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Auf dieser Seite finden Sie den Beitrag “Kayla’s Design”, aus dem Jahre 2010.

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Lappenkeuler - Email / Brief „Kayla's Design" vom  25.04.2010

Ein hastiges Hallo!
Die letzten Wochen waren wieder sehr hektisch. Vieles war los, vieles
hat sich getan und wir hatten beide viel Arbeit.

Vielleicht zuerst gleich zum letztgenannten Punkt, der Arbeit. Wie ich
Ihnen schon in der letzten Email schrieb, üben wir derzeit wieder
verstärkt Aushilfsjobs aus, um die Finanzlage aufzubessern. Nun
hatten wir eigentlich vor, mal wieder eine längere Pause in Sachen
Jobs einzulegen, weil einerseits die Finanzlage schon deutlich
entspannter war und weil andererseits die Lust so was zu tun nachließ,
weil wir da ja schon etliches gemacht hatten und nun wieder etwas
mehr Zeit für uns brauchten. Aber erstens kommt es anders und
zweitens als man denkt. Sie kennen diese alte Grundregel sicher auch.

Ich hatte ja in Rastatt den durchaus gut bezahlten Kurzzeitjob in einer
Recycling - Firma. Es sollte so laufen, dass ich bis Mitte Februar
Kräfte der Stammbelegschaft zu ersetzen hatte, die durch Krankheit
ausgefallen waren. Die anfängliche Arbeit an einem Säurebad war mir
nicht ganz geheuer, aber ab dem zweiten Tag die Arbeit beim
Zerlegen alter Elektrogeräte und von ähnlichem Zeug, hatte mir sogar
Spaß gemacht, zumal man neben dem guten Lohn dort auch noch
feine Sachen für wenig Geld abstauben konnte. Diesen Job war ich
aber schlagartig wieder los, was auf eine etwas seltsame Weise kam.
An einem Tag begann ich morgens mit der Arbeit, als der Chef mit
einem Mann tobend durch die Halle hastete und den zur Sau machte.
Diesen Mann kannte ich nicht. Es stellte sich heraus, dass dies einer
der krank gemeldeten Leute war, dessen Arbeit ich gerade machte.
Dieser Mann wollte sich im Betrieb etwas abholen, was er in seinem
Spind vergessen hatte. Dabei stieß er in der Halle auf den Chef, der
wohl nach der weiteren Fortdauer seiner Krankmeldung fragte. Zu
diesem Zeitpunkt waren noch knapp 2 Wochen Krankheit verordnet.
Da ist der Chef explodiert und hat den zur Sau gemacht, dass er ihn
rauswerfen würde, wenn er nicht sofort wieder arbeiten käme. Wenn
er rumlaufen könne, um im Spind etwas abzuholen, dann könne er
auch arbeiten. Ich hatte diesen Chef bis dahin immer als eher ruhigen
und kollegialen Typen erlebt, dass der so ausrasten könnte, hätte ich
nie gedacht. Die Explosion des Chefs machte jedenfalls mächtig
Eindruck auf den Kranken und so beschloß der, trotz Krankschreibung
ab sofort wieder zu arbeiten. Damit konnte ich wieder nach Hause
gehen und war noch am gleichen Tag nach der zweiten Arbeitsstunde
meinen Job los. Der Chef zahlte mir für den Tag sogar noch 5
Stunden, verabschiedete sich freundlich und meinte, dass er lange
genug „wegen dieses am Faulfieber Erkrankten", wobei er auf den
Wiederkehrer zeigte, meine Dienste in Anspruch genommen hätte. Sie
sehen, so schnell kann das gehen. Guter Verdienst, gute Arbeit, gute
Möglichkeiten etwas abzustauben, alles binnen Sekunden weg. Ich
will mich aber nicht beklagen, denn so richtig eingeplant war diese
Arbeit ja gar nicht.

Nur wenige Tage danach war ich auf Vermittlung der gleichen
privaten Arbeitsagentur für einen einzigen Tag als Hilfsarbeiter in
einer Schraubenfabrik in Ettlingen. Dass es so was heute überhaupt
noch gibt, hätte ich nicht gedacht. Ich war immer im Glauben, dass
Schrauben heute Massenware sind, die zu Millionen alle in den
gleichen Größen in riesigen Fabriken vollautomatisch hergestellt
würden. Das mag auf die einfachen Allerweltsschrauben auch sicher 
zutreffen, aber es gibt für Sonderfälle Spezialschrauben, die zum
Beispiel besonders präzise gefertigt sein müssen, ein feineres
Gewinde haben müssen oder aus speziellen Materialien sein müssen
und genau solche Spezialschrauben stellt diese Firma her. Eine eher
kleine Fabrik, die aber schon immerhin 85 Jahre existiert, wie mir der
Personalchef voller Stolz erläuterte. Man müsste wohl eher von einem
Mittelbetrieb sprechen, denn immerhin haben die rund 70 Leute festes
Personal. Spezialschrauben sind nur ein kleiner Teil des
Herstellungssortiments. Nun, mein Arbeitsbereich war schnell erklärt,
damit ich sofort mit der Arbeit anfangen konnte, ohne viel Zeit mit
Vorbereitungen zu verlieren. Eine anspruchslose Tätigkeit. Es war von
Anfang an klar, dass ich nur diesen einen Tag dort arbeiten sollte.
Meine simple Aufgabe bestand darin, in einem werkstattähnlichen
Saal, der in den Seitentrakt einer Produktionshalle nachträglich
eingebaut war, immer eine kurze dicke Schraube zusammen mit einer
dazu passenden dicken Mutter in einen einzelnen kleinen Pappkarton
aus sehr stabiler, ölgetränkter Pappe einzupacken. Auch eine
Tätigkeit, die heute normalerweise automatisch von Maschinen
erledigt wird. Hier war der Grund ein spezieller Auftrag eines
Schiffsausrüsters aus dem Raum Bremen. Der hatte diese Schrauben
extra so bestellt, wo eben jede einzelne Gewindeschraube zusammen
mit einer dazu passenden Mutter in einem Extra - Karton verpackt
werden musste. Ich wurde anfangs nur kurz von einem
Betriebsmeister in meine Arbeit eingewiesen, was vielleicht 10
Minuten in Anspruch nahm. Die größte Beleidigung für den Meister
war, wenn man die Schrauben Schrauben nannte, das waren im
Fachjargon keine Schrauben, sondern Sechskant - Molybdän -
Feingewindebolzen. Immerhin waren die Muttern Muttern,
wenngleich offiziell im Fachbegriff selbstsichernde Molybdän -
Sechskant - Feingewindemuttern. Nebenbei bemerkt, der Unterschied
von Feingewinde zu den uns bekannten üblichen Normalgewinden ist
wohl der, dass die mehr Gewindegänge auf der Schraubenlänge
aufweisen. Wie soll ich das erklären? Vielleicht mit einem Vergleich.
Wenn sich auf einer 3 cm langen Normal - Schraube vielleicht 15
Gewindeumrundungen befinden, dann sind es bei diesen
Feingewindedingern vielleicht 25 Gewindeumrundungen, also
deutlich mehr. Zugleich ist die Schräge des Gewindeverlaufs bei den
Feingewindedingern geringer, was ja logisch ist, denn sonst würde das
Mehr an Umrundungen nicht auf die gleiche Schraubenlänge passen.
Dadurch muss man zum Eindrehen solcher Schrauben wesentlich öfter
kurbeln und drehen, aber die halten dann auch viel besser, lassen sich
wesentlich leichter eindrehen und sind in ihrer Anzugskraft feiner zu
dosieren. Zudem sind diese Gewinde wesentlich präziser gearbeitet,
also mit weniger Toleranz. Hinzu kam hier in dem speziellen Fall
noch, dass sie aus einer ganz besonderen Metalllegeriung waren,
wodurch sie sich auch bei extremsten Temperaturschwankungen z.B.
zwischen - 50° C und + 500° C nicht verziehen dürfen. Man lernt ja
im Leben bekanntlich nie aus, diese Dinge wusste ich vorher selbst
nicht. Trotz aller Präzision gab es für mich kaum die Notwendigkeit,
sich bei der Arbeit aufmerksam zu konzentrieren, da ich
ausschließlich 22er - Schrauben mit 22er Muttern zusammen in den
Einzelkarton bringen musste. Also die 22 bezogen auf den
Schraubschlüssel mit 22 mm Maulweite, den man haben müsste, um
die Schraube fest zu ziehen. Ein Verwechseln mit Muttern oder
Schrauben anderer Größe war an meinem Arbeitsplatz schier
unmöglich, denn dort existierten gar keine anderen Schraubengrößen,
mit denen ich das hätte durcheinander werfen können. Der
Arbeitsplatz war sehr überschaulich. Ein großer, sehr gut von 7
Neonlampen beleuchteter Arbeitstisch in der angenehm geheizten
Saalhalle, was bei den Außentemperaturen zu dieser Zeit geradezu
wohlig war, links eine große Kiste mit den 22er Schrauben, sprich
Sechskant - Feingewindebolzen, rechts eine große Kiste mit den dazu
passenden Sechskant - Feingewindemuttern, in der Mitte war von
links hinten heran kommend eine große Reihe der genannten leeren
kleinen Hartpappekartons, in die ich dann Schraube und Mutter
vereinigen musste, ein geknülltes Stück Ölpapier drauf, damit die
Teile später in der Kiste nicht rappeln, dann obere
Pappkartondeckelhälfte drauf, nach rechts auf einen großen
Nebentisch schieben, fertig. Alle 10 Minuten kam eine sehr kleine
blonde Frau mit auffallend großem, kugelrunden Busen und brachte
Nachschub an leeren kleinen Hartpappekartons, schob diese dann mit
einem einzigen, gekonnten Handgriff von links her in einer absolut
gleichmässigen Reihe auf die Mitte meines Arbeitstisches zu. Danach
huschte die kleine Frau fast wie auf Rollen wieder weg. Die hatte
natürlich nicht wirklich Rollen unter den Schuhen, aber die hatte so
eine komisch gleichmässige Art zu gehen, dass wirkte fast schon, als
würde sie rollen. Etwas häufiger, vielleicht alle 7 Minuten, kam eine
humpelnde jüngere Frau, mit sehr hübscher Figur und häßlichem
Gesicht, und holte mit einem Rolltisch mit 2 Ebenen die fertig
gefüllten Kartons ab und brachte die auf einen anderen Arbeitsplatz,
der sich im gleichen Raum an einer Wand befand. Dort stapelte sie die
vollen Kartönchen zu einem ansehnlichen Haufen. Das ging so eine
Weile, bis dieser Haufen eine gewisse Größe überschritten hatte, dann
schaltete sie an diesem Arbeitsplatz das Licht und eine Maschine ein
und spannte von Hand jedes einzelne Kartönchen der Reihe nach in
die Maschine. Dort rasselte es kurz und die Maschine zog dabei mit
rasanter Geschwindigkeit automatisch ein selbstklebendes
Gewebeband ganz stramm über die Naht von Karton- Ober- und
Unterseite, so dass die kleinen Kartons bombenfest zu waren. Dann
kam auf jeden Karton noch ein zweifarbiger gelb-oranger Aufkleber
auf dem im gelben Feld die Schraubengröße und der Name der Firma
stand und im orangen Feld eine Kontrollnummer plus Tagesdatum.
Wenn die so, nach vielleicht 15 Minuten den angesammelten Berg an
Kartönchen abgearbeitet hatte, lud sie die auf einen wannenartigen
Rollwagen  und schob den Krempel in eine benachbarte Halle, wo der
Versand saß. Die Arbeit war zwar eintönig, kam einem aber trotzdem
nicht so vor, weil die Umgebung noch neu und interessant war. Über
eine große, verglaste Zwischenwand hatte man Blick in die
benachbarte Maschinenhalle, wo die speziellen Schrauben hergestellt
wurden. Da war noch recht viel Handarbeit im Spiel. Exakt jede halbe
Stunde, zur 25. und 55. Minute kam der Meister und prüfte, wieviel
Kartönchen man in der Zeit geschafft hatte. Eigentlich war er nie
zufrieden. Schaffte man es, anfangs pro halber Stunde 50 Kartönchen
zu bestücken, motzte er, was einem als Anfänger in diesem Metier
noch einleuchtete, schaffte man vielleicht ab Mittag, wo man sich
eingewöhnt hatte, in der gleichen Zeit 130 Stück, motzte er ebenso
und meinte, also 200 müsse man schon schaffen. Der war verrückt,
das war unmöglich. Aber Sie hätten sehen sollen, was da los war, als
ich plötzlich ohne leere Kartons da saß. Die kleine blonde Frau, die
für den Kartonnachschub zuständig war, kam auf einmal nicht mehr.
Zuerst maulte der Meister mich an, ob ich keine Lust mehr hätte und
nun anstatt zu arbeiten lieber Löcher in die Luft starren würde. Ich
verwies ihn notgedrungen auf den fehlenden Kartonnachschub,
obwohl ich die Kollegin nicht in die Pfanne hauen wollte, aber was
blieb mir übrig? Ich wusste ja auch nicht, wo ich vielleicht notfalls
selbst neue leere Kartons hätte holen können. Der Meister kochte zur
Weissglut auf und schrie durch den Saal: „Wo ist die Olga?" Es rührte
sich nichts, weit und breit keine Olga. Unterdessen stand sich die
humpelnde Frau die Beine in den Bauch und wartete auch schon auf
Nachschub, weil ich nichts mehr fertig stellen konnte, saß auch sie auf
dem Trockenen. Die Wut des Meisters sollte sich aber noch deutlich
steigern, als nach vielleicht einer halben Stunde Stillstand die Olga
etwas schläfrig wieder auftauchte und erzählte, dass sie auf Toilette
war und dort auf dem Klo eingeschlafen wäre. Mindestens 10 Minuten
lang schrie der Meister die Olga an und bedachte sie mit allen
erdenklichen Ausdrücken und Beschimpfungen, wobei er besonders
gerne das Wort „Faultier" verwendete. So weit, so gut. Also ich habe
meinen Tag dort mit der wenig anspruchsvollen Arbeit abgeleistet,
dafür einen durchaus guten Lohn kassiert, der sicherlich das heute
Übliche weit überstieg. Ich glaube kaum, dass die Festangestellten in
dem Betrieb auch nur die Hälfte dieses Lohns erhalten, aber für einen
Tag Aushilfe müssen die wohl schon was bieten, um den kurzfristig
besetzen zu können.
Danach waren einige Tage Leerlauf ohne Hilfsjob, bis sich diese
private Rastatter Agentur wieder meldete und nachfragte, ob ich
vielleicht Interesse an einem Job bei Demontagearbeiten als Helfer
hätte. Zusammen mit der Arbeitsvermittlerin beschloss ich, wieder
nach meinem bereits bewährten Konzept vorzugehen, also diese
Arbeitsstelle erst mal ansehen und dann ein endgültiges Urteil fällen,
ob ich den Job mache oder nicht. Positiv war schon mal, dass der Job
in einem Industriegebiet von Karlsruhe war. Das erforderte keine
übermässig weite Anfahrt. Etwas ungewöhnlich war der Job schon
und hatte im weitesten Sinne auch was mit Recycling zu tun. Es ging
darum, ein Lagergebäude von einer Fabrik innen zu demontieren. Das
heisst, die Gebäude sollten so stehen bleiben wie sie waren, nur die
riesigen Lagerregalsysteme, Beleuchtungsanlagen, die über die
normale Deckenbeleuchtung hinaus gingen, auch Büromöbel,
Computeranlagen und alles mögliche an Zeug, sollten demontiert und
verschrottet werden. Als mein Job hatte man mir zugedacht, dass ich
bei der Demontage von riesigen Lagerregalen helfen sollte. Nun stellt
man sich bei Regalen gleich so etwas ähnliches vor, wie man
vielleicht zuhause bei sich im Keller stehen hat oder wie man es in
Gaschäften oder Baumärkten schon mal zur Bevorratung der Waren
sieht, also etwas größer als so ein Kellerregal. Man macht sich da
keine Vorstellung, wie diese Großregale aus dem Lager der Firma
aussahen. Diese bestanden aus zusammengeschraubten dicken
Eisenträgern, auf denen wieder Querträger eingeschraubt waren, auf
diesen waren dann die Zwischenböden, die so groß waren, dass man
auf jedem Zwischenbodenfach mühelos ein ganzes großes
Wohnzimmer hätte unterbringen können. Derartige Zwischenböden
folgten dann bis in eine Höhe von rund 12 Metern, jeweils im 2 m
Abstand. Jeder Boden hatte eine Tiefe von 4 m und jedes Regal war
rund 50 m lang. Dann folgte ein Zwischengang mit Querbahnen und
Schienen dazwischen, wo früher mal Wägelchen drauf fuhren, die die
Sachen enthielten, die aus oder in das Lager sortiert werden mussten.
Die Wägelchen mussten wohl eine Hubhydraulik gehabt haben, um
damit sowohl Produkte auf der untersten Erdebene als wie auch noch
in der höchsten 12 m - Ebene aufnehmen zu können. Aber diese
halleninterne Beschickungsbahn hatte schon eine andere Firma eine
Woche zuvor abgebaut, weil die die noch irgendwo wieder
gebrauchen konnten. Von derartigen 50 m langen, 12 m hohen und
jeweils 4 m tiefen Regalsystemen standen dort in der Halle mindestens
25 Stück hintereinander. Unsere glorreiche Aufgabe bestand nun
darin, genau diese Mammutregale in ihre Einzelteile zu zerlegen und
die nach draußen in bereit gestellte Schrottcontainer zu verfrachten.
Sie ahnen es, diese  Aufgabe gefiel mir nicht wirklich, weil es mit
andauerndem Klettern in 12 m Höhe verbunden war. Man ist ja
schließlich keine 20 mehr und in meinem Rentenalter muss ich so was
nicht mehr haben. Andererseits lockte die wirklich sehr gute
Bezahlung. Es lief somit auf das bewährte System hinaus, erst mal
einen Tag lang probieren und dann die endgültige Entscheidung
fällen. Damit war die Abrißfirma, die alle Leute hier nur für dieses
eine Projekt kurzfristig angeheuert hatte, einverstanden. Schwer heben
brauchte dort keiner, das war schon mal wichtig. Dafür gab es extra
sogenannte Geländestapler, das ist so etwas ähnliches wie
Gabelstapler nur 3 Nummern größer und die sind universeller
einsetzbar. Da ist nicht einfach nur so eine Staplereinrichtung dran,
sondern man kann so einen Kranausleger anbauen, der dann von oben
mühelos die Stahlträger einhaken, herablassen und nach draussen
transportieren konnte. Der Abbautrupp bestand mit mir aus 14 Leuten
plus 2 Vorgesetzte, die zugleich die einzigen Leute waren, die fest bei
der Abbruchfirma beschäftigt waren. Die kontrollierten alles und
gaben die Anweisungen, was wann wie gemacht werden musste. Die
Arbeit entpuppte sich letztendlich als wesentlich einfacher, als ich
erwartet hatte. Da die einzelnen Bodenebenen der riesigen Regale so
hoch waren, konnte man sich darin praktisch bewegen, als würde man
in einem Haus von Stockwerk zu Stockwerk gehen. Das Lösen der
dicken Trägerschrauben - genau müsste es auch hier Gewindebolzen
heissen - ging meist einfacher, als ich dachte. Wir hatten dafür extra
so genannte Schlagschrauber, das sind druckluftbetriebene
automatische Ratschen, wie man sie auch beim Reifenmontieren in
der Autowerkstatt zum Anziehen der Radmuttern verwendet. Nur hier
wurden die Dinger zum Lösen verwendet. Das Einzige, wo man
höllisch drauf aufpassen musste, das war, dass man die Schrauben
immer von oben nach unten in einem bestimmten Reihenfolge -
Schema löste, denn sonst konnte es passieren, dass sich so eine ganze
Etage des Regals verzog und die darauf befindlichen Arbeiter
entweder runter gepurzelt wären oder gar schräg schwebende
Eisenträger auf die Rübe bekommen hätten. Natürlich wäre man dann
auch selbst abgerutscht und in die Tiefe gestürzt. Wenn dann bis auf 4
bestimmte Schrauben alle gelöst waren, kam unten ein Kollege mit
dem Geländestapler und fuhr dessen Teleskopausleger bis in Höhe der
so gelösten Teile. Mit einigen stabilen Seilen wurden diese Trägerteile
dann an dem Haken des Teleskopausleger befestigt, alle Arbeiter im
Umfeld mussten dann das Weite suchen, nur ich musste dann noch die
besagten 4 Schrauben lösen und mit dem Geländestapler konnte dann
der so gelöste Träger oder Boden sanft zur Seite geschwenkt, herab
gelassen und aus der Halle transportiert werden. Na ja, die Arbeit hört
sich schwerer an, als sie wirklich war. Der größte körperliche Einsatz
war dabei das Klettern auf die jeweiligen Bodenebenen der
Regalsysteme, was über spezielle, eingehangene Alu - Trittleitern
geschah. Für einen Menschen, der sich noch halbwegs normal
bewegen kann, aber alles kein Problem. So hatte ich mich
entschlossen, diesen Job doch zu machen. Heute hat ja fast alles
Termindruck. Das führte in diesem Job dann dazu, dass wir ab der
zweiten Woche täglich rund 12 Stunden antanzen sollten, weil alle
Regale bis zu einem bestimmten Termin raus sein mussten. Das lag
daran, weil die frühere Nutzerfirma diese Halle nur gemietet hatte und
deren Mietvertrag zu diesem besagten Termin auslief. Ab dann musste
die Halle in leerem Zustand besenrein an den Eigentümer übergeben
werden. Das war für die schon wichtig, diesen Termin einzuhalten,
weil sie schon bei einem lächerlichen Tag Überschreitung für einen
ganzen weiteren Monat hätten Miete zahlen müssen. Der Chef unserer
Abbautruppe, ein Herr Prötel, der sagte, dass ein Monat weitere Miete
für die eine Halle über 18.000 Euro kosten würde, da kann man schon
verstehen, dass die das unbedingt vermeiden wollten. Sie können sich
vorstellen, dass man das in meinem Alter dann sicher keine 12
Stunden am Stück machen will. Da habe ich gleich interveniert und
gesagt, dass ich das nicht mit mache, zumal vorher immer nur von 7
Stunden pro Tag die Rede war, wie es in der ersten Woche auch lief.
Dem Prötel war das egal, der sagte, das ist eine Personalangelegenheit
und für Personalangelegenheiten bin ich nicht zuständig. Ich sollte
mich an eine Frau Heisterkamp wenden, die nicht hier irgendwo
greifbar war, sondern in einem regionalen Verwaltungssitz der
Abbruchfirma in Stuttgart in ihrem Büro saß. So habe ich dort
angerufen. Die wollte mir doch tatsächlich zuerst dumm kommen und
drohte, dass wenn ich nicht die erforderlichen 12 Stunden dort antrete,
dann würde ich den Lohn für die bereits geleistete eine Woche mit je
7 Stunden pro Tag nicht erhalten. Sehen Sie, das ist genau der Fall,
den ich neulich mal meinte, wo ich die Handhabung in der
Recyclingfirma in Rastatt loben muss, weil man dort jeden Tag sein
Geld bekam, bar auf die Hand, direkt nach Feierabend. Da kann einem
so was nicht passieren. Ich hab der Heisterkamp dann sofort zu
verstehen gegeben, dass sie die Wahl habe, mir sofort den
ausstehenden Lohn zahlen zu lassen und mich ab dann sofort aus ihrer
Arbeiterliste zu streichen, da ich ab morgen nicht mehr erscheinen
werde oder dass ich im anderen Fall noch am gleichen Tag bei ihr mit
der Polizei aufkreuzen werde und deren Firma u.a. wegen Betruges
und Verstoßes gegen diverse arbeitsrechtliche Vorschriften anzeigen
werde. Sie hielt dann Rücksprache mit ihrem Chef, was dazu führte,
dass man mich sofort aus der Arbeit entließ und zusagte, den
ausstehenden Lohn für die eine Woche Arbeit auf mein Konto zu
überweisen. Da war ich anfangs dann doch etwas skeptisch, ob die das
wirklich auch machen, aber 3 Tage später war das Geld tatsächlich da.
Somit war dieser Job für mich dann auch wieder Geschichte. Kurz
danach habe ich mich dann tierisch mit der Arbeitsvermittlerein in
Rastatt gestritten. Die rief mich an und moserte, weil ich den Job
hingeschmissen hätte. Ich erläuterte ihr genau wieso und weshalb es
dazu kam, aber das wollte sie nicht gelten lassen, weil ich ja
schließlich anfänglich zugesagt hätte, diesen Job zu machen, dann
hätte ich nach ihrer Meinung gleich am ersten Tag sagen sollen, dass
mir der Job nicht passt. Da habe ich ihr erneut vorgehalten, dass sich
ja plötzlich die Arbeitsbedingungen total verändert hätten und damit
sei ja gewissermaßen der Arbeitgeber der Auslöser für diese
Aufkündigung der Arbeit gewesen und nicht ich. Ich kann nicht von
heute auf morgen verlangen, dass man täglich 12 anstatt 7 Stunden
dort arbeitet, davon war vorher nie die Rede, denn dann hätte ich
diesen Job nie angenommen. Wären mal für einen Tag 12 Stunden
verlangt worden, hätte ich ja auch noch mit gemacht, aber doch nicht
generell jeden Tag. Ich vermute, dass die Vermittlerin durch meinen
nachträglichen Ausstieg weniger Provision bekommen hat und
deshalb sehr sauer war. Sie meckerte jedenfalls einhellig und stark
nervend weiter, was dazu führte, dass ich sie als blöde Ziege
bezeichnete und dass sie mir künftig mit ihren Arbeitsangeboten vom
Leib bleiben soll und sich diese in die Haare schmieren oder selbst
erledigen soll. Die wollte dann noch etwas sagen, aber ich habe dann
einfach aufgelegt. Somit wird es von der Seite her keine weiteren
Arbeitsangebote mehr geben. Auch egal! Das ist doch eine
Unverschämtheit. Ich kann nicht einfach so im Nachhinein die
Arbeitsbedingungen so drastisch ändern und dann noch ernsthaft auf
die Einhaltung dieser einseitig veränderten Bedingungen pochen. Da
wäre es ja umgekehrt das Gleiche, als wenn ich plötzlich während der
Arbeit verlangen würde, dass ich nicht mehr 12 Euro pro Stunde,
sondern ab sofort 20 Euro pro Stunde erhalten soll und die dann noch
zwingen wollte, sich auf diese einseitig von mir veränderte Lohnhöhe
einzulassen. Die sind ja verrückt!

Kayla hatte inzwischen auch mehrere Nebenjobs. Ein Institut in
Karlsruhe, welches mit der dortigen Technischen Uni eng zusammen
arbeitet, musste binnen kurzer Zeit 3500 Informations - Broschüren
über irgendwelche Forschungsprojekte und Ergebnisse zusammen
stellen. Die haben dazu einige riesengroße Kopiermaschinen, die
schon sehr weit automatisiert sind, so dass man eigentlich fast schon
eher von einer kleinen Druckerei sprechen müsste. Aber auf die
Erstellung von 3500 Broschüren in kurzer Zeit, jeweils rund 300
Seiten stark, sind die nicht ausgelegt. Dabei ist der Personalbestand
der Knackpunkt, nicht die technische Ausrüstung. So suchten die
jemanden für eine Woche, der an diesen riesigen Kopiermaschinen
Anlern - Arbeiten verrichtet. Darauf hatte Kayla sich gemeldet und
prompt den Job bekommen, obwohl noch mindestens 20 andere
Bewerberinnen und Bewerber anstanden. Sie musste dann u.a.
Vorlagen nach einer bestimmten Anzahl von Kopiervorgängen
wenden oder austauschen, die fertigen Kopien nach bestimmten
Vorgaben sortieren und in eine automatische Heftmaschine spannen,
die aus den unzähligen Einzelblättern, die wohlgemerkt beidseitig
bedruckt waren, die kompletten Broschüren zusammen heftete. Dabei
wäre sie fast gleich am ersten Tag wieder raus geflogen. Sie hatte ja
nur die Aufgabe, die Vorlagen so in die Kopiermaschinen einzulegen,
wie sie ihr angeliefert wurden. Dabei war ihr aber aufgefallen, dass in
der Vorlage ein Seitensprung von 224 auf 256 war, weil die Vorlage
am Entwurfsdrucker in der falschen Reihenfolge ausgedruckt worden
war. Damit wäre die ganze Broschüre unbrauchbar geworden, weil
immer beidseitig bedruckte 2-Seitenblätter in der Mitte zusammen
geheftet wurden, das führt dazu, dass wenn beispielsweise 10 Seiten
falsch bedruckt sind, am Ende 20 echte Seiten unbrauchbar sind, da
nützt dann auch kein Nachsortieren etwas, solange die Vorlage schon
falsch ist. Das hat sie bemängelt. Diese Vorlagen waren von einem
hochrangigen Professor höchstpersönlich am Computer erstellt
worden und ein Professor macht natürlich nichts falsch. So war die
erste Reaktion auf ihre Anmerkung die Frage, was sie sich denn
überhaupt einbilden würde und es wäre eine Anmaßung, Sachen zu
bewerten, von denen sie ohnehin so rein gar nichts verstehe. Es war
wirklich kurz davor, dass man sie wieder nach Hause schicken wollte.
Trotzdem hat sich der besagte Professor dazu „herab gelassen", selbst
in den Kopierraum zu kommen und sich das alles mal anzusehen.
Eigentlich zunächst wohl nur, um sich die seltsame Kreatur mal
anzusehen, die es wagt, als fremder Neuling in dem Laden gleich
seine Arbeit zu kritisieren. Ziemlich mißgestimmt muss der da rein
geplatzt sein, habe dann aber immerhin noch gefragt, wie sie dazu
käme, seine Vorlagen in Frage zu stellen. Sie hat ihm die betroffenen
Stellen in den Vorlagen dann gezeigt, worauf er doch sehr geschockt
die Stirn runzelte und ihr kleinlaut recht gab. Am Schluß bekam Kayla
sogar noch ein Riesenlob, denn wenn das erst aufgefallen wäre,
nachdem alle Broschüren fertig waren, dann wären die mit ihrem
Terminplan nicht mehr hingekommen und vor allem hätte das etliche
Tausender mehr gekostet, weil alle Broschüren dann noch mal neu
hätten gemacht werden müssen. Einige fest dort Beschäftigten hätten
schon zu Kayla gemeint, dass sie selbst dann nichts gesagt hätten,
wenn sie diesen Fehler entdeckt hätten, nur um sich die Stimmung mit
dem Professor nicht zu verderben, auch wenn dadurch am Ende die
Mehrkosten entstanden wären. Aber man glaubt es kaum, seit diesem
Tag hatte Kayla bei dem Professor einen Stein im Brett, obwohl er sie
am ersten Tag am liebsten erschlagen hätte. Ansonsten verlief dieser
Job ab dann mehr trist und eintönig.
Ein anderer Kurzzeitjob brachte sie für 2 Tage nach Zweibrücken. Das
ist ja schon ziemlich weit weg von hier, vielleicht um die 130 km. Um
die An- und Abreise brauchte sie sich selbst nicht zu kümmern, die
wurden mit einem Kleinbus dorthin gebracht und auch wieder zurück.
Dort bei Zweibrücken gibt es ein großes Billigwaren - Center, Factory
- Outlet - Center oder so ähnlich nennen die das heute. Das ist eine Art
übergeordnete Einkaufspassage auf der grünen Wiese, wo dann wieder
etliche kleinere und mittlere Geschäfte Billigwaren anbieten, die
oftmals gleich vom Hersteller dort hin zum Verkauf verfrachtet
werden, weil es sich vielleicht um leicht fehlerhafte Ware handelt oder
weil es Restbestands - Waren aus früheren Produktlinien sind, die
aktuell gar nicht mehr hergestellt werden. Insbesondere auch Mode -
Artikel, die ja fast jährlich neu kommen. In diesem Center wurden,
bedingt durch Erweiterungen, zeitgleich 2 neue Einzelläden eröffnet
und da der Eröffnungstermin schon bedrohlich nahe gerückt war, die
Regale in den Geschäften aber noch nicht bestückt waren, musste die
gesamte Warenbestückung innerhalb dieser beiden Tage von den
Hilfskräften wie Kayla zusammen mit den Beschäftigten der Läden
vorgenommen werden. Das hätten die 3 bis 4 Beschäftigten der Läden
in der Kürze der Zeit niemals alleine geschafft. Die Verzögerung war
wohl dadurch entstanden, weil die Ladenbauer auf Grund des
Winterwetters nicht rechtzeitig mit der Inneneinrichtung der Läden
fertig geworden waren.

Erst neulich hatte Kayla dann noch für 4 Tage eine Aushilfsstelle in
einer Großgärtnerei angenommen. Ich hatte sie zuvor gewarnt, weil
ich befürchtete, dass sie dort an so einen ähnlichen Ausbeuter gerät,
wie es mir voriges Jahr passierte. Aber sie hatte Glück. Eigentlich
sollte sie beim Anfertigen von Blumengestecken und beim Binden
von Trauerkränzen helfen, die Chefin des Betriebes entschloß sich
spontan um, als sie erfuhr, dass Kayla den Führerschein hat und so
war es Kaylas Hauptaufgabe, Blumen an Kunden zu liefern, z.B. zu
etlichen Hotelbetrieben, die täglich Unmengen an Frischblumen
bekamen. Man macht sich als Laie da keine Vorstellung von. Da
waren durchaus Hotelbetriebe darunter, die pro Tag für rund 250 Euro
frische Blumen bekamen, wohlgemerkt Tag ein Tag aus und das an
365 Tagen im Jahr. Weiterhin musste sie so genannte Friedhofsrunden
fahren, wo sie vollgepackt mit Trauerkränzen, Gestecken und
dergleichen zu etlichen Friedhöfen im Umkreis von bis zu 60 km
fahren musste. Dabei war höllisch aufzupassen, dass keine Kränze
vertauscht wurden, das wäre sehr peinlich gewesen, wenn dann
vielleicht auf einem Trauerflor auf einmal gestanden hätte „Ewige
Grüße von Deiner Martina", wenn in Wahrheit die Ehefrau Barbara
den Kranz bestellt hatte. Bei einer Tour musste sie sogar Sachen zu
einer Beerdigung bis nach Frankreich bringen. Nun klingt das für
Ortsfremde weit, aber das war eine etwa 60 km weite Tour. Es gibt
inzwischen in Sachen Beerdigungskultur preisbewußte Leute, die rein
sachlich aussuchen, wer für den gleichen Preis am meisten bietet oder
wer eben den günstigsten Preis für solche Dinge hat. Dadurch haben
die öfters Aufträge aus Frankreich, weil die dort ansässigen Floristen
in solchen Dingen zuweilen teurer sind. Das letzte Geleit eine Frage
des Preises? Klingt würdelos, aber eigentlich logisch. Kann man heute
noch jemandem zumuten, nur für die Beerdigungskultur ein stolzes
Vermögen auszugeben, für das man vergleichsweise einen sehr guten
Gebrauchtwagen bekommt? Ich weiss, ein herber Vergleich, aber
nüchtern betrachtet, die Beerdigungskultur wirkt im Wesentlichen nur
an dem einen Tag der Beerdigung, dann ist der Hochglanz der
Zermonie vorbei, das Geld verpulvert und keiner, außer den
Beerdigungsunternehmen und den Floristen, hat noch was davon, an
einem guten Gebrauchtwagen hingegen kann man viele Jahre Freude
haben und etwas damit anfangen. Den Toten wird es ohnehin egal
sein, weil die so oder so nichts mehr davon haben und nichts mehr
davon mitbekommen. Aber man will sich von anderen Leuten ja
nichts nachsagen lassen, z.B. dass man das Ansehen des Verblichenen
nicht ausreichend würdige, wenn man eine allzu preiswerte
Ausstaffierung der Beerdigung wählt und genau auf diesen Effekt
hoffen die ganzen Beerdigungsinstitute und auch gewissermaßen viele
Floristen ja. Egal, Kayla hat also dort einen vorwiegend fahrenden Job
gemacht und an manchen Tagen wurde es sehr spät, weil die wirklich
reichlich zu tun hatten. Als Fahrzeug diente ihr dabei vorwiegend so
ein kleiner kombiähnlicher Kastenwagen von Ford, mit dem sie
abends sogar nach Hause fahren durfte und morgens wieder zur
Arbeit. An einem Tag hatte sie so ein ähnliches Gefährt, aber dann
von Citroen. Sie kennen diese Fahrzeugarten sicher auch, so ein
Gemisch aus normalem Kombi - PKW und Kleintransporter, wo dann
der hintere Teil wie so ein etwas aufgeblasener Blechkasten ohne
Fenster aufgebaut ist. Der Lohn für die 4 Tage konnte sich durchaus
sehen lassen.
Soviel zu unseren Jobs der letzten Zeit und ich muss zugeben, in
meinem Alter steckt man das alles doch nicht mehr so leicht weg, wie
vielleicht noch vor 10 Jahren. Kayla tut sich da gewiss noch etwas
leichter, aber nun wollen wir wirklich erst mal Pause machen in
Sachen Jobs. Ich bin fertig und brauche den Rest meiner Kraft noch
für hier weiter an den eigenen Sachen zu arbeiten.

Kayla hat eine sehr gute Idee gehabt, wie man einen Raum optisch
erheblich vergrößern und aufwerten kann. Es gibt verschiedene
Bauweisen von Wandelementen, die eigentlich dazu dienen sollen,
Räume nachträglich in mehrere kleinere Räume aufzuteilen. Die
bekanntesten Elemente dieser Art sind zweifellos die Rigipsplatten
oder ähnliche, die mit so genannten Metall- oder Holz -
Ständerbauwerken leicht zu einer kompletten, isolierten Wand
aufgebaut werden können. Mit deren Verarbeitung kenne ich mich
ziemlich gut aus, weil ich mal vor etlichen Jahren, noch in meiner
Stuttgarter Zeit, bei einem Bauunternehmer ausgeholfen hatte, der
solche Trockenbauarbeiten in Erweiterungsbauten der Uni machte.
Nun gibt es solche Ständerbauwerke inzwischen auch als Glaswände,
wo man dann spezielle, meist diffus ornamentierte Glasscheiben
anstelle der Rigipsplatten einsetzt. Vorteil: die Dinger lassen das Licht
durch, Nachteil: sie dämmen wärmetechnisch wenig, weil man keine
Dämmstoffe in diesen Wänden einbringen kann und weil das Glas
selbst bekanntlich auch wenig dämmt, es sei denn, man verwendet
sehr teures Wärmedämmglas. Aber diese Elemente, die es von
manchen Firmen heute fertig zu kaufen gibt, vorwiegend zur
Raumteilung und Raumaufwertung zu verwenden, um halt dem Raum
eine schönere und großzügigere Wirkung zu verleihen, das ist Kaylas
Idee. So haben wir in dem einen Großraum im ersten Stock, den wir
sporadisch mal als Arbeitszimmer, mal als Ruhezimmer oder zweites
Wohnzimmer benutzen, in der letzten Zeit etwas gebastelt, wobei
Kayla sich mit ihren Ideen mal so richtig austoben konnte. Ich habe
schon zu ihr gesagt, mit diesen Ideen sollte sie sich vielleicht mal als
Innenarchitektin oder Raumdesignerin bewerben. Sie hat für dieses
Zimmer alle Entwürfe gemacht und wir haben sie dann gemeinsam in
die Tat umgesetzt. Man muss wohl anmerken, dass es dabei 2
Negativpunkte gibt: der größte Negativpunkt sind normalerweise die
Kosten, weil diese Glaselemente unverschämt teuer sind, das gilt
ebenso für die speziellen Metallständeraufbauten, weil man die
Ausführungen für Rigipsplatten hierzu nicht verwenden kann, da diese
in der Optik störende dunkle Kanten an den Übergängen und an den
Enden erzeugen würden. Es gibt diese Glaselemente natürlich
mittlerweile auch als wärmegedämmte Elemente, die funktionieren
dann nach dem Prinzip der Isolierglasfenster, es sind also 2 oder 3
Glasscheiben mit Vakuum oder Schutzgas dazwischen zu
Wärmedämmglas verarbeitet. Aber die Dinger kamen für uns sowieso
nicht in Frage, weil die für einen Otto - Minimalverbraucher, wie wir
es sind, unbezahlbar sind und auch weil der Wärmedämmeffekt uns
nichts genutzt hätte, weil wir daraus ja keine kompletten Wände bauen
wollten. Wir haben uns da mal erkundigt, da würde eine einzelne
Trennwandscheibe der billigsten Sorte schon über 1.100 Euro kosten
und für unser Vorhaben hätten wir davon immerhin 6 Stück gebraucht
und dann noch die passende Tür dazu, die etwa 2.700 Euro gekostet
hätte. Da unser Haus insgesamt aber geheizt wird und in einem, na
sagen wir mal mittelmässigen Standard gedämmt ist, und weil die
Raumaufteilelemente nicht komplette Einzelräume abtrennen, braucht
man für eine Innenabtrennung ja keine Wärmedämmung, das würde
keinen wirklichen Sinn machen. Also konnten wir auf das erheblich
billigere Einscheiben - Material zurück greifen. Selbst das ist schon
teuer genug und wie Sie wissen, sieht es bei uns finanziell derzeit
nicht so rosig aus.
Keine Angst, wir haben keine Schulden und werden auch nie welche
haben, weil wir beide strikte Gegner jeder Form von Schuldenmachen
sind und lieber auf alles verzichten, bevor wir auch nur einen Cent
Schulden machen würden, aber die „Geldvorräte" sind so, dass sie zur
eigenen Sicherheit dienen und deshalb nicht für solche Maßnahmen
angetastet werden dürfen. Es war aber noch etwas von den
Gelegenheitsjobs der letzten Monate übrig, was wir dann
zusammengekratzt haben und für diese optische Verschönerung
einsetzen wollten. Kayla hat bestimmt 3 Tage lang rumtelefoniert und
ist persönlich zu zig Firmen im Umkreis von 100 km gefahren, um
schließlich den günstigsten Anbieter von solchen Glaselementen und
den dazu passenden Ständersystemen zu finden. Das war letztendlich
eine Glasfirma aus dem Raum Pforzheim. Da haben wir noch viel
Glück dabei gehabt, das muss man sagen. Diese Firma betreibt
nämlich neben Herstellung und Aufbau solcher Elemente auch noch
Messebau, also die baut Messestände auf und stattet diese aus. Von
einem früheren Messestand, den diese Firma mal für eine
Versicherung vor etwa 3 Jahren auf einer großen Messe aufgebaut
hatte, lagen noch zahlreiche solcher ungedämmten Einscheiben -
Glaselemente herum, die nun keiner mehr haben wollte, weil sie den
„normalen" Kunden zu speziell waren. Wir haben uns die Dinger
angesehen und befanden, dass die für unser Vorhaben ideal waren.
Andere Kunden hatte der etwas spezielle Zuschnitt gestört, aber vor
allem, dass diese Scheiben bläulich und grünlich getönt waren, einige
wenige hingegen waren gräulich getönt. So wurde 2 Tage lang
verhandelt, weil wir gemerkt hatten, dass die eigentlich froh waren,
die Dinger endlich los zu werden. Am Schluß haben wir den ganzen
Satz für 200 Euro bekommen, wohlgemerkt für den ganzen Satz, mit
allem, was man für den Aufbau benötigt. Normalerweise wären wir
mit einem Drittel der Scheiben und des Ständersystems
ausgekommen. Normalerweise hätte dieses Drittel schon weit über
1500 Euro gekostet und damit wäre das Projekt schon gestorben
gewesen, bevor es begonnen hatte. Aber so hat das wie die Faust aufs
Auge gepaßt. Nun ist es nicht so, dass wir mit diesen Glaselementen
einfach den besagten Großraum in 2 Teile aufgespalten haben, nein,
wir haben die Glaselemente nur streng nach Kaylas Plan stellenweise
als Raumteiler verwendet, ohne den Raum selbst komplett in separate
Einzelräume aufzuteilen. Da hat man dann z.B. an einigen Stellen in
den Raum hinein ragende Glasscheiben, wo man vielleicht davor
einen Schreibtisch mit Computer und dergleichen stellen kann und
dahinter tut sich dann eine völlig andere Raumlandschaft mit einem
Sofa und einer Fernsehecke auf und wieder ein paar Meter weiter folgt
noch eine weitere ähnliche Trennung, hinter der sich dann eine kleine
Küchenzeile verbirgt. Ich muss zugeben, dass ich an dieser Idee von
Kayla anfangs ziemliche Zweifel hatte, die Vorteile habe ich erst
erkannt, als alles fertig aufgebaut war. Jetzt gefällt es mir so gut, dass
ich es gar nicht mehr missen möchte. Das ist sehr praktisch, man
behält so das großzügige Raumgefühl und das freie Atmen eines
großen Raumes in jedem einzelnen Teilbereich, ohne dass der eine
Bereich den anderen optisch stört oder beeinträchtigt. Ich finde diese
Idee inzwischen großartig. Die unterschiedlichen Farbtöne der
Scheiben kamen uns dabei noch entgegen, weil wir die so eingesetzt
haben, dass alle Scheiben, die zu dem eher nüchternen
Schreibtischbereich gehören, mit dem gräulich getönten Glas
abgetrennt haben, die zum dem Sofabereich gehörenden in dem
bläulichen Farbton und in dem grünlichen Farbton die, die zum
Küchenzeilenbereich gehören. Nun brächte so eine Einteilung nichts,
wenn sich dahinter nur ein leerer, ungenutzer Raum befände.
Andererseits hatten wir ja nicht viele Möbel, die man dort hätte
unterbringen können, weil alle normalen Möbel, die wir haben, ja
schon in den anderen Wohnräumen wie Küche, Wohnzimmer u.s.w.
untergebracht sind. Neukauf von zusätzlichen Möbeln war aus
finanziellen Gründen absolut nicht drin, das war gar keine Frage. Da
fiel mir das Gebrauchtmöbelkaufhaus in Stuttgart ein, wo man eine
schier endlose Auswahl unter gebrauchten, teils auch aufgearbeiteten
Möbeln und Haushaltsgeräten hat, die meistens zu Preisen zwischen 2
und 35 Euro abgegeben werden. Ein einfacher Holzstuhl ist schon ab
2 Euro zu haben, während eine Schrankwand oder elektrische Geräte
dann schon mal bis 35 Euro kosten können. Ich glaube, ich hatte vor
Jahren schon mal von diesem Kaufhaus berichtet, als wir noch in
Stuttgart wohnten. Nun war natürlich klar, dass man mit unserem
kleinen Opel - Corsa keine großen Möbel die rund 70 km Entfernung
von Stuttgart bis hier hin bugsiert bekommt, aber man konnte ja zuerst
mal unverbindlich gucken fahren. So sind wir dorthin gebraust und
erlitten erst mal eine herbe Enttäuschung, denn am alten Standort war
nichts mehr. Das war früher in einer alten kleinen Lagerhalle
untergebracht, an der solch eine Verladerampe dran war. Wir wollten
schon wieder abdrehen, da entdeckte ich auf der Laderampe ein altes,
verwittertes Pappplakat, mit dem aufgedruckten Hinweis, dass sich
das Gebrauchtmöbelkaufhaus ab 1. Juni in der Magirusstraße in einem
Industriegebiet in Zuffenhausen befände. Damit war wohl der 1. Juni
2009 oder vielleicht aucht schon 2008 gemeint, wir waren ja schon
Jahre nicht mehr dort. So fuhren wir dort hin, was von der alten Stelle
etwa 5 bis 7 km in nordwestliche Richtung entfernt liegt. Wir hatten
dann aber bei unserem Besuch an dieser neuen Verkaufsstelle wohl
einen sehr ungünstigen Tag erwischt, denn es war extrem voll in dem
Laden. Obwohl Laden kann man inzwischen wirklich nicht mehr
sagen. Am alten Standort war das in einer alten, eher kleinen
Lagerhalle untergebracht, die zwar auch nicht wirklich klein war,
vielleicht mit 250 m² Verkaufsfläche. Der neue Standort ist in einer
ehemaligen Industriehalle und dürfte nach meiner Schätzung die 1.500
m² Verkaufsfläche überschreiten und trotzdem war es in diesem
großen Gebäude brechend voll. Vielleicht liegt es auch daran, dass
inzwischen immer mehr Menschen auf die Idee gekommen sind, sich
gebrauchtes Mobiliar für wenig Geld zuzulegen, denn vor 2 Jahren,
als wir vielleicht zum letzten mal am alten Standort waren, war diese
Art des Möbelkaufs noch nahezu unbekannt und galt als Insidertipp.
Heute hört man sogar im Radio oder Fernsehen manchmal von dieser
Möglichkeit. Es mag auch der neue Standort dazu beitragen, weil er
einfach näher zur Innenstadt liegt, während der alte Standort schon
mehr im außenliegenden Vorortbereich war, wo nicht so viele Leute
mit mageren Finanzen wohnen, wie in diesem heutigen Bereich. Wie
dem auch sei, es war so voll dort, dass ein vernünftiges Aussuchen
von Teilen völlig unmöglich war. Eigentlich war fast alles umlagert
und man hatte den Eindruck, sobald man sich für ein Möbelstück
näher interessierte, tauchten gleich mindestens 2 weitere Interessenten
dafür auf, selbst wenn vorher eine Viertelstunde an diesem Prunkstück
keine Sau gestanden hatte. Auch hat sich das Verkaufs- und
Preissystem ein wenig verändert. Früher standen feste Preise an den
Dingen, heute nur noch ein Startpreis. Wenn keine weiteren
Interessenten für das Teil da sind, kriegt man es auch zu diesem Preis,
aber wenn mehrere da sind, dann wird gegen Höchstgebot verkauft.
So kamen wir schnell zu der Überzeugung, dass es, zumindest an
diesem Tag, dort keinen Zweck hatte. Von einer Frau, die dort
ebenfalls etwas suchte, erfuhren wir, dass es in Pforzheim eine
ähnliche Einrichtung geben würde, natürlich wesentlich kleiner. Die
war so freundlich und sagte uns sogar die genaue Adresse. So sind wir
auf dem Rückweg gleich über Pforzheim gefahren und haben auch die
dortige Einrichtung gefunden. Die erinnerte uns von Aufmachung und
Größe her wieder sehr an die frühere alte Einrichtung in Stuttgart. Die
hatten zum Glück auch geöffnet und im ganzen Laden trieben sich
vielleicht ausser uns noch 3 weitere Kunden herum, mehr nicht. Die
Gesamtmenge an feilgebotenen Gebrauchtmöbeln war dort deutlich
geringer, als in Stuttgart, aber dafür war der Anteil guter Stücke
darunter wesentlich höher. Zuerst wollte uns eine Angestellte des
Gebrauchtwarenlagers günstig eine nahezu schwarze Küchenzeile
andrehen, aber nie mehr schwarze Möbel! Den Fehler habe ich bei
einigen kleinen Büromöbeln, Schreibtisch und so was, damals einmal
gemacht und den werde ich mit Sicherheit nicht wiederholen.
Schwarze Möbel können, zumindest bei Büromöbeln, zwar durchaus
elegant aussehen, aber man kommt aus dem Putzen nicht mehr heraus.
Jeden winzigen Hausstaub sieht man sofort wie ein Staubteppich
darauf, weil der eher hell ist und ich garantiere Ihnen, bei schwarzen
Möbeln werden Sie wahnsinnig, weil man diese spätestens jeden
dritten Tag, eher jeden zweiten Tag feucht reinigen muss, ansonsten
sehen die aus, als hätte man ein halbes Jahr lang nicht mehr geputzt.
Einfach gräßlich! Kurzum haben wir dann dort eine fast neuwertige
Kompakt - Küchenzeile gekauft, einschließlich recht modernem Ceran
- Kochfeld - Elektroherd, Abzugshaube, diversen Schrank- und
Unterbaukomponenten, alles in gediegenen Brauntönen, nicht in
schwarz. Wegen der kompakten Bauform also ideal für einen
Teilbereich in unserem neuen „Kayla-Designzimmer". Wie schon
mehrfach angedeutet, ließ unsere Finanzlage überhaupt nichts teures
zu, eigentlich sogar gar nichts und wir hatten uns innerlich schon
damit abgefunden, dass diese Kompakt - Küchenzeile zwar schön,
aber für uns sicherlich unbezahlbar sein dürfte. Hier kommt nun ins
Spiel, dass die dort überhaupt keine Preise an den Teilen stehen
hatten. Für jedes Teil, welches einen interessierte, musste man den
Preis bei einer Bedienung erfragen. Die fragte dann dumm zurück:
„Was würden sie denn freiwillig dafür geben?" So fragten wir
eigentlich mehr aus Spaß, was denn diese Kompakt - Küchenzeile
kosten solle, worauf eben diese Antwortfrage folgte. Eigentlich hätte
ich erwartet, dass die für so eine schon recht aufwändige Küchenzeile
mit all den Teilen mindestens 200 Euro haben wollen. Mehr aus
Tollerei sagte ich, dass bei unserer miesen momentanen Finanzlage 25
Euro das Äusserste der Gefühle sei; wobei ich schon erwartete, dass
die Bedienungsfrau mit einem Anfall hinter ihrem Schreibtisch
zusammen klappt. Aber im Gegenteil. Sie zog zwar zuerst einen etwas
langen Mundwinkel, überlegte kurz, wobei sie sich einen Bleistift
seitlich in den Mund schob, schnellte dann hinter ihrem Schreibtisch
hoch und sagte: „Ja, ist in Ordnung!" Sie versuchte noch nicht mal,
durch verhandeln den Preis nach oben zu treiben. Kayla und ich, wir
schauten uns nur ungläubig an und es dauerte eine Zeit, bis wir
wirklich registriert hatten, dass wir gerade für 25 Euro den Zuschlag
für eine nahezu neue Küchenzeile erhalten hatten. Irgendwie müssen
wir auf die Gute wohl tatsächlich den Eindruck von sehr bedürftigen
Leuten gemacht haben. Die Frau nannte dann wohl folgende
Bedingungen: das komplette Zeilenensemble muss innerhalb von 3
Tagen dort vor Ort in Eigenregie abgeholt und abtransportiert werden;
10 Euro mussten sofort angezahlt werden und die restlichen 15 Euro
bei Abholung und wir sollten bei uns zuhause in der Gegend
insgesamt 4 Werbeplakate für diesen Gebrauchtmöbelladen
aufhängen, weil er dort noch so gut wie unbekannt ist. Alles
Bedingungen, die wir schnell und gerne erfüllen konnten. Am
schwierigsten war noch der Abtransport. Da fiel mir der
Umzugsbekannte ein, dem ich früher in Stuttgart gelegentlich bei
seiner Arbeit geholfen hatte. Mit dessen Hilfe und seinem Ford -
Transit - Kastenwagen haben wir die Sachen dann 2 Tage später
abgeholt und inzwischen tun sie schon nach einer gründlichen
Reinigung u.a. mit Desinfektionsmittel, in neuem Glanz hier im
besagten Raum ihren Dienst.

Das Dach unseres Hauses hat wohl doch einige altersbedingte Mängel,
die uns bislang entgangen waren. Leider, und das ist auch das größte
Problem daran, wird es mit runter werfen der alten Dachziegel und
Auflegen neuer Dachziegel alleine nicht getan sein. An vielleicht 4
Stellen müssen auch Teile des Dachstuhls erneuert werden, weil die
alten Holzbalken dort marode sind. Wenn man dann schon ein neues
Dach machen lässt, muss heute selbstverständlich auch eine
vernünftige Isolierung als Wärmedämmung und als
Feuchtigkeitsschutz mit eingebracht werden. Wie Sie wissen, hatten
wir vor Jahren einen sehr günstigen flinken Dachdecker, der in der
Werkstattgarage preiswert und gekonnt alle Schwachstellen im Dach
und im Dachstuhl ausgebessert hat, ohne dass man gleich das
komplette Dach erneuern musste, wie es zuvor alle anderen
„Spezialisten" empfohlen hatten. Diese günstige Firma können wir
leider nicht mehr beschäftigen, weil es die schon länger nicht mehr
gibt. Wirklich preiswerte Firmen im gesamten Baubereich zu finden,
ist ungeheuerlich schwer, das gilt besonders, wenn die dann noch
fachlich gute Arbeit abliefern sollen. Aufwändige Erneuerungen zu
den üblichen Preisen lässt unsere Finanzlage derzeit überhaupt nicht
zu. Macht man andererseits gar nichts, dann werden gerade solche
Schäden im nu immer schlimmer und arten später erst recht in
unbezahlbare Monsterschäden aus. Eigentlich ein Teufelskreis. So
stocherte Kayla mehr blind im Internet nach preiswerten
Dachreparaturmöglichkeiten. Dabei hat sie eine Firma gefunden, die
würde die komplette Neueindeckung des gesamten Hausdaches
bezahlen und dabei zugleich die komplette Südwestseite des Daches
mit Solarzellen bestücken. Der damit gewonnene Strom wird ins
normale Stromnetz eingespeist und den Gewinn daraus bekäme in den
ersten 20 Jahren vollständig diese Firma. Das müsste man der Firma
dann vertraglich zusichern sowie denen ein Betretungsrecht von Dach
und allen Anlagenteilen einräumen. Das machen die aber nur dann,
wenn der Dachstuhl nicht komplett erneuert werden muss, sondern nur
die Eindeckung, diese allerdings dann einschließlich einer guten
Wärmedämmung nach den heutigen Standards. Wie in unserem Fall,
wo kleine Teilbereiche vom Dachstuhl erneuert werden müssten, kann
es sein, dass die das auch mit bezahlen oder je nach Lage der Dinge,
gäbe es in solch einem Fall auch die Möglichkeit, dass man diese
Teilbereiche separat abrechnet und selbst bezahlen müsste. Es ist aber
ein gewaltiger Unterschied, ob ich 50.000 Euro für eine komplette
Dachsanierung oder nur 4.000 Euro für den Teilbereich der
Dachstuhlreparatur bezahlen muss. Sonderaufbauten darf man dann
auch nicht aufs Dach machen lassen, wie z.B. Gauben oder ähnliches,
weil das die Kosten fürs Dach unverhältnismässig hoch treiben würde
und zugleich die nutzbare Solarfläche verringern würde. Wenn die 20
Jahre um wären, ginge die Solaranlage in unseren Besitz über und
auch den Gewinn dafür durch Einspeisung ins Netz würden wir ab
dann kassieren. Nun ist letzteres nicht der Punkt, der mich an diesem
Modell interessiert, sondern nur die Tatsache, dass wir mit diesem
System eine komplette Neueindeckung einschließlich guter
Dachisolierung zum Nulltarif oder knapp darüber bekämen, sofern
paar Ausbesserungsstellen im Dachstuhl selbst bezahlt werden
müssten. Natürlich würden die eine eigene Vertragsfirma schicken,
die das Dach neu macht und das alles aufbaut, man kann sich dann
nicht irgend einen beliebigen Dachdecker aussuchen. Die haben da
wohl bestimmte günstige  Dachdeckerfirmen, die mit denen immer
zusammen arbeiten und dadurch die Kosten niedrig halten. Die
eigentlichen Solarzellen werden dann nach Abschluß der
Dachdeckerarbeiten von eigenen Handwerkern der Firma installiert
und ein so genannter Wechselrichter muss im Haus nebst eines
speziellen Vergütungszählers eingebaut werden. Der
Vergütungszähler zählt halt die aus der Solaranlage gewonnenen
Kilowattstunden und den Betrag dafür erhält in voller Höhe diese
Firma 20 Jahre lang. Es gibt zudem die Auflage, dass wenn man das
Haus verkaufen sollte, die Fortführung dieses Vertrages dem neuen
Käufer übertragen werden muss. Derzeit überlegen wir noch, ob wir
uns vielleicht bei denen mal melden sollen, denn eine komplett neue
Eindeckung plus Wärmedämmung und das ohne auch nur einen Cent
dafür bezahlen zu müssen, das wäre schon was. Die dafür
notwendigen Verpflichtungen klingen soweit sehr fair und locker
hinnehmbar. Man muss wohl noch anmerken, dass die vorher einen
Fachmann vorbei schicken, der mit Meßgeräten die genaue Dachlage
und Größe ermittelt und daraus errechnet, wieviel Strom sich an dem
Standort erzeugen lässt. Vorab ist klar, dass Dächer, die nach Norden
ausgerichtet sind, grundsätzlich nicht in Frage kommen, eigentlich
kommen nur solche Dächer in Frage, die nach Süden, Südwesten oder
Südosten ausgerichtet sind und in manchen Einzelfällen noch solche
nach Westen oder Osten. Alle Zwischenrichtungen, wo ein Nord drin
enthalten ist, kommen auch nicht in Frage. In der Regel sieht es so
aus, dass nur eine Dachseite brauchbar ist, ist ja logisch, denn wenn
die eine Seite nach Süden ausgerichtet ist, ist bei halbwegs normaler
Hausbauweise die andere Seite zwangsläufig nach Norden
ausgerichtet. Auch muss die Dachfläche eine gewisse Mindestgröße
haben, sonst rechnet sich das vom Stromertrag für die auch nicht.
Aber die würde bei uns wohl locker ausreichen.

So und jetzt ist bei uns ab sofort Schluß mit der Mülltrennung! Ich
habe noch nie viel von diesem idiotischen System gehalten, 3
getrennte Abfuhren für Bio-, Recycling- und Restmüll zu veranstalten.
Das kostet uns alle nur viel Geld und verpestet in Wahrheit die
Umwelt mehr, als es bringt, eben weil 3 verschiedene Müllwagen die
Müllstrecken abfahren müssen, was früher, vor vielleicht 15 Jahren,
vor Einführung dieses blöden Systems von einem einzigen Müllwagen
eingesammelt wurde. Es ist ja der dreifache Arbeits-, Material- und
Zeitaufwand, der für die Müllabfuhr mit dem System notwendig wird.
Der Hauptgrund für unsere Trotzreaktion ist, dass seit Jahreswechsel
hier die Müllgebühren um 35 % angehoben wurden. Es ist mir
scheißegal, was die als Begründung dafür vorbringen, aber wenn
dieses hirnlose Entsorgungssystem mit dem unermesslichen Dreifach -
Aufwand schon so teuer sein muss, dann soll man nicht zusätzlich
noch von uns verlangen, sich ständig damit beschäftigen zu müssen,
den Müll zu Hause zu sortieren. Nun könnte man sagen, durch meinen
kurzzeitigen Job in der Recyclingfirma müsste ich für die Thematik
sensibilisiert sein, aber aus Sicht des betroffenen Haushalts muss man
das ja jetzt sehen. Wenn die schon so viel an Müllgebühren verlangen,
dann sollen sie den Dreck auch selbst sortieren! Ab sofort werden wir
den Müll so auf die Tonnen verteilen, dass es vom Platz aufgeht,
fertig. Das ist das einzige Kriterium, wonach künftig der Müll auf die
Tonnen verteilt wird. Wenn die Restmülltonne bald voll ist, kommt
eben der gesamte restliche Müll in die gelbe oder in die Biotonne,
bunt gemscht, so wie er eben gerade anfällt. Die können mich mal
kreuzweise! Gerade durch meine Beschäftigung in dem
Recyclingbetrieb weiss ich, dass es für solchen Hausmüll längst
vernünftige Anlagen gibt, die das alles automatisch trennen können
und das wäre sogar viel billiger, als 3 unterschiedliche Tonnen mit 3
unterschiedlichen Abfuhren zu 3 unterschiedlichen Terminen und
3fachem Personalbedarf einzusammeln. Diese Anlage kostet in
Anschaffung und Aufbau vielleicht ein mal 800.000 Euro und danach
nichts mehr, aber 3 verschiedene Müllwagen zu schicken, das kostet
dauernd, mehr an Kraftstoff, mehr an Fahrzeugen, mehr an Personal.
Man bräuchte nur noch eine Sorte von Müllwagen, wo eben alles rein
kommt. Manche Orte sollen ja sogar schon aus diesem dreigeteilten
System ausgestiegen sein und in ihrer Müllverwertung solch eine
vollautomatische Sortier - Anlage mit großem Erfolg aufgestellt
haben. Egal, ob die das hier auch machen oder nicht, es ist
beschlossene Sache, wir trennen ab sofort nicht mehr, basta! Sollte es
wirklich mal dazu kommen, dass die so eine Art Müllpolizei voraus
schicken, die den korrekten Tonneninhalt kurz vor der Abfuhr
kontrolliert und bei fehlerhafter Befüllung dafür sorgt, dass die
Tonnen ungeleert stehen bleiben, dann habe ich kein Problem damit,
den Müll nachts irgendwo in den Straßengraben zu kippen. Das ist ja
dann deren Schuld und nicht meine. Ich zahle für die Müllentsorgung,
sehe mich deshalb aber nicht gezwungen, jede Idiotie mit zu machen,
die sich irgendwelche ehemaligen Waldorfschüler und heutigen
Verwaltungsbeamten oder ähnliche Konsorten dort haben einfallen
lassen. Die kämen auch noch auf die Idee, Hurra - wir tanzen den
Müll weg.

Nicht nur die neumodische Art der Müllentsorgung bereitet uns
derzeit etwas Kopfschmerzen, da gibt es schlimmeres. Wie Sie
wissen, fahren wir seit einigen Jahren einen kleinen Opel - Corsa -
Turbodiesel, nach wie vor mit großer Freude an dem Fahrzeug, weil
wenig Verbrauch, gute Fahreigenschaften und trotzdem für so einen
kleinen Wagen auch recht bequem. Nun hatten wir bislang nie größere
Reparaturen daran, aber es gibt ja auch Verschleißteile, die
zwangsläufig irgendwann fällig werden. Neulich rasselte es unter dem
Boden und es stellte sich heraus, dass der Dieselkatalysator
durchgerostet ist und mit der Oberfläche am Wagenboden scheuert.
Also muss der neu. Leider existiert die Autowerkstatt von meinem
Autobekannten ja nicht mehr, sonst wäre das sicher alles kein
nennenswertes Thema gewesen. So bin ich in eine Opel -
Vertragswerkstatt vor den Toren Karlsruhes gefahren. Man wurde
auch prompt und freundlich bedient, aber die Handhabung wird
kostspielig. Der Werkstattmeister von denen empfahl mir, dass ich bei
der Gelegenheit gleich einen Partikelfilter mit einbauen lassen soll,
denn dann bekäme ich die grüne Umweltplakette, bislang hatte ich nur
die gelbe Plakette, und ausserdem sollte es Steuervergünstigung
geben. Der preisliche Unterschied wäre der, dass der Austausch des
defekten Dieselkatalysators gegen einen neuen mit Arbeitslohn 670
Euro kosten würde und der Austausch dessen gegen eine Kombination
aus Dieselkatalysator mit Partikelfilter würde 990 Euro kosten, wovon
Vater Staat in Form von Steuerfreiheit 300 oder 330 Euro übernehmen
würde. Somit hätte ich in jedem Fall 600 bis 700 Euro zu zahlen.
Früher, als ein normaler Auspuff mit Schalldämpfer genügte, war
solch eine Reparatur mit 200 Euro locker erledigt. Aber nein, wir sind
ja alle Umweltengel auf staatliche Verordnung und sollen für dieses
Trugbild natürlich entsprechend tief in die Tasche greifen. Alles pure
Geschäftemacherei, nur darum geht es! Aber der eigentliche Witz
folgt noch. Man kann ja nicht ohne dieses Ding fahren, dann würde
der Motor kaputt gehen, weil diese ganze Regelung darauf irgendwie
abgestimmt ist. So haben wir einen Tag hin- und her überlegt und uns
dann für die schweineteure Sache mit dem Partikelfilter entschieden,
weil das nach Abzug des Steuergeschenks ja ungefähr auf den
gleichen Preis raus kommt und man dafür noch die grüne Plakette
erhält, die einem die Zufahrt in alle Stadtkernbereiche sichert. So
haben wir der besagten Opel - Werkstatt den entsprechenden
Reparaturauftrag erteilt. Die sagten, kein Problem, sie können auf den
Wagen warten, die Sache ist in spätestens 2 Stunden erledigt, was in
unserem Fall ja sinnvoll ist, weil wir wieder 17 km zurück fahren
mussten. Nach nur 20 Minuten kam ein Mann aus der Werkstatt und
meinte, dass kein passender Partikelfilter mehr im Lager sei und man
den erst nachbestellen müsse. Das haben die dann gemacht. Das geht
ja alles über Computer und dabei stellte sich heraus, dass der bestellte
Ersatzfilter erst in 1 bis 2 Wochen lieferbar ist. So vertröstete man uns
auf einen späteren Termin in 2 Wochen. Das war so eben noch mit
dem Klapperauspuff möglich. Als ich nach 2 Wochen wieder dort
auftauchte, hiess es, dass sich die Lieferung neuer Partikelfilter um
über ein halbes Jahr verzögere. Wohlgemerkt, über ein halbes Jahr!
Das lag nicht an Opel, sondern am Zulieferhersteller der Partikelfilter.
Das muss man sich mal vorstellen! In welcher Bananenrepublik leben
wir eigentlich? Besoffene oder zugekiffte Grünpolitiker verordnen den
Leuten Dinge, die gar nicht lieferbar sind, die es quasi gar nicht gibt
und die Hersteller können nicht liefern. Da längeres warten unmöglich
war, weil bis dahin nichts mehr von der ehemaligen Auspuffanlage
übrig gewesen wäre, wurde somit beschlossen, doch wieder einen
neuen, normalen Dieselkatalysator anstelle des vorgesehenen
Partikelfilters einzubauen. Ohne Steuervergünstigung, mit
Beibehaltung der gelben Plakette und dauerhaft für fette 670 Euro mit
Einbau. Eine Frechheit! Das alles dient doch nur noch der Abzocke.
Normalerweise hätte ich gesagt, scheiss der Hund drauf und in einer
Hinterhofwerkstatt hätte man notdürftig etwas zurecht geflickt, um
weiter störungsfrei fahren zu können, aber das geht so ohne weiteres
heute alles nicht mehr. Es wundert mich, dass die Bevölkerung diesen
ganzen vorgeschobenen Umweltquatsch so geduldig mit macht und
sich so von diesen Berufs - Bedenkenträgern einlullen lässt. Da wäre
mal eine Revolution angesagt, mit der man diese Ökohirnis vertreibt,
die uns allen mit ihren blöden Ideen auf der Nase herum tanzen und
nur unnötig das Geld kaputt machen.
Genug davon, man könnte sich endlos aufregen, wenn man heutzutage
den ganzen bürokratischen Schwachsinn und die uferlose
Überreglementierung sieht, aber dafür ist einfach die Zeit zu schade.
Es kommt bald so weit, dass man am besten gar keine Regeln mehr
beachtet und nur noch das macht, was man will, weil es inzwischen so
viele Regeln gibt, die eh keiner mehr alle kennen kann und weil sich
die Regeln alle selbst ad absurdum führen. Ich sage ja immer,
Deutschland und die ganze EU verkommen zu einem zähen Pudding
von Regeln, Verhinderungsmaßnahmen und Bedenkenvorschriften, in
dem sich bald nichts mehr bewegt, wo alleine dadurch bald alles den
Bach runter geht.

Etwas sehr kurioses hatte neulich der Rentner erlebt. Wie ich Ihnen
schon mal schrieb, hat der einen relativ alten Mercedes der so
genannten E - Klasse, vielleicht um die 25 Jahre alt. Nun war an dem
Wagen neulich irgendwas kaputt, ich weiss nicht was, jedenfalls
musste er in die Werkstatt. Da die Arbeiten längere Zeit
beanspruchten und weil seine Werkstatt in Karlsruhe ist, bekam er von
denen einen fast fabrikneuen Leihwagen. Nun ist das ein Autohaus, 
welches etliche Marken führt. Dadurch erhielt er als Leihwagen einen
kleinen koreanischen Wagen. Ich weiss nicht mehr genau, von
welcher Marke, ob es Kia oder Hyundai oder so was war. Er fuhr mit
dem Kleinwagen also nach hause. Als er den bei sich in der Einfahrt
abgestellt und abgeschlossen hatte, stellte er auf einmal fest, dass die
Schlösser in unregelmässigen Abständen von selbst wieder auf
sprangen, so wie es über die Funkfernbedienung des Schlüssels per
Zentralverriegelung geschieht. Die meisten heutigen Fahrzeuge haben
ja solch eine Funkfernbedienung im Autoschlüssel, um die Türen aus
der Ferne zu entriegeln oder abzuschließen, so auch dieser
Kleinwagen. Also das Ding spielte verrückt. Ein Abschließen war
völlig unmöglich. Der Rentner holte uns dazu, um sich das Spektakel
anzusehen. Er drückte auf die Verriegelung, es macht klack und der
Wagen war abgeschlossen, so wie es sich gehört. Dann legte er den
Autoschlüssel aufs Wagendach, machte nichts, aber nach vielleicht 4
Minuten machte es erneut klack und der Wagen war wieder offen.
Dann hat er das Spiel mehrmals wiederholt, manchmal öffnete sich
die Verriegelung nach 2 Minuten wieder, manchmal gleich sofort nach
dem Abschließen, manchmal auch erst nach 8 Minuten, aber länger als
8 Minuten dauerte es nie, bis er von selbst wieder auf sprang.
Umgekehrt passierte aber nichts, also wenn er einmal auf war, dann
blieb er auch auf, es kam nicht vor, dass er von selbst verschlossen
wurde. Die Lösung dieses unglaublichen Phänomens kam dann per
Zufall. Als wir dort standen und wo einer den anderen nur blöd
anguckte, kam gerade der Elektriker oben aus dem Ort vorbei
gefahren und sah uns da stehen. Wissen Sie, dieser Elektriker, der uns
anfangs hier im Haus auch schon mal geholfen hatte, bei Problemen
mit den Entwässerungspumpen und den Stromkreisläufen rüber zum
Anbau der Werkstattgarage. Der war eigentlich auf dem Weg zur
Regenwasserbehälter - Fabrik, sah uns und blieb mit seinem
Firmenwagen kurz hier stehen. Er beschaute sich die Sache, staunte
selbst kurz, kam dann aber auf den Trichter, dass diese
Schlüsselfernbedienungen auf der gleichen Frequenz senden, auf der
auch neumodische kleine Handsprechfunkgeräte senden und auf der
zufälliger Weise auch bestimmte „Fernwirkanlagen" senden, das sind
wohl vereinfacht gesagt industrielle Fernsteueranlagen in der
benachbarten Behälterfabrik. Auf diese Idee kam der Elektriker
deshalb so schnell, weil er oft in der Regenwasserbehälterfabrik
Aufträge hat und dort ist ein Beschäftiger angestellt, der ebenfalls
solch ein koreanisches Billigauto hatte und der ähnliche Probleme
hatte, sobald er mit seinem Wagen auf dem Firmenparkplatz stand.
Zuhause hatte er die nie. Diesem Beschäftigten wurde dadurch
geholfen, dass ein findiger Werkstattmonteur im Autohaus einen
zusätzlichen Schalter in die Fahrzeugelektronik eingebaut hat, der es
erlaubt, diese Funk - Zentralverriegelung abzuschalten. Dann muss der
Beschäftigte immer wenn er in der Nähe der Fabrik parkt mit diesem
versteckt angebrachten Schalter die Zentralverriegelung abschalten
und per Hand, so wie man es früher nicht anders kannte, jedes
Türschloß vom auto rein mechanisch mit dem Schlüssel abschließen,
was ja nach wie vor immer auch noch geht, denn sonst käme man bei
einem Stromausfall, z.B. durch leere Batterie, ja nicht mehr ins Auto.
Natürlich sollten die Sender in den Autoschlüsseln irgendwie noch
kompliziert codiert sein, damit solche Störungen durch Fremdanlagen 
eben nicht passieren, aber damit nehmen es die Anbieter von solchen
Billigautos wohl nicht so genau und haben an Aufwand gespart. Dann
stören sozusagen die Anlagen der Fabrik die Funktion der
funkbedienten Autoschlösser dieses Wagens. Bei unserem Opel -
Corsa, der ebenfalls solche Funk - Autoschlösser hat, bemerken wir
keine negativen Folgen durch diese Fabrikanlagen, obwohl der Wagen
mit Baujahr 2001 ja wesentlich älter ist, als dieser fabrikneue
Koreaner. Also an solchen Dingen merkt man dann halt doch, dass die
billigen Preise nicht nur alleine von den billigeren Löhnen in Korea
kommen. Mein nun inaktiver Autobekannter meinte  letztes Jahr
schon, dass man sich da nichts vormachen soll. Wem es nur darum
geht, vom Anschaffungspreis her so billig wie möglich mit einem
neuen Auto fahren zu können, der liegt bei den koreanischen Wagen
durchaus richtig, aber der sollte sich auch darüber im Klaren sein, dass
diese Autos eben nicht völlig gleichwertig sind, wie beispielsweise
teurere europäische Wagen. Er meinte, dass wohl vor allem in den
Fahrwerken und in den Fahrleistungen oft noch relativ große
Abstriche gemacht werden müssen, wo eben die teureren
europäischen Wagen bessere Kurveneigenschaften aufweisen und
meistens auch ein besseres Beschleunigungsvermögen sowie eine
präzisere Verarbeitung und sparsamere Motoren haben.

Ich weiss, es klingt abenteuerlich, aber mir ist neulich wirklich der
Kragen geplatzt, da habe ich jemandem eine Beule in sein Auto
getreten. In der letzten Zeit hat irgend so ein schwachsinniger Idiot
hier den Weg bei uns vorbei in Richtung der Mühlen zu seinem
morgendlichen Hunde - Wanderweg auserkoren. Prinzipiell ist
dagegen auch nichts zu sagen, aber der Knackpunkt ist der, dass dieser
oberkranke Schwachkopf sein Auto dabei immer genau vor unserer
Einfahrt abgestellt hat. Obwohl hier ja nun wirklich kilometerweit
anderswo Platz genug ist, aber nein dieser Hirnkranke sucht sich auf 2
Kilometern freier Länge ausgerechnet unsere Einfahrt als Abstellplatz
für seine Karre aus. Meistens hatte er seine Kiste, ein mittelkleiner
Skoda, aber wenigstens noch so gestellt, dass wir mit viel Mühe und
etwas Mut so gerade noch vorbei kamen. Aber letzten Donnerstag hat
er ihn dann genau breitseits vor die Einfahrt gestellt und war mit
seinen beiden blöden Kötern zum Abscheissen unterwegs. Nun ist es
nicht so, dass der Arsch dann nach wenigen Minuten zurück kehrt,
seine Köterwanderungen dauern meistens über 2 Stunden. Wir
mussten aber auch mit dem Wagen raus und da ist mir der Kragen
geplatzt. Mit Anlauf habe ich ihm dann gegen den Kotflügel getreten,
mit der Folge, das dort nun eine richtig fette Beule klafft. Ich hätte gar
nicht gedacht, dass man mit purer Menschenkraft ohne jedes
Hilfsmittel, ausser den Schuhen, einem Auto solch eine riesige Delle
verpassen kann. Das sah eher aus, als wäre er irgendwo gegen einen
Baum gefahren. Wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte, dann hätte ich
den dort zugleich auch noch weg geschleppt, aber dazu müsste man
ein Zugfahrzeug haben, wie vielleicht einen Bagger oder einen
Traktor, so was habe ich ja leider nicht zur Hand. Damit ist die Sache
aber noch nicht zu ende. Vielleicht knapp 2 Stunden nach der Beulen -
Attacke meinerseits kam der dumme Arschkopf mit seinen
Sabberkötern zurück und verfrachtete die in den Wagen, ohne die
Beule zu bemerken, weil die auf der Beifahrerseite ist. Er fuhr davon.
Aber die Aktion hatte trotzdem die erwünschte Wirkung. Irgendwann
und irgendwo, wahrscheinlich bei sich zu hause, wird er die Beule
entdeckt haben. Dann wird er gegrübelt haben, wo und wann die rein
gekommen sein könnte. Jedenfalls danach ist er fast eine Woche lang
nicht mehr hier aufgetaucht und erst vor wenigen Tagen kam er noch
mal, hat seinen Wagen aber schätzungsweise 500 m entfernt von hier
weiter in Richtung der Mühlen am Abzweig zu einer Weidenzufahrt
geparkt. Es ist wirklich idiotisch. Das habe ich nun schon so oft erlebt,
dass schwachsinnige Idioten ausgerechnet hier bei uns die Einfahrt zu
parken, wenn sie wandern gehen. Gerade hier ist das völlig unnötig,
weil kilometerweit freie Ränder neben der kleinen Straße sind, wo
man den Wagen abstellen kann, ohne jemanden zu behindern, aber
nein, diese hirnlosen Hornochsen parken ausgerechnet bei uns in der
Einfahrt. Sie werden lachen, aber ich überlege tatsächlich ernsthaft,
mir einen alten Traktor preisgünstig zu beschaffen, der so gerade noch
läuft, mit dem ich dann solche Arschlöcher einfach wegschleppen
werde. So einen alten Traktor kann ich ohnehin gut gebrauchen, weil
ich vor Jahren mal einen Tankanhänger sehr billig von einem Bauern
gekauft hatte, der aber seit dem unbeweglich hinter der
Werkstattgarage herum steht. Den könnte ich damit auch ab und zu
woanders hin stellen. Der Elektriker hier aus dem Dorf hat da
irgendwo Beziehungen, über die er einen alten Traktor billig besorgen
könnte, wir kamen mal zufällig auf dieses Thema zu sprechen. Er
meinte für rund 1.500 Euro könne er so was beschaffen, wenn ich
keine großen Ansprüche an Schönheit und Leistung stelle und er nicht
auf der Straße fahren braucht, also nicht mehr zugelassen und ohne
TÜV ist. Mal sehen, die 1.500 Euro wäre mir, angesichts der
geschilderten Häufung der obigen Probleme die Sache trotz knapper
Kassen noch wert. Kayla findet die Idee sogar fast schon romantisch
und stellt sich im Sommer schöne Spazierfahrten durch die
angrenzenden Wälder damit vor. Ich weiss aber nicht, ob das ohne
Zulassung überhaupt geht, der Punkt ist jedoch auch erst mal
zweitrangig, Hauptsache wäre, dass man diesen hirnlosen
Zeitgenossen damit eine schöne Lektion erteilen könnte, in dem man
deren Wagen damit vielleicht 100 m weiter schleppt, wenn die den
hier vor der Einfahrt parken und dass man den Tankanhänger hin und
her rangieren kann.

Eine recht lustige Begebenheit, trug sich neulich zu, jedenfalls für
außenstehende Beobachter. In Karlsruhe war vor einigen Wochen eine
Ausstellung von einem Bäcker- und Konditorverband, so eine Art
Leistungsschau, wie man das wohl nennt. Ein namhafter Konditor
hatte aus Marzipan, Schokolade, Zuckerguß und Gebäckteilen eine
historische Burg aus der Region komplett als Modell nachgebaut. Die
hatte er dann in besagter Ausstellung präsentiert und weil das Teil so
schön originalgetreu gelungen war, glaubte fast jeder Betrachter, es
wäre ein industriell gefertigter Modellbausatz aus Kunststoff. Deshalb
hatte er zur eindeutigen Kennzeichnung einen Papp - Kuchenteller,
wie sie beim Kauf von Kuchen unter dem Kuchen sind, davor gestellt
mit der großen Aufschrift: „Alles eßbar!". Genau das wurde ihm und
seinem Kunstwerk dann nach wenigen Minuten zum Verhängnis, als
er gerade nicht vor Ort war. Eigentlich wollte er die filigrane und süße
Arbeit einem Landesminister vorzeigen, der diese Leistungsschau
später besuchte, doch dazu kam es nicht mehr. In den wenigen
Minuten, in denen der Konditormeister mal kurz abwesend war,
strömten 2 komplette Schulklassen durch die Ausstellung, die dorthin
einen Schulausflug unternommen hatten. Der Papp - Kuchenteller mit
der großen Aufschrift „Alles eßbar !" wurde von denen als
Aufforderung interpretiert, sich daran selbst zu bedienen und zu
naschen. Nun kann man sich vorstellen, 2 Schulklassen die können
schon einiges an Naschwerk in kürzester Zeit verdrücken. Als der
Konditor nach vielleicht 10 Minuten zurück kehrte, traf ihn fast der
Schlag, denn von seinem mühsam in mehrwöchiger Kleinarbeit
errichteten Burgmodell war außer ein paar kläglichen Resten nicht
mehr viel übrig. Als der Minister kam, konnte er diesem nur noch von
dem Vorfall berichten und immerhin wenigstens an einem PC noch
ein Foto davon zeigen, welches er noch daheim in der Backstube von
dem fertigen Teil geschossen hatte.

In die alte Fabrik kommt jetzt noch etwas mehr Leben. Wie ich Ihnen
in der zurückliegenden Zeit immer wieder berichtete, haben sich
neben der durchaus bedeutsamen Regenwasserbehälter - Fabrik im
Laufe der Zeit auch noch einige Kleinbetriebe in diversen, meist
kleineren, Nebengebäuden der Fabrik angesiedelt. Seit kurzem ist ein
weiterer Betrieb dazu gekommen. Man könnte sagen, es ist eine
Fahrrad - Fabrik, aber das klingt viel zu groß für das, was es wirklich
ist. Die stellen zwar komplette Fahrräder her, aber in sehr kleinem Stil
nach Kundenwünschen, also nach Einzelauftrag. Dazu haben die sich
zunächst in einem abgetrennten Teilbereich einer größeren Halle
nieder gelassen. Ich dachte zuerst, oha, diese Firma scheint ja etwas
größer zu sein, weil sie in so eine relativ große Halle einzogen, aber
am Eröffnungstag war zugleich ein Tag der offenen Tür bei denen und
man konnte die Wirkungsstätten komplett besichtigen. Dabei stellte
sich heraus, dass die von der größeren Halle nur einen winzigen
Bruchteil abgetrennt haben, wo die ihre Fahrräder mit ganzen 2 Mann
Personal produzieren. Ein weiterer Raum vorne am Eingang dient als
Verkaufs-  und Versandraum, daneben ein kleines Büro und ein WC -
und Waschraum, das wars. Deren gesamte Produktionsstätte mag
vielleicht 120 m² groß sein, mehr nicht. Wie ich erfuhr, ist die
Nutzung eines kleinen Teils dieser größeren Halle nur eine
vorübergehende Notlösung. Eigentlich wollten die eine der kleineren
Hallen im westlichen Bereich hinter der Regenwasserbehälterfabrik
kaufen und ihren Betrieb dort eröffnen, das hatte aber nicht
fristgerecht geklappt, weil in dieser kleinen Halle unerwartete
Bauschäden festgestellt wurden, die u.a. durch geplatzte Wasserrohre
im Keller entstanden waren. Die dadurch entstandenen Bauschäden
werden nun auf Kosten des Verkäufers beseitigt, was mindestens ein
halbes Jahr dauern soll. Dafür können die so lange kostenlos in dieser
nun abgetrennten größeren Halle ihren Betrieb eröffnen. Wenn diese
kleine Halle dann instand gesetzt ist, ziehen die mit allem Kram
dorthin um und die größere Halle steht wieder komplett leer, sofern
sich bis dahin kein anderer Interessent findet. Na ja, ich weiss nicht,
ob dieses Geschäftsmodell wirklich Zukunft hat, vielleicht ja, obwohl
ich es mir aus meiner Sicht nur schlecht vorstellen kann. Viele Leute
wollen heute ihr exklusives Fahrrad haben, wie es sonst kein anderer
auf der Welt hat und solche Leute können dann Kunde bei denen
werden. Man kann mit recht konkreten Vorstellungen dort antanzen
und die bauen einem das Fahrrad dann genau so, wie man es haben
möchte, sofern gesetzliche Bestimmungen dem nicht entgegen stehen.
Als wir dort waren, wurde z.B. gerade ein Fahrrad gebaut, was
eigentlich ein Dreirad ist, wo der Vorderteil wie ein ganz
stinknormales, einfaches Fahrrad aussieht und der gesamte hintere
Teil besteht aus einer flachen Ladefläche mit einer normalen Achse
mit 2 Rädern. Man könnte von einer Kreuzung zwischen kleinem
Anhänger und Fahrrad sprechen. Kundenideen so umzusetzen mag ja
zunächst durchaus ganz zukunftsträchtig klingen, aber wenn man dann
hört, dass diese eine Einzelanfertigung 3950 Euro kostet, also rund
4000 Euro, dann weiss ich nicht, ob es zahlreiche potentielle Kunden
gibt, die soviel Geld für so eine letztendlich primitive Kiste bezahlen
wollen. Dafür kriegt man ja schon einen Gebrauchtwagen und braucht
sich dann nicht mühsam abstrampeln und kriegt sicherlich noch mehr
Ladung transportiert, als in diesem Ding.

Man muss sich immer wieder wundern, wenn vermeintlich berühmte,
preisgekrönte Architekten heute neue Bauwerke planen, die irgendwie
für Kunst verwendet werden sollen. Da wurde in Stuttgart eine
renovierte oder umgebaute Ausstellungshalle eröffnet, die wohl einen
besonderen Preis für eine tolle Gestaltung des Eingangsbereiches
erhalten hat. Wenn Sie den Eingangsbereich sehen würden, dann
fielen sie vor Verwunderung um. Der sieht nämlich genau so aus, wie
in den frühen 70er Jahren Tankstellen ausgesehen haben, also mit so
einem hohen, nach allen Seiten offenen Betondach, was auf 2 T-
förmigen Beton - Stützen steht. Es fehlen nur die Zapfsäulen unten
drunter, dann wäre das Bild komplett. Erst am Ende dieseser
„Tankstellen - Dachkonstruktion" folgt der wirkliche Eingang zu dem
Gebäude. Es erübrigt sich zu erwähnen, dass der Architekt für diesen
„tollen" Entwurf viel Geld kassiert hat, und dass der Bau davon
natürlich besonders teuer war, weil es ja etwas Besonderes ist. Um
ehrlich zu sein, als ich das gesehen habe, wurde ich den Verdacht
nicht los, dass der Architekt zuvor lange gegrübelt hat, wie er den
Eingangsbereich gestalten soll. Als ihm nichts eingefallen ist, hat er
hinter sich in die Mottenkiste alter Entwürfe gegriffen und dabei
diesen Zufallsfund gemacht. Die Pläne lagen noch dort aus der Zeit,
als er vielleicht noch klein und eher unbedeutend war, da hat er früher
vielleicht für Tankstellen solche Betonkonstruktionen entworfen.
Heute brachte ihm dann das Kramen in alten Unterlagen die zündende
Idee, sozusagen als Geistesblitz, das mal als Eingangsbereich für eine
Kunsthalle zu verwenden.

Es gibt peinliche Vorfälle, da möchte man am liebsten im Erdboden
versinken und wünscht sich, dass man nie dort gewesen wäre oder
sich wenigstens in Luft auflösen könnte. Wenn man das so erzählt,
klingt es, wie ein Stück aus einem Slapstickfilm der 20er Jahre des
letzten Jahrhunderts. Wenn man selbst dabei unfreiwillig den Part der
tragischen Figur vom Schicksal auferlegt bekommt, findet man das in
dem Moment gar nicht so lustig. In einem Saal in einem Vorort von
Karlsruhe gab es vor einigen Wochen einen Einabend - Kurs über
digitales Fotografieren. Ein interessantes Thema und da der Eintritt
völlig kostenlos war, bin ich dort hin gefahren. Kayla blieb
unterdessen zu Hause, weil sie sich für einige Stunden in die
Badewanne legen wollte. Das ist eine ihrer Methoden, manchmal total
abzuschalten und zu entspannen. Sie legt sich durchaus schon mal bis
zu 3 Stunden in die Wanne, auch wenn sie danach mit total
durchweichter Haut dem Wasser entsteigt, findet sie das sehr
entspannend. Also ich fuhr alleine dorthin. An dem Abend war es
draußen noch recht glatt, wodurch ich nur sehr langsam fahren konnte.
Dadurch kam ich über eine halbe Stunde zu spät. Der Vortrag hatte
schon begonnen. Durch das glatte Wetter waren aber viele nicht
gekommen und zahlreiche Plätze noch frei. Der Vortragende vorne
auf der Bühne, seines Zeichens Berufsfotograf, war gerade in
intensiven Erläuterungen, als ich in den Raum trat und mir einen
genehemen Sitzplatz suchte. Dafür schritt ich durch mehrere Reihen
unbesetzer Stühle. Das waren so komische Schulstühle, die eine
Plastikauflage auf verchromten Rohrelementen haben. Nun hatte der
Hausmeister dort etliche dieser Stühle in den hintersten Reihen immer
versetzt aufeinander gestapelt, weil man nicht mehr mit einem
weiteren Besucheransturm rechnete. Da ich die bereits vorhandenen
Teilnehmer in ihrer Aufmerksamkeit nicht stören wollte, näherte ich
mich von hinten durch die unbesetzten Stuhlreihen. Dabei bedachte
ich nicht, wie wenig standfest diese komischen Stühle sind, besonders
wenn weitere Stühle auf ihnen gestapelt sind. So stieß ich an einen
Stuhl, der ziemlich genau in der Mitte von diesem Stuhlhaufen stand.
Die Folge war, das zunächst dieser eine Stuhl verschoben wurde,
daraufhin stürzte der auf ihm gestapelte zweite Stuhl runter, stieß in
der Reihe dahinter gleich 4 Stühle auf einen Schlag um, die ihrerseits
wieder alle Stühle in ihrer Umgebung mit zum Kippen brachten. Das
ergab eine sich kreisförmig fortpflanzende Umsturzlawine, fast wie so
ein Dominoeffekt, nur kreisförmig in alle Richtungen gepaart mit dem
entsprechenden Getöse. So fielen mindestens 40 dieser blöden Stühle
zu Boden und ich kann Ihnen sagen, das schepperte gewaltig. Es ist
wirklich nicht angenehm, sich vor etlichen Leuten auf diese Weise als
Tölpel vom Dienst hervor zu heben. Sie können sich vorstellen, dass
in dem Moment alle Blicke auf mir lasteten, die normalen
Erläuterungen des Fotografen waren abrupt unterbrochen. Einige
schauten erheitert, andere erschrocken, wieder andere schüttelten
verständnislos den Kopf, einige wurden auch gleich frech und
beschimpften mich als Idioten oder so ähnlich. Der Vortragende, also
dieser Berufsfotograf, fragte nur trocken sachlich, ob ich auch noch
zur Teilnehmerrunde gehören würde; was ich bejahte. Darauf schaute
er bedenklich und meinte nur: „Tjaaa, dann!" Inzwischen war der
Hausmeister herbei geeilt, um die gefallenen Stühle wieder
aufzubauen. Der Fotograf bat ihn, das sein zu lassen, weil es
unentwegt klapperte und seinen Vortrag störte und da diese Stühle
nicht gebraucht wurden und auch keinem im Weg lagen, vertagte der
Hausmeister das Aufrichten seines Stuhlbaus auf später, nach dem
Vortrag. Zum Vortrag des Berufsfotografen selbst kann man
eigentlich nicht viel sagen. Ich weiss nicht, ob ich in der ersten halben
Stunde etwas verpaßt habe, ich kam ja bekanntlich zu spät, aber in der
verbliebenen Zeit hat der Fachmann zumindest auf mich bezogen,
keine Neuigkeiten gebracht. Eigentlich wusste ich alles schon, was der
da erzählte. In manchen Punkten bestätigte es vielleicht Dinge, die ich
zuvor nur vage gewusst bzw. geahnt hatte, aber richtig neues gab es
nicht zu lernen. Manchmal hatte ich sogar den Eindruck, dass der Typ
gar kein richtiger Berufsfotograf ist, sondern nur ein etwas besserer
Laie, der sich vielleicht mit mehreren verschiedenen
Digitalkameratypen durch häufige Benutzung etwas besser auskennt,
als ein Normalbürger. Unterdessen gewann ich den Eindruck, dass
viele Leute offensichtlich die Bedienungsanleitungen von ihren
Kameras überhaupt nicht lesen und ihre Defizite nur dadurch
entstehen. Natürlich lernt es sich unter praktischer Anleitung leichter,
als wie wenn man sich erst alles selbst anlesen und ausprobieren muss,
aber ich weiss nicht, viele Leute von den Teilnehmern wussten noch
nicht einmal, dass man bei den meisten Digitalkameras den Blitz auch
abschalten kann, wenn man ihn nicht haben möchte. Oder die wussten
auch nicht, dass man die meisten Kameras in verschiedenen
Auflösungsstufen betreiben kann, was sich ja unter Umständen
erheblich auf den Speicherplatzverbrauch auswirkt. Überhaupt
verstanden die meisten die Zusammenhänge zwischen hoher
Auflösung und hohem Speicherplatzbedarf gar nicht. Solchen Leuten
konnte der Mann natürlich noch viel beibringen. Die werden sicher
mit dem Gefühl nach Hause gegangen sein, dort viel dazu gelernt zu
haben. Mir persönlich hat der Kurs nahezu nichts gebracht. Hätte ich
das vorher gewusst, wäre ich erst gar nicht durch die Glätte dorthin
gefahren und hätte mir damit noch den peinlichen Auftritt mit den
„Fall - Stühlen" erspart.

Das Leben hält zuweilen seltsame Begegnungen parat. Neulich traf
ich jemanden wieder, von dem ich schon seit zig Jahren fest glaubte,
dass er tot sei. Da kann man verrückt werden. Ich war mir sicher, dass
dieser frühere Bekannte schon viele Jahre tot ist. Ach was heisst hier
viele Jahre tot, über ein Jahrzehnt tot, glaubte ich. Zum besseren
Verständnis zuerst etwas zur Vorgeschichte. Bereits lange vor meiner
schweren Erkrankung, es war sogar zu der Zeit, als ich noch mit
meiner ersten Frau, dieser konsumsüchtigen Gewitterziege, verheiratet
war. Es muss mindestens über 20 Jahre her sein. Ich arbeitete damals
für ein halbes Jahr bei einer Firma in Stuttgart, die Bürozubehör und
allen möglichen Krimskrams, vorwiegend aus Metallblechen, Pappe
und Kunststoff herstellte. Die produzierten Hefterleisten, Locher,
Stifte, Bleistiftspitzer, Kugelschreiber, Bilderrahmen, Stiftablagen,
Sortierfächer, Einhängesysteme und derartiges Kleinzeugs für
Bürobedarf. Die Firma gibt es schon lange nicht mehr, die haben etwa
ein Jahr nach meinem Weggang pleite gemacht. Ja nicht weil ich da
weg gegangen bin, das haben die sicher ganz gut verkraftet, sondern
eher weil der Firmeninhaber nach meiner Meinung ein absoluter
Vollidiot war. Bei dem war es eher verwunderlich, dass der Betrieb es
geschafft hat, bis dahin zu überleben, doch das ist eine andere Story.
Der besagte Bekannte, der auf den Namen Jürgen hörte, ich glaube
mit Nachnamen hieß er Plumacher, also auch ein eher etwas
eigenartiger Name, aber längst nicht so eigenartig, wie mein eigener
Nachname, also dieser Bekannte arbeitete auch in der Firma. Dadurch
hatte ich den kennen gelernt. Dieser schmächtig wirkende Jürgen war
in der gleichen Abteilung wie ich. Damit nicht genug, wie sich heraus
stellte, wohnte der in Stuttgart nur eine Straßenecke weiter, als ich
damals zusammen mit meiner ersten Frau wohnte. Da der Weg zur
Arbeit von dort etwa 5 km lang war, bot es sich an, dass wir eine
Fahrgemeinschaft bildeten. In der einen Woche fuhren wir in seinem
Wagen zur Arbeit, er fuhr damals einen alten Mercedes, den er mal
günstig von einem Verwandten abgekauft hatte, und in der nächsten
Woche fuhren wir mit meinem Wagen. Ich entsinne mich noch, als sei
es erst gestern gewesen, ich fuhr damals kurze Zeit einen Ford - Capri,
das war so eine Art Sportwagen für Arme von Ford. Den hatten wir
vor allem gekauft, weil er meiner damaligen Frau so gefiel. Der
Wagen sah auf den ersten Blick von außen etwas schnittig und
sportlich aus. Damit war seine Sportlichkeit aber auch schon zu Ende,
denn eigentlich war er in dieser normalen Alltagsversion, wie wir sie
hatten, sogar ausgesprochen lahm und kurvenunwillig, also
Eigenschaften, die man gerade bei einem Sportwagen nicht erwartet.
Jeder einfache VW - Golf in der kleinsten Version mit nur 50 PS, die
es damals noch gab, war sportlicher, als dieser Capri mit, ich glaube
84 PS. Es war damit nicht wirklich schön, Ausflüge beispielsweise in
den kurvigen Schwarzwald zu machen, schon gleich gar nicht im
Winter. Wohl passte sein stets exorbitant hoher Spritdurst zum
Anspruch eines Sportwagens. An dem Wagen hatten wir aber ohnehin
nicht lange „Freude", weil meine damalige Frau ihn nach einem
halben Jahr versenkt hat, wonach wir immer auf die Melodie von dem
alten Evergreenschlager „Capri-Fischer" umgetextet sangen: „wenn
mein Capri im Meer versinkt...", obwohl sie den nicht im Meer
versenkt hatte, sondern im Neckar. Na ja, ich muss zugeben, so blöd
meine erste Frau auch war, aber dem ertrunkenen Capri habe ich keine
einzige Träne nachgeweint, aber ich schweife wieder zu weit ab,
schließlich soll es hier nicht um meinen früheren Wagen gehen.
Soweit ich mich entsinne, stammte der Plumacher eigentlich gar nicht
aus dem Raum Stuttgart. Er erzählte mal, dass er ursprünglich aus
dem oft in Soldatenliedern besungenen Westerwald „entflohen" war.
Neben dem gleichen Arbeitgeber und dem gemeinsamen Weg zur
Arbeit waren wir von der Einstellung her in vielen Dingen ziemlich
ähnlicher Ansicht. Man sagte diesem Jürgen nicht ohne Grund nach,
dass er 2 linke Hände hatte. Auch wenn das gegensinnig klingen mag,
aber er war einerseits vielseitig begabt, verstand was vom Reparieren
von Autos und Rasenmähern, von günstigen Einkaufsquellen, aber
auch Arbeiten wie Gehwege pflastern, tapezieren, Innenausbau und
kurioser Weise Schuhe reparieren konnte er auch; aber andererseits
bei allen Fähigkeiten gelang es ihm fast immer, bei seinen
Reparaturen und Arbeiten ganz neue Fehler einzubauen, die vorher
nicht da waren. Um mal ein einfaches Beispiel zu bringen, er sollte
mal einen kleinen Türbeschlag an einem Holzschränkchen fest
schrauben, der sich im Laufe der Jahre gelöst hatte. Der Türbeschlag
war nur mit 2 einfachen Gewindeschrauben befestigt. Der Jürgen
schaffte es, die erste Schraube normal fest zu ziehen, bei der zweiten
Schraube wollte er es dann besonders gut machen und überdrehte die
Schraube, so dass ihr Gewinde kaputt ging und sie danach völlig lose
heraus fiel, weil sie ohne Gewinde keinen Halt mehr fand. Genau
solche Effekte waren typisch für ihn wie ein Markenzeichen. Eine
große Leidenschaft von ihm, die ich nie so richtig verstehen konnte,
war das Angeln. Er war einer von denen, die sich stundenlang mit der
Angel an einen See setzen können, nur um darauf zu warten, dass
vielleicht irgendwann mal ein müder Fisch anbeisst, oder halt auch
nicht. Aber ist ja ok, jeder hat so seine Interessen. Damals, in dem
halben Jahr, wo ich in dieser Firma gearbeitet habe, sahen wir uns
täglich, ausser natürlich am Wochenende. Als ich in dem Saftladen
aufgehört hatte, trafen wir uns gelegentlich sporadisch noch, mal zu
einem Kaffee mit Schwätzchen am Kiosk. Das ging so, bis kurz nach
der erfolgreichen Scheidung von meiner ersten Frau. Durch die
Scheidung zog ich in eine andere, wesentlich kleinere Wohung in
einem anderen Stadtteil, weil ich mir die alte Wohnung nicht mehr
weiter leisten konnte. Damit war ich aus der Gegend und der Kontakt
zu diesem Jürgen brach dadurch automatisch ab. Vielleicht ein Jahr
später traf ich ihn dann zufällig in der Stadt vor einem Kaufhaus
wieder. Er sah da sehr schlecht aus, mit sehr grauer, kranker
Gesichtsfarbe und er erzählte mir noch, dass es gesundheitlich um ihn
sehr schlecht stehe. Er war schon so geschwächt, dass man seine
Stimme kaum noch erkannte, sie war leise und zittrig. Danach habe
ich ihn nie wieder gesehen. Nach vielleicht 2 Jahren erzählte mir ein
anderer Bekannter, ob ich schon gehört hätte, dass dieser besagte
Jürgen gestorben sei. Mir schien das durch die vorherige Begegnung
in seinem stark angeknacksten Zustand so plausibel, dass ich es sofort
absolut glaubte. Ich dachte, bei seinem desolaten Aussehen bei
unserer letzten Begegnung konnte es gar nicht anders gekommen sein,
als dass die nächste Stufe der Tod sei. Nun mag man im Moment der
inneren Einkehr bedauern, nicht bei seiner Beerdigung gewesen zu
sein, aber dazu hätte ich ja zum aktuellen Zeitpunkt wissen müssen,
wann die war. Von seinem vermeintlichen Tod erfuhr ich ja erst, als er
angeblich schon lange tot war. Ich habe das auch nie hinterfragt, wozu
auch? Für mich war es absolut plausibel, dass der gestorben war. Aber
jetzt zum Kern der Sache! Vor Wochen gehe ich mit Kayla zusammen
mal in Rastatt durch eine Einkaufsstraße. In Rastatt kennen wir uns
noch so gut wie gar nicht aus, obwohl das nur knapp 35 - 40 km von
hier entfernt liegt. Als wir so dort herum schlenderten, kommt uns ein
Mann entgegen, er geht vorbei, aber dabei denke ich schon, komisch,
der kam mir irgendwie bekannt vor, wo hast du den mal gesehen?
Vielleicht eine Ähnlichkeit mit irgend wem, denke ich, und wir gehen
normal weiter. Ein paar Meter weiter entdeckt Kayla in einem
Schaufenster eine blaue Jacke. Kayla liebt blaue Kleidungsstücke, sie
ist aber keine Modenärrin und erst recht keine Shoppingmaus, wie
man heute so sagt, aber diese blaue Jacke im Schaufenster hatte es ihr
angetan, besonders wegen dem ungewöhnlichen, überkräftigen
Blauton, aber wohl auch, weil es eine recht praktische Jacke war. So
hielten wir vor dem Schaufenster ein und betrachteten die Jacke.
Plötzlich fuhr ich zusammen, weil mir jemand heftig auf die Schultern
klopfte, und das war doch dieser Mann, der uns einige Sekunden
vorher entgegen kam, wo ich noch dachte, den kennst du doch
irgendwo her. „Hallo, Egbert, bist du das wirklich, Egbert?", fragte
der. Kayla staunte etwas und meinte: „Kennt ihr euch?" Ich grübelte,
mir kam in diesem Moment gar nicht dieser Jürgen in den Sinn, mir
war nur klar, dass ich diesen Mann irgendwoher kannte. Zugegeben
eine etwas blöde Situation, der hatte mich zweifelsohne erkannt, ich
ihn zu dem Zeitpunkt aber noch nicht genau. Ich wusste nur, den
kennst du, sogar ziemlich gut, aber woher? Da kann man verrückt
werden, in so einem Moment und es ist peinlich zugleich. Ich
überlegte hin und her, dann fiel langsam der Groschen, aber was
dieser Groschen hergab, das konnte ja gar nicht sein, weil der
Groschen Jürgen hiess und schon Jahre tot ist, jedenfalls nach meinem
bisherigen Glauben. Weil mir partout nichts anderes zu diesem
Gesicht einfiel, meinte ich zu dem: „Du hast ne ziemliche Ähnlichkeit
mit dem Jürgen Plumacher, aber dein richtiger Name fällt mir im
Moment nicht ein." Da brach er in schallendes Gelächter aus und
meinte, dass dieser Witz gut gewesen sei. Kurz danach bemerkte er
aber, dass ich echte Zweifel daran hatte, wer da nun wirklich vor mir
stand. Er klärte mich dann darüber auf, dass er tatsächlich auch dieser
Jürgen sei und ich klärte ihn darüber auf, wer mir damals verkündet
hatte, dass er an dieser schweren Erkrankung gestorben sei. So
tauschten wir diese Dinge genauer aus. Er hatte damals tatsächlich
über 2 Jahre sehr stark an dieser Krankheit gelitten, die ihn auch fast
das Leben gekostet hätte, aber wo viele ihn schon aufgegeben hatten,
kam im Krankheitsverlauf kurz nach Einführung einer neuen
Behandlungsmethode eine drastische Wende. Die Krankheit ist zwar
nicht 100 % geheilt, er hat sozusagen Reste davon auch heute noch im
Leib, die ihn ein Leben lang begleiten werden, aber die Beschwerden,
Auswirkungen und Folgen der Krankheit wurden um über 90 %
gemildert und er kann ein relativ normales Leben als Rentner führen.
Er sieht auch wieder richtig fit aus, allerdings doch irgendwie anders,
als zu seiner noch gesunden Zeit früher. Klar, es liegen auch zig Jahre
dazwischen, da mag sich der Mensch ohnehin schon verändern und
erst recht, wenn so eine Erkrankung dazwischen liegt. Wegen dieser
neuen Behandlungsmethode, die damals aufkam, musste er in eine
Klinik nach München fahren, wo er dann rund 7 bis 8 Monate
stationär behandelt wurde. Das ist eine lange Zeit und Sie können sich
vorstellen, da vierliert man fast jeden Bezug zu seinem früheren
Wohnumfeld und auch die Wohnung selbst. Aber Hauptsache man
überlebt und kann danach wieder ein einigermaßen gutes Leben
führen. So bewahrheitet sich erneut der alte Spruch, dass Totgesagte
lange leben.

Es gibt 2 völlig unterschiedliche Typen von Mensch, die sich in ihrer
Herangehensweise an die Aufgaben des Alltags total unterscheiden.
Auf der einen Seite die Systemorientierten und auf der anderen Seite
die Zweckorientierten. Das klingt hochtrabend und kompliziert, ist es
aber nicht. Dazu ein sehr einfaches Beispiel, was die wesentlichen
Unterschiede zwischen den beiden Gruppen von Mensch gut
beschreibt.
Wenn ich an meine Kindheit zurück denke, kann ich sagen, dass
meine Mutter eindeutig zu der Gruppe der systemorientierten
Menschen gehörte, während ich mich selbst zu der Gruppe der
zweckorientierten Leute zähle. Und zwar am Beispiel des Fegens des
Bürgersteiges vor dem Haus kann man das sehr schön erläutern. Der
systemorientierte Mensch würde den Bürgersteig vor dem Haus
prinzipiell beispielsweise jeden Samstag sauber kehren, weil man ihn
dort immer jeden Samstag gekehrt hat. Das samstägliche Fegen des
Bürgersteiges ist dort so üblich, also systembedingt und der
Systemorientierte hält sich penibel daran. Der Zweckorientierte
hingegen würde den Bürgersteig nicht fegen, weil beispielsweise
wieder Samstag ist, sondern nur dann, wenn eine gewisse Mindest -
Verschmutzung vorliegt, die das Kehren nötig macht, um wieder ein
sauberes Gesamtbild zu erlangen. Das heisst, der zweckorientierte
Mensch fegt nur dann, wenn es wirklich nötig ist, was ja auch bei
Bedarf öfter sein kann, sofern genug Dreck da liegt, aber in aller
Regel wird es wohl darauf hinaus laufen, dass im Jahresmittelwert der
Zweckorientierte deutlich seltener fegt, weil sich meist innerhalb von
einer Woche nicht so viel Dreck ansammelt, dass sich erneutes Fegen
wirklich lohnt. In der Gesamtheit wird der Zweckorientierte sich viel
unnütze Arbeit sparen. Was nicht unbedingt heissen muss, dass er sich
insgesamt viel Arbeit spart, weil viele Zweckorientierte die so
entstehenden Freiräume für weitere Aktivitäten nutzen, zu denen der
Systemorientierte erst gar nicht kommt, weil er in dieser Zeit mit der
Erfüllung seines Systemplans beschäftigt ist. Im Laufe meines Lebens
habe ich festgestellt, dass man auf diese Weise die Unterschiede der
grundsätzlichen Verhaltensmuster zwischen system- und
zweckorientierten Menschen eigentlich auf alle Lebensbereiche
übertragen kann. Seltsamer Weise ist es wirklich so, dass sich fast alle
Menschen ziemlich strikt in diese 2 generellen Unterschiedsgruppen
aufteilen lassen.
Wie oben schon angedeutet, kann ich das aus dem eigenen Umfeld
von früher her schon beschreiben. Nun ist das alles schon viele
Jahrzehnte her, aber beispielsweise meine Mutter, Gott hab sie selig,
zählte eindeutig zu den systemorientierten Menschen. Zu dem Haus,
wo wir zu meiner Kindheit mal wohnten, gehörte beispielsweise eine
Art Hofeinfahrt, die von der Straße über den Bürgersteig durch ein
Tor innerhalb des Erdgeschosses dieses Hauses in den Hinterhof des
Hauses führte, wo sich eine Art Platz sowie einige Garagen befanden.
Dort wohnten wir damals, das muss ungefähr 1950 gewesen sein, zur
Miete und meine Mutter hatte beim Vermieter eine deutlich günstigere
Miete ausgehandelt, wenn sie dafür im Gegenzug das Kehren des
Bürgersteiges und dieser besagten Durchfahrt übernahm. Bis zu
diesem Zeitpunkt hatte der Hauseigentümer, der nur 3 Häuser weiter
an der gleichen Straße wohnte, das immer selbst erledigt. Pünktlich
jeden Samstag um 9 Uhr schwang meine Mutter dort den Besen, egal
ob wirklich Dreck lag oder nicht, obwohl vom Vermieter keine
Vorgaben zu einem speziellen Zeitplan gemacht wurden. Genau so
machte sie es eigentlich auch mit allen anderen Arbeiten, die so im
Haushalt anfallen. Wenn ich heute vergleichbare Arbeiten mache,
natürlich an anderer Örtlichkeit, dann immer nur dann, wenn auch
wirklich ein gewisses Mindestmaß an Dreck überschritten ist, was im
Durchschnitt dazu führt, dass ich nur alle 3 Wochen mal den
Bürgersteig und die Einfahrt fege, weil in einer Woche dort eigentlich
so wenig Dreck anfällt, dass man es gar nicht bemerken würde, ob
gefegt wurde oder nicht.

Eine lustig-seltsame Sache aus einer kurzen Zeitungsmeldung hier vor
einigen Wochen. In einem Linienbus war es recht voll. Dort stand
unter anderem eine junge Frau mit riesigen modischen Ohrringen in
den Ohren. Als der Bus an einer Steigungsstrecke ins Rucken kam,
suchte ein älterer Mann in seiner Verzweiflung umzufallen wohl nach
Halt und griff zum nächst Besten, was wohl Halt bieten konnte und
das waren die riesengroßen Ohrringe der jungen Frau. Die Frau wurde
dabei heftig am linken Ohr verletzt und musste ins Krankenhaus, weil
der Ohrring auf diese Weise regelrecht raus gerissen wurde. Der Mann
hatte nach eigenen Angaben im dichten Gedränge des Busses von
hinten in dem Schreckmoment des Ruckes die Ohrringe der Frau mit
den Halteschlaufen und Halteringen des Busses verwechselt, die sich
dort an solchen umlaufenden Stangenrohren zum Festhalten befinden.
Da sieht man, wie gefährlich die neue Mode ist. Man könnte auch
sagen, wer schön sein will, muss leiden.

Alles was wichtig ist, ist unwichtig und belanglos, könnte man sagen.
Ich weiss nicht, ob bei Ihnen auch diese Seuche ausgebrochen ist, aber
hier bekommt man seit ungefähr einem halben Jahr fast jeden zweiten
Tag Briefe per Post, die von der Couvert - Aufmachung her irgendwie
fast amtlich aussehen und auf denen groß und fett drauf steht
„Wichtig" oder „Wichtige Unterlagen" oder so ähnlich. Innen drin ist
dann irgend ein Reklame - Scheiß, Werbung für Werbe - Busfahrten,
solche Kaffeefahrten, Gewinnspiele, Lotto - Systeme, Termine von
Verkaufsshows  oder ähnlichen Mumpitz. Die Organisatoren davon
versuchen nun wohl, die billigen Spam - Werbemaschen vom Email-
Verkehr auf die echte Post zu übertragen, denn bei den Emails hat
man das ja schon seit Jahren, dass alle Emails, die im Kopf schon mit
Wichtig oder ähnlich bedeutsam gekennzeichnet sind, nur
vergleichbaren Schrott enthalten und deshalb von uns gar nicht mehr
geöffnet werden, sondern gleich ungelesen gelöscht werden. Diese
Inflation der wichtigen Briefe hat für uns die Folge, dass wir so nun
auch mit diesen „Wichtig - Briefen" verfahren, die wandern alle
ungeöffnet gleich in den Müll oder ich verfalle wieder meiner schon
etwas älteren Gewohnheit, und schreibe mit einem dicken Filzstift
drauf: „Annahme verweigert, zurück an Absender!" Bei normalen
Briefen muss der Versender dann die Rückportokosten auch noch
zahlen und wenn das alle machen würden, dann gäbe es diese
Werbeidioten gar nicht mehr. Leider ist der Käse auch oft als
Wurfsendung gebucht und dann landen die Dinger wohl bei der Post
im Müll, aber immerhin hab ich dann das Altpapier davon nicht hier
rum liegen.

Das wars für heute aber endlich. Bis zum nächsten mal,

Ihr Egbert Lappenkeuler