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Auf dieser Seite finden Sie die Lappenkeuler - Beiträge “Billig Mittagessen” und “Weihnachtsereignisse” aus dem Jahre 2005. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.

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Beitrag 1

Lappenkeuler - Brief / Email „Billig Mittagessen" vom 11.12.2005

Neue Grüße.

Schon wieder ist ungefähr eine Woche vorbei.
Kayla hatte ihren Krankenhausaufenthalt satt und auf eigene
Verantwortung bei dem behandelnden Arzt einen Wisch
unterzeichnet, nach dem sie verfrüht nach Hause konnte. Der Arzt
hatte allerdings sehr davon abgeraten und war der Meinung, sie müsse
wenigstens noch eine Woche dort bleiben. So war sie dann ab
Dienstag wieder hier. Und es gab viel nachzuholen, na ja, jedenfalls
wurde der Dienstag dadurch zu einem, sagen wir mal, sehr verrückten
Tag. Leider war der Mittwochmorgen dann weitaus weniger
begeisternd, denn ihr Knie tat plötzlich sehr weh und wir kamen nicht
umhin, wieder ins Krankenhaus zu fahren. Die haben sie dann auch
prompt wieder dort behalten. So wie es aussieht, hat das aber nichts
damit zu tun, dass sie verfrüht das Krankenhaus verlassen hat, diese
Schmerzen wären auch so gekommen. Der Arzt geht daher trotzdem
davon aus, dass sie in einigen Tagen dann das Krankenhaus endgültig
verlassen kann, vielleicht am nächsten Mittwoch. Die Schmerzen
bekamen die auch binnen einiger Stunden in den Griff. Der Arzt
meinte, das sei relativ normal, wenn in diesem Kniegelenk wieder
irgendwas zusammenwachse oder sich eine neue Knorpelfüllung bilde
oder so ähnlich, dass dann zunächst erneut Schmerzen auftreten. Man
glaubt dann als Patient natürlich an einen schweren Rückschlag. Aus
seiner Sicht wäre es häufiger mit Komplikationen verbunden, wenn
dabei gar keine Schmerzen auftreten. Nun, der Mensch ist eine
komplizierte Maschine, sagt der Doktor, ein Rumäne, immer in
seinem Deutsch mit rumänischem Akzent, was dann etwas lustig
klingt.

Wenig Zeit braucht es nur noch und dann ist schon wieder
Weihnachten. Ich weiß nicht recht, wie ich es ausdrücken soll, aber
mit jedem Jahr, was ich älter werde, schwindet mein Interesse oder
Gefühl für Weihnachten mehr und mehr. Nun bin ich nicht einer der
dauerkritischen Leute, die solchen Festtagen generell negativ
gegenüber stehen, eher im Gegenteil. Weihnachten war doch stets
etwas besonderes, weil die ganzen Dinge, die man damit verbindet,
etwas besonderes sind. Sicherlich, kirchlich begründete Festtage gibt
es viele, aber sind wir einmal ehrlich, wer macht sich heute noch
etwas aus Tagen wie Buß- und Bettag oder verschiedenen anderen
ähnlichen Tagen. Sie sind mehr ein Name und das war's dann auch
schon. Noch vor wenigen Jahren war immerhin Weihnachten für mich
noch solch ein Fest, welches in seiner Bedeutung übrig geblieben war.
Man kann es durchaus so sagen, dass ich mich auf Weihnachten stets
freute, obwohl ich ja im Voraus wusste, dass ich von keinem mehr
etwas geschenkt bekomme oder auch nicht mit irgendwelchen Leuten
dann etwas besonderes veranstalte. Das hatte also bei mir ohnehin
keine materiellen Gründe. Sicherlich, es hatte sich schon seit Jahren
ein wenig abgeschwächt, aber so ab Anfang Dezember kam dann doch
langsam eine Art weihnachtliches Gefühl hoch, eine Art innerer,
leichter Freude oder Freudigkeit, eine ganz besondere Stimmung,
wäre der treffendere Ausdruck. Sozusagen Freude-Light, wie man es
vielleicht heute nennen würde. Dieses Gefühl steigerte sich dann bis
zum heiligen Abend und blieb dann meist auch ungefähr von Heilig
Abend bis Neujahr konstant erhalten. Erklären kann ich das auch nicht
wirklich. Aber dieses Jahr? Nichts. Rein gar nichts! Jedenfalls bis jetzt
nicht. Ich weiß nicht, woran es konkret liegt, aber mir ist eher so, dass
ich jemandem einen Vogel zeigen würde, der mir sagt, dass in Kürze
Weihnachten ist, obwohl ich weiß, der hat recht. Nun ist Kayla auch
niemand, der kräftig an solchen Festen hängt, aber im letzten Jahr
hegte und pflegte auch sie durchaus etwas diese vorweihnachtliche
Stimmung. Sie stellte ein paar Christstern - Blumentöpfe auf,
schmückte ein wenig ein paar Tannenzweige oder so. Obwohl sie aus
einem anderen Kulturkreis stammt, ist sie christlich erzogen. Hier sagt
man römisch-katholisch, womit sie dort eher einer Minderheit
entsprach, die soweit mir bekannt ist, in Thailand ungefähr 15 bis 20
% der Bevölkerung stellt, jedenfalls sagte Kayla das mal so. Natürlich
geht das jetzt auch nicht so, weil sie noch im Krankenhaus liegt, aber
ich weiß nicht. Mehr als ein gleichgültiges Schulterzucken kann
Weihnachten mir dieses Jahr nicht entlocken, wenn da nicht noch
etwas über mich kommt, was eine Änderung bewirkt. Sagte mir einer,
in z.B. 10 Tagen ist Weihnachten, dann würde ich dem wahrscheinlich
antworten: „und in 12 Tagen ist Dienstag". Irgendwie ist mir die
Antenne für Weihnachten kaputt gegangen. Wenn ich jetzt im
Fernseher schon wieder diese eigenartig weihnachtlich getrimmten
Sendungen sehe, kriege ich einen Hals von der Breite einer
100jährigen Eiche, das geht mir regelrecht auf die Nerven. Kein
Problem, man kann ja aus- oder umschalten, trotzdem regt mich dieser
vorgetäuschte Weihnachtskuddelmuddel auf. Vorne macht man sich
den Diener und hinten tritt man sich in den Allerwertesten, so ist es
doch. Nein, keine weihnachtliche Stimmung, gar keine! Daher breche
ich das Thema hier jetzt auch ab, sonst platzt mir der Kragen, wenn
ich weiter darüber nachdenke.

Da ist doch diese Tage der Kabarettist Hanns - Dieter Hüsch
gestorben, der Ihnen sicherlich auch ein Begriff war. Der soll schon
länger sehr krank gewesen sein, ich glaube zuerst Krebs und dann kam
noch ein Schlaganfall hinzu, deswegen hatte der, soweit man hörte,
seit ungefähr 2001 keine Auftritte und Radiobeiträge mehr gemacht.
Ich habe den eigentlich immer ganz gerne gehört, auch wenn ich die
von ihm dargelegten Standpunkte nicht immer vertreten habe.
Zweimal hatte ich den sogar live gesehen, wie man heute wohl sagt.
Vor vielleicht 15 oder 18 Jahren einmal, da war gerade hier in
Stuttgart das Renitenztheater gegründet worden und in aller Munde.
Irgendwie gab es da günstig Karten im Rahmen einer Kultur-
Sonderaktion. Damals war ich noch mit meiner ersten Frau verheiratet
und die kam natürlich mit. Aber die konnte den Hüsch nicht so doll
abhaben und drängelte schon nach 20 Minuten, man möge woanders
hingehen, wo mehr los ist. Die hat kaum etwas begriffen, von dem,
was der sagte. Später brauchte ich den Namen Hüsch nur zu
erwähnen, um meine erste, damalige Frau auf die Palme zu bringen.
Sie hielt das alles für dummes Gefasel, was der von sich gab. Ich im
Gegensatz gar nicht und hätte dem problemlos einen halben Tag lang
ohne Pause zuhören können. Ein weiteres Mal habe ich ihn bei einem
Auftritt auf einer Freiland-Bühne in der Nähe von Stuttgart gesehen.
Daran erinnere ich mich noch gut, das war ein brütend heißer
Sommer, es muss sicherlich auch schon über 12 Jahre her sein. Ich
glaube damals lief gerade die Scheidung mit meiner ersten Frau oder
ich hatte sie da wahrscheinlich sogar schon gerade hinter mir. Da hatte
der aber leider nur einen relativ kurzen Auftritt von vielleicht einer
halben Stunde, war aber mit großem Abstand das Beste, was auf
dieser Veranstaltung geboten wurde. Auch sehr gut fand ich seinerzeit
die Vertonungen von alten Kintopp - Filmen, die der mit so tollen,
beigesprochenen Kommentaren versehen hatte, dass die Filme teils
nur wegen ihm um den Faktor 5 besser und sehenswerter wurden. Das
muss aber noch viel länger her sein, vielleicht 35 Jahre. So finde ich
es schade, dass der tot ist. Immerhin 80 Jahre ist er geworden, so
gesehen schon ein Alter, bei dem man dann auch nicht mehr wirklich
meckern kann, obwohl das aus der Sicht des Betroffenen gewiss
wieder anders aussieht. Wie ich erst jetzt in einer dieser Nachruf-
Sendungen erfuhr, lebte der in einem Nachbarort von Köln. Ich war
immer im Glauben, dass der in Mainz leben würde, aber vom
Niederrhein stammte. Wie ich nun hörte, stimmt das soweit zwar wohl
auch, aber er sei bereits 1985 nach dem Tod seiner Frau von Mainz in
die Nähe von Köln umgezogen, wurde gesagt.

Am letzten Mittwoch hörte man während der Nacht, vielleicht gegen 2
Uhr in der Frühe wieder seltsame Geräusche draußen. Ich dachte
zunächst, es wäre wieder die gleiche Sache, von der ich Ihnen vor
vielleicht einem halbem Jahr mal berichtete. Es war jetzt aber dennoch
anders als damals. Etwa um 2 Uhr wurde ich im Mobilheim von
diesem anhaltenden und unangenehmen Geräusch wach. Ich stand auf
und ging raus vor die Tür auf die Wiese zwischen unsere Mobilheime.
Permanent dröhnte dieses wiederum wabernde Geräusch, welches
aber diesmal im Gegensatz zu vor einem halben Jahr nicht zugleich
Rauschen enthielt, sondern nur wabern und dröhnen. Es klang nun
auch mehr aus der weiten Ferne und diesmal eindeutig aus südlicher
Richtung herüber, während man damals überhaupt keine Richtung
ausmachen konnte und es mehr wirkte, als käme das Geräusch von
oben. Kayla hat im Krankenhaus nichts davon mitbekommen, aber
dort übertönen vermutlich andere Geräusche so etwas und auch sind
dort dickere Wände, dass es bei geschlossenen Fenstern vermutlich
nicht so leicht durchdringt. Als ich halb schläfrig auf der kalten Wiese
im Dunkeln herumirrte, um etwas mehr über die genaue Richtung des
Dauer-Geräuschs heraus zu bekommen, gingen auch in etlichen
anderen Wohnwagen und Mobilheimen die Lichter an und Leute
kamen aus dem gleichen Grunde heraus. Schon bald begann trotz der
späten Stunde eine lebhafte Diskussion über das, was das wohl sein
könne. Einige wollten schon die Polizei benachrichtigen und als das
nach einer Weile nicht verschwand, hat eine Frau Schlüter hier vom
Platz es dann per Handy sogar gemacht. Die Polizeiwache wusste von
dem Effekt bereits und man sagte der Dame, dass man in dieser Sache
schon unterwegs sei und es gebe keinen Grund sich zu beunruhigen.
Die Polizei ginge der Sache nach, könne aber selbst noch nicht sagen,
was das ist, nur dass es für die Leute keine Gefahr darstelle und sie
beruhigt wieder zu Bett gehen könnten. Für den ehemaligen
Bundeswehr-Offizier Schultheiß hier vom Platz war dieser Vorfall
wieder ein gefundenes Fressen. Sie erinnern sich? Das war der, der
auch die groß angelegte Suchaktion für den seinerzeit im Urlaub
vermissten Herrn Becht organisierte. Der Schultheiß hüllte sich flugs
in seinen grünen Bundeswehr-Pullover und seinen ebensolchen Parka,
ich glaube der hat noch mehrere Schränke voll mit Bundeswehr-
Kleidungsstücken, und sprang in seinen Wagen. Der fährt seit
neuestem so einen japanischen Geländewagen, das passt ja irgendwie
zu einem ehemaligen Bundeswehrmenschen. Er gehe der
Geräuschquelle auf den Grund, sagte er noch aus dem Seitenfenster,
während er bereits abfuhr. Während der mit seinen Ohren unterwegs
die Nacht durchforstete, ging ich wieder zu Bett. Ungefähr bis 4 Uhr
blieb das Geräusch in der gleichen penetrant starken Weise
vorhanden, so dass ich trotz Müdigkeit nicht einschlafen konnte. Dann
wurde es kurz nach 4 mit einem Schlag deutlich leiser. Es verschwand
nicht, aber es wurde erheblich leiser, so dass man es drinnen kaum
noch hörte. Dann bin ich endlich wieder eingeschlafen. Gegen 7 Uhr
wurde ich wach und bekam mit, wie erst jetzt gerade der verrückte
Schultheiß von seiner Geräuschsuche zurück kehrte. Wie ich gegen
Mittag erfuhr, war der Schultheiß runter bis Messkirch gefahren, das
liegt noch ein gutes Stück südlicher als Sigmaringen und dann kam
der gemeine Moment, als das Geräusch gegen 4 Uhr auch dort
schlagartig leiser wurde und der Schultheiß dadurch die Orientierung
verlor. Er wusste ja nicht, dass es auch zum gleichen Zeitpunkt in
Stuttgart leiser wurde, sondern glaubte zunächst, einen bestimmten
Punkt überschritten zu haben, ab wo es dann leiser wurde. Daher
kurvte er dann dort noch lange weiter herum, um wieder eine Stelle zu
finden, ab der es wieder lauter würde, was aber nicht klappte. Aber
Sie sehen, es muss schon wieder etwas Seltsames gewesen sein, denn
ich behaupte mal, man kann keine normale irdische Geräuschquelle so
laut einstellen, dass man sie in Stuttgart und auch in Messkirch noch
mit etwa gleicher Lautstärke hört. Das geht nicht, denn dazwischen
liegen schätzungsweise über 120 km. Jetzt können Sie sich den Frust
vorstellen, den der Schultheiß schultern musste, 120 km und wieder
zurück, also rund 240 km sowie sicher noch weitere 50 km die er bei
Messkirch nach der Verwirrung sinnlos rundgefahren ist, alles für
nichts und wieder nichts und das noch mit seinem durstigen Gelände -
Monstrum von Auto. Na ja, dem Idioten gönne ich das und der
braucht solche Aktionen, sonst kommt er sich wertlos vor, weil er
anders nichts kann.

Sie kennen auch das ständige Gejammer über die sogenannte
Klimakatastrophe, von abschmelzenden Polkappen, Klimaerwärmung
und dergleichen. So unumstritten ist das alles gar nicht. Durch Zufall
stieß ich diese Tage auf einen Bericht in einer Wissenschaftszeitschrift
vom Oktober, die ich kostenlos in einem Packen Restzeitschriften
fand. In diesem Bericht werden namhafte Forscher zitiert, die
entgegen ihren Kollegen, diesen ganzen Klimawandel als natürlichen
Vorgang in der Erdgeschichte werten, der rein gar nichts mit den
angeblich vom Menschen verursachten Problemen zu tun habe. Es sei
nach deren Ansicht nur eine Auslegungsfrage, wie man die
Verknüpfungen in den wissenschaftlichen Schlussfolgerungen
darstellt, um es so oder so zu werten. Bereits öfter habe ich meine
Zweifel an der ganzen Sache geäußert, da fügen sich diese Dinge
eigentlich genau in meine Vermutungen ein. Die ganze Klimathematik
ist meines Erachtens in Deutschland eine vorgeschobene Sache, die
vor allem von Halbwissen geprägt wird. Auf der einen Seite will man
ständig die Autofahrer vor solchen Hintergründen reglementieren und
mit neuen einengenden Vorschriften drangsalieren und abzocken, auf
der anderen Seite plädiert man dafür, dass unter anderem wieder mehr
mit Holz geheizt wird und behauptet dabei auch noch, das sei
umweltverträglicher, weil die gleiche Menge Kohlendioxyd beim
Nachwachsen neutralisiert würde, wie sie beim Verbrennen entsteht.
Das ist meines Erachtens so eine typische Betrachtungsweise von
halbgebildeten Frischlingen, die gerade von der Uni kommen und
glauben etwas zu wissen. Jede Erfahrung fehlt den Bürschchen aber,
denn sonst wäre denen klar, dass beim Heizen mit Holz ja nicht nur
Kohlendioxyd aus dem Kamin kommt, sondern vor allem ein riesiger
Haufen anderer Schadstoffe, die es bei Gasheizungen gar nicht gibt
und bei modernen Ölheizungen kaum noch gibt. Das trägt dann auch
zur Erhöhung der viel diskutierten Feinstaubbelastung bei, doch daran
denkt keiner. Diese Schadstoffe werden beim Heizen mit Holz noch
um so größer, weil die meisten Leute beim Heizen damit auch noch
gravierende Fehler machen und zuviel Heizstoff in kalte Öfen
schieben oder gar Anteile von ungeeignetem Brennstoff hinzugeben.
Man merkt es doch heute schon, wenn man an kalten Tagen durch die
Stadt geht. Die Luft stinkt überall nach Holz-Abgasen und Qualm und
das in einem unerträglichen Maß. Vor 5 Jahren war die Luft meines
Erachtens wesentlich sauberer, als jetzt, eben weil jetzt wieder viele
mit Holz und ähnlichen Brennstoffen heizen. Ich kann mich sogar
noch sehr gut an Pläne der Umweltpolitiker von vor etwa 10 oder 15
Jahren erinnern, als man sogar Öfen und offene Kamine, also Heizen
über sogenannte Einzelfeuerstellen mit Holz, Kohlen und Brikett
gesetzlich völlig verbieten wollte, eben um die Luft reiner zu halten.
Jetzt kommt man mit genau umgekehrten Plänen und will sogar die
Leute dazu verführen, wieder mehr mit Holz zu heizen. Was natürlich
vor dem Hintergrund der ständig steigenden Gas- und Ölpreise auf
sehr fruchtbaren Boden fällt. Selbst hier in der Stadt sind viele, die
wieder mit Holz heizen und die Luft wird dadurch von Jahr zu Jahr
merklich unerträglicher. Jedoch scheinen die angeblich so klugen
Umweltexperten, die es heute ansonsten an jeder Straßenecke gleich
im Dutzend gibt, auf diesem Auge total blind zu sein, weil sie
vermutlich bei einem Verbot selbst die Betroffenen wären.

In der Kärntner Straße im Stadtteil Feuerbach habe ich beim
Vorbeigehen zufällig etwas entdeckt, was für Leute, die sich ab und
zu preiswert selbst mit einem warmen Mittagessen versorgen wollen,
gar nicht schlecht zu sein scheint. Eigentlich kochen wir ja fast immer
selbst, jedenfalls wenn Kayla da ist. Jetzt wo ich sozusagen als grüner
Witwer hier alleine bin, gibt es jedoch Tage, vielleicht ein- oder
zweimal pro Woche, an denen man keine rechte Lust hat, extra für
sich selbst ein richtiges Menü zu kochen. Mittags dann auch einfach
nur ein Butterbrot zu essen, ist meistens nicht mein Ding. Nun gibt es
seit kurzem in besagter Kärntner Straße ein ganz besonderes Lokal.
Dort werden vornehmlich billige Mittags - Mahlzeiten angeboten,
darunter jeweils ein Tagesmenü, welches ganz besonders billig ist.
Gedacht ist dies in erster Linie auch als Versorgungsmöglichkeit für
Obdachlose und Leute, die finanziell in ganz schlimmer Not sind, es
kann aber ausdrücklich jeder dort essen gehen. Normalverbraucher
sollen aber aus sich heraus besonders bei Inanspruchnahme des
billigsten Tagesmenüs einen höheren Preis dafür geben, z.B. das
Doppelte oder freiwillig auch noch mehr. Eine Stiftung betreibt das
Lokal. Nun kommt das Besondere, der Preis des jeweiligen
Tagesmenüs beträgt nur 1 Euro! Dafür gibt es tatsächlich ein richtiges,
warmes Essen. Die anderen Menüs, die es neben dem Tagesmenü
gibt, kosten alle zwischen 3 und 6 Euro, was ja auch preiswert ist. Es
sind meist 4 verschiedene weitere Menüs, die etwas aufwändiger
gehalten sind. Nun, wo Kayla nicht da ist und weil ich ohnehin dort
vorbei kam, bin ich reingegangen und habe mir dieses billigste
Tagesmenü geholt. An diesem Tag war das Sauerkraut mit
Kartoffelpüree und einer feinen Bratwurst einschließlich Senf dazu.
Wer will da kontrollieren, ob man zu den ganz Armen oder zum etwas
besser gestellten Rest zählt? Richtig reiche Leute finden sie dort
ohnehin nicht. Jedenfalls bekam ich für 1 Euro ohne jede Nachfrage,
ob ich mehr Geld zur Verfügung habe, dieses Menü. Man holt sich das
dann an einer kantinenähnlichen Theke ab, zahlt gleich seinen Euro
dafür, genau so wie es alle anderen vor mir auch machten. Dann geht
man mit dem dreigeteilten Teller zu einem Stehtisch, an dem man das
Menü gemächlich verzehren kann. Tische mit Stühlen sucht man
vergebens, weil man vermeiden will, dass sich die Leute hier länger
als nötig aufhalten. Es ist auch sehr schlecht geheizt in diesem Raum,
aus dem gleichen Grund. Sonst würden viele Obdachlose das als
Aufenthaltsraum zweckentfremden und den anderen, die nur essen
wollen, den Platz blockieren. Zu diesem gewollten Effekt trägt auch
bei, dass die Ausstattung eher ungemütlich wirkt, gar kühl, u.a. weil 
die Ausleuchtung in einem kalten weißlich - bläulichen Neonlicht ist.
Aber das Essen, welches es für den 1 Euro gibt, ist wirklich sehr gut.
Ich würde sogar sagen, dass ich für wesentlich mehr Geld schon ganz
deutlich schlechter gegessen habe. Wäre Feuerbach für mich nicht so
relativ weit entfernt, würde ich zumindest während Kaylas
Abwesenheit noch öfters dorthin gehen. Am Freitag war ich dann
auch noch einmal dort, es gab Spaghetti - Napoli mit Bratfisch und
Spinat und das war ganz vorzüglich, gar noch besser, als Tage zuvor
das Sauerkraut-Menü. Die Nudeln nicht pappig und nicht zu hart, so
wie sie ideal sein sollen, der Spinat schmeckte auch nach Spinat und
nicht nach rostigem Eisen oder altem Fisch, was man kurioser Weise
bei billigen Tiefkühlsorten manchmal hat. Auch alles für nur 1 Euro.
Was mir nicht so dort gefällt, ist die umständliche Handhabung der
Getränke. Trocken, ohne ein Getränk dabei, isst es sich schlecht, nur
die Getränke gibt es an einer völlig anderen Theke und es ist sehr
umständlich, mit dem Essensteller in der Hand dorthin zu balancieren,
um sich dann ein Getränk, die es nur in Einzelgläsern gibt, zu kaufen
und dann wieder zusammen, mit dem Getränk in der einen und dem
Essensteller in der anderen Hand zu dem nächsten freien Stehtisch zu
marschieren. Umgekehrt ist es noch umständlicher, wenn man zuerst
das Getränk besorgt und dann mit dem Glas an der Essenstheke einen
leeren Teller vom Geschirr-Stapel nehmen muss, Besteck einlegen
muss und dann sich den Teller mit Essen befüllen lässt und damit
dann herumrangieren soll. Die Gefahr ist hoch, dass das Getränkeglas
bei dieser Aktion zu Boden geht oder wenigstens schon halb leer
geschwappt ist, bis dass man endlich dann den Parcours mit Essen
holen und zum Stehtisch laufen geschafft hat. Alkoholische Getränke
sucht man dort übrigens vergebens. Es gibt heißen Kaffee, heißen
Kakao sowie an Kaltgetränken Mineralwasser, Cola, Limonade und
Orangensaft, das war's. Die Getränke sind auch außerordentlich billig.
Ein Glas Mineralwasser kostet nur 20 Cent, alle anderen Sorten 40
Cent. Geraucht werden darf auch nicht dort, was ich gut finde. Wie
gesagt, das Essen ist wirklich sehr gut. Ich hätte dort eine solche
Qualität an Essen niemals erwartet. Man sieht natürlich die
seltsamsten Gestalten an den Stehtischen stehen, einen Querschnitt
durch die Leidensgeschichte der Menschheit, sagte eine obdachlose
junge Frau, die bei mir am Freitag am Tisch stand. Ungefähr die
Hälfte der Leute scheinen allerdings durchaus ganz normale
Speisegäste zu sein, die es nur leid sind, in normalen Restaurants die
horrenden Preise für ein Essen zu zahlen. Wenn man zwischen halb 12
und ungefähr halb 2 kommt ist es recht voll. Besser ist es, zwischen
11 und halb 12 oder zwischen halb 2 und 3 Uhr zu kommen, dann ist
es deutlich leerer. Essen gibt es täglich zwischen 11 und 15 Uhr. Vor-
und nachher ist diese doch sehr außergewöhnliche Gaststube ganz zu.
Die gestrafften Öffnungszeiten tragen auch dazu bei, dass es nicht
zum Niederlassungspunkt von Obdachlosen wird. Ich war aber gegen
12 dort und so standen jedes Mal noch andere Leute mit mir am
Stehtisch, was manchmal aber auch durchaus ganz reizvoll ist, weil es
zuweilen angeregte Gespräche gibt. Am Freitag stand eine junge Frau
bei mir am Tisch und verzehrte ihr Menü. Die quasselte wie ein
Wasserfall, aber nicht wirklich aufdringlich. Die erzählte, dass sie
obdachlos sei und das schon mit 19 Jahren. Bei ihren Eltern könne sie
nicht wohnen, weil die vor einem halben Jahr selbst ihre Wohnung
verloren hätten, da sie die Miete seit langem nicht mehr bezahlen
konnten und auch hätte sie mit denen Streit, dort würde sie auch nicht
hinziehen, wenn die wieder eine Wohnung hätten. Dann hätte sie mal
einen Freund gehabt, aber der habe sie auf einmal immer geschlagen,
und da hat sie beschlossen, in freier Natur zu leben. Ich meine, wenn
Sie die gesehen hätten, dann hätten Sie sicher gesagt, es ist echt
schade drum, wenn solch eine nett wirkende Person auf der Straße
lebt. Ich hatte den Eindruck, dass diese junge Frau wirklich etwas
besseres verdient hätte und dass es doch sicher Leute geben würde, die
die gerne bei sich aufnehmen. Ihren Erzählungen entnahm ich, dass
die eigentlich auch ein wenig auf der Suche nach einer Partnerschaft
auf einer soliden Basis ist. Das wird natürlich um so schwerer, je
länger die auf der Straße lebt. Ein anderer Mann aus dieser Szene mit
langem Rauschebart gesellte sich dann noch zu uns, der sah aus, wie
der Nikolaus persönlich, nur mit anderen Klamotten, die nicht so recht
zu einem Nikolaus passen wollten. Der roch etwas nach Korn und
noch nie habe ich einen Menschen so hektisch und schnell eine
Mahlzeit in sich reinstopfen sehen. Als habe er Angst, es käme jeden
Moment jemand um die Ecke, der ihm alles Essen wegnehmen würde,
was er bis dahin nicht schon im Mund hat. Als er dann binnen
vielleicht knapp 2 Minuten den ganzen Teller leergefressen hatte, so
muss man es nennen, wurde er gelassener, reinigte seinen
überdimensionalen Bart von Essensresten und bejammerte, dass er
besagter jungen Frau „nichts gutes" tun könne, da er es nicht mehr
zustande bringe, so nannte der das. Dann grübelte er noch laut darüber
nach, dass er früher dauernd Lust gehabt habe, aber nach 5 Jahren auf
der Straße habe er nie mehr Lust und „sein Ding" würde in dieser
Hinsicht nicht mehr funktionieren. Ich fand das peinlich, zumal in
Gegenwart der jungen Frau und dann noch beim Mittagessen gleich
auf diese Tour anzufangen. Die junge Frau war aber bereits die Sitten
der Straße gewöhnt und konterte frech, dass er ohnehin nicht an sie
rangekommen wäre. Der Nikolausmann zuckte mit den Schultern und
meinte dann: „Eh egal, alles vergessen und vorbei!" Dann segnete sich
der Rauschebart auf eine eigenartige Weise und bedankte sich mit
einem Spruch für das Essen und schob den Wunsch nach, dass er auch
morgen wieder einen Euro über haben möge, für das Essen. Die junge
Frau winkte lässig ab, schaute ihn skeptisch an und murmelte so etwas
wie „Jaja, ist ja gut", dann zog sie aus ihrer Jackentasche ein kleines
Reclam-Heftchen, wissen Sie diese beigen Büchlein, in denen man
meist markante Stücke der Weltliteratur und ähnliche Sachen zu
einem günstigen Preis bekommt. Die sind erschwinglicher und
nehmen auch nicht soviel Platz weg, wie die originalen Bücher dieser
Werke. Robinson Crusoe war das Werk, welches sie dort in der
Reclam-Ausgabe las. Sie las dann vielleicht eine der kleinen Seiten
und machte sich dazu Notizen auf einem Schmierblatt, welches
wirklich diesen Namen Schmierblatt verdient. Es sah aus, ganz im
Ernst, als hätte sie schon mehrmals darüber uriniert, so mit gelben
Feuchtigkeitsschatten und gewellt. Der Rauschebart traf dann vorne
am Eingang einen anderen Kumpel und machte sich mit dem dann aus
dem Staub. So stand ich dann noch mit der jungen Frau an dem
Stehtisch, mein Essen hatte ich inzwischen vollständig aufgegessen
und nippelte noch an den letzten Resten von meinem Mineralwasser,
als die Frau ihr Reclamheftchen beiseite legte, meine Hand ergriff und
dann mit leiser Stimme sagte, dass sie schon seit 2 Wochen nicht mehr
gebadet oder geduscht habe und das sei eklig und ob sie sich bei mir
zuhause nur ganz kurz mal duschen könne, dann sei sie sogleich
wieder weg. Die hatte also gleich erkannt, dass ich wohl nicht so ganz
zu der üblichen Klientel hier gehöre und ging deshalb davon aus, dass
ich eine Wohnung mit Duschmöglichkeit habe. Ich konnte ihr diesen
nachvollziehbaren Wunsch einfach nicht abschlagen, zumal Kayla ja
nicht da war. Wäre Kayla da gewesen, wäre es mir vielleicht etwas
heikel vorgekommen, denn möglicherweise hätte die falsche Schlüsse
daraus gezogen. Stellen Sie sich vor, man sagt: „Ach ich habe mal so
die Katia zum duschen mitgebracht, so hieß die." Da kauft Ihnen doch
so schnell keiner ab, dass das nur im Sinne eines guten Werks gemeint
ist. Also fuhren wir zu meinem Mobilheim. Sie war dann zunächst
sehr beeindruckt, dass ich sogar auch noch ein Auto habe, für sie der
reinste Luxus. Sie hat sich dann wirklich sehr schnell geduscht und
neue Klamotten angezogen, die sie in einem eigenartigen Wickel bei
sich trug. Ich hatte ihr auch erklärt, dass ich mit Kayla eine feste
Freundin hätte und es mir peinlich wäre, wenn es hier zu falschen
Schlussfolgerungen käme. Sie meinte dann, dass sie keinesfalls in
unsere Beziehung einbrechen wolle, höchstens, wenn ich selbst das
auch wollte. Dank Kayla wollte ich das aber nicht. Wissen Sie, ist
man solo, dann wartet man jahrelang vergebens auf eine solche
Gelegenheit und dann wäre ich ganz und gar nicht abgeneigt gewesen,
aber Kayla möchte ich auf gar keinen Fall verlieren und deshalb war
außer  Duschen wirklich nichts möglich. Sofort nach dem Duschen
schnürte sie ihren Wickel, bedankte sich mehrmals, sagte noch, dass
man sich ja gerne gelegentlich in diesem Billigst-Restaurant „Zur
Meile", so nannte sie das, wiedersehen könnte, sie sei jeden zweiten
Tag gegen 12 Uhr dort. Sie bot frank und frei an, dass falls Kayla mal
keine Lust habe oder diese Sache nicht mehr aktuell wäre, dann
könnte sie mir ja auch mal was Gutes tun. Dann war sie schneller
wieder weg, als sie gekommen war.

Sie sehen, so geht eine Woche schnell vorbei und interessante neue
Ereignisse ergeben sich ganz von selbst. Soweit für jetzt.

Mit vor-vorweihnachtlichen Grüßen, Ihr

Egbert Lappenkeuler
 


Beitrag 2

Lappenkeuler - Brief / Email „Weihnachtsereignisse" vom 23.12.2005

Frohe und besinnliche Weihnachten.

Ich weiß, Weihnachtsgrüße klingen komisch, wenn man noch knapp 2
Wochen zuvor vom Mangel an weihnachtlichen Gefühlen gesprochen
hat. Aber was ist, das ist, warum sollte man nicht darüber reden, wenn
dem so ist? Trotzdem stellte sich in den letzen beiden Tagen so ganz
zäh und langsam doch noch ein Hauch von weihnachtlichem Gefühl
auch bei uns ein. Korrekter gesagt wäre die Bezeichnung
weihnachtliche Stimmungslage dafür treffender. Wir hatten schon gar
nicht mehr damit gerechnet. Egal wie kritisch ich auch inzwischen
konsummäßig ausgenutzten Festen wie Weihnachten gegenüber stehe,
so hat Weihnachten ungeachtet des ganzen Trubels, den man darum
herum veranstaltet, dennoch eine gewisse Besinnlichkeit bewahrt, die
manch einen zum ruhigen Überdenken seiner ganzen Situation und
seiner Lage oder Aufgabe in der Gesellschaft veranlasst. Das finde ich
durchaus gut, wenngleich es mir schwer fällt, den Grund zu erkennen,
weshalb man das ausgerechnet nun tut und sonst vielleicht eher nicht.
Selbst skrupellose Typen haben Weihnachten oft recht nah am Wasser
gebaut und heulen drauf los, wenn sie vielleicht nur ein bestimmtes
Weihnachtslied aus ihrer Kindheit wieder hören oder sich vielleicht an
weit zurückliegende Weihnachtsfeste aus der Vergangenheit erinnern.
Also muss da irgend etwas sein, was viele Menschen zutiefst in der
Seele berührt, ohne dass man genau sagen kann, da oder dort liegt der
Grund. Ich glaube auch, dass fast jeder Mensch, auch die angeblich
ganz harten Typen, oder vielleicht die ganz besonders, ein verstecktes
Ventil brauchen, um ihre sonst übertünchten Gefühle abzulassen.
Weihnachten ist ein solches Ventil.

Es ist schade, dass uns so die Zeit davon läuft. Wie Sie wissen, sollen
wir bis Anfang Februar die Mobilheime und den Campingplatz
verlassen. Nur wenn dies über eine ordentliche Abstandszahlung
erfolgen soll, dann müssten wir die bald in Händen halten, damit wir
überhaupt noch halbwegs Zeit haben, eine Ersatzbleibe zu finden und
das alles zeitgerecht zu regeln. Das habe ich diese Tage auch noch
einmal ausdrücklich den Herren Collmer und Oehler mitgeteilt. Beide
bedauerten, dass bislang noch kein zufriedenstellender Beschluss
gefallen sei. Herr Oehler meinte gar, dass das in diesem Jahr auch
nichts mehr würde. Beide verstanden unser Problem mit der Zeitnot
und wollen sich deswegen noch einmal ausdrücklich bei ihren
Vorgesetzten für uns einsetzen, meinten aber dennoch, dass wir uns
davon nicht zu viel versprechen sollten. So sehe ich die Sache mit der
Abstandszahlung im Geiste schon immer mehr entschwinden und
vermute, dass es für uns dann wohl doch auf eine der vielen
Ersatzwohnungen hinauslaufen wird. Kayla, die seit Mittwoch
vergangener Woche wieder zurück aus dem Krankenhaus ist, aber
noch ziemlich herum humpelt, überlegt schon, ob man sich nicht eine
List ausdenken könne, die die oberen Herrschaften bei der
Entwicklungsgesellschaft zu einem schnellen Entschluss für die
Abschlagszahlungsmethode in akzeptabler Höhe bewegen könnte.
Ehrlich gesagt, ich wüsste nicht, wie eine solche List aussehen sollte,
aber Kayla brütet da etwas aus, das kenne ich inzwischen, obwohl sie
auch mir gegenüber noch nichts konkretes gesagt hat. Nun ja, jetzt wo
sie noch nicht viel laufen kann, hat sie ja drinnen Zeit genug, sich
alles Mögliche auszudenken.

Diebe werden auch immer drolliger. In einer Kurzmeldung der
Werbezeitschrift stand nun, dass Einbrecher in ein renommiertes
Spielwarengeschäft hier in Stuttgart eingebrochen hätten. Sie hatten es
aber weder auf Bargeld noch auf allgemein teures Spielzeug wie
Modellflugzeuge, Modelleisenbahnen oder so etwas abgesehen,
sondern sie entwendeten gezielt rund 120 Teddybären in den
verschiedensten Ausführungen. Die sind zwar heute auch schon sehr
teuer, aber alles andere, auch Sachen, die daneben lagen und viel mehr
Wert hatten, ließen sie unangetastet liegen. Man vermutet, dass zum
Abtransport der Bären blaue Müllsäcke verwendet wurden, da im
Laden dort noch mehrere angebrochene, neue Rollen solcher
Müllsäcke gefunden wurden, die aber nicht aus dem Laden selbst
stammten.

Eine insgesamt eher etwas makabere Sache finde ich dennoch
erwähnenswert. Am letzten Montag war mir nachts danach, spazieren
zu gehen. Gegen 22 Uhr verließ ich den Campingplatz und wanderte
vielleicht 2 Stunden wahl- und ziellos durch die Stadt und einige
benachbarte Parkwege. Als ich an der Kreuzung Schwarenbergstraße -
Schönbühlstraße gerade vorbei gegangen war, vernahm ich ein sehr
eigenartiges Geräusch. Es klang wie ein Gemisch aus einem sanften
Knall, so als könne man einen Luftballon leise zerplatzen lassen, und
einem Platschgeräusch, wie es entsteht, wenn man ein Brett aufs
Wasser wirft. Ich weiß das klingt komisch, aber so lässt es sich am
besten beschreiben. So wandte ich mich der Richtung zu, aus der das
Geräusch kam und sah, wie ein Kleinbus gerade eine Katze überfahren
hatte. Das war das eigenartige Geräusch. Ich wäre nie auf die Idee
gekommen, dass dies das Geräusch einer überfahrenen Katze gewesen
wäre. Zuvor war auch kein Katzen-Gejammer oder Gekeife zu hören,
nur der übliche Verkehrslärm und darin das gedämpfte Knallplatsch-
Geräusch, welches sich lautmalerisch eher mit „Blofftschhh"
beschreiben liesse. Dann lag der Brei auf der Straße, na ja, Sie können
sich denken, dass der Kleinbusbfahrer deswegen nicht angehalten hat.
Wer weiß, ob der das in seinem Fahrzeug überhaupt bemerkt hat,
wahrscheinlich nicht. Ich bin selbst ja schon gelegentlich von meinem
Umzugs-Bekannten, dem ich ab und zu helfe, dessen Ford-Transit-
Kastenbus gefahren und der ist innen so laut, da hört man garantiert
nicht, wenn man eine Katze überfährt. Vielleicht ein dumpfes Poltern,
aber das hört man ständig in diesem Ford-Transit, sobald man eine
Bodenwelle oder eine Teernaht überfährt.

Na sage ich Ihnen Krankenhausrechnungen haben es in sich und das
können Sie wörtlich nehmen. Schon am gleichen Tag, an dem Kayla
aus dem Krankenhaus entlassen wurde, erhielt ich die Rechnung für
die Krankenhausbehandlung, die ich jedoch nur an die Sohi-Behörde
weiterreichen muss und die regeln dass dann im Dreieck zwischen
Krankenhaus, Krankenkasse und Krankenhausarzt. Aber auf diese
Weise erfährt man erst, was ein solcher Krankenhausaufenthalt kostet.
Sage und schreibe 14.800 Euro will das Krankenhaus für seine
Leistungen und zusätzlich kommen aber nochmals Sonderkosten von
dem behandelnden Krankenhausarzt, ein Doktor aus Rumänien, in
Höhe von 2.100 Euro hinzu. Ein teures Vergnügen, im Krankenhaus
zu liegen. Als Kayla das gehört hat, war sie selbst entsetzt. Hätten wir
das wirklich aus eigener Tasche bezahlen müssen, also ich weiß nicht,
das sind ja Beträge, die einen vernichten können.
Egal wo man auch ist, man sieht ja immer etwas neues. Kayla hatte im
Krankenhaus eine unerträgliche Bettnachbarin, die ständig und
dauerhaft über alles laut meckerte. Ein tatsächliches Beispiel unter
vielen, war das Fenster offengeklappt, meckerte sie so lange
schimpfend, dass sie im Durchzug liege und sich den Tod hole, bis
einer hinging und es schloss. War es hingegen geschlossen, dann
meckerte sie auf gleiche Weise, dass dort ein unerträglicher Mief und
eine brütende Hitze herrsche solange, bis sich einer erbarmte und es
wenigstens in Klappstellung brachte. Wie das Befinden der anderen
Patienten dabei war, interessierte die überhaupt nicht. So ging es auch
in einem ständigen Fluss zu anderen Dingen immer weiter, egal ob das
Programm im Zimmerfernseher, die Heizung, das Licht, Sie glauben
gar nicht, worüber man im Krankenhauszimmer alles meckern kann.
Ähnlich machte sie das auch bei der Art und Weise der Behandlung
durch das Krankenhauspersonal. Immer wusste sie alles besser und
schimpfte, dass die Schwestern dumm und nicht richtig ausgebildet
wären, dass der Stationsarzt seinen Doktor in Rumänien im Lotto
gewonnen habe oder durch Bestechungsgelder von kommunistischen
Parteifreunden erkauft hätte und lieber weiter Vieh oder rumänische
Holzfäller behandeln soll und dergleichen mehr. Das nervte sowohl
Kayla, als wie eine weitere Frau, die mit in dem Zimmer lag und ganz
besonders das Pflegepersonal, welches von der morgens gleich mit
Beschimpfungen und befehlsartigen Anweisungen begrüßt wurde,
sobald sie das Zimmer betraten. Das Personal hat sich das aber nicht
lange gefallen lassen und als das Maß an 2 Tagen überschritten war,
erhielt die Frau eine zusätzlich Medikamentengabe, die dafür sorgte,
dass sie fast 2 Tage lang friedlich wie ein Murmeltier schlief. Offiziell
dürfen die das natürlich nicht, aber die werden das nach außen hin
dann als für den Heilungsprozess notwendige Maßnahme deklarieren,
falls da jemand nachhaken sollte.
Kayla ist jedenfalls froh, endlich wieder aus dem Krankenhaus raus zu
sein, ich natürlich auch. Es ist verrückt, da ist man schon fast
jahrzehntelang ans alleine wohnen gewöhnt, und ich muss
unumwunden zugeben, ich habe das alleine wohnen mehr genossen
als verflucht, war mit meiner Situation eigentlich hochzufrieden und
da kommt da so eine kleine Asiatin daher und man vermisst sie schon,
wenn sie nur einen Tag weg ist, geschweige denn, wie jetzt fast 2
Wochen. Das Alleinsein hat dadurch ein ganz anderes Gesicht
bekommen, welches ich zuvor eigentlich in der Härte noch nie
gekannt hatte.

Laufen kann Kayla derzeit nur sehr eingeschränkt. Vom Krankenhaus
hat sie eine wohlklingend bezeichnete Gehhilfe mitbekommen, im
Volksmund treffender Krücke genannt. Trotzdem wird uns nicht
langweilig. Für die nächsten Tage haben wir uns vorgenommen, viel
mit dem Auto gemütlich spazieren zu fahren, auch wenn das Wetter
dafür nicht sonderlich geeignet erscheint. Man muss mal wieder raus,
etwas ganz anderes sehen. Wissen Sie, manchmal macht es sogar
Laune, bei grauem Regenwetter gemütlich durch die Landschaft zu
fahren. Sicher nicht auf viel befahrenen Staustraßen, aber so die
kleinen Landstraßen im Schwarzwaldbereich oder der Alb. Ohne
Winterreifen sollte man sich in beiden Gebieten derzeit aber besser
nicht blicken lassen. Aber ich habe ja inzwischen die Winterreifen
montiert.

Wundern muss ich mich immer mehr über die um sich greifende
Manie mit den übermäßig weihnachtlich beleuchteten Häusern. Ich
meine, ich wäre der Letzte, der etwas gegen ein weihnachtlich
beleuchtetes Fenster sagen würde oder von mir aus auch derer zwei,
aber ich verstehe nicht, warum sich besonders die Deutschen so
extrem von amerikanischen Kitsch-Vorbildern anstecken lassen. Ich
finde diese mit Geflimmer und Geflacker und Tausenden Birnchen
beleuchteten Häuser und Vorgärten ganz grässlich. Die absolute
Krönung des Ungeschmacks, des Kitschs und einer infantilen,
geistigen Umnachtung sind die idiotischen Weihnachtsmannfiguren,
die man seit Jahren zunehmend an jedem dritten Haus an der Wand
oder dem Balkon vermeintlich hochklettern sieht. Mir will absolut
nicht einleuchten, was daran schön oder gar weihnachtlich sein soll.
Genauso gut könnten diese Leute auch ein überdimensionales Schild
dort hinhängen, auf dem zu lesen steht: Ich bin ein dummer Affe, der
alles nachmacht! Es ist ein Zeichen für willenlose Dummheit und
schlechten Geschmack, nicht mehr und nicht weniger.
Unterdessen bietet gerade die Weihnachtszeit sicher eine interessante
Studienmöglichkeit zur Erforschung des Nachahmeffektes und seiner
Ursachen. Wie dem auch sei und egal, wie stark sich die Leute in ein
weihnachtliches Pflichtverhalten zwängen lassen, so haben Kayla und
ich für dieses Jahr sogar beschlossen, überhaupt keinen
Weihnachtsbaum aufzustellen. Wozu dieser Aufwand mit dem Aufbau
und kurze Zeit später mit dem Abbau und dem damit verbundenen
Dreck? Es ist nicht so, dass wir Weihnachten dieses Jahr überhaupt
nicht feiern oder dass wir absichtlich daran vorbei leben, aber diese
typische Geschichte entfällt. Ich stelle ein paar leichte Tannenzweige
in eine große Bodenvase und befestige daran ein paar bunte Birnchen
einer kleinen Lichterkette, dazu ein paar Christbaumkugeln, eine
handvoll, mehr nicht und etwas Lametta, Schluss, das reicht! Das soll
uns den gleichen Zweck erfüllen, wie ein richtiger Baum.

Haha! Wo wir gerade bei diesen Weihnachtsgeschichten sind, fällt mir
da noch etwas ein. Vor ungefähr 2 Jahren noch am vorherigen
Wohnsitz, noch bevor ich Kayla kannte, es muss Weihnachten 2003
gewesen sein, vielleicht war es auch schon 2002, egal. Jedenfalls ein
Herr Jokisch, der auch dort in dem großen Mietshaus wohnte, hatte
wohl plötzlich und unvermittelter Dinge einen regelrechten
Weihnachtskoller bekommen, und das genau am ersten
Weihnachtstag. Plötzlich gegen Mittag sprang das Fenster seiner
Einzimmer-Wohnung im zweiten Stock auf und man hörte lautes
fluchen und schimpfen über Weihnachten. Dann flogen etliche
Schallplatten mit Weihnachtsliedern aus dem Fenster, irgendwann
folgten dann sogar sein kleiner Weihnachtsbaum, eine Krippe und
noch andere Teile. Er selbst hing dann betrunken im Fenster und
schrie den Sachen ständig nach, was er denn davon habe, dass
Weihnachten sei und alles nur Lug und Trug wäre. Dann
versammelten sich hinter dem Haus schon zig Leute, die staunend die
herausgeworfenen Sachen und den im Fenster brüllenden Jokisch
anstarrten. Der Jokisch tobte dann noch eine halbe Stunde weiter, bis
er sich von einigen Mitbewohnern beruhigen ließ, die etwas engeren
Kontakt zu ihm hatten. Der wohnte dort seit Jahren alleine, seine Frau
war 4 Jahre zuvor verstorben, was er sich allerdings nie negativ
anmerken ließ. Die anderen Bewohner erzählten immer, dass er sich
früher immer zu Weihnachten mit seiner Frau lautstark gestritten
habe, als die noch lebte. Vielleicht fehlte ihm das so, dass er im Suff
mit sich selbst oder dem Weihnachtsbaum in Streit geriet.
Überhaupt verläuft gerade Weihnachten bekanntlich bei weitem nicht
so friedlich, wie man glauben möchte. Ein Polizist hat mir mal erzählt,
dass gerade dann die Einsätze zu Familienstreitigkeiten stark
zunehmen. Die Gründe dafür mögen verschieden sein, aber oft wird
sicherlich eine falsche Erwartungshaltung der Beteiligten dafür
verantwortlich sein, die dann enttäuscht wird. Manche hoffen, dass sie
kostbare oder bestimmte Geschenke erhalten, was dann nicht zutrifft;
andere glauben, dass es besonders feierlich würde, eben weil
Weihnachten ist, was dann auch aus irgend einem Grunde nicht klappt
und weil die Erwartungshaltungen besonders hoch geschraubt waren,
ist auch der Frust besonders hoch, wenn die Erwartungen dann nicht
in Erfüllung gehen. Ich erwarte von Weihnachten nichts anderes, als
von einem normalen anderen Wochentag auch, nämlich dass ich einen
guten und möglichst angenehmen Tag verbringe und wenn schon das
gelingt, bin ich zufrieden und sehe keinen Grund rabiat zu werden.

Wenig Freude an Weihnachten gibt es hier auf dem Campingplatz bei
den Leuten, die sich sozusagen zur Widerstandsgruppe gegen die
Umsiedlung und Bebauung zusammen getan haben. In Prinzip wissen
die, genau wie ich, dass in weniger als 2 Monaten hier Schluss ist, nur
die haben so überhaupt keine greifbare Perspektive, teils auch weil sie
sich mit ihrer starren Haltung selbst jede Perspektive verbauen. Mit
jedem Tag, der näher an diesen Termin rückt, werden die wütender
und nervöser. Kaum dass man jemandem von denen begegnet, dreht
sich schon das erste Wort um diese Geschichte, noch bevor man sich
grüßt. Wir sehen das eher gelassen. Sicher wäre es uns lieber, und das
hatte ich Ihnen schon häufiger geschrieben, wenn wir eine schöne
Abstandszahlung bekämen, für die wir ein eigenes Häuschen,
vielleicht an der Mosel oder auch im weiteren Umfeld von Stuttgart,
kaufen könnten, aber selbst wenn das nicht gelingen sollte und wir in
eine schöne Wohnung geraten, sind wir zufrieden. Sehen Sie, man
muss immer die guten Seiten einer Sache erkennen können und wenn
ich doch ungefähr 70 Wohnungen zur mietfreien Nutzung auf
mindestens 9 Jahre zur freien Auswahl angeboten kriege, da müsste es
doch schon mit dem Teufel und dem Belzebub zugleich zugehen,
wenn unter einer solchen Auswahl nicht wenigstens eine Wohnung
wäre, die besser ist, als die Mobilheime hier auf dem Campingplatz.
Sorgen mache ich mir da gar keine. Kayla sieht es sogar noch
lockerer, als ich, obwohl sie gegenüber der Entwicklungsgesellschaft,
einen wesentlich härteren Kurs fährt, als ich. Man weiß es ja nicht,
vielleicht reagieren die Köpfe bei der Entwicklungsgesellschaft besser
auf einen harten Kurs, als auf meine alte Taktik, zuerst immer soviel
wie möglich in freundlicher, ja fast schon freundschaftlicher
Stimmung heraus zu holen. Ich bin zwar nach meiner Meinung
zeitlebens mit meiner Methode am besten gefahren, aber das muss ja
nicht immer zutreffen. Das hängt vor allem davon ab, welche
Einstellung die andere Seite hat. Immerhin sind wir die Sache ja
bislang freundlich angegangen und man kann uns bestimmt nicht
vorwerfen, es nicht im Guten versucht zu haben.

Schallend ausgelacht habe ich jüngst in einem Kaufhaus einen
Werbefritzen, der dort vor der Eingangstüre stand und jeden Passanten
ansprach, mit dem blöden Satz, dass es ihm gelänge, ab 2006 seine
Handykosten drastisch zu senken. Zunächst schaute er verduzt, als ich
so laut loslachte. Dann habe ich ihm gesagt, dass ich mit ihm um
1.000 Euro wetten würde, dass er es nicht schaffen würde, meine
Handykosten zu senken. Völlig entgeistert schaute mich der junge
Mann an und wollte mir dann weismachen, dass dies doch möglich
sei, indem ich zu der Handy-Telefongesellschaft wechseln würde, für
die er dort Reklame machte. Dann fragte ich ihn noch, ob es bei einem
Handyvertrag bei denen noch ein Fensterputzmittel hinzu geben
würde, weil deren Name Klarmobil irgendwie nach Fensterputzmittel
klingt oder gar ein spezielles Fensterputzmittel für Autofenster
vermuten lässt. Das verstand er nun gleich gar nicht und seine
anfängliche gute Laune war dahin. Nach einer kurzen
Überlegungsphase versuchte er einen neuen Anlauf und wollte mir
erneut weismachen, dass meine Handykosten bei ihnen um
mindestens 25 %, eher sogar bis zu 40 % niedriger liegen würden. Ich
wiederholte mein Wettangebot, dass ich 1.000 Euro dagegen setze,
also gegen seine Behauptung, dass es im gelänge, meine Handykosten
zu senken. Nach dem seine erneuten mehrfachen
Erläuterungsversuche zu dem angeblich supereinfachen und
superbilligen Tarif bei mir nicht auf fruchtbaren Boden fielen und ich
alles mit der laschen Bemerkung „Viel zu teuer und völlig sinnlos!"
konterte, fiel bei ihm langsam der Groschen. Zaghaft fragte er, ob ich
etwa noch gar kein Handy hätte. Grinsend bejahte ich das und ich
muss zugeben, ich tat es mit einem Gefühl der Genugtuung und der
totalen Überlegenheit. Das sah der natürlich völlig anders und ich
glaube, ich kam dem vor, wie ein grünes Männlein von einem ganz
anderen Planeten. Da ist doch tatsächlich jemand, der gar kein Handy
hat - das kann doch gar nicht sein, so etwas gibt es doch gar nicht
mehr, jedenfalls nicht im Jahre 2005. Genau so fiel dann auch seine
Reaktion aus. Nun glaubte er sich um Welten überlegen, weil er da
doch tatsächlich auf einen Bauern aus dem tiefsten Regenwald
gestoßen zu sein schien, der tatsächlich noch kein Handy hat. Sogleich
wechselte er brav seine Masche, wie er es sicher auf einer Schulung
für Handyverkäufer gelernt hatte. Da kam die gleiche Masche durch,
die auch Versicherungsvertreter beigebracht kriegen. Mit
dramatischen Worten malte er aus, wie schlimm es doch sei, wenn
etwas passiere und man keine Hilfe rufen könne, nur weil man kein
Handy habe. Dann die ganzen wichtigen Anrufe zu Frau, Kindern,
Verwandten, Arbeitgeber, Kollegen und Freunden, die man so ganz
ohne Handy immer bis zuhause aufheben müsse und dann dadurch
viel wichtiges bis dahin vergessen würde. Ganz zu schweigen von den
tollen Spielen die man mit modernen Handys machen könne, Radio
und MP3 hören und von überall unterwegs digitale Fotos schießen und
diese sofort an alle Bekannten senden. Dann brach ich wieder in
schallendes Gelächter aus und fragte ihn, wozu das dann nun alles gut
sein soll und was man am Schluss davon habe? Inzwischen waren
mindestens 15 Minuten verstrichen, und langsam sah er wohl ein, dass
er in der selben Zeit vermutlich mindestens 5 unerfahrenen,
kritikunfähigen Jugendlichen hätte ein Handy nebst Vertrag andrehen
können. Er machte einen Dreher um seine eigene Achse, sagte dann
ernüchtert: „Gut Sie brauchen also kein Handy!", und wandte sich von
mir ab und ging zu seinem kleinen aufgebauten Stand an der
Eingangstür, sprach dort sofort andere Leute auf seine alte Masche an.
Ich hatte meine Freude an dieser Lektion in Sachen vertane Zeit und
dachte mir, das geschieht diesen Leuten recht und im inneren ärgert
die nichts mehr, als soviel Zeit völlig sinnlos mit ihrem eigenen
Geschwätz vertan zu haben. So kann man wenigstens manchmal etwas
von dem Ärger zurückgeben, den man mit solchen Werbe-
Hanswursten erlebt. Sie glauben gar nicht, wie schön man auf diese
Weise Vertreter an der Haustüre zum Kochen bringen kann. Sich erst
alles bis ins kleinste Detail erklären lassen und dann, wenn der
Vertreter so heiß ist, dass er sich sicher ist, einen in der Tasche zu
haben und seinen Kugelschreiber schon zum Unterschreiben des
Vertrages zückt, dann einen Abdreher um 180 Grad zu machen und
flach zu sagen, dass man an seinem Produkt absolut 0 Interesse habe.
Wenn ich selbst Zeit genug habe, mache ich das ungefähr seit einem
Jahr so und Sie können sicher sein, dieser Vertreter wird mich
garantiert nie wieder besuchen oder ansprechen und in seiner Route
neon-giftgrün als weiträumig zu meidendes Ziel markieren.

Die Post scheint in letzter Zeit kräftig unter Koordinationsproblemen
zu leiden. Seit vielleicht 4 Wochen erhalte ich mit schöner
Regelmäßigkeit Briefe, die für einen Herrn Lapenta gedacht sind. Den
Postboten habe ich deswegen schon mehrmals abgepasst und das dem
gesagt, geändert hat das aber gar nichts. Die Post bringen die hier nur
bis vorne an das Bürohäuslein, in dem die Campingplatzverwaltung
sitzt, dort hat dann an einer großen Tafel im Eingangsbereich jeder
Dauerbewohner seinen Briefkasten, ähnlich einem Postfach. Daher
trifft man den Postboten normalerweise nie, aber ich habe extra
nachgefragt, wann der kommt und den dann abgepasst. Der hat mir
zwar zugesichert, dass es nicht mehr vorkomme, trotzdem war schon 2
Tage später wieder Post für diesen Lapenta in meinem Kasten. Wie
ich inzwischen heraus bekommen habe, wohnt der noch nicht einmal
hier in dem Stadtteil. Gewiss ist der Anfang des Namens ähnlich und
ebenfalls recht selten, aber dennoch muss man doch zwischen Lapenta
und Lappenkeuler unterscheiden können. Kayla hatte schon 2 mal
versehentlich diese Briefe aufgerissen. Einer enthielt eine Rechnung
einer Textilfabrik über 11.000 Euro für Kleidungsstücke, der andere
war mehr ein persönlicher Brief. Ich habe die versehentlich geöffneten
dann mit Tesafilm wieder zugeklebt und einfach in den nächsten Post-
Briefkasten geworfen, da ich keine Lust habe, den Briefträgern weiter
dafür nachzulaufen. Auch sehe ich es nicht ein, deswegen extra zu
einem Postamt zu fahren, dazu ist mir die Zeit zu schade.

Überall  blühen Weihnachtsmärkte auf und ich finde es übertrieben,
was da läuft. Selbst am Schützenplatz, der liegt kurz hinter dieser
Staatsgalerie, hat man dicht gedrängt Buden aufgestellt, obwohl nur
wenig weiter der traditionelle Weihnachtsmarkt wieder in beachtlicher
Größe stattfindet. Ebenso ein weiterer in entgegengesetzter Richtung
und natürlich noch zig weitere an anderen Stellen. Aber es nervt einen
zuweilen schon, weil man überall über diese Angebote strauchelt, die
vor allem eigentlich überhaupt nichts mit Weihnachten zu tun haben.
Irgend solche Plastikfiguren aus China mit nach meiner Meinung
affigen Gesichtern findet man jetzt immer überall und ich verstehe
nicht, wie Leute an solchem Schrott Gefallen finden können.
Trotzdem erlebt man gerade auf Weihnachtsmärkten immer wieder
heitere Situationen. So stand eben dort ein betrunkener Mann
angelehnt an eine der hölzernen Verkaufsbuden und trällerte lautstark
ein altes Lied von Liebe und Treu, also kein Weihnachtslied, das
fanden weder die Verkäufer in der Bude noch die Passanten gut und es
entbrach ein ziemlicher Streit. Man wollte den betrunkenen
Sangesknecht los werden und drängte ihn, weiter zu gehen. Nur damit
hatte der so seine Probleme, denn immer wenn er die Halt bietende
Bude verlassen wollte, neigte er sich wie ein junger Baum im Sturm
und drohte hinzustürzen. Dabei fluchte er gewaltig und beschimpfte
den Budenverkäufer als Missgeburt, der sich dann seinerseits mit einer
Salve von Derbheiten revanchierte. So entstand ein eigenwilliger
verbaler Schlagabtausch zwischen den beiden, der immer wieder dann
eine Pause machte, wenn der Betrunkene sich wieder an der
Budenwand abstützte und dort Halt fand. Dann ging nach wenigen
Minuten das gleiche Spiel wieder von vorne los. Eine Weile später
mischten sich noch andere Typen in dieses Theater ein und es begann
sogar eine kleine Rangelei zwischen dem Betrunkenen, seinen
Sympathisanten, etlichen Budenverkäufern und einigen Passanten, in
die dann 2 Polizisten eingriffen, die dort gerade lang spaziert kamen.
Na da kann ich nur sagen, frohe Weihnachten!

Mit weihnachtlich - heiteren Grüßen, auch im Namen von Kayla, Ihr

Egbert Lappenkeuler