LPK-C5

Auf dieser Seite finden Sie die beiden Lappenkeuler - Beiträge “Weihnachten” und “Nach dem Fest” aus dem Jahre 2004. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.

PDF - Datei ”Weihnachten” (26 KB) zum Download hier klicken

PDF - Datei ”Nach dem Fest” (39 KB) zum Download hier klicken

Beitrag 1

Lappenkeuler - Brief / Email "Weihnachten" vom 25.12.2004

Einen weihnachtlichen Gruß!

Frohe Weihnachten und zugleich dann auch schon einen guten
Jahreswechsel.

Eigentlich wollte ich Ihnen schon vor zwei Wochen schreiben, jedoch kam
immer etwas dazwischen. Heute aber nicht, heute habe ich mir eine selbst
verordnete Auszeit genommen. Viele Leute hasten an den Weihnachtstagen
zu Bekannten und Verwandten, feiern heftig und dergleichen. Das mache
ich nicht. Heute und morgen verlasse ich meine Wohnung nicht und mache
es mir hier auf besinnliche Weise gemütlich. Ob es auf Weihnachten
draußen schneit oder frühlingshafte Wärme spendet, ist mir dabei völlig
schnuppe. Ich denke, wenn nichts unerwartetes dazwischen funkt, werde
ich Weihnachten auf diese Weise in totaler Ruhe genießen und gönne
Ihnen einen ähnlich angenehmen Weihnachtsverlauf, oder sollte ich sagen
Weihnachtsgenuss? Ich finde diese ganze Strebsamkeit, die viele mit einer
Art Pflichtprogramm abarbeiten, zu Weihnachten völlig deplaziert und mir
würde mit solch einem Abfeiern Weihnachten versaut, um es mal flach
auszudrücken.
Kayla wundert sich etwas über die Art und Weise, wie hier Weihnachten
gefeiert wird. Sie hat zwar auch eine christliche Erziehung genossen, was
in ihrem Herkunftsland keineswegs üblich ist, aber dort wurde
Weihnachten doch ziemlich anders gefeiert und nicht so pompös wie hier.
Am ulkigsten findet sie die Sitte mit dem Tannenbaum in der Wohnung.
Irgendwie hat sie das dermaßen belustigt, dass sie tagelang darüber lachte
und es immer wieder aus ihr herausbrach. Da unsere Wohnungen nun alles
andere als groß sind, möchte ich keinen Raum mit dem Tannenbaum
vergeuden, deshalb habe ich mir für dieses Jahr einmal etwas anderes
ausgedacht. Ganz ohne Weihnachtsschmuck, das möchte ich auch nicht.
Sonst hatte man schon mal einen kleinen Baum oder einen sehr kleinen
zusammenklappbaren Plastikbaum, den man noch oben auf den Fernseher
stellen konnte. Den habe ich zwar immer noch irgendwo im Keller in einer
Kiste, aber dieses Jahr habe ich einige aneinander gereihte Fichtenzweige
ähnlich wie Girlanden am Fenster quer gespannt, darauf einige elektrische
Weihnachtskerzen und etwas Christbaumschmuck, fertig! Das sieht
ebenfalls sehr weihnachtlich-gemütlich aus, macht viel weniger Arbeit und
nimmt keinen Millimeter Platz fort. Kayla fand zwar auch das belustigend,
aber nicht ganz so schlimm, wie der Baum in der Wohnung.

Die Weihnachtsmahlzeiten stellen für die meisten Leute immer einen
besonderen Höhepunkt der Feiertage dar. Das ist bei mir eigentlich nicht
so, jedenfalls weiche ich an solchen Festtagen nicht erheblich von meinen
üblichen Gerichten ab. Dieses Jahr ist das jedoch etwas anders. Ein
Bekannter von mir, der bis vor einem halben Jahr hier im Haus im
Erdgeschoss gewohnt hatte, ist mehr hinaus aufs Land gezogen, nach
Wolfbusch, das ist ein Teil von Weilimdorf. Er wohnt dort etwas außerhalb
am südöstlichen Ortsrand in einem Einzelhaus, was früher ein Hühnerhof
war. Ich habe ihn dort schon öfters besucht und die landschaftliche Idylle
dort fasziniert einen, man blickt kilometerweit auf freie Felder und Wiesen,
deren Horizont dann durch bewaldete Berghügel begrenzt wird. Nun
herrscht speziell auf diesen riesigen Wiesen und Feldern eine absolute
Hasen- und Kaninchenschwemme. Mein Bekannter ist recht gewandt im
Fangen solcher Wildtiere und auch im fachgerechten Ausnehmen. So hat er
schon vor Wochen mehrere Kaninchen gefangen und uns eines davon
geschenkt. Gut zubereitet schmeckt das sehr gut und diese Tage brachte er
wieder ein ansehnliches Exemplar vorbei. Unser Weihnachtsessen ist somit
an zwei Tagen leckerer Kaninchenbraten. Kayla hat einen Teil des Tieres
abgezweigt und daraus eine überaus leckere Kaninchensuppe gekocht. So
etwas habe ich zuvor noch nie gegessen und diese Suppe schmeckt
wahnsinnig gut. Aber auch der Kaninchenbraten ist ein Gedicht. Ebenso
die kleine, aber feine Kaninchenleber. Bei der Zubereitung habe ich Kayla
nur assistiert, da sie hierbei mit den besten und feinsten Gewürzen so
gekonnt jongliert, da würde ich mit zu viel Aktivität mehr falsch machen,
als zum guten Gelingen beitragen.

Weihnachten wirkt sich auf sehr viele Bereiche aus, die eigentlich
überhaupt nichts mit Weihnachten zu tun haben. In unserer heutigen Zeit
liegen natürlich gerade jetzt unzählige Geschäftemacher auf der Lauer, um
unter den weihnachtlich gestimmten Menschen, denen das Geld in dieser
Zeit deutlich lockerer sitzt als sonst, ihre Beute einzufangen. Sie tun dies
auf die unterschiedlichste Weise.

Bei mir traf jüngst ein dickes Buch ein, unangefordert wohlgemerkt. Unter
dem Titel, die 5 besten Werke von Ephraim Kishon in Kurzform, verheißt
es unterhaltsame Literatur. Kishon liebe ich, als hätten es die
Buchversender gewusst, wobei es nur an den Werken des selbst stets sehr
unscheinbaren Kishons liegt. Kishon wirkt auf mich äußerlich gar nicht
wie ein Schriftsteller, er könnte einem so eher als seriöser Herrenmode-
Verkäufer in der Abteilung für Anzüge und Mäntel im Kaufhaus begegnen,
oder vielleicht als Architekt von Einfamilienhäusern im Stadtrandgebiet
ginge er von seiner Äußerlichkeit auf Anhieb glaubhaft durch. Seine Werke
haben es aber meist in sich. Sie lehnen sich meist auch nicht zu sehr an die
jüdische Kultur an, wie es sonst viele Bücher aus diesem Umkreis tun.
Solche religiösen oder ethnischen Spezialisierungen mag ich in Büchern
überhaupt nicht leiden und Kishon hält sich da meist raus, ein großer
Pluspunkt. Zurück aber zum Buch, welches mir gesandt wurde. Ich habe
nichts bestellt, Kayla auch nicht, trotzdem traf dieser Wälzer im Wert von
angeblich 98 Euro hier ein. Ein Brief liegt anbei, der besagt, dass ich das
Buch 2 Monate zur Ansicht kostenlos behalten dürfe und bei Nichtgefallen
soll ich es spätestens Anfang Februar 2005 zurück an den Verlag schicken,
auf meine Kosten. Die sind wohl nicht ganz bei Trost. Bei aller Liebe zu
Kishon, ich glaube, wenn der wüsste, wozu die seine Werke missbrauchen,
dann würde er eigenhändig gegen die vorgehen. Ich habe nichts bestellt,
nichts angefordert. Wenn die ihr Buch wiederhaben wollen, können sie
einen vorbei schicken der es abholt, ich werde selbst noch nicht einmal den
Weg zur Post dafür in Kauf nehmen. Ich lasse es darauf ankommen und
gehe jetzt schon davon aus, dass ich das Buch kostenlos behalten werde.

Bewegend finde ich die Frage, die man übrigens einmal allen Menschen
stellen sollte, ob man sich heute überhaupt noch wirklich über
Weihnachten freut? Zöge man die Vergünstigungen bei der arbeitenden
Bevölkerung einmal ab, ich meine damit die freien Tage und mögliche
Zusatzzahlungen, die ja bereits immer mehr abgeschafft werden, dann wäre
Weihnachten für die Meisten sicherlich ein Tag, wie jeder andere. Zum
Glück sind wir ganz soweit dann doch noch nicht, obwohl als Sohi leidet
man vielleicht sogar eher unter Weihnachten. Wenn man sieht, in welchen
Kaufrausch doch manche noch verfallen und dann erkennen muss, dass
man sich selbst das nicht leisten kann, ist es eher deprimierend, jedenfalls
für viele. Mich kratzt das alles nicht wirklich, weil ich mich fast immer so
einrichten konnte, dass ich mit dem was ich habe auskomme. Lieber ohne
große Reichtümer mit viel Freiheit zu Hause, als sich für ein paar Euro
mehr krumm legen und jede Freiheit einbüssen. Trotzdem war ich dann
doch angenehm überrascht, da ich künftig in der Gesamtsumme sogar fast
60 Euro mehr pro Monat bekomme, als bisher. Das liegt vor allem daran,
weil meine eigentlich vergangene Krankheit ähnlich einer Behinderung
eingestuft wurde, womit ich selbst zu keinem Zeitpunkt gerechnet hatte.
Die 60 Zusatzeuro werden zum größten Teil sicherlich durch höhere
Lebenshaltungskosten ab 2005 aufgezehrt, aber bekäme man die nicht,
würden die Lebenshaltungskosten trotzdem teurer und dann geriete man
schnell ins Minus. Der Vermieter hat schon angekündigt, dass durch
höhere Gaspreise die Heizungsgebühr teurer wird, wahrscheinlich sogar
viel teurer. Ebenso sollen die Stromrechnungen um fast 10 % ansteigen,
dann die Müllgebühren um 7 % und das wird gewiss nicht alles sein, was
ab 2005 teurer wird. Noch mehr Strom sparen ist bei mir fast nicht mehr
drin. Beim Heizen hängt man ohnehin vom Wetter ab, ob man eine hohe
Rechnung erhält oder nicht, jedenfalls werde ich nicht in der kalten Bude
deswegen sitzen bleiben.

Die Nutzung des Suzuki-Altos hat sich inzwischen auf einem normalen
Maß eingependelt. Sie wissen, anfangs habe ich aus Lust am Neuen
wesentlich mehr damit gefahren, als ursprünglich aus Kostengründen
geplant war. Das wurde mir, trotz der günstigen Verbrauchs- und
Unterhaltskosten dann auf Dauer doch etwas happig, denn es gab
Abschnitte, wo ich wöchentlich tanken musste. Wenn man für andere fährt,
und erhält dafür Geld, ist das egal, wie ich beispielsweise den entfernten
Bekannten von mir öfters herumkutschiere, aber nur so zu fahren, das
kostet halt nur eigenes Geld. Binnen nur zwei Monaten habe ich mich nun
auf das von mir immer geplante Normalmaß umgestellt. Ich sammle jetzt
auch öfters Fahrtanlässe und erledige die dann an einem Tag in einem
Durchgang. Fuhr ich davor eigentlich täglich mit dem Suzuki so fahre ich
nun in der Woche etwa zwei mal damit, dafür zwar insgesamt eine längere
Strecke, aber im Monatsdurchschnitt komme ich auf deutlich weniger
Kilometer und entsprechend weniger Tankstopps. Ungefähr einmal pro
Monat muss ich nun noch tanken und das verkraftet mein Geldbeutel
absolut problemlos, zumal der Tankinhalt ja recht gering ist. Diese Woche
bin ich noch gar nicht gefahren und plane für den zweiten Weihnachtstag
eine größere Spazierfahrt in den Schwarzwald. Kleine Einkäufe erledige
ich nicht mehr mit dem Suzuki, sondern wie früher mit dem Fahrrad,
sofern das Geschäft nicht weiter als etwa 3 Kilometer entfernt liegt und das
Wetter dies zulässt.

Ein sehr eigenartiger Vorfall ereignete sich in der vergangenen Woche, für
den weder Kayla noch ich irgend eine Erklärung haben. Dienstags schon
gegen dreiviertel 6 am Morgen drückte einer wie verrückt die
Wohnungstürklingel. Etwas benommen öffnete ich die Tür und ein sehr
hagerer Mann mit leicht asiatischem Aussehen behauptete, Kayla gehöre
zu seiner Familie, die in Delmenhorst lebe. Delmenhorst? Ich glaube das
liegt irgendwo in Norddeutschland. Er verlangte, Kayla dringend zu
sprechen. Ich ließ ihn zunächst auf dem Flur stehen und ging zurück in die
Wohnung, um mit Kayla darüber zu sprechen. Kayla ging dann selbst zur
Tür und der eigenartige Mann behauptete nun, Kaylas Vater zu sein,
worauf sie aber abwinkte und sagte, dass das nicht stimmen würde. Sie
kannte den Mann überhaupt nicht und zudem sagte sie, dass sie ihr ganzes
Leben noch nie in Delmenhorst gewesen sei und noch nicht mal von der
Existenz eines Ortes dieses Namens gewusst habe. Dann begann der Mann
Thai zu reden, wovon ich natürlich keine Silbe verstand. Kayla wurde dann
sehr energisch und beschimpfte den Mann sehr laut und trat ihm gegen das
Schienbein. Darauf humpelte er und zeterte auf dem Flur weiter
irgendwelche Sprüche. Kayla warf die Tür zu und erklärte mir, dass der
Mann ein Verrückter sei, den sie zuvor nie gesehen habe und er behauptete
auch ihr gegenüber ihr Vater zu sein und sie soll gefälligst mit ihm nach
Delmenhorst kommen. Nach 10 Minuten schellte es erneut und der Mann
war wieder an der Tür. Er hatte sich inzwischen beruhigt und versuchte mit
sanftem Ton, diesmal wieder in deutsch, was er übrigens perfekt sprach,
Kayla zur Mitfahrt zu bewegen. Sie solle ihn doch bitte nicht vor den Kopf
stoßen und nicht ihren eigenen Vater verleugnen und derartiges Gefasel.
Kayla sagte darauf nur, dass ihre echten Eltern in Thailand leben würden
und sie aber mit denen eigentlich nichts mehr zu tun haben wollte, weil
ihre eigenen Eltern sie verkauft hätten. Das muss man jetzt nicht unbedingt
auf Anhieb verstehen, spielt auch in diesem Zusammenhang keine Rolle,
Fakt sei jedenfalls, dass sie diesen angeblichen Delmenhorster Vater
überhaupt nicht kenne, noch nie im Leben gesehen habe. Der Mann wurde
dann ziemlich verzweifelt oder es schien zumindest so, und weinte fast
sogar. Er rang mit gefalteten Händen und beschwor Kayla mitzukommen
und mich, sie freizugeben. Ich habe Kayla nie festgehalten, Kayla ist ein
freier Mensch, ich habe da nichts freizugeben, obwohl ich es extrem
bedauern würde, wenn sie von mir ginge. Im Hausflur sprang einige
Wohnungen weiter schon eine Tür auf und die dort wohnende alte
Schachtel meckerte, ob nicht bald Ruhe am frühen Morgen einkehren
würde. Komisch fand ich schon, dass der Mann Kaylas Namen kannte und
auch genau wusste, dass sie sich bei mir aufhielt. Ihre eigene Wohnung ist
ja im gleichen Flur schräg gegenüber. Wem soll ich mehr glauben? Für
mich existiert diese Frage erst gar nicht. Kayla kenne ich, den Mann nicht,
Kayla mag ich sehr, den Mann nicht, ich fühle mich sehr zu Kayla
hingezogen, also glaube ich Kayla, selbst dann, wenn ich dadurch
zusammen mit Kayla untergehen sollte! Ich mache dem Mann klar, das
Kayla ihn nicht kenne und das es wohl eine Verwechslung sein muss, und
er nun gehen soll, sonst würde ich die Polizei rufen. Wieder jammert er und
fleht, ihn nicht so einfach abzuweisen. Nun ergreift Kayla wieder das Wort,
leider wieder in Thai und sagt wohl etwas bitteres, denn der Mann reißt
schlagartig nach diesem Satz in Thai die Augen auf, wie einer der sich vor
Schreck fast in die Hose macht. Dann geht er völlig kommentarlos und
seither haben wir ihn auch nicht wieder gesehen. Kayla versteht's nicht, ich
noch weniger.

Das Wetter hier ist gestern wie ein Schlagbaum umgekippt. Morgens zeigte
mein Fensterthermometer noch zittrige - 3 Grad an und schon um 11 Uhr
glaubte man weder seinen Augen noch seinem Gefühl zu trauen, es wurden
satte + 9 Grad verkündet, die es auch war. So kam man mit seiner langen
Unterwäsche, die ich neulich anzog, gleich draußen ins Schwitzen. Heute
bin ich dann um halb 5 zeitig aufgestanden und habe eine angenehme
Frühdusche genommen und bin auf frühlingsähnliche Kleidung
umgestiegen.

So entwünsche ich Ihnen eine besinnliche Weihnacht, mit sinnvollen
Geschenken und ein perfektes Jahr 2005,

Ihr

Egbert Lappenkeuler


Beitrag 2

Lappenkeuler - Brief / Email "Nach dem Fest" vom 31.12.2004

Neue Grüße, auch im Namen von Kayla.

Eine Absonderlichkeit zeigte sich vor einem Monat, was aber gewiss nicht
an meinem Computer lag. Ich hatte etwa 2 Wochen lang keine
Möglichkeit, in mein Email-Postfach oder ins Internet zu gelangen. Woran
es wirklich gelegen hat, weiß ich gar nicht, auch nicht ob es wirklich ganze
2 Wochen nicht funktioniert hat. Das kam so, an einem Tag Anfang
Dezember wollte ich im Internet etwas suchen und stellte fest, dass es nicht
möglich war eine Verbindung zum Internet zu bekommen. Auch meine
Emailsachen konnte ich nicht erreichen. Man denkt sich ja nicht gleich viel
dabei und so probierte ich es tagauf noch einmal, mit dem gleichen
Negativergebnis. Noch einen Tag später wieder so. Dann habe ich vor
lauter anderen Dingen diese Sache völlig vergessen und es gar nicht weiter
probiert. Erst am 16. Dezember fiel mir plötzlich ein, kurioser Weise, als
ich auf der Toilette saß, Mensch du hast ja Internetanschluss und schon
Gott weis wie lange kein Email-Postfach mehr auf neue Eingänge
kontrolliert. Nach meinem WC-Geschäft habe ich dann sofort das Internet
probiert und da ging es klaglos, als wäre nie etwas gewesen. Dazwischen
lagen nun runde 2 Wochen, wobei es durchaus sein könnte, dass das
Internet schon 13 Tage wieder funktionierte und ich es nicht bemerkte, nur
weil ich es total vergessen hatte zu nutzen. Vielleicht ging es aber auch erst
kurz vor Ablauf dieser 2 Wochen wieder. In diesen 2 Wochen haben sich
in meinem Postfach nicht mehr abzählbare Mengen von diesem Spam-
Schrott angesammelt, so dass schon von GMX eine Fehlermeldung kam,
dass mein Postfach überlaufe. Aber es waren alles gleichartige
Unfugsschreiben in Englisch. Ich habe daraufhin eine Email an GMX mit
einem Verbesserungsvorschlag geschrieben. Bislang kam aber keine
Antwort darauf. Wissen Sie, wenn ich solche Spam-Email erhalte, so sind
9 von 10 Spam-Email in englischer Sprache abgefasst. Da ich aber
keinerlei Korrespondenz in englischer Sprache führe oder erwarte, müsste
es eine Einstellmöglichkeit bei GMX geben, die generell englischsprachige
Email ausklammert und abwehrt oder von mir aus am Besten gleich
automatisch löscht. Bei GMX gibt es viele Möglichkeiten, die man
einstellen kann, wonach Spam automatisch aussortiert wird, aber leider
nicht nach Sprachen, doch gerade das wäre bei mir das wichtigste
Kriterium, um sicher den Ausschuss gleich auf die elektronische Müllhalde
umzuleiten.

Neulich schrieb ich Ihnen von lästigen Buchzusendungen, die ich nie
angefordert habe. Nun erhalte ich plötzlich Tageszeitungen zugeschickt.
Wie es sich für eine solche gehört täglich und das noch nicht einmal von
einer Zeitung aus Stuttgart, sondern eine Berliner Zeitung BZ. Auch ein
Schreiben mit einer Abo-Rechnung für 2005 in Höhe von beachtlichen
346,99 Euro traf für die BZ hier ein. Ich habe denen kurz geschrieben, dass
ich zu keinem Zeitpunkt ein BZ-Abo bestellt habe. Eine Antwort kam
bislang nicht, es ist aber auch erst ein paar Tage her. Vielleicht liegt das
auch gar nicht an dem Verlag, sondern jemand hat sich auf meinen Namen
einen Scherz erlaubt und das bei denen bestellt.

Vielleicht auch bei Ihnen, jedenfalls hier im Stuttgarter Raum greift,
besonders bei Jugendlichen, aber auch unter Erwachsenen, ein neues
Gesellschaftsspiel um sich, bei dem selbst ausgesetzte Gewinne zu holen
sind. Dabei melden sich Teilnehmer an und zahlen einen bestimmten
Teilnahmebetrag ein, z.B. 20 Euro. Die Beiträge aller Teilnehmer werden
in einen Topf geworfen, davon werden die Betriebsunkosten des Spiels
abgezogen und der Rest wird als Gewinn an den Gewinner ausgelobt oder
ein Sachgewinn dafür gekauft, den der Gewinner dann erhält. Diese
Betriebsunkosten sind aber gemessen am gesamten Topfinhalt gering,
vielleicht 10 %. Dann wird mittels Losverfahren einer aus allen
Teilnehmern ausgelost, der bekommt dann die Augen verbunden, wird ins
Auto gesetzt und irgendwo hin gefahren und dort ausgesetzt. Seine
Aufgabe ist dann, es innerhalb einer gewissen Zeitfrist zu schaffen, sich
zurechtzufinden und wieder nach Hause b.z.w. zu einem bestimmten
Treffpunkt zu finden. Um mögliche Notfälle auszuschließen erhält der oder
die Ausgesetzte sein Handy mit, welches man aber wirklich nur im Notfall
benutzen darf. Zudem verschenkt man mit der einmaligen Handybenutzung
auch seinen kompletten Gewinn. Nun könnte man ja jeden wer weiß wohin
karren, 200 km weiter weg in den Wald und er findet ohne fremde Hilfe
garantiert nie mehr nach Hause, das ist aber in den Spielregeln verboten.
Der zulässige Umkreis beträgt maximal 20 km vom Heimatort und wer
sich in seiner Heimatumgebung gut auskennt, ist eindeutig im Vorteil. Ein
Herr Pade hier aus dem Nachbarhaus macht dabei wohl öfters mit und hat
schon zweimal gewonnen. Wie er mir erzählte, habe man ihn beim ersten
Mal an einer Sandgrube hinter Bottnang ausgesetzt und vom Rand der
Sandgrube habe er zwei markante Schornsteine in der Ferne erblickt, die
ihm auf Anhieb verrieten, wo er sich befindet. Innerhalb von 45 Minuten
sei er schon wieder am vereinbarten Treffpunkt gewesen und habe damit
beachtliche 240 Euro gewonnen. Beim zweiten Mal habe er verloren, weil
man ihn so geschickt an einem Waldrand zwischen zwei Wäldern
ausgesetzt hatte, dass es eine Möglichkeit gegeben hätte, per Zufall gleich
den ersten kleinen Waldabschnitt zu durchqueren und gleich auf eine Ecke
zu stoßen, die einem bekannt vorkommt oder irrtümlich in den größeren
Waldabschnitt zur anderen Seite zu wandern und dort lange Zeit keine
verwertbaren Anhaltspunkte zur Orientierung zu finden. Letzteres war ihm
dann widerfahren und so verlor er seinen Einsatz von in diesem Fall 18
Euro. Beim dritten Mal war ihm dann das Glück wieder hold. Die
Veranstalter wollten besonders schlau sein, und hatten ihn im Bereich eines
seit Jahren geschlossenen Schwimmbades ausgesetzt. Doch da hatten sie
die Rechnung ohne den Wirt gemacht, da er nicht ihrer Altersgruppe
entsprach, sondern bis auf vielleicht 5 Jahre meiner Altersgruppe
entspricht, kannte er dieses Schwimmbad noch als aktiver Besucher aus
seiner Jugend, als es noch regulär geöffnet war. Wieder war er unter einer
Stunde am ausgemachte Treffpunkt und die Veranstalter waren schon
ziemlich erstaunt und hatten zuvor untereinander schon darauf gewettet,
dass er diesmal garantiert das Notfall-Handy benutzen werde. Also ich
finde dieses Spiel gar nicht so verkehrt, obwohl ich mich mit Einsätzen von
um die 20 Euro schwer tun würde. Die Staffelung ist wohl so, wer es
schafft bis 1 Stunde nach dem Aussetzen wieder am Treffpunkt zu sein, der
erhält den gesamten Betrag, der im Topf ist, wer es bis 2 Stunden schafft,
bekommt 75 % des Topfinhaltes und bis 3 Stunden auch noch 50 %, bis 4
Stunden 25 % und danach gibt es gar nichts mehr, ebenso wenn man selbst
das Handtuch wirft und das Notfall-Handy benutzt. Nicht ausgelöste
Gewinnanteile stocken den Topf für die nächste Veranstaltung auf, also
ähnlich wie ein Lotto-Jackpot. Lägen die Teilnahmegebühren bei 2 oder
vielleicht auch noch 5 Euro, würde ich auch mal mitmachen, aber so nicht.

Einen atemberaubenden zweiten Weihnachtstag erlebte eine Familie im
rechten Seitentrakt unseres Mietshauses. Am frühen Nachmittag tat es ein
gewaltiges Getöse, welches man noch hier bei uns deutlich vernahm. Ich
glaubte schon an eine Gasexplosion oder dergleichen, Kayla schaute nur
fragend. Wir schauten bei uns in den Flur, dort war aber nichts
Außergewöhnliches zu entdecken. Trotzdem dauerte es nicht lange und
Feuerwehr und Rettungsdienst eilten herbei, kurz danach auch die Polizei.
Wir sahen dann, wohin die liefen, eben in diesen Seitentrakt. In einer
Wohnung im vierten Stock war in einem Nebenzimmer die Decke
eingebrochen und eine Etage tiefer gestürzt. Weder der direkt betroffenen
Mietpartei noch den darunter wohnenden war aber etwas passiert, die
hatten beide eine Menge Glück. Die darunter wohnenden Leute wissen
sicher noch gar nichts von ihrem Glück, da sie sich im Weihnachtsurlaub
im Süden befinden. Die direkt betroffene Familie hatte Glück, weil sich
alle Personen in der Wohnküche und nicht im Nebenzimmer befanden.
Besonders unbegreiflich ist dieser Vorfall zunächst deshalb, weil es eine
sehr solide Betonbauweise ist, keine alte Bruchbude mit Holzdecken.
Selbst alle Zwischendecken sind aus Beton und normalerweise würde man
sagen, so etwas kann dann gar nicht passieren. Es ist aber doch passiert und
Sie können sich vorstellen, dass gleich Sachverständige eiligst herbei
gezerrt wurden, die den Grund herausfinden mussten. Es ging die Frage
um, ob wir möglicherweise durch alte Baumängel alle gefährdet sind, mit
der Befürchtung, dass überall die Decke oder der Boden in die Tiefe zu
stürzen droht. Es kam ein Professor aus Ulm, der wohl als besondere
Fachkraft auf dem Gebiet der Statik gilt. Der fand dann schnell den wahren
Grund. Die Mietpartei der betroffenen Wohnung hatte sich zu Weihnachten
ein ganz besonderes Geschenk selbst gemacht, ein Riesenaquarium mit
sage und schreibe 2500 Litern Wasser drin! Das wurde wohl kurz vor
Weihnachten ohne nachzudenken in der Wohnung selbst zusammengebaut
und abgedichtet und dann pünktlich zu Heiligabend mit Wasser befüllt.
Das bringt natürlich entsprechend Gewicht, also etwa rund 2500 Kilo, also
2,5 Tonnen, plus das Eigengewicht des Aquariums und der Fische darin.
Naja, knapp 2 Tage hat's gehalten. Solche Belastungen müssen natürlich
vorher mit dem Hauseigentümer abgesprochen und vor allem statisch
abgeklärt sein, was hier nicht der Fall war. Der Professor hat dann auch
gleich einen zusätzlichen, idiotischen Mangel der Aquariumskonstruktion
festgestellt, der noch mehr zu diesem Effekt beitrug. Unter dem Aquarium
befand sich noch ein Montagegestell aus Eisen, welches sinnvoller Weise
die ganzen Druckkräfte auf nur wenige Punkte am Boden weitergab. Hätte
das ganze Aquariumsbecken einfach flach und gleichmäßig auf dem Boden
gestanden, so wäre wahrscheinlich trotz deutlicher Überschreitung der
Deckenlast nichts passiert. Jetzt wird natürlich der Streit losgehen, wer den
Schaden bezahlt und so weiter. Bei den Leuten, die ich nur flüchtig kenne,
wird sicherlich nichts zu holen sein. Der Mann ist arbeitslos und ein sehr
komischer Typ, meistens betrunken. Jedenfalls wird geldlich da nichts zu
holen sein und außer den Klamotten, die die auf dem Leib tragen wird
denen in der Wohnung nichts gehören. Trotzdem kein schönes
Weihnachtsfest mit solch einem Rumms. Die Familie Kaspar, das sind die
darunter wohnenden Urlauber, werden schön dumm schauen, wenn die aus
ihren Weihnachtsferien zurück kommen und ein Zimmer total mit Schutt
und Wasser von oben verwüstet ist. Man muss sicher noch von Glück
sprechen, dass die plötzlich abstürzende Last von oben keine
Kettenreaktion ausgelöst hat und durch den Aufschlag der schweren
Deckenteile und des Wassers nicht den Boden des darunter liegenden
Stockwerks zum nächst tieferen Stockwerk auch noch durchschlagen hat.
Der Hausbesitzer war sofort hier, mit einem Fachmann für
Bauteninstandsetzung und der hat den Schaden am Haus provisorisch auf
ungefähr 25.000 Euro geschätzt. Hinzu kommt noch, das zwei Wohnungen
jetzt solange unbewohnbar sind, bis dass diese Sache instandgesetzt ist. Die
Reparatur dauert sicherlich einige Monate und solange hat der
Hauseigentümer ja Mietausfall.

Probleme einer ganz anderen Dimension herrschen derzeit in Thailand und
an anderen Stellen, die von den Seebebenauswirkungen im südasiatischen
Raum betroffen sind. Gewiss haben Sie in den vielzähligen
Nachrichtenbeiträgen gehört, was in Kaylas früherer Heimat derzeit los ist.
Man möchte meinen, das Meer will sich das ganze Land einverleiben,
wenn man die schrecklichen Bilder gesehen hat. Andererseits ist solch ein
Seebeben extrem tückisch und Kayla berichtete, dass es in ihrer Kindheit
so etwas, wenn auch in deutlich geringerem Ausmaß, öfters schon gegeben
hat. Auch seien dabei regelmäßig Tote zu beklagen gewesen, aber deren
Anzahl war dann im Verhältnis zu heute gering, vielleicht zwischen 1 und
5 Leute und das war den weltweiten Medien dann kaum eine Meldung
wert. Sie erwähnte dabei ein kleines Dorf, ungefähr 15 Kilometer von
ihrem früheren Heimatort entfernt, welches illegal von vorwiegend armen
Leuten direkt an der Küste errichtet worden sei. In diesem Dorf habe es
auch damals schon häufig Opfer gegeben, aber da die Leute keine
Touristen waren und zugleich im Lande zur unbedeutenden Masse der
Armen zählten, wurde kein großes Aufhebens um ihren Verlust gemacht.
In Thailand sei es unter Einheimischen nahezu umgekehrt, wie hier. Hier
ziehen Reiche, die es sich leisten können, mit ihren Prachtbauten an die
Ufer von Seen, Flüssen und dem Meer, in Thailand ziehen die wirklich
Reichen soweit ins Landesinnere wie es nur irgendwie geht, unter anderem
wegen solcher Katastrophen, aber auch weil es dort im Volksgefühl so
verankert ist, dass Leute, die aus dem Landesinneren stammen, eine höhere
Wertigkeit besitzen. Das lässt sich vielleicht am ehesten mit dem Nord-
Südgefälle vergleichen, welches es in der Zeit um 1960 hier in Deutschland
gab, wo Leute aus Bayern automatisch als Volkstrottel angesehen wurden,
während Leute aus Norddeutschland automatisch als Geistesgrößen
eingestuft wurden. Ob unter Kaylas Verwandten Opfer zu beklagen sind,
das weiß hier keiner, da sie schon lange keinerlei Kontakt mehr zu denen
hat und jetzt bei den kaputten Telefonverbindungen wird es sicher noch
unmöglicher einen Kontakt herzustellen. Allerdings ist es eher
unwahrscheinlich, da sie mehr ins Landesinnere hinein wohnten, ungefähr
15 Kilometer vom Meer weg. Sie legt aber auch aus Gründen, die ich hier
nicht näher erläutern möchte, keinen Wert darauf, mit ihren früheren
Verwandten in Kontakt zu treten. Für sie war das eine Zeit in einem
anderen Leben und einer anderen Welt, mit der sie heute nichts mehr zu
tun hat. Sie sagt oft, der einzige Unterschied sei, dass die meisten
Menschen sich nicht mehr an ihr früheres Leben erinnern können, weil sie
mit einer Geburt bei 0 neu anfangen, sie hingegen könne sich erinnern,
weil sie mittendrin ein neues Leben angefangen habe. Dahinter steckt auch
eine Restlogik, der man hierzulande nicht unbedingt gleich folgen kann,
die in der thailändischen Kultur verwurzelt ist.

Am Kiosk hier in der Nähe, wo ich gelegentlich eine Tasse Kaffee trinke
und auch schon mal eine Zeitschrift kaufe und dabei etwas mit den Leuten
dort plaudere, hat mich doch diese Tage ein hier neu zugezogener Eierkopf
aus der Nähe von Dresden auf die Palme bringen wollen. Geschafft hat er
es nicht wirklich, aber so ein Idiot kommt hier her und tut sich wichtig,
dass er ein Einmann-Unternehmen gegründet habe, welches erfolgreich im
Stuttgarter Nordwesten als Prospektverteilagentur tätig sei. Dann
beschimpft gerade er pauschal alle Leute, die von Vater Staat Geld
kassieren, ohne den ganzen Tag zu arbeiten und schwätzt einem dummes
Zeug von sozialer Marktwirtschaft vor. Gerade er hat aber
Gründungsbeihilfen und was weiß ich nicht noch alles kassiert, alles
Gelder die einst hier vom Westen erwirtschaftet wurden, nicht von denen.
Wissen Sie, ich habe grundsätzlich nichts gegen Leute aus den Neuen
Bundesländern, aber ich finde es geradezu grotesk, wenn ehemalige DDR-
Bürger sich als Chef aufspielen und einem das Funktionieren der
Marktwirtschaft erklären wollen. Leute, die die Marktwirtschaft noch vor
wenigen Jahren bestenfalls für die Kneipe auf dem Marktplatz gehalten
haben, blasen sich heute künstlich auf und mimen den dicken Maxen. Das
können sie nur, weil sie von Westgeldern profitiert haben, sei es in direkter
oder indirekter Form. Ich habe den Sauschwätzerkönig reden lassen und als
er fertig war habe ich ihm genau das in ruhigem Ton gesagt. Da hätten Sie
den aber mal sehen sollen. Ich hab mich innerlich gekringelt vor Lachen,
wie der mindestens dreimal seine Gesichtsfarbe von schneeweiss über grau
bis hochrot wechselte und seine miserabel rasierten Barthaare sich
hochstellten. Solche Kritik können diese Burschen ja überhaupt nicht
vertragen, weil sie daran gewöhnt sind, immer als die Streiter für eine
bessere Welt angesehen zu werden. Viele von denen sehen es als ihre
persönliche Leistung an, dass die Mauer verschwunden ist, und es wird in
den Medien sogar von Politikern leider auch oft so dargestellt. Das sehe ich
ganz anders. Wären die Voraussetzungen, dank ihrer eigenen
wirtschaftlichen Ohnmacht zu diesem Zeitpunkt nicht so gewesen, dass sie
wirtschaftlich total am Ende waren, und auch andere Voraussetzungen
seitens der Udssr, dass die dank Gorbatschow nicht dazu bereit gewesen
wären, dann hätten die gar nichts angerichtet. Die Proteste wären dann mit
aller Macht niedergeschlagen worden und der Rest von denen hätte wieder
schön brav den Schwanz eingezogen und vor "der Macht des Sozialismus"
gekuscht und im Chor über die miesen westlichen Kapitalisten geschimpft.
Ich mache das keinem zum Vorwurf, keiner kommt so leicht aus seiner
Haut und den Rahmen, in den man reingepresst wurde, kann man nur
schlecht verlassen, aber man sollte auch die Kirche im Dorf lassen und die
ständige Selbstbeweihräucherung anlässlich Wiedervereinigung und diesen
Themen im Umfeld dieser Geschichte endlich mal den Tatsachen
entsprechender darstellen. Ich kann mich im Boxring auch mit jemandem
gut prügeln, der sich nicht wirklich wehrt und nachher so tun, als hätte ich
durch eigene Kraft gewonnen. Ich denke, da wird vieles verklärt dargestellt
und mein Eindruck ist, dass besonders bei vielen Politikern aus dem Osten
der Abstand zur Realität mit jedem weiteren Jahr des Abstandes zur
Geschichte ebenfalls größer wird. Eines Tages schreiben sich diese Leute
noch den Urknall und die Entstehung der ganzen Welt auf ihre Fahnen.
Immerhin hat der Schwätzschlauderer dann den Schwanz eingezogen und
ist gegangen.

Die Natur verschiebt sich auch scheinbar wieder. Hier im Umkreis ist stark
zu beobachten, dass die Schneegänse jetzt schon wieder zurück kehren.
Das ist völlig abnormal, denn üblicherweise kehren diese Vögel erst
frühestens Mitte März zurück, wenn sie im Gespür haben, dass das Wetter
milder wird und der Winter ein Ende hat. Ich kann mich zeitlebens nicht
daran erinnern, dass jemals die Schneegänse schon im vollsten Winter
selbst zurückgekehrt sind. Vielleicht ausnahmsweise mal Anfang März,
aber selbst das war nur ein einziges Mal der Fall. Schon Ende Dezember,
das hat es noch nie gegeben. Nun bin ich nicht der Einzige, dem das
aufgefallen ist, zumal ich ja beileibe kein Tierkundler bin und mich für die
Tierwelt eigentlich nicht interessiere. Hier läuft stets so ein älterer Herr mit
Halbglatze herum, ich glaube Rotzki oder so ähnlich heißt der, aber weil
das nicht angenehm klingt, nennen wir den immer Radetzki, wie dieser
komische Marsch, und der selbst ist damit einverstanden. Es klingt einfach
besser, als Rotzki. Rotzki, da denkt jeder an Rotz, herumrotzen, durch die
Gegend spucken und dergleichen. Der ist absoluter Tiernarr und kennt so
ziemlich alles und auch alle Verhaltensweisen von Tieren. Der ist schon in
heller Aufregung und befürchtet schlimme Dinge, weil er immer sagt, diese
Tiere haben einen siebten Sinn für außergewöhnliche Katastrophen und
wenn Tiere so extrem weit von ihren üblichen Gewohnheiten abweichen,
wie es nun diese Schneegänse machen, dann bedeutet das nichts Gutes.
Nun mag man sich von solchen theoretischen Vorahnungen aus dem Tritt
bringen lassen oder auch nicht, mich persönlich regt es nicht auf, man kann
die mögliche Katastrophe ja auch dem Gebiet zuordnen, in welchem diese
Vögel sonst überwintern. Ich weiß jetzt gar nicht, wo diese Schneegänse
sonst überwintern, vielleicht in Afrika oder irgendwo da unten. Egal, wie
man selbst dazu stehen mag, irgendetwas tut sich oder hat sich schon getan,
denn sonst würden diese Viecher nicht so eigenartig reagieren. Wäre der
Winter tatsächlich schon vorbei, ich meine jetzt wettermäßig, mir soll es
nur recht sein, da ich für Mitte Januar eine längere Autoreise mit dem
Suzuki plane und Glätte da eher nur hinderlich wäre.

Weihnachten und Essen ist ja immer so ein Thema. Speziell zu Süßigkeiten
weihnachtlicher Machart möchte ich da etwas sagen. Ich bin jetzt nicht
derjenige, der sich zu Weihnachten einen riesigen, prunkvoll angerichteten
Teller mit tausend süßen Sachen auf den Wohnzimmertisch stellt, jedoch
ein paar weihnachtstypische Süßwaren dürfen es dann doch sein, die ich in
einer einfachen Blech-Keksdose bereit halte. Ein paar harte Printen,
Spekulatius, Pfeffernüsse und Konfektgeschichten versammeln sich in der
Dose und werden im Verlauf von etwa 2 Wochen vernascht. Dieses Jahr
befürchte ich allerdings, dass ich bis Anfang Frühling reichlich Naschwerk
habe und das kam so, Kayla war in einem Kaufhaus in der Innenstadt mit
ihrem Mantel in der Rolltreppe hängen geblieben. Irgendwie hatte sich
beim Besteigen der Treppe die untere Saumkante des Mantels in der
Mechanik verfangen und der Mantel wurde dabei beschädigt, weil ein
Fetzen von vielleicht 3 cm regelrecht abgetrennt wurde. Das hätte nicht
passieren dürfen, ein Fehler an der Rolltreppe. Großzügig wurde
problemlos vom Kaufhaus zugesichert, die Reparatur des Mantels
kostenmäßig zu übernehmen oder wahlweise könne sich Kayla in deren
Textilabteilung einen neuen Mantel im vergleichbaren Wertbereich
aussuchen. Sie hat letzteres dann auch getan und obendrein gab's von der
Kaufhausverwaltung noch ein dickes Weihnachtspaket, welches eben
vorwiegend unzählige Weihnachts-Süßigkeiten enthält. Neben den oben
schon erwähnten Sachen sind auch noch Dominosteine, Nugathappen,
Marzipangeschichten in undefinierbaren Sorten, schnapsgefüllte
Hohlschokoladengebilde und zig anderes Zeug darunter. Ich glaube, ich
habe schon bestimmt 5 Kilo zugenommen, vor lauter Süßwarenfresserei
und man sieht nicht, dass der Haufen davon kleiner wird. Würde man den
Inhalt dieses zuckerhaltigen Fresspakets in dem Kaufhaus so kaufen, täte es
sicherlich 150 Euro kosten. Erstaunlich im Gegensatz zu mir, Kayla
mampft das Zeug zwar auch in Mengen, nimmt aber keinen Hauch davon
zu. Sie ist und bleibt absolut schlank. Aber an manchen Tagen war es mir
schon zuviel und ich konnte nichts Süßes mehr sehen und war froh, am
Abend als Gegenpol noch eine frische saure Gurke genüsslich zu knabbern.

Ein gutes und vielleicht auch besinnliches, ruhiges, neues Jahr wünschen
Kayla und ich Ihnen. Nach den unbeschreiblichen Ereignissen in Südasien
mag man hier froh sein können, sich entspannt in der Stube
zurückzulehnen oder auf dem Sofa herumzulümmeln und die rauen Dinge
dieser Welt an sich vorbei wehen zu lassen.

Ihr

Egbert Lappenkeuler