertiefung mittig mit einem Punkt auf dem verbeulten Blech aufgeschweißt wird. Das lässt man dann ein paar Sekunden abkühlen und spannt den Hebel in die entgegengesetzte Richtung. Dadurch stützt sich die festgeschweißte Elektrode gegen den Ring ab und wird mitsamt dem verbeulten Blech wieder nach außen gezogen. Es gibt auch teurere Geräte davon, ohne Hebel, da sorgt Druckluft für das Rausziehen der Beule. Bei Beulen, die unter mechanischer Spannung stehen genügt dazu, laut meinem Bekannten, ein einziger Anlauf und dann springt das rückstandsfrei wieder raus. Für diese Methode muss zuvor jedoch rund um die Beule das Blech metallisch blank geschliffen werden, aller Lack weg, denn sonst leitet diese Elektrode keinen Strom. Später muss diese relativ große Fläche komplett wieder entsprechend überlackiert werden. Daher hat er gesagt, probieren wir eine Billigmethode, die noch einfacher ist und in unserem Fall klappt, sofern die Beule unter genügend mechanischer Spannung steht. Er holte dazu eine kleine Akku-Handbohrmaschine, bohrte in der mittleren Vertiefung der Beule ein kleines, etwa 3 mm großes Loch. In dieses Loch drehte er eine Blechschraube eng ein, an der mit einer Öse ein Stahlseil hing und stützte mit einem kreisrunden Holzring das Umfeld der Beule ab. An dem anderen Metallseilende war als Handgriff ein breiter Schraubenschlüssel festgebunden. Während wir den Holzring gegen das Autoblech abstützen mussten, zog er impulsartig an dem zum Handgriff zweckentfremdeten Schraubenschlüssel, der dann die heftige Zugkraft über das Metallseil und die Blechschraube auf das Blech im Bereich der Beule weitergab. Und was soll ich Ihnen sagen, gleich beim ersten Versuch tat es einen metallischen Knall und die Beule war nahezu unsichtbar weg gesprungen. Jetzt musste nur noch die Blechschraube wieder rausgedreht werden und dort wo früher die Beule mal war, blieb dann natürlich das kleine Loch in dem die Blechschraube mal steckte und ein paar Kratzer im Lack. Das kleine Loch hat er dann mit einer Fertigspachtelmasse aus der Tube zugeschmiert. Die war schon nach 10 Minuten trocken, so dass mit etwas Farbspray die Beule dann endgültig unsichtbar beseitigt war. Also man muss sich nur zu helfen wissen.
Weitaus weniger zu helfen weiß man sich nun in Sachen Wohnung. Sie müssen sich mal vorstellen, welchen frechen Brief wir nun von der Wohnungsmanagementfirma erhalten haben. Man weist darauf hin, dass angeblich die Regelungen der Entwicklungsgesellschaft mit den 9 mietfreien Jahren rechtlich keinen Bestand hätten. Das sei ein unzulässiges Nebengeschäft privater Art von den früheren Abteilungsleitern der Entwicklungsgesellschaft gewesen, zu dem diese gar nicht befugt gewesen wären. Dadurch, dass es damals schon unzulässig war, habe es heute keinen Bestand und wir könnten uns darauf nicht berufen. Angeblich könnten wir bestenfalls diese Abteilungsleiter privat auf Schadensersatz verklagen, dann müssten die schlimmstenfalls uns die Miete für 9 Jahre erstatten. Zugleich stellt man uns dann 4 Alternativ - Möglichkeiten zur Auswahl. Möglichkeit 1 = ausziehen und sich selbst auf eigene Kappe anderswo eine neue Wohnung suchen. Möglichkeit 2 = hier wohnen bleiben, aber ab sofort die normale Miete in voller Höhe zahlen; das wären übrigens ohne Nebenkosten 1.400 Euro pro Monat, haha, da lachen ja die Hühner, dass ihnen alle Federn fliegen gehen. Möglichkeit 3 = Umzug in eine billigere Wohnung aus dem Pool der Wohnungsmanagementfirma, wobei man uns auch gleich 5 verschiedene Wohnungen zur Auswahl anbietet. Möglichkeit 4 = Umzug in eine billigere Wohnung aus Pool einer „befreundeten" Wohnungsbaugesellschaft, die wäre dann nochmals deutlich billiger, als die in der Möglichkeit 3. Trotz dieser Angebote ist das ja alles wohl eine bitterböse Farce! Wir haben das Schreiben schon dem Anwalt vorgelegt, der uns auch gegenüber der Autoversicherung beraten und geholfen hat. Der muss sich jetzt erst einmal einarbeiten und die einzelnen Sachlagen klären. Daraus resultiert sicherlich noch ein Thema, über welches wir hier in nächster Zeit noch öfters berichten werden. Notfalls sind wir wild entschlossen, den Rechtsweg zu bestreiten, sofern der Rechtsanwalt eine kalkulierbare Chance sieht, als Sieger aus diesem Streit hervor zu gehen.
Ein Bekannter aus früheren Tagen, mit dem ich eigentlich keinen Kontakt mehr hatte, den traf ich neulich im Plus - Markt beim Einkaufen wieder. Der überfiel mich gleich mit einem Vorschlag für einen neuen Nebenjob, obwohl der von meiner aktuellen Situation gar nichts wusste. Er selbst hat früher eigentlich nie konsequent gearbeitet, stets mal hier und da was, aber meist gar nichts, weshalb mich das schon sehr verwunderte. Eigentlich ist es auch kein guter Bekannter, wissen Sie, es gibt Leute, die zählt man halt zu seinem Bekanntenkreis, obwohl man sie nicht wirklich schätzt. Man könnte sagen, man lebt so aneinander vorbei, geht einigermaßen freundlich miteinander um und weil man sich, zumindest damals, auf diese Weise öfters begegnet, resultiert daraus eben der Grad einer Bekanntschaft. So ungefähr verhält es sich mit dem hier. Nun sind durch die vielen geänderten Bestimmungen, Hartz u.s.w. für manche Leute die Zeiten dermaßen schwerer geworden, dass er es tatsächlich irgendwie schafft, seit längerer Zeit einen Job bei einem Küchenstudio zu halten. Die haben eine eigene Truppe, die bei den Kunden die neuen Küchen einbaut und gegebenenfalls zuvor auch die alten abbaut und entsorgt. Genau in dieser Truppe ist er als Handlanger beschäftigt. Er bekniete mich regelrecht, das wäre doch auch ein Job für mich und die würden händeringend noch 2 oder 3 Leute zur Verstärkung suchen. Sie kennen meine Einstellung, dass ich nur einen Job annehmen würde, wenn ich pro Woche nur an einem Tag oder seltener dorthin müsste, eben ähnlich wie bei meinem Fußmedizin-Fahrerjob. Das habe ich dem auch gesagt und der meinte, da müsse man den Chef fragen, aber wahrscheinlich ginge das ok, weil man eben händeringend seit längerem schon erfolglos Verstärkung suche und da sei doch sicher eine Verstärkung wenigstens an einem Wochentag besser als gar nichts. Na ja, eigentlich hielt ich nicht sonderlich viel davon, aber ich habe mich dann doch breitschlagen lassen, letzten Dienstag zusammen mit dem bei seinem Chef vorzusprechen, zumal er sagte, dass man dort sehr gut verdienen würde. So war ich am Dienstag pünktlich um 10 Uhr dort. Der Chef war schon gleich ein komischer Typ, wie ich fand. Wissen Sie, es gibt Menschen, die kennt man nicht, die hat man im ganzen Leben noch nie gesehen und weiß nicht wie die sind, aber schon beim ersten Anblick entwickelt man gleich eine tiefe Antipathie gegen die; genau so ein Typ war das. Ein relativ schlanker, sehr großer Mann, mit muskulösen Oberarmen, mit einem kantigen, unrasierten Gesicht, welches mir gleich einen Ausdruck von Widerstreben abverlangte. Es mag verrückt klingen, aber ich sage es mal so, es gibt Gesichter, aus denen strahlt gleich Dummheit gepaart mit Skrupellosigkeit, eine gefährliche Mischung, genau so sah der aus. Er trug eine rote Kappe, so eine ähnliche, wie dieser Ex-Rennfahrer Nikki Lauda sie oft auf hat, wohlgemerkt im Büro drinnen. Ein Psychiater in der Klinik in Liechtenstein sagte damals immer, dass die meisten Leute, die drinnen im Haus oder auch im geschlossenen Auto Kappen oder Kopfbedeckungen trügen, eine gestörte Psyche hätten und zum Wahnsinn neigen, das aber nur nebenbei. Gugeler hieß er, ich schätzte ihn auf ungefähr 35 bis 45 Jahre und seine ganze Gestik wirkte anwidernd auf mich. Wissen Sie, so eine gespielte Lässigkeit, die zugleich aber eines in den Vordergrund stellt: ich bin der Chef! Am liebsten hätte ich mich eigentlich auf der Stelle rumgedreht und wäre gegangen. Seine Stimme klang, als hätte er eine Kartoffel im Hals stecken, solch ein komisch runder Klang, man kann das nicht mit Worten beschreiben, das muss man gehört haben. Der Buchstabe R erstickte scheinbar immer bei dem Versuch, ihn rollend auszusprechen, so als habe man jemandem die Zunge auf dem Unterkiefer festgenäht. Versuchen Sie mal, ein R auszusprechen und dabei zugleich die Zunge fest an die unteren Vorderzähne gepresst unten zu behalten, genau so, wie das R dann klingt, so sprach der immer. Aus R wurde dabei ein Lautgemisch, was sich ungefähr wie ein tief ausgesprochenes Ei anhört oder mehr wie eaeio. Als der dann meinen gewiss kuriosen Nachnamen hörte, verfiel er zuerst einmal in Lachen, obwohl der mit Gugeler nun auch nicht gerade einen prächtig klingenden Namen hat. Gut, daran bin ich gewöhnt und da war er weiß Gott nicht der erste. Als sich sein Gelächter wieder einigermaßen gelegt hatte, fragte er dann: „Sie wollen also bei uns arbeiten?" Eigentlich hatte ich schon auf der Zunge zu sagen: „Davon kann keine Rede sein." Aber ich bremste mich ein wenig, mehr aus Rücksicht auf meinen Bekannten, damit er sich nachher nicht anhören muss, was hast du denn da für einen angeschleppt..... Ich sagte dann so etwas wie, dass ich mich erst mal erkundigen wollte und wenn dann nur jeweils für einen Tag wöchentlich. Verwundert staunte er, und hakte nach: „Nur einen Tag?" Nachdem ich ihm das dann alles noch ein wenig näher erläutert hatte, wie ich mir das vorstelle, grübelte er ein wenig und fand es erneut komisch. Er hielt mich für einen ganz komischen Vogel und er wusste mich nicht in eine seiner üblichen Schubladen einzuordnen, das sah ich ihm sofort an. Er sagte eine Weile gar nichts, setzte sich hinter seinen Schreibtisch, übrigens ein billiges altes Ding, wo schon das Furnier überall abplatzte. Eigentlich rechnete ich schon fest mit einer Abfuhr, was mir in diesem Fall sehr recht gewesen wäre, aber er zuckte dann die Schultern und meinte: „Ja, warum eigentlich nicht!? Wir können im Moment jede helfende Hand gebrauchen und sei es nur an einem Tag die Woche." Hastig schlug er dann vor, dass ich gleich am Mittwoch, morgens zeitig um halb 7 dort sein soll und dann von einem Herrn Garnichts eingewiesen würde. Garnichts? Ich habe schon einen verrückten Namen, aber wer heißt schon Garnichts? Es stellte sich dann aber als ein Hörfehler raus, weil er so komisch sprach, habe ich immer Garnichts als Namen verstanden, aber der Mann heißt in Wahrheit Ganesch. Dieser Ganesch ist wohl der Leiter dieser Aufbautruppe. Noch bevor es so weit war, wollte ich etwas zur finanziellen Seite der Sache wissen. Der Gugeler schaute mich an, als wolle er sagen, solch eine Frechheit, auch noch Geld zu verlangen. Eine Weile lang sagte er wieder nichts, dann fragte er: „Für wie viel die Stunde würden sie das denn machen?" Darauf sagte ich, dass ich ja noch nicht gesehen hätte, was man da alles tun muss für sein Geld. Da meinte er: „Sehen sie, dann schauen sie sich das doch erst einmal an und danach reden wir übers Geld!" Na ja, so konnte man auch verbleiben. Wieder zu Hause hatte ich das alles Kayla erzählt und die meinte gleich, ich solle das doch lieber einfach lassen und gar nicht hingehen. Obwohl ich ehrlich gesagt keine rechte Lust mehr dazu hatte, bin ich am nächsten Mittwoch dann mehr widerwillig, aber von einer inneren Neugierde getrieben, dort hin gefahren. Wir gingen gleich durch nach hinten in eine primitive Werkstatt mit kahlen Wänden, an denen die unverputzten Steine des Mauerwerks durchlugten und mit einer schon erbärmlich wirkenden Werkzeug- und Maschinenausstattung. Altes Zeug, dem man seinen maroden Zustand selbst als Laie schon von weitem ansah. Bohrmaschinen an denen die Zuleitungskabel mit abgefransten Isolierungen herunter hingen, wo Stücke aus den Gehäusen geplatzt waren und ein Raum in dem der Dreck der Jahrzehnte unter den Werktischen lag. Wenn die Kunden teurer Designerküchen auch nur einen Blick in deren Werkstatt geworfen hätten, hätten die bei denen nie im Leben was gekauft. Nun ja, die Hauptarbeit findet sicher bei den Kunden statt, da spielt diese Werkstatt keine wirkliche Rolle, dachte ich mir. Der Chef selbst war gar nicht anwesend. Dann kam dieser Herr Ganesch, ein eher kleiner aber kräftiger Mann, mit schütterem, halbgrauem Haar, ähnlich wie auf meiner Rübe, ich schätzte den auf etwa 50 bis 55 Jahre, also geringfügig jünger als ich. Er war vom Aussehen her so der typische Werkstattarbeitertyp, dem hätte nur noch der Blaumann gefehlt und dann an einer Drehbank oder so, wäre der sofort als glaubhaft durchgegangen. Nun sagte der mir, dass ich gleich mitfahren und auch praktisch bei der Arbeit helfen soll, er würde mich dann während der Arbeit einweisen und nach 3, 4 Tagen könnte ich das dann alles selbstständig machen. Das missfiel mir, weil nach wie vor über Geld noch nicht gesprochen wurde und ich habe nun keine Lust auch nur einen Tag umsonst für den Gugeler zu arbeiten, nur um mir nachher vielleicht sagen zu lassen es wäre ja ein kostenloser Versuch auf mein Bestreben hin gewesen. Diese Anmerkung von mir missfiel dann dem Ganesch wieder und er schimpfte schon ein wenig: „Ich kann über Geld nicht entscheiden und wenn ich jetzt um 7 Uhr den Chef deswegen schon anrufe, dann ist der den ganzen Tag böse mit mir. Also kommen sie mit und schauen sie mal! Wir können den Chef dann ja von unterwegs später gegen 9 Uhr anrufen." Nun gut, so ließ ich mich halbwegs überreden und stieg mit ein in deren Arbeitsauto, einen älteren japanischen Mazda - Kleinbus. Die anderen aus der Truppe, auch mein Bekannter, stiegen auch alle ein, einige aßen im Kleinbus schon ihr Butterbrot. Der Ganesch betätigte sich auch als Fahrer des Mazda - Busses, allerdings mit Hindernissen, denn der Motor wollte zunächst nicht anspringen. Das war aber wohl ein bekannter Mangel, der Ganesch klopfte durch einen Deckel, der zwischen den Sitzen vorne war, irgendwo drauf und dann ging der Karren an. Eine ungemütliche Kiste, laut und rappelig, als säße man in einem rotierenden Betonmischer, dagegen ist ein VW - Bus, mit dem wir während meiner Erkrankungszeit vor 6 Jahren öfters von der Klinik für Ausflüge u.s.w. chauffiert wurden, der reinste Rolls Royce und selbst der Ford - Transit meines Umzugs-Bekannten ist dagegen noch ein halbes Luxusfahrzeug. Im hinteren Bereich lag ein Stapel von Spanplatten, die aber keiner festgezurrt hatte und die bei jedem Bremsen auf uns zugeschossen kamen. Die Fahrt dauerte ziemlich lange und führte uns raus aufs Land nach Öschelbronn. Das Nest kannte ich vorher selbst nicht und es liegt ungefähr in der Gegend von Schorndorf, wo man uns den VW - Golf gestohlen hatte, aber schätzungsweise 15 km weiter nördlich. Ein recht abgelegenes Dorf Außerhalb dieses Dorfes fuhren wir einen Aussiedler-Bauernhof an. Die hatten eine neue Küche bestellt und die sollten wir dort aufbauen. Eine stark geschminkte Frau empfing uns, die sah keinesfalls nach einer Bäuerin aus. Dünn, geradezu hager, sehr groß, hinten straff zusammengezogene pechschwarze Haare, so liefen früher oft Primaballerinen herum. Sie zog eine Wolke eines streng duftenden Parfüms hinter sich her, welches ihr statisches Äußeres nur noch unterstützte. Es stellte sich heraus, dass das Gehöft von Pferdezüchtern gekauft worden war und diese Frau war halt die Miteigentümerin. Eine total eingebildete Zicke! Es war noch niemand von uns im Haus, da meckerte die schon laufend, dass man bloß keinen Schmutz hinterlassen soll, da sie erst gestern die Putzfrau im Haus hatte und dass bloß keiner die echten Mahagoni-Türrahmen ankratzen soll u.s.w. Wir also in das Haus, alles nobel und nur vom feinsten. Teure Echtmarmorböden, poliert wie Glatteis, teils belegt mit teuren Perser-Teppichen. Die alte Kücheneinrichtung, die wir erst einmal raus reißen sollten, war schon derart hochwertig und noch so schön, dass ich es wirklich nicht verstehen konnte, weshalb man so etwas raus reißt und wegwirft. Dabei sah die noch aus wie fabrikneu, das Rausreißen tat mir richtig in der Seele weh. Aber ich glaube, solche Leute haben gar kein Wertegefühl mehr, die kennen nur ihr modisches Konsumverlangen. Der Ganesch drückte mir eine vergammelte Akku-Bohrmaschine mit einem Kreuzschlitz-Bit in die Hand und sagte in einem hektischen Ton, dass ich damit schon mal alle Türen von den Hängeschränken der alten Küche abschrauben soll. Das Bezahlungsthema war immer noch nicht geklärt, aber ich wollte mich nicht gleich unbeliebt machen, also schraubte ich die Dinger ab, was ja auch keine große Kunst ist. Wer schon einige Umzüge hinter sich hat, wird mit so was locker fertig. Nach 20 Minuten waren alle Türen ab. Ein anderer Mitarbeiter, den alle nur Tom nannten, löste dann die ersten Hängeschränke von der Wand und sogleich passierte ein Malheur, denn die Frau hatte vergessen, die Innenschubladen mit Salz, Mehl und Zucker zuvor zu leeren. Diese Schubladen stürzten beim Versuch des Kollegen, diesen Schrank abzuhängen zu Boden und unter einer großen Staubwolke, die vor allem vom Mehl erzeugt wurde, zerschellten alle 3 Schubladen am Boden in 1000 Stücke. Es sah lecker aus. Überall Mehlstaub, Zucker- und Salzgegriesel und selbstverständlich hatte die Frau das mitbekommen. Mit keifender Stimme preschte sie heran, nannte uns schwachsinnige Blödköpfe, die zu dumm für die einfachsten Sachen wären und dass sie die Reinigungskosten vom Küchenpreis abziehe. Ich konnte mir nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, dass ähnliche Blödköpfe, die zuvor von unserem Erscheinen wussten, wohl vergessen hätten, die Schränke richtig zu leeren, denn sonst wäre das nicht passiert. Daraufhin lief sie im Gesicht sichtlich rot an, sagte aber zu dieser Bemerkung erstaunlicherweise nichts. Der Ganesch schubste mich wütend zur Seite und flüsterte zu mir, dass man so etwas niemals zu Kunden sagen dürfe. Dann meckerte sie, wie wir arbeiten würden, das wäre eine Zumutung, sie bezahle gutes Geld, dann wolle sie auch eine gute und saubere Arbeitsleistung. Wütend rief sie über ihr Handy den Oberchef, diesen Gugeler an, der nun für die auch zu sprechen war. Der ließ sich dann den Ganesch geben und der versank vor Ehrfurcht fast im Boden, entschuldigte sich endlose Male und wurde mit jedem weiteren Wort noch kleiner, als er so schon ist. Diese Gelegenheit ließ ich mir unterdessen nicht nehmen und ließ mir das Handy rüberreichen, um den Gugeler gleich nach meiner Bezahlung zu fragen. Der fragte dann sichtlich vor Wut schäumend, ob ich noch alle Tassen im Schrank hätte, dort herrsche Chaos, weil wir zu blöd wären unseren Job korrekt zu machen und dann hätte ich keine anderen Sorgen, als meine Bezahlung. Der war am anderen Ende wirklich so cholerisch, dass er sich am liebsten über die Funkwellen des Handys persönlich vor Ort gebeamt hätte, um uns alle in den Arsch zu treten und niederzumachen. Damit war für mich das Maß voll. Ich habe dann in wirklich sehr freundlich-sachlichem Ton, keineswegs brüllend oder ausfallend, am Handy dem Gugeler gesagt, dass er bestenfalls der Möchtegern-Chef einer Drückerkolonne für Möbel wäre und er seine minderwertigen Betrügermöbel dort selbst aufhängen könnte. Der platzte zwar am anderen Ende, aber ich habe am Handy dann einfach die Verbindung weggedrückt, da konnte er platzen, soviel er wollte. Jetzt müssen Sie sich vorstellen, diese Frau stand ja daneben und hat das alles mitbekommen. Sie war selbstverständlich entsetzt und brüllte, ob sie denn dort nur noch von Idioten umgeben sei und an welche Firma sie da geraten wäre. Sie überlegte wohl schon ernsthaft, den ganzen Auftrag zu stornieren. Am liebsten wäre mir der Ganesch an die Gurgel gesprungen und er versuchte doch tatsächlich mich noch zur erneuten Arbeit anzutreiben. Ich habe ihm aber klipp und klar gesagt, dass er sich das abschminken könne und von ihm verlangt, dass er mich nun zuerst mit dem Kleinbus nach Stuttgart zurück fährt. Darin sah der natürlich in diesem Moment seine Macht und beschied mir, dass ich zusehen könne, wie ich wieder nach Hause käme, sie würden mich nicht mehr mit zurück nehmen, es sei denn, ich würde den ganzen Tag fix mitarbeiten. Nun war das wirklich nicht ganz einfach, von diesem Kaff wieder weg zu kommen, aber was mich daran noch mehr wurmte war, dass ich nun auch noch am Schluss auf Rückreise-Unkosten sitzen bleiben soll, dafür dass ich denen die Türen abgeschraubt habe. Ich habe den Schaden mit den abgestürzten Schubladen ja nicht verursacht, das war ja gewissermaßen eine Coproduktion von dem Tom und dieser blöden Zicke, die vergessen hatte, sie zu leeren, also weshalb sollte ich darunter leiden? Das sah ich ja nun wirklich nicht ein. Der Ganesch blieb stur, keine Aufforderung fruchtete, er blieb dabei und wurde dann auch noch zornig. Er forderte mich auf, sofort das Gelände zu verlassen und ihm nie mehr unter die Augen zu treten, sonst bekäme ich eine Tracht Prügel, die sich gewaschen hätte. Nun bin ich niemand, der sich freiwillig herumprügelt, das liegt mir nicht im Blut, das ist nicht meine Welt. Ich räche mich anders. So bin ich zunächst vom Gelände des Hofs weg und habe draußen an der frischen Luft erst einmal alles überdacht und überlegt, wie man von dort wieder weg kommt. Es gab eine Buslinie nach Schorndorf und von dort hat man per Zug recht gute Verbindung nach Stuttgart. Aber diese ganzen Kosten musste ich ja aus eigener Tasche bezahlen. Der kleine Fahrplan am einsamen Bus-Haltestellenschild zeigte, dass bis zur Abfahrt des nächsten Busses noch fast 2 Stunden Zeit waren. Zeit, die ich nutzen musste, um diesen Drecksäcken auf meine Weise eine Abreibung zu verpassen. So ging ich wieder in einiger Sicherheits-Distanz näher zu dem Aussiedlerhof, wo die Knallköpfe nach wie vor herummurksten. Nun war es ein herrlich ruhiges Bild, draußen tat sich nichts, der Mazda-Bus stand einsam und verlassen neben dem Wohnhaus des Anwesens. So pirschte ich mich hinter einer langgezogenen Hecke, die parallel zu einem holperigen Feldweg verlief, der seinerseits von einem kleinen Waldstück zu dem Gehöft führte, immer näher an den Bus, der offen stand. Nun habe ich aus dem Bus vorne die Mappe mit den Fahrzeugpapieren „beschlagnahmt" den einzigen neueren Akkuschrauber ebenfalls, und rein zufällig verloren alle Reifen dann die Luft, weil wohl auf seltsame Art alle Ventile ausgedreht waren. Das ging sehr knapp gut, denn als gerade am letzten Reifen das Ventil raus „wanderte" kam diese Frau aus der Haustüre und meinte noch mit einer verduzten Bemerkung, die sie nach hinten ins Haus rief: „Ihr Wagen steht so komisch schief." Da war ich aber schon haarscharf so gerade im Schutz dieser Hecke, das war verflucht knapp. Die Stichstraße vorne zur Dorfstraße konnte ich dann nicht mehr direkt gehen, weil man mich dann vom Hof aus gesehen hätte, so lief ich der Hecke entlang bis in das kleine Waldstück, welches in ungefähr 300 m Entfernung begann. Von dort aus beobachtete ich aus inzwischen sicherer Distanz und ohne dass die mich hätten sehen können, da ich zwischen den Bäumen stand, wie dieser Ganesch und seine Leute die Gegend um den Hof und auch diese Stichstraße zum Dorf hin nach einem vermeintlichen Übeltäter absuchten. Die waren schon herrlich am fluchen und stinksauer. Sicher haben die vermutet, dass ich dahinter stecke, das ist klar, aber einen Beweis hatten sie nicht, weil mich keiner gesehen hat. Nach 20 Minuten haben die ihre erfolglose Suche eingestellt und vor Ort konnten sie ihre Reifenpanne selbst nicht mehr beheben. 4 Reifen mit verschwundenen Ventilen - da musste wohl erst ein Pannendienst anrücken. Die dürften an dem Tag auch nicht so schnell wieder zu Hause gewesen sein. Trotz der Distanz von über 300 m konnte ich die Wut, die die im Bauch hatten förmlich riechen und man sah sie hektisch palavern, bis sie dann wieder im Haus verschwanden, da sie ja auch ihre Arbeit zuende machen mussten. Ich bin dann weiter durch den Wald bis an eine Abbiegung gegangen, wo dieser kleine Wald endet und fließend in einen Feldweg übergeht und dann etwas geneigt in ca. 150 m Abstand parallel zu der Landstraße in den Ort verläuft und hinten wieder in einem Bogen bis in die Nähe der Bushaltestelle führt. Inzwischen war es auch so spät, dass der Bus bald kommen musste, denn ich hatte keine Lust, dort an der Bushaltestelle lange auf dem Präsentierteller zu stehen, wer weiß, vielleicht hätten die das dann noch mitbekommen, dass ich doch noch dort war. So hockte ich mich hinter das Wartehäuschen, dadurch war dann der Blick aus Richtung des Gehöftes auf mich völlig verdeckt und nach wenigen Minuten kam der Bus. Erst jetzt kam ich dort hervor und fuhr mit ihm nach Schorndorf und ab dort mit dem Zug nach Stuttgart. Als ich gerade im Bus Platz genommen hatte, sah ich noch, dass ein großer Möbelwagen zum Gehöft fuhr, der brachte dann wohl die Teile der neuen Küche, die wir zuvor ja nicht selbst mitgenommen hatten. Der Bekannte von mir wusste gar nicht, wo ich jetzt wohne, ich hatte das dem auch nicht gesagt. Sicher hat der sich gedacht, dass ich im weiteren Umfeld des Plus - Marktes wohne, wo wir uns zufällig trafen. Es ist natürlich keine besonders große Kunst einen ausfindig zu machen. Jedenfalls 2 Tage später stand dann mein Bekannter mit diesem blöden Ganesch vor meiner Tür und letzterer forderte von mir, dass ich die fehlenden Werkzeuge rausrücke und die Unkosten für einen Reifen-Reparaturservice in Höhe von 185 Euro bezahle, sonst gebe es gewaltigen Ärger. Werkzeuge? Ein einziges Teil hatte ich da nur „beschlagnahmt" und das war dieser einzige neuere Bosch- Akkuschrauber, eine Handbohrmaschine also, die im Gegensatz zu dem anderen Zeug als einzige in besserem Zustand war. Des weiteren die Fahrzeugpapiere des Mazda-Kleinbusses, weil die gerade vorne auf dem Armaturenbrett in einer kleinen Mappe lagen, aber von deren Verlust hatte der Idiot wohl noch gar nichts bemerkt. Ich stellte mich dümmer als ich so schon bin und sagte, das sei ja wohl die Höhe. Ich hätte von ihrem Chef noch was zu kriegen und nicht umgekehrt. Und mit ihren Reifen hätte ich schon gleich gar nichts zu tun, was gehe mich ein Reifen-Reparaturservice an, wenn sie unterwegs einen Platten hätten? Ich tat so, als wisse ich gar nicht, was mit den Reifen los war und sagte, dass ich nur wenige Minuten nach meinem Abgang von dem Hof vorne an der Dorfstraße in ein Auto gestiegen sei und per Anhalter zurück nach Stuttgart gefahren wäre. Das konnten die glauben oder nicht, sie konnten jedenfalls nicht beweisen, dass es nicht so war. Der Ganesch wurde dann etwas pampig und drohte sogar wieder mit Gewalt, da habe ich ihm gesagt, das wäre nett, er solle bitte einige Minuten warten, ich würde sofort die Polizei verständigen, dann könne er das dort alles wiederholen. Da brauste er zunächst auf, als wolle er mich angreifen, als dann Kayla von hinten hinzu kam und sagte, dass sie alles mitbekommen habe und bereits die Polizei verständig hätte, die würde jeden Moment eintreffen, was natürlich nicht stimmte, wurde er gleich ruhiger. Sie sagte zu dem, dass ich an dem betreffenden Mittwoch schon gegen 11 Uhr wieder zu Hause gewesen wäre, was ja wohl eindeutig beweise, dass ich gleich per Anhalter von dort weggekommen wäre. Man sah dem Ganesch an, dass er dass zwar nicht so richtig glaubte, aber er wurde doch etwas vorsichtiger und nachdenklicher. Mein Bekannter griff dann auch beschwichtigend ein, in dem er zu dem Ganesch sagte, dass er ihm ja gleich gesagt habe, dass der Egbert, womit er mich meinte, das niemals gewesen sei, schließlich kenne er mich schon lange, das müsse alles ein anderer, vielleicht ein Schulbub, getan haben und sie wären auch ein wenig selbst schuld, weil sie alles offen stehen ließen. „Ach hör mir auf!", schnauzte der Ganesch dann zu dem. Dann eilten sie zu einem älteren Ford, vermutlich der Privatwagen von dem Ganesch, und brausten davon. Nun dachte ich mir, dann setzt du der Sache noch die Krone auf. Gemächlich habe ich dann den Gugeler angerufen, den ich auch gleich am Apparat hatte. Von ihm habe ich dann am Telefon verlangt, dass er mir die durch ihre Schuld entstandenen Fahrtkosten erstattet, sowie dass er mir für die Arbeitsleistung und den halben Tag Zeitausfall eine Pauschale von 20 Euro zahlen soll. Sie hätten das hören sollen, ich bin nachher fast gestorben vor Lachen, ich glaube der hat sein Telefon halb aufgefressen, als er das hörte. Natürlich war mir klar, dass dieser Typ keinen Cent rausrücken wird, aber es hätte ja sein können. Wenn er anständig gewesen wäre und mir wenigstens die Fahrtkosten ersetzt hätte, dann hätte ich die Fahrzeugpapiere von dem Mazda - Bus in einen anonymen Briefumschlag gesteckt und ihm die per Post zugeschickt, noch mit dem Vermerk in Öschelbronn gefunden oder so. So aber habe ich sie zerrissen, dann verbrannt und in einen Papierkorb in der Nähe vom unteren Schlosspark geworfen! Aber stellen Sie sich vor, wie dumm die sind, denn in der kleinen Kunststoffmappe war nicht nur der Fahrzeugschein, nein, auch der KFZ - Brief war darin, den man ja grundsätzlich nie im Auto aufbewahren soll. Ohne den können die genau betrachtet gar nicht mehr nachweisen, dass sie der rechtmäßige Eigentümer des Fahrzeugs sind. Und Sie wissen, wie umständlich und teuer es ist, neue Papiere zu beschaffen. Beim Brief ist das noch komplizierter, langwieriger und teurer, als beim Schein. Damit ist der garantiert zig Tage beschäftigt, von den Kosten ganz zu schweigen. Der Akkuschrauber war dann für mich sozusagen das Fahrgeld. Den habe ich noch am gleichen Tag bei einem Secondhand- Laden in Pforzheim für 22 Euro verkauft. Der wollte zwar zuerst nur 12 Euro rausrücken, da das Teil aber noch wie neu war und echt Bosch, haben wir uns von meiner Preisnennung 30 Euro auf 22 Euro runtergehandelt. In die Gegend von Pforzheim mussten wir an dem Tag ohnehin, da ergab sich das günstig und ich glaube kaum, dass der Idiot von Gugeler jemals ausgerechnet in diesen Laden kommt. Und selbst wenn schon, denn solche Bosch - Akkuschrauber gibt's wie Sand am Meer. Bevor ich in den Laden ging, habe ich mich mit leichten Mitteln auch noch etwas umgestylt, und der Ladeninhaber verlangte keinen Personalausweis. Manche Gebrauchtwarenankäufer sind da ja penibel, aber der nicht, jedenfalls nicht bei Dingen, die ihn weniger als 50 Euro kosten. Sehen Sie, so habe ich mein Fahrgeld doch noch wiederbekommen und der blöde Gugeler und seine schwachsinnige Ganesch - Truppe hat genug Scherereien und auch Kosten am Hals, alles Dinge, die er sich hätte sparen können, wenn er sich halbwegs anständig verhalten hätte. Der wird sich erst richtig freuen, wenn er den Verlust der gesamten Fahrzeugpapiere bemerkt. Mir können die jetzt sowieso nichts mehr anhaben, da bei mir gar nichts mehr von denen zu finden ist.
Ich berichtete Ihnen jüngst von dem Kunstmaler, der mit seiner etwas eigenartigen Lebensgefährtin hier eingezogen ist. Zufällig habe ich gesehen, woran der gerade arbeitet, weil das wohl eine Auftragsarbeit ist und Teile davon von einem Lieferwagen abgeholt wurden. Beim Einladen trugen die diese Teile offen über den Hinterhof zu ihrem Lieferwagen. Das waren solche bemalten Glasscheiben, teils mit Blumenbildern und teils mit Heiligenabbildungen. Das sah gar nicht schlecht aus, alle Achtung! So etwas hätte ich von dem gar nicht erwartet. So täuscht man sich halt oft in den Menschen. Ich weiß nicht, wie der das mit dem Glas macht, ob das diese sogenannte Hinterglasmalerei ist, oder ob der das sogar irgendwie in das Glas einbrennt oder wie das funktioniert, aber es sah schon toll aus. Seine Nuala unterdessen scheint sich nur wenig erholt zu haben, denn die befindet sich schon wieder im Krankenhaus. Er erzählte mir mehr beiläufig, dass diese Nuala letztes Jahr irgendwo giftige Gase eingeatmet habe und seither unter diesen Nachwirkungen leide. Er meinte, die Fachärzte würden sich noch streiten, ob das jemals überhaupt wieder ganz geheilt werden könne, wahrscheinlich eher nicht. Beide hätten zuvor seit 1990 in einer alten Fabrik im Stadtteil Fellbach gewohnt, dort wären wunderbare Platzverhältnisse gewesen, aber der Eigentümer hätte sie binnen kürzester Frist rausgeworfen, weil er einen neuen Pächter hatte, der dort einen Spezialsupermarkt für Restposten aufmacht. Da sie diese Räumlichkeiten in der alten Fabrik nie offiziell als Wohnung gemietet hatten, sondern quasi im Sinne von Betriebsräumen, gelten darauf die Mieterschutzgesetze nicht und die Kündigungsfrist beträgt nur schlaffe 3 Monate. Auf die Schnelle sei man dann hier mit der Wohnung fündig geworden, weil wenigstens ein Raum groß genug sei und wegen der Lichtverhältnisse, ich berichtete Ihnen schon davon. Optimal sei die aber trotzdem nicht, weil für solche Arbeiten eigentlich zu klein und in der Miete auf längere Sicht zu teuer. Daher sieht der das wohl nur als Übergangslösung, bis er etwas größeres gefunden hat.
Etwa 700 m von hier, vorne wo hier diese Straße auf die Kräherwaldstraße trifft, hat sich seit etwa 2 Monaten eine Liebesdame mit ihrem Wohnmobil platziert. Die Geschäfte scheinen dort zu florieren, denn seit 2 Wochen steht eine weitere Kollegin von ihr ebenfalls mit ihrer motorisierten Liebeslaube dort. Und gestern traute ich meinen Augen nicht, jetzt stehen auf einen Schlag schon gleich 4 da. Dank Kayla brauche ich die ja nicht, aber trotzdem schaut man ja mal neugierig beim Vorbeifahren. Ich muss sagen, soweit man es im Vorbeifahren erkennt, sehen 2 von den Vieren wirklich bildhübsch aus und man fragt sich, ob die das denn wirklich nötig haben, einem solchen Beruf nachzugehen. Nun ja, die Hübschen werden sicherlich auch besonders gut ausgelastet sein. Die anderen beiden, die eine davon wäre mir viel zu dick, die sieht aus wie eine Tonne und die andere wäre mir viel zu alt, die sieht aus wie 70, aber das heißt ja nichts, manche stehen ja gerade auf so etwas und jedem das seine. Wie Sie sich sicher vorstellen können, gibt es natürlich gleich großen Protest von den Bewohnern dieser Umgebung. Besonders das Argument, dass die in der Nähe lebenden Kinder davon beeinträchtigt würden, macht fast täglich die Runde. Ich will mal so sagen, mich stören die nicht, andererseits kann ich verstehen, dass manche Leute das nicht direkt in der Nachbarschaft ihres Hauses haben mögen.
Nicht übermäßig weit von hier, Luftlinie vielleicht 500 m, verläuft eine Eisenbahnlinie, über die auch die S - Bahnlinie zum Stadtteil Vaihingen verkehrt. Früher fuhren dort spät nachts auch öfters Güterzüge, aber das ist wohl heute nur noch sehr selten zu beobachten. Am Donnerstag hatte ich spät abends, vielleicht kurz nach 23 Uhr, mal das Fenster geöffnet, um frische Luft reinzulassen. Da vernahm ich ein eigenartiges Geräusch aus Richtung der Eisenbahnlinie. Wie ein starkes Bremsen eines Zugs und dann ein seltsames Rattergeräusch, welches sicherlich fast eine Minute anhielt. Das hört man und denkt sich aber nichts weiter dabei. Am nächsten morgen fuhr ich zeitig mit dem Subaru in die Stadt und musste dabei an der Zeppelinstraße die Bahn queren. Rechte Hand sah ich ein riesiges Aufgebot von Kranwagen und Arbeitern stehen, die sich mühten einen offensichtlich bei der Nacht entgleisten Güterzug wieder auf die Schienen zu bringen. Es war wohl nichts ernsthaftes passiert, nur halt eben die Entgleisung. Es war auch nichts umgefallen, nur standen schätzungsweise 2 von 7 Wagons und die Lok neben den Schienen. Da wusste ich auch, was das nachts für ein seltsames Geräusch war.
Für kommendes Wochenende, sind wir bei meinem Autobekannten eingeladen, der feiert endlich die Eröffnung seines neuen Autohauses. Ich hatte Ihnen ja berichtet, dass der im Süden Stuttgarts ein seit längerem leer stehendes Autohaus mitsamt Wohngebäude, Büro, Werkstatthalle und Ausstellungshalle dank kräftiger Hilfe seiner Frau, der Griechin und deren Eltern gekauft hatte. Das war ja schon, ich weiß nicht mehr genau, im März oder so und seither musste er aus seinem alten Hinterhofbetrieb und seiner dort in der Nähe gelegenen Mietwohnung umziehen und am neuen Domizil alles noch nach seinen Wünschen umbauen. Man muss schon sagen, er hat sich da wirklich gemausert, wenn man vorher den alten winzigen Hinterhofbetrieb gesehen hat, der eigentlich stets zu eng und zu klein war, und sich jetzt den neuen Betrieb anguckt. Das war aber wohl auch der richtige Zeitpunkt, dieses frühere Autohaus zu kaufen. Die Immobilienmakler hatten das schon über 3 Jahre im Angebot und bekamen es nicht weg, eben weil die Zeiten schlecht sind und weil auch anfangs der Preis zu hoch war. Nun muss man sagen, es ist ein recht modernes Autohaus, so irgendwann in den achtziger Jahren gebaut, aber wegen der mangelnden Nachfrage und weil es von der Marke, die die früher führten, in Stuttgart zig weitere Werkstätten gibt, hatten die vor 3 oder 4 Jahren dicht gemacht. Mein Autobekannter selbst führt ja keine feste Marke, das hat sich auch dadurch bislang nicht geändert. Der repariert so ziemlich alles, was man ihm hin bringt, solange es Räder hat und motorisiert ist. Verkaufen tut er vorwiegend Gebrauchtwagen und er will bald von einigen Marken auch noch Jahreswagen und europäische Re-Importe hinzunehmen. Zugleich hat er inzwischen sehr gute Kontakte zu griechischen Autoim- oder exporteuren, für die er hier in Deutschland billige ältere Gebrauchtwagen ankauft und die dann in größeren Stückzahlen an diese Im- und Exportburschen weitergibt. Ich hatte ja schon öfters von seiner äußerst sexsüchtigen Frau, dieser Griechin, berichtet und mich etwas gewundert, dass der nun überhaupt noch Zeit für die neue Werkstatt findet, aber das scheint doch ganz gut zu klappen.
Für den Moment soll es mal wieder genügen. Wenn die Entwicklung so weiter geht, gibt's sicherlich schon bald wieder genügend neues zu berichten. In diesem Sinne, viele regendurchtränkte Grüße aus Stuttgart, Ihr
Egbert Lappenkeuler
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