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Auf dieser Seite finden Sie die Lappenkeuler - Beiträge “Arbeit” und “Briefmarken” aus dem Jahre 2005. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.
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Beitrag 1
Lappenkeuler - Brief / Email „Arbeit" vom 13.06.2005
Erhitzte Grüße.
Über gewisse Unstimmigkeiten mit der modernen Technik berichtete ich Ihnen schon häufiger. Nun gibt es wieder einen Anlass dazu, der einen fast noch belustigen würde, wenn es nicht zugleich auch ärgerlich wäre. Vor rund 2 Jahren kaufte ich in einem Sonderangebot bei einem Discounter ganz hier in der Nähe einen sogenannten Funkwecker für damals nur 7,99 Euro. Sie kennen diese Dinger sicherlich, man braucht nie mehr die Uhrzeit einzustellen und auch das lästige Umstellen von Winter- auf Sommerzeit entfällt. Alles geht über Funk gesteuert automatisch. Nur die Weckzeiten muss man natürlich noch selbst einstellen. Soweit so gut, das Gerät arbeitete bis vorige Woche einwandfrei. Wissen Sie, ich benutze diesen Wecker oft, um mich selbst an gewisse Termine zu erinnern. Wenn ich z.B. weiß, dass ich um 17 Uhr bei einem Bekannten etwas abholen wollte, dann stelle ich diesen Wecker auf 16.30 Uhr, um zeitig genug loszufahren. Oder wenn ich eine Fernseh- oder Radiosendung sehen oder hören will, die um 18 Uhr kommt, dann stelle ich diesen Wecker auf 17.55 Uhr. Nun war mir passiert, dass ich trotz dieser Vorgehensweise einen Termin um exakt eine Stunde verpasst hatte. Zunächst denkt man sich nichts dabei. Dann fiel mir aber auf, als im Radio der Nachrichtenmann sagte, dass es 15 Uhr sei, zeigte dieser Wecker 14 Uhr. Verglichen mit anderen Uhren bestätigte sich, dass der Wecker um exakt eine Stunde nachging. So dachte ich mir, hat der vielleicht bei der Winter- Sommerzeitumstellung nicht richtig mitgemacht, obwohl mir das dann ja früher schon aufgefallen wäre, da ich ihn mindestens 3 mal wöchentlich nach obigem Schema benutze. So kramte ich die Bedienungsanleitung von dem Ding hervor und dort war aber zu solchen Fehlern nicht viel erklärt. Es stand dort nur, dass wenn Unstimmigkeiten mit der eigentlichen Uhrzeit auftreten, solle man die Batterie für etwa eine Minute herausnehmen und dann wieder neu einsetzen, sofern diese Batterie noch gut sei. Lieber gleich auch eine neue Batterie verwenden, da zu schwache Batterien Fehlanzeigen hervorrufen könnten. Weiterhin wurde geraten, bei gelegentlichen Ausfällen oder Falschanzeigen den Standort zu verändern, weil vielleicht eine Störstrahlung eines anderen Gerätes oder ein Funkloch den korrekten Empfang der Funkzeit unterbinde. So besorgte ich mir zuerst eine neue Batterie. Darüber hatte ich mich auch schon etwas geärgert, weil ich nur eine brauchte, aber die kleinste Packung im Laden enthielt gleich 4 davon. Nun nach dem Einsetzen der neuen Batterie dauerte es dann vielleicht 2 Minuten und die korrekte Zeit wurde angezeigt, die Welt schien wieder in Ordnung zu sein. Ja denken Sie und glaubte ich, denn nach wenigen Minuten sah ich eigenen Auges, wie die vorderste Stundenzahl um eine Stunde zurück sprang, ohne mein Zutun, ganz von selbst. Also löste ich die Batterie erneut, legte sie nochmals ein und die gleiche Geschichte begann von vorne. Zuerst zeigte die Uhr die korrekte Zeit, dann nach weiteren 3 oder 4 Minuten sprang sie wieder um exakt eine Stunde zurück. Egal wie oft ich das alles wiederholte, es lief immer wieder aufs gleiche hinaus. Kayla hat es dann auch mehrere Male probiert, ohne dass es anders verlaufen wäre. Dann versuchte ich noch die Sache mit dem veränderten Standort, obwohl ich daran gleich nicht geglaubt habe, denn schließlich hatte die Uhr zuvor 2 Jahre am alten Standort funktioniert. Natürlich brachte ein Standortwechsel nichts, weder innerhalb der Wohnung, noch draußen auf der Wiese war es anders. Am Tag danach bin ich dann mit dem Teil zum Discounter gegangen, aber die wollten nach so langer Zeit auch nicht mehr aktiv werden. Die meinten nur, ich solle die Uhr, sofern noch Garantie drauf wäre, zu der Adresse schicken, die in der Betriebsanleitung angegeben ist. Ohne Garantie ist jede Reparatur teurer, als die ganze Uhr damals war. Nun scheint die Garantiefrist aber ohnehin abgelaufen zu sein, womit sich jede weitere Aktivität diesbezüglich erübrigt. Wegwerfen werde ich sie dennoch nicht, sondern muss jetzt diese Fehlstunde bei meinen Eingaben für die Terminerinnerung immer vorher berücksichtigen.
Durch dieses Uhrenschicksal bin ich auf eine ganz alte Armbanduhr von mir wieder aufmerksam geworden, die ich noch in einem Kasten aufhebe. Ich habe die mindestens schon seit 35 Jahren nicht mehr getragen und stammen tut sie vielleicht aus dem Jahre 1958. Die muss man noch von Hand aufziehen und sie ist richtig schwer und dick, im Vergleich zu dem, was man heute so gewohnt ist, obwohl es ist eine echte Armbanduhr. Ich dachte, ob die heute noch läuft? So habe ich die halbe Wohnung auf den Kopf gestellt, um sie wieder zu finden. Aufgedreht und tickticktick - sofort ohne Murren lief das mechanische Kunstwerk wieder. Oh die war damals sehr teuer, das hatte meine Mutter früher immer erzählt, die habe damals, wohlgemerkt 1958, 160 Mark gekostet und das war damals ein riesiger Batzen Geld. Vielleicht so, als ob man heute 900 oder 1.000 Euro dafür ausgeben würde. Diese Uhr lief also, nach vielleicht 35 Jahren Stillstand wieder auf Anhieb. Aus Andenken oder mehr aus Trotz gegen die neue Technik habe ich sie dann einige Tage getragen, obwohl der Funkwecker ja nicht meine Armbanduhr war. Meine normale Quartz - Armbanduhr geht nach wie vor korrekt, obwohl die vor einiger Zeit auch nur 15 Euro gekostet hatte. So habe ich aus Protest dann einige Tage diese alte mechanische Uhr getragen und muss zugeben, dass ich dann damit doch nicht so recht zufrieden war. Pro Tag ging die 10 Minuten vor und dass man eine Uhr praktisch täglich in der Zeit nachstellen muss, daran ist doch heute keiner mehr gewohnt und man will sich auch gar nicht mehr daran gewöhnen. Früher fand man nichts dabei, vielleicht alle paar Tage mal die Uhr nachzujustieren, weil solche Abweichungen als normal empfunden wurden, heute hingegen ist einem diese kleine Handbewegung des Korrigierens zu viel, zu lästig und man schüttelt den Kopf darüber. Auch daran sieht man, wie die moderne Technik unser Leben und unser Empfinden verändert hat.
Kaylas Arbeitgeber, ich glaube ich hatte Ihnen das schon einmal geschrieben, der organisiert ja unter anderem Ersatzteil - Logistik für Mercedes - Benz. Das ist aber kein Zweigbetrieb von Mercedes - Benz und auch kein Spediteur, sondern ein eigenständiges Unternehmen, welches nur die Organisation von Ersatzteil - Frachten in ferne Länder übernimmt. Die führen quasi nur den Schriftwechsel zur Bestellung und Verkettung von Transporten dieser Sachen mit den einzelnen Speditionen und Reedereien oder auch Flug-Cargo-Unternehmen. Und die regeln das vorwiegend nur für Teile für ältere Fahrzeuge, die schon seit 15 Jahren und mehr hier gar nicht mehr gebaut werden. Besonders in Drittewelt-Ländern, Nordafrika und ärmeren asiatischen Ländern laufen viele Lastwagen alter Bauart von Mercedes, die noch mit neuen Teilen von hier versorgt werden müssen. Teilweise, so Kayla, werden diese alten Modelle dort auch noch nachgebaut, wozu ebenfalls viele Teile von hier notwendig sind. Die haben beispielsweise da irgendwo in Indien jetzt vor wenigen Wochen eine kleine Fabrik gebaut, in der man eine einzige alte Produktionslinie für einen bestimmten LKW-Typ von Mercedes aufgebaut hat, die hier in Deutschland schon vor sage und schreibe 17 Jahren demontiert und nach Indien geliefert wurde. Dort laufen dann, wenn alles fehlerfrei läuft, pro Woche 5 LKW eines alten Mercedes-Typs sozusagen als Nachbau mit offiziellen Mercedes-Teilen aus dem Lagerbestand vom Band. Es ist dann wohl mehr eine Einzelfertigung, als eine Bandfertigung, wenn man diese Zahlen hört. Nun, durch diese fernen Aktivitäten hat diese Logisik-Organisationsfirma im Moment sehr viel zu tun, und Kayla im Speziellen, weil in Thailand eine große Firma eröffnet hat, die dort landesweit ebenfalls Teile für solche alten Fahrzeuge vertreibt, die dort noch zum normalen Alltags-Straßenbild gehören, weil man hier schon seit Jahrzehnten alte ausgemusterte LKW in Schiffsladungen eingekauft hat und dort etwas aufgemöbelt noch 30 bis 50 Jahre lang weiterbetreibt. Wie jetzt verlautbart wurde, wird sich dieser Boom mit Thailand aber bald entspannen, da diese ferne Firma im ersten Halbjahr so viele Teile auf Vorrat gehortet hat, und immer weiter bestellte, dass sie voraussichtlich ab August oder September nur noch sehr wenig Nachschub braucht und erst einmal für 2 Jahre von den bis dann angelieferten Teilen zehren kann. Das wird dann schlagartig bedeuten, dass Kayla voraussichtlich ab August oder September im Vergleich zu heute nur noch selten dorthin zur Arbeit gehen muss. Sie ist ja freie Mitarbeiterin dort, also nicht fest angestellt, sie arbeitet quasi wie eine Ich-AG auf eigene Kappe. So ist sie natürlich dem freien Wettbewerb und dem Bedarf mit allen positiven und negativen Konsequenzen ausgesetzt. Sie geht davon aus, dass sie dann nur noch an einem einzelnen Tag pro Woche für etwa 2 Stunden dorthin muss, um dann in dieser Zeit sämtliche Korrespondenz zwischen diesem Logistik-Organisator und thailändischen Partnern zu übersetzen. Zurzeit ist es ja wirklich schon übertrieben, denn jetzt geht sie sogar von Montag bis Freitag jeden Tag dorthin und zwar von morgens 10 bis abends 20 Uhr, an manchen Tagen sogar schon von morgens 8, eben weil soviel zu tun ist. Natürlich spült das schön viel Geld in ihre Kasse, aber ich denke, man muss da auch abwägen, zwischen Geld und Lebensqualität. Es ist einfach keine Lebensqualität, wenn man rund um die Uhr auf der Arbeit ist und nur noch zum Schlafen nach Hause fährt. Auch leiden in dieser kurz bemessenen Freizeit andere Dinge darunter. Sie können sich vorstellen, dass man nach solch einem Arbeitstag abends nicht mehr unbedingt Lust auf bestimmte Dinge hat, dann ist man nur noch froh, wenn man in Ruhe einschlafen kann. Sie ist auch selber froh, wenn es dann dort wieder ruhiger zugeht. Ansonsten kann man sicherlich nicht meckern, diese Firma zahlt wirklich sehr gut, aber das tut sie nur unter der Bedingung, auf diese Weise ohne jede verpflichtende Bindung die Leute auf Abruf als freie Mitarbeiter einsetzen zu können. Kayla musste dazu auch noch extra ein eigenes Gewerbe wie eine Ich-AG anmelden, das Ausfüllen der ganzen Formulare hat man aber bei ihrem Arbeitgeber übernommen, weil die das ja schon bei ungefähr 25 anderen Leuten auch so machen. So ist Kayla für die Seite der sogenannten Sozialabgaben selbst verantwortlich. Dazu kamen auch neulich diverse Fragebögen ins Haus. Die waren so kompliziert, und dann noch Sachen vom Finanzamt mit Begriffen, die habe ich noch nie gehört. Aber sie hat das alles mit zu ihrem Arbeitgeber genommen und dort hat man dieses Zeug dann gemeinsam binnen 2 Stunden ausgefüllt und zurückgeschickt. Ich sage nur Behördendeutsch. Endlose Formulierungen für manchmal einfache Sachen, aber auch viele Formulierungen, die einem als solches schon Angst machen, bloß etwas falsch ausfüllen zu können und dann noch bestraft zu werden. Pure Verunsicherungstaktik. Dass die nicht hingehen können und den Leuten mit wenigen Worten im Klartext erklären, was sie a) wollen und was b) daraus resultiert, wenn man dort dies oder das angibt. Alles wird verklausuliert und geheimnisvoll dargestellt in einer Sprache, die keiner versteht, außer vielleicht einem guten Fachanwalt.
Nun, die mit Sicherheit ab Herbst wieder deutlich sinkenden Einnahmen von Kayla kann ich vielleicht zu einem geringen Teil bald wieder etwas kompensieren. Hier ergibt es sich als gut, dass wir den VW-Golf-Variant gekauft haben, denn ohne solches Fahrzeug wäre folgende Verdienstmöglichkeit für mich gar nicht drin. Vor einigen Tagen machte ich einen Spaziergang an den Hohen Warte und in dem Wald daneben. Das ist ein Berg mit Aussichtspunkt, der in dem großen Waldgebiet zwischen Feuerbach und Stuttgart-West liegt. Von hier relativ schnell zu erreichen. So hatte ich aber im Gegensatz zu sonst, wenn ich schon mal an dieser Stelle wandere, den Wagen nicht hier am Parkplatz von der Seite der Feuerbacher Talstraße abgestellt, sondern in Feuerbach selbst in der Banzhaldenstraße am hinteren Ortsende. Von dort kann man dann gut zu Fuß über die Hohe Föhrich zur Hohen Warte spazieren und ist, dank der guten Wege, trotz des Anstiegs schnell oben, ohne sich gar zu sehr die Zunge aus dem Hals laufen zu müssen. Na egal, jedenfalls als ich genug gewandert war, bin ich also zurück zum abgestellten Wagen. Dort erblickte ich in einem großen Wohnhaus, welches mehr als Bürohaus genutzt wird, ein großes Schild in einem Fenster „Fahrer Führscheinklasse B zeitweise gesucht!". Da habe ich gleich dort geklingelt. Eine Pharmafirma hat dort ihren Sitz, die verschiedene Apotheken im Umkreis mit bestimmten Medikamenten für die Füße versorgt. Salben, Tabletten, Spezialstrümpfe, Tinkturen für Fußbäder und all solches Zeug. Die stellen das aber nicht selbst her, sondern importieren es aus Belgien und die unbeschrifteten Behältnisse mit dem heilenden Inhalt bekommen dort nur ihre deutschsprachigen Aufkleber und Kartonagen. Ein Heer aus eigenen Fahrern fährt dieses Zeug dann in der jeweils benötigten Zusammenstellung zu den Apotheken im Umkreis von bis zu 150 Kilometern. Ein Herr Klett von denen hat mir das alles erklärt und sagte mir, dass man zurzeit darüber hinaus für gelegentliche Lieferfahrten in den Raum Heilbronn sowie für eine regelmäßig wöchentlich einmal stattfindende Fahrt rauf sogar bis nach Tauber-Bischofsheim jeweils einen Aushilfsfahrer mit eigenem Kombi - PKW suche. Die eigenen Fahrer mit den firmeneigenen Autos wären alle ausgelastet und für diesen zusätzlichen Bedarf, der voraussichtlich etwas über ein Jahr andauern wird, lohne es wirtschaftlich nicht, weitere Fahrer fest einzustellen und zusätzliche Autos anzuschaffen. So suche man zuverlässige Privatleute, die das mit dem eigenen Wagen erledigen. Die Heilbronn-Tour fand ich persönlich uninteressanter, weil man dort im Umkreis von Heilbronn dann in vielleicht 15 kleineren Orten jeweils die Apotheken einzeln ansteuern muss, während man bei der weiteren Tauberbischofsheim- Tour nur eine einzige Großapotheke im Ort ansteuern muss, die die Fußmedizin selbst weiter an andere kleine Apotheken im Umkreis verteilt. Zudem gibt es für diese weitere Tour wesentlich mehr Geld, obwohl es nach meiner Meinung mehr Aufwand ist, in der geringeren Entfernung 15 Apotheken in 15 unterschiedlichen Dörfern anzusteuern, auszuladen u.s.w., als in der weiteren Entfernung nur eine zu besuchen, wo man dann gleich den ganzen Kofferrauminhalt lassen kann. Wichtig wäre, dass die Sachen beim Empfänger am jeweiligen Empfangstag allerspätestens morgens um 11 Uhr eintreffen. Die fertig gepackten Kartons soll der Fahrer hingegen schon am Abend zuvor in Feuerbach abholen. Es liegt dann in seiner eigenen Entscheidung, ob er die morgens frühzeitig abliefert, dass er schon bei der Empfänger-Apotheke auf der Matte steht, wenn die morgens öffnen oder ob er erst punkt 11 Uhr dort eintrudelt. Man hat also etwas Luft und den Termindruck nicht so im Nacken. Alles was der mir so erzählte gefiel mir, besonders diese Tauber-Bischhofsheim - Geschichte und die Kostenseite sieht so aus: bezahlt wird vor jeder Fahrt am Abend der Übergabe der Kisten mit dem Fußzeugs an den Fahrer und zwar gibt es für die Tour nach Tauber-Bischhofsheim eine Sprit- und Fahrzeugpauschale von jeweils 20 Euro plus die Entlohnung für den Fahrer von jeweils 60 Euro. Das sind in der Summe also 80 Euro pro Fahrt. Gut, man muss natürlich auch den Dieselsprit und die Zeit berechnen, die man zu leeren Rückfahrt benötigt. Für eventuelle Reparaturen am Fahrzeug u.s.w. ist man selbst verantwortlich, da kümmern die sich nicht drum. Ich habe mir das genauer angesehen, es rechnet sich auf diese Weise für die, denn würden die einem Paketdienst so viele Pakete aufbrummen, dann käme es sicherlich viermal so teuer und zusätzlich festangestellte Fahrer plus zusätzlichem Wagen wären noch viel teurer. Es gibt auch keine Nachteile, wie Konventionalstrafe bei Nichteinhaltung der Lieferzeit, z.B. durch Verkehrsstau oder Beschaffung von Ersatzfahrern bei Urlaub oder Krankheit, so was gibt es alles nicht. Wenn man keine Lust mehr hat, dann kann man innerhalb von 2 Wochen aussteigen. Das wurde alles so schriftlich fixiert. Also habe ich etwas überlegt und den Job angenommen! In der nächsten Woche kann ich schon anfangen und zwar Dienstags geht die erste Fahrt nach Tauber-Bischofsheim, natürlich am Abend zuvor erst nach Feuerbach, um die Waren abzuholen. Die nächste Fahrt folgt dann exakt eine Woche später zum gleichen Wochentag. 80 Euro Zubrot pro Woche, gut minus Sprit werden noch 60 Euro über bleiben, das kann ich gebrauchen und dafür kann man schon mal so was machen. Reich wird man sicher nicht davon, jedoch 60 Euro Reinverdienst pro Woche, das ist für mich schon ein nennenswerter Betrag, auch wenn viele darüber heute die Nase rümpfen und behaupten, dass sie dafür noch nicht einmal an ihrem Lenkrad drehen würden. Alles in allem, vorausgesetzt dass sich diese Tätigkeit so darstellt, wie es jetzt aussieht, ist das eine Arbeit ganz nach meinem Geschmack. Ähnliche Dinge hatte ich zwischendurch schon öfters gemacht und so ein Zubrot zu verdienen macht auch noch ein wenig Spaß. Man reist durch die Landschaft, bekommt das noch bezahlt, hat wenig Stress und weitgehend freie Zeiteinteilung. Der gleiche Job täglich wäre schon nichts mehr für mich, aber so einmal die Woche, ist das etwas Schönes, selbst zweimal die Woche bei entsprechend höherer Bezahlung, das würde ich auch noch machen. Na sehen wir mal, wie das anläuft. Ich kenne solche Jobs und mache mir da auch keine Illusionen, das ist nichts für viele Jahre. Irgendwann entwickelt sich beim Auftraggeber die Lage anders und diese Tätigkeit endet plötzlich. Selten hält so etwas länger als ein halbes Jahr, auch wenn wir jetzt erst einmal offiziell ein ganzes Jahr ins Auge gefasst haben. Wissen Sie, dann im Hinblick auf die sicherlich bald sinkenden Einnahmen von Kayla ist mir solch ein Zuverdienst sehr angenehm und ich sage mir, es kommen damit pro Monat immerhin gut 240 Euro zusätzlich zusammen, wenn man die Unkosten abzieht.
Auf der Straße wird man in letzter Zeit hier öfters angebettelt, für Projekte gegen die Armut in Afrika zu spenden. Ich kann es nicht mehr hören. Zunächst ist es sicherlich so, dass diese Geldsammler auf der Straße für die eigene Tasche arbeiten. Ich spende generell nie Geld auf der Straße und noch vehementer bin ich gegen Betteln an der Wohnungstür. Für Afrika spende ich gleich doppelt gar nicht. Es klingt zugegebenermaßen blöde, aber ich mag diesen Kontinent nicht besonders leiden. Diese Geldsammler betrachte ich als lästige Schnacken, die nutzen die jüngst häufiger in den Medien auftauchenden Berichte über die schlechten Zustände in Afrika aus, um für sich selbst Geld einzustreichen. Die werden immer penetranter und schicken einem nun manchmal in der Innenstadt schon farbige Kinder auf dem Gehweg bettelnd nach, die auch nicht aufgeben, wenn man nein sagt. Die laufen einem weiter nach und betteln inständig. Sagt man erneut nein, nützt das meist gar nichts. Ich habe mir angewohnt, sie überhaupt nicht zu beachten, so zu tun als würde ich durch sie hindurchblicken und sie wären gar nicht vorhanden, das wirkt am besten. Oder wenn man nur das Wort Polizei sagt, schwirren sie auseinander und suchen das Weite. Diese penetrante Art kann einem schon manche Halsschwellung bereiten und man hätte manchmal nicht übel Lust, denen einen Satz heißer Ohren zu verpassen. Aber machen Sie das mal! Dann können Sie was erleben und plötzlich kennen die alle Rechte ganz genau. Ich habe selbst nicht viel und kenne es, wie es ist, wenn man arm ist. Aber genau deshalb habe ich auch Respekt davor und missbillige es angebettelt zu werden. Ich habe auch nie gebettelt, auch zu meinen ärmsten Zeiten nicht. Zumindest kann man aber verlangen, dass die Entscheidung ohne Diskussion respektiert wird, wenn man nichts gibt und noch unverschämter ist es, dann ungehindert weiter zu betteln. Wissen Sie, es klingt unschön, sogar sehr unschön, aber mein Autobekannter, von dem ich Ihnen schon öfters erzählte, der hat wieder eine ganz andere Methode, die loszuwerden. Er gibt auch nichts, beim ersten Anbetteln lehnt er ab und wenn die dann weiterbetteln, dann spuckt der denen vor die Füße oder zur Not auch aufs Hemd, das hilft. Das verstehen die und hören tatsächlich sofort auf. Ich habe selbst nicht viel und sehe es daher gar nicht ein, von dem wenigen auch noch an andere abzugeben, wohlmöglich an solche, die damit nur ihre kriminellen Machenschaften stärken oder das Erbettelte in Alkohol oder Drogen umtauschen.
Kennen Sie Papenburg? Das liegt irgendwo hoch oben im Norden, ich weiß nicht, ob es an der Nordsee oder sogar bei den Ostfriesen liegt. Ich kenne Papenburg nicht, oder jedenfalls bislang nicht. Da schreibt mir eine Marianne Heede aus Papenburg einen 6 Seiten langen Brief. Ich kenne die Frau gar nicht, aber sie schreibt, dass ich ein ehemaliger Freund von ihr sei. Nun sei sie endlich von ihrem ersten, ungeliebten Mann geschieden und frei für mich. Solch ein Unsinn. Wir könnten nun endlich zusammenziehen, sie sei sehr wohlhabend, da sie in Papenburg 6 Häuser, ein kleines Hotel sowie eine Firma besitze und ähnlichen Unfug schreibt sie und dass wir nun nach 15 Jahren des nicht mehr Sehens doch wieder zusammenkommen könnten. Kayla schaute schon misstrauisch, völlig ohne Grund, aber es wirkt natürlich komisch. Zuerst hatte ich den Verdacht, dass man diesen Brief falsch eingeworfen hatte und er gar nicht für mich bestimmt ist. Das kann es aber nicht sein, denn die Adresse und selbst mein Name sind korrekt angegeben. Würde ich Müller oder Meier heißen, dann hätte man trotzdem noch an eine Verwechslung glauben können, aber Egbert Lappenkeuler, da bin ich vermutlich in ganz Deutschland der Einzige. Geschlagen mit diesem Namen hat es auch seine Vorteile so zu heißen, wenngleich ich in meiner Jugend mir oft wünschte, lieber einfach Fritz Müller oder Hans Meier zu heißen, da ich damals bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit dem Namen aufgezogen wurde. Wenn man schon einen solchen Nachnamen hat, da habe ich es nie verstehen können, weshalb sich meine Eltern dann auch noch zusätzlich für diesen eckigen Vornamen Egbert entschieden haben. Schüler, die des Englischen habhaft waren, zogen mich zudem gerne damit auf, indem sie mich Eier-Bert, Ei-Bert, Lappen-Eier-Bert oder später verkürzt nur Lappen-Ei nannten. Solche Hänseleien können einen im Erwachsenenalter nicht mehr beeindrucken, sind einem völlig schnuppe, aber wenn jemand an einen Egbert Lappenkeuler schreibt und das noch in Stuttgart, dann meint er mich, das geht gar nicht anders. Die besagte Marianne Heede fügt dann auch ein paar Fotos von sich bei, sozusagen von ihrem heutigen Zustand. 41 Jahre will sie alt sein, auf den Fotos wirkt sie eher wie eine 30jährige. Sie sieht gar nicht einmal übel aus, gut, Kayla ist mir persönlich auch vom Erscheinungsbild her lieber, aber übel schaut diese Marianne auch nicht aus. Eine groß gewachsene, relativ schlanke Person, hellblond, vielleicht auch gefärbt, man weiß das ja nie, hellblaue Augen, nicht zu sehr geschminkt, was ich als Vorteil empfinde. Wie noch? Lange, ansehnliche Beine, vom Gesicht her eine Mischung zwischen nett und sachlich-nüchtern, das Gesicht also nicht gerade ein Brüller, aber doch ganz adrett und vorzeigbar - welch eine blöde Formulierung, aber mir fiel gerade keine bessere ein. Für die Busenfreunde: sie hat sichtlich mehr Busen als Kayla, aber das ist keine Kunst und will nichts heißen, da haben manche Männer mehr Busen als Kayla, aber ich mag Kayla genau so, wie sie ist, ich will die gar nicht anders, keinesfalls, das ist also für mich kein Negativfaktor. Jedenfalls ist diese Marianne keine Frau, die man vom Äußeren her ablehnen würde. Ich denke, fast jeder halbwegs normal funktionierende Mann fände diese Marianne auf den ersten Blick recht sympathisch, allerdings ohne gleich ins große Schwärmen zu verfallen. So lächerlich man das alles auch finden mag, so bringt es einen doch dazu, dass man eine Weile an sich selbst zweifelt und im Geiste bereits alle Frauen Revue passieren lässt, mit denen man vor ungefähr 15 Jahren mal irgendwas hatte oder zumindest hätte was haben können. Keine Angst, so viele gab es da normalerweise nicht, dass ich die Übersicht verlieren könnte. Vor 15 Jahren, herje, ich glaube, da war ich noch mit meiner ersten Frau verheiratet, ein grässlicher Gedanke. Oder war ich da schon geschieden? So genau rechne ich das schon gar nicht mehr nach, da müsste ich nachsehen. Da wäre mir jede Marianne recht gewesen, die gekommen wäre, selbst wenn sie nicht so adrett gewesen wäre, wie diese hier. Über meine erste Ehe brauche ich Ihnen hier nicht mehr viel zu erzählen, daran hatte ich höchstens in den ersten beiden Jahren Freude, später weniger. Da rollen sich mir die Fußnägel heute noch auf, wenn ich an meine erste Frau denke. Da würde ich eher ins Kloster gehen und mir den Zipfel abschneiden, bevor ich eine derartige Frau nochmals heiraten würde. Aber das ist längst passé und heute keine weiteren Worte mehr wert. Ansonsten fallen mir aus dieser Zeit bestenfalls 2 Frauen ein, wovon aber keine Marianne hieß und an deren Aussehen ich mich eigentlich auch noch gut erinnere. Die sahen ziemlich anders aus. Nun weiß man natürlich nicht, wie sich ein Mensch in 15 Jahren verändert. Jedoch gaben meine grauen Zellen keine her, die für diese Marianne in Frage käme. Schwach entsinne ich mich noch an eine, ich glaube Claudia hieß die. Damals eine Zufallsbekanntschaft, die ziemlich heftig ran ging und gleich am ersten Abend auf Heirat, Kinder und das ganze Programm drängte. Nun, Heirat wäre damals ohnehin nicht denkbar gewesen. Trotzdem habe ich mich dieser Claudia gleich am Abend des Kennenlernens ein einziges Mal hingegeben, weil die Gelegenheit dermaßen günstig war und auch weil diese Claudia mich durchaus gekonnt überredet und eingewickelt hatte. Das ging automatisch, könnte ich aus heutiger Distanz nur noch sagen. Das war damals alles ganz schön, aber so richtig war sie gar nicht mein Typ und außer diesem einen Ausrutscher spielte sich dann nichts ernsthaftes mehr ab. Sie meldete sich noch ein paar mal und wollte mich dabei jedes Mal überreden, mit ihr eine neue Familie zu gründen. Als die dann gemerkt hatte, dass mein Interesse an solch einer Vollnummer gering war, habe ich nie wieder was von der gehört. Nein, sie kann nicht mit der Marianne identisch sein, die sah anders aus. Die war nicht so schlank, wie die Marianne auf den Fotos, gut man kann abnehmen und die Größe käme ungefähr hin, aber alleine schon vom Gesicht her. Die Claudia hatte ein relativ volles Ovalgesicht mit Stupsnase und normalbreitem Mund, während diese Marianne hier mehr ein feinzügiges Flachgesicht mit leicht spitzer Nase und schmalem Mund hat. Diese Claudia wohnte damals in Stuttgart - Büsnau. Dass ausgerechnet die nach Papenburg gezogen sein soll, ich kann es mir nicht vorstellen. Also, die Claudia ist's nicht, die jetzt als Marianne auftaucht. Dann war damals um diese Zeit noch eine seltsame Frau, die bei einer Sylvesterfeier auftauchte. Ich kannte die gar nicht und weiß bis heute nicht, wie die hieß. Eigentlich ging ich auch nie zu solchen Sylvesterfeiern, aber in einem Jahr hatte ich mal aus irgendwelchen Gründen eine Ausnahme gemacht. Das war aber noch im letzten Jahr meiner damaligen Ehe. Nach einem deftigen Streit mit meiner ersten Frau, verließ letztere zickig und wütend diese Feier, nur weil ich kritisiert hatte, dass sie dunkelviolette Fingernägel hatte. Ich finde dunkelviolette Fingernägel absolut hässlich, das wirkt, als hätte sich die Frau mit einem Vorschlaghammer auf die Finger gehauen. Was bitte soll an dunkelvioletten Fingernägeln schön sein? Aber meine damalige erste Frau, die ständig Unmengen von Geld für sinnlose Kosmetika zum Fenster rauswarf, konnte sich über solche Kritik binnen Sekunden in einen Wahn von Wut steigern, obwohl ich diese Kritik nur freundlich und sachlich zu ihr persönlich gesagt hatte, nicht etwa vor anderen Leuten oder in einem barschen Ton. Als meine Frau damals diese Sylvesterveranstaltung schon lange verlassen hatte, tauchte dort eine eigenartige Frau auf, mit sehr schönem Körper aber eher hässlichem Gesicht, ja, man muss das so sagen. Ich weiß gar nicht mehr wie es genau geschah, aber die hatte mich um den Finger gewickelt und ich fand's gut. Wir sind dann irgendwo für Stunden in einem Dachbodenzimmer der Gaststätte verschwunden, in der diese Sylvesterfeier stattfand. Ich sage Ihnen, da ging auf dem Dachboden vielleicht die Post ab, wie man so sagt und diese Frau war absolut unersättlich. Na ja, solche Geschichten, darüber rede ich eigentlich überhaupt nicht, aber die könnte vom Körper her durchaus mit dieser Marianne identisch sein, aber keinesfalls mit dem Gesicht. Ach was, Sie sehen wie das geht, da bekommt man solch einen Brief und das Gehirn hängt sich daran auf, umkreist nur noch diese eine Frage: wer ist Marianne? Wahrscheinlich ist es eine Frau, die so nur Interesse wecken will oder die Leute auf diese Weise auf den Arm nimmt und die ihre Freude hat, wenn andere dann stundenlang ins Grübeln kommen. Selbst wenn diese Marianne hier aufkreuzen sollte, würde von meiner Seite aus da nichts laufen, ich würde sie wegschicken. Ich bleibe bei Kayla. Ehe da etwas besseres nachkommt, ha, das ist fast schon unmöglich. Da bleibe ich lieber bei Kayla, da weiß ich, was ich habe.
Noch im Hinblick auf obige Betrachtungen zu damaligen Zeiten und überhaupt zu solchen Geschichten von früher. Verstrichenen Lebensabschnitten soll man ruhig ein wenig nachtrauern, heißt es, denn wenn man ihnen überhaupt nicht nachtrauert, würde es soviel heißen, als wäre dieser Abschnitt völlig sinnlos oder zumindest wirkungslos ohne Reiz und ohne Spuren gewesen. Was man jedoch nicht soll, ist sein künftiges Gedankengut nur noch an dieser Rückbetrachtung oder einem Vergleich mit dem Gewesenen fest zu machen. Das blockiert einen total. Aus zurückliegenden Dingen soll man ja bekanntlich lernen, was auch bedeutet, dass man Gutes wieder tun soll und die fehlerhaften oder schlechten Sachen aber dann auslässt. So kann ich nicht müde werden, auch heute noch die Loslösung von meiner ersten Frau als den genialsten Schritt in meinem Leben zu betrachten. Ich will damit nicht sagen, dass die ganzen Jahre mit dieser Frau völlig wertlos und verloren waren, aber es war schon herb und das Gros dieser Zeit war für die Katz.
Das Busunternehmen, mit dem wir in Granada waren, hat uns neue Restverwertungsplätze angeboten. Gleich zahlreiche verschiedene Reiseziele in Nah und Fern zu eigentlich recht günstigen Preisen. Jedoch bevor wir nun Geld dafür ausgeben, auch wenn es günstig ist, stecken wir das lieber in Diesel für den VW-Golf und fahren damit hier im Umkreis von 100 km in Eigenregie herum.
Kennen Sie sich mit dem Wert von Sammel-Briefmarken aus? Ich nicht, überhaupt nicht, um genauer zu sein. Mein Bekannter mit der Umzugsfirma, dem ich öfters helfe, der hat mir jetzt einen Stapel von Briefmarken-Sammelalben geschenkt, die er seinerseits bei einer Entrümpelung über behalten hat. Er hat selbst weder Ahnung noch Lust, sich damit zu beschäftigten und so hat er mir die immerhin 11 Sammelalben geschenkt. Davon sind 10 randvoll und das Elfte etwa zu 30 % befüllt. In einem vollständig befüllten Album sind gewiss 500 Marken, eher mehr. Ich kenne mich mit dem Thema nicht aus und es sind optisch viele sehr schöne Marken dabei, aber auch einige völlig unscheinbare. Viele japanische Marken aus den sechziger Jahren, wenn ich das richtig deute. Ein ganzer Satz zu olympischen Spielen 1964 in Tokio. Unzählige Marken aus der Südsee, Hawaii und da unten, auch uralte deutsche Marken und sehr viele aus Österreich und der Schweiz. Überhaupt Europa von etwa 1920 bis 1980. Ich konnte noch nicht alle durchsehen, einige wenige scheinen aber auch noch erheblich älter zu sein, also weit vor 1920 zu liegen. Nun will ich mir aber auch nicht die notwendigen Fachkenntnisse aneignen, dafür interessiert mich diese Sache viel zu wenig. Wenn ich einen Sammler wüsste, der einen interessanten Preis dafür hergibt, dann würde ich das Zeug verkaufen. Verschenken würde ich es nicht, dazu ist es mir dann doch wieder zu schade. Kayla hat auch keine Ahnung davon und findet es schon fast witzig, wie man überhaupt auf die Idee kommen kann, Briefmarken zu sammeln. Sie sagt, in Thailand würde es dieses, hier weit verbreitete Hobby gar nicht geben. Frau Gneisenau, das ist eine relativ kluge Frau, die hier im Haus wohnt, die war früher Lehrerin an einem Gymnasium, wurde aber vor einigen Jahren verfrüht pensioniert, weil sie dem Stress, den die Jugendlichen heute verbreiten, nicht mehr gewachsen war, die meinte, ich solle die Marken doch in einem Fachgeschäft für Philatelie einfach einmal schätzen lassen. Schön und gut, aber erstens kostet das Geld, was ich also nicht ausgeben will, und zweitens, wer sagt mir denn, dass deren Wertgutachten fair ist? Vielleicht untertreiben die, um dann günstig die Marken abkaufen zu können. Dann müsste man schon wieder 2 voneinander unabhängige Spezialgeschäfte die Sachen bewerten lassen und so würde es auch noch das Doppelte kosten. Vielleicht erkundige ich mich doch einmal, wenigstens danach, was eine solche Bewertung im Fachgeschäft kostet. Wenn das eine Sache für ein paar Euro ist, kann man es ja mal machen, ansonsten nicht. Vielleicht hat das ganze Zeug auch gar keinen Wert, weil diese Marken noch millionenfach existieren oder aus sonstigen Gründen, die ich nicht kenne. Sie können sich vorstellen, dass ich trotzdem neugierig bin, wie die Wertverhältnisse da sind.
Alle klagen, dass die Verkaufszahlen der Autoindustrie stark rückläufig sind. Jeder Hersteller jammert, als habe man ihn in den Schraubstock gespannt, trotzdem sehe ich diese Tage, dass in einem südlichen Stadtteil ein riesengroßes neues Autohaus errichtet wird. Für die Marke BMW, sozusagen den ewigen Todfeind der Stuttgarter Autobauer von Mercedes, stampft man dort einen doppelten Glaspalast in schierer Größe aus dem Boden. Mir wäre das gar nicht aufgefallen, was das genau wird, wenn nicht große blau-weiße Tafeln am Eingang ein ganze Liste von Stellenangeboten verkünden würden, für Hilfsarbeiten beim Weiterbau dieser Bauwerke. Ich dachte mir schon, man könne dort vielleicht einige muntere Euro hinzuverdienen. Aber die meisten Jobs dort sind nichts für mich. Man soll beispielsweise große Blechwände nach Anleitung zusammenschrauben oder aufstellen. Ich habe mir das von außen angesehen. Diese Blechwände sind so scharfkantig, dass die Arbeiter sie nur mit Spezialhandschuhen anfassen und trotzdem haben die meisten von denen blutige Hände. Andere Arbeiten gibt es dort auch als Hilfsjob. So sollen jeweils 4 Hilfskräfte nach der Anleitung von einem Vorarbeiter Stahlträger mit einer Spezialfarbe tünchen. Wenn Sie das Zeug nur 3 Meilen gegen den Wind riechen, wird Ihnen schon speiübel. Aber dafür sollen dann die billig bezahlten Doofköppe herhalten, ohne mich! Dann fragte einer, bei dem ich mich nach weiteren dieser Jobs erkundigte, ob ich mit einem Kleinbagger umgehen könne. Woher denn? Dann winkte der ab und meinte, man habe keine Zeit, mir das auch noch beizubringen, dann nehme man lieber gleich einen Helfer, der das schon kann. Trotzdem wird das ein riesiges Autohaus und man kann sich nur wundern, dass heutzutage so etwas noch gebaut wird. Einer dieser Macker dort sagte noch, dass es am Schluss eine Ausstellungsfläche von über 7.000 Quadratmetern haben wird, hinzu kämen dann aber noch 2.000 Quadratmeter Verkaufsfläche, die hier also nicht mit der Ausstellungsfläche identisch ist, 500 Quadratmeter Bürofläche und eine 2.800 Quadratmeter große Werkstatt für Inspektionen und Reparaturen. Naja, die haben's ja und brauchen nicht mit dem Geld vorsichtig umzugehen, wie unsereins.
Gaukler, Zirkusleute und solches entbieten ja zuweilen fragwürdige Kunststücke, wo man wirklich nur noch staunen kann. Am vergangenen Samstag traten auf einem Platz unweit von hier etliche solcher Akrobaten kostenlos auf und gaben kleine Ausschnitte ihres Könnens preis. Das war aber mehr als Werbung für eine größere Veranstaltung gedacht, die es hier bald gibt. Da war ein Mann, der gleichweg eine ganze Limonadenflasche aus Glas komplett verschluckte. Klar, es ist ein Trick dabei, aber obwohl ich fast neben dem stand, habe ich keinen Trick erkennen können. Der sperrte weit sein Maul auf, schob die Flasche unter Trommelwirbel in den Rachen, verrenkte sich ein paar mal, schluckte und weg war sie. Nicht dass sie jetzt meinen, das wäre ein kleines Fläschchen gewesen, nein, eine ganz normale 0,7-Liter Limonadenflasche war das, zumindest sah es so aus. Eine neben mir stehende Schülerin meinte, die Flasche sei nur aus dünnem Zucker und er habe die regelrecht verspeist. Das kam mir jedoch nicht so vor, denn Zucker ist nicht glasklar und es sah wirklich nach völlig normaler Limonadenflasche aus. Auch hätte das Verspeisen dann irgendwie knirschen und länger dauern müssen, es wäre dann mehrfaches Schlucken notwendig. Nichts knirschte, Maul auf, Flasche rein, etwas den Körper verwinden und dabei schlucken, Flasche weg, fertig. Auf Wunsch einer älteren Dame wiederholte er diese Sache nach 5 Minuten gleich noch einmal und ich habe mich dabei besonders bemüht, einen Trick, eine Abnormität oder wenigstens eine erklärbare Spur für die Vorgehensweise zu finden, aber nichts da.
Haben Sie gehört, wer wieder in der EU den Zahlmeister spielen soll? Die Spanier, Engländer, Franzosen, Italiener und Holländer wehren sich dagegen, höhere Beiträge in die EU-Kassen zu zahlen, aber die doofen Deutschen sollen da wieder die Löcher ausgleichen, die die neuen EU-Staaten reinreißen. Dass so was kommen musste, das war doch jedem schon vor dem Beitritt dieser Staaten klar und da hätte man sagen müssen, ihr kommt nur dann in die EU, wenn ihr zumindest in den ersten 25 Jahren nichts aus den EU-Kassen fordert, da ihr selbst ja auch bislang nichts eingezahlt habt in diese Kassen. Eine Gemeinschaft, die nur den Zweck verfolgt, die wirtschaftlichen Fehler finanziell auszugleichen, die die dortige Politik 50 Jahre lang gemacht hat, ist keine Gemeinschaft, darauf sollte man lieber gleich ganz verzichten! Aber ausgerechnet diese Länder reißen jetzt mit endlosen Forderungen das Maul auf, das hier die alten EU - Länder für die Fehler aufkommen sollen, die diese Länder selbst zu verantworten haben. So stehlen die sich auf Kosten anderer aus der Verantwortung. Das ist ein wenig ähnlich, wie mit der Wiedervereinigung 1989, die ja auch wirtschaftlich nur auf unsere Kosten ging und das bis heute. Die hatten 40 Jahre lang Mist gebaut und verlangen dann noch mit einem Unterton der Selbstverständlichkeit, dass wir diese Fehler bezahlen. Es ist immer leicht, selbst die Hände in den Schoß zu legen und Forderungen an andere zu stellen und denen vorschreiben zu wollen, welche Rechnungen die zu begleichen haben. Aber zu einem solchen Akt der Dummheit gehören immer Zwei. Einer der fordert und einer, der sich darauf einlässt. Deshalb verstehe ich es nicht, wieso sich unsere Regierung das gefallen lässt und solch einen wirtschaftlichen Selbstmord mitmacht. Selbstmord ist das in mehrfacher Hinsicht. Zuerst päppeln die diese Länder mit unserem Geld hoch, wenn die dann auf eigene Beine kommen, machen die von diesem Geld, was sie von uns haben, uns hier die Arbeitsplätze kaputt in dem sie dafür sorgen, dass dort neue Billigfirmen entstehen, wohin dann von hier die Produktion verlagert wird. Manchmal sage ich, die EU hätte gut daran getan, die altbewährte Größe unantastbar weiter zu behalten und erst gar nicht diese ganzen Erweiterungsdinge ins Rollen gebracht. Denn jetzt kommen alle, die kassieren wollen und melden sich auch noch, wollen ebenfalls Mitglied werden, siehe Türkei. Das fehlt noch! Übermorgen kommt noch China und den Ländern Lateinamerikas und Afrikas geht es ja noch viel schlechter, also wollen die sicher auch noch Mitglied in der EU werden, so abstrus es auch klingen mag, weil sie weitab vom Gebiet Europas liegen. Die Türkei gehört doch gar nicht mehr richtig zu Europa, ich meine geographisch, also haben die auch nichts dort verloren. Es ist schon schlimm genug, dass viele bankrotte Oststaaten nun die EU-Kassen plündern, ohne selbst je einen Beitrag geleistet zu haben, aber wenn jetzt noch weitere extrem finanzschwache Staaten hinzustoßen, dann gute Nacht. Man sollte sich wirklich langsam überlegen nach Amerika oder Kanada zu ziehen.
Jedoch genug der Schwarzmalerei, das Wetter war ja gestern sehr schön, wenn auch eher etwas kühl und windig für die Jahreszeit; jedoch heute kommt es nicht so richtig in Fahrt. Ich hatte heute früh schon zeitig einen ausgedehnten Spaziergang im Kräherwald gemacht, als es plötzlich und unerwartet in Strömen zu regnen begann. Warmer Regen, muss man sagen, aber trotzdem unangenehm, denn ich hatte vergessen einen Schirm mitzunehmen. Bevor ich zurück am Auto war, war ich völlig durchnässt. Nun hatte ich mich gerade erst einmal geduscht und frische, trockene Kleidung angezogen. Also viele Grüße bis zum nächsten Mal,
Ihr
Egbert Lappenkeuler
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Beitrag 2
Lappenkeuler - Brief / Email „Briefmarken" vom 17.06.2005
Frische Grüße.
In meiner vorangegangener Email hatte ich Ihnen davon berichtet, dass ich 11 Briefmarken-Sammelalben geschenkt bekommen habe, über deren Wert oder Unwert völlige Unklarheit herrschte. Der Bekannte, der mir die Dinger schenkte, ist selbst im Glauben, sie seien wahrscheinlich nicht viel wert, da er entsprechende Äußerungen machte. „Vielleicht hast du Glück und sie sind noch 150 Euro wert. Wenn du Pech hast auch nicht, aber mehr als 50 Euro ist's bestimmt wert.", sagte er. Der hat aber von so was noch weniger Ahnung als ich und noch viel weniger Lust, als ich, sich darum zu kümmern. Getreu dem Motto, dass Fragen ja nichts kostet, außer Zeit und in diesem Fall etwas Lauferei, habe ich mich dann doch entsprechend dem Vorschlag von Frau Gneisenau, dieser ehemaligen Gymnasial-Lehrerin, einmal auf die Suche nach solchen Philatelisten-Fachgeschäften gemacht. Bei dieser Suche stieß ich als erstes auf den Briefmarken-Sammelverein. Das ist ein Dachverband und der ist selbst nicht gewerbsmäßig organisiert. Dort sprach ich mit einem Herrn Kube und der wollte mich zuerst gleich als neues Mitglied begrüßen, diesen Zahn habe ich ihm aber sogleich wieder gezogen und ihm erklärt, worum es mir geht. So ernüchtert blieb er aber trotzdem freundlich und erläuterte, dass er oder sein Dachverband selbst keine Expertisen, wie die das nennen, anfertigen dürften, obwohl man in Mitgliedskreisen über genügend qualifizierte Leute dafür verfügen würde. Bewertungen ohne Expertise gebe es zwar von diesen Fachleuten, aber nur unter Mitgliedern, da dies dann nicht als Geschäftstätigkeit sondern Befassung mit dem Fachgebiet gelte. Dafür extra Mitglied werden lohnt sich für mich nicht, zumal die Mitgliedsgebühr bei stolzen 196 Euro pro Jahr liegt und mich dieses Gebiet eigentlich nicht wirklich interessiert. Aber von dem gab es dann eine Liste mit Adressen von Sachverständigen und eine weitere mit Handelsfirmen und Fachgeschäften hier im Umkreis, die in der Regel auch Bewertungen vornehmen. Zunächst meinte er, ich habe Glück, da der Raum Stuttgart in dieser Hinsicht ein Paradies sei, mit sehr vielen Sammlern und entsprechend vielen Fachleuten und Fachgeschäften. Er wies aber auch darauf hin, dass die wahrscheinlich alle Bewertungen nur gegen Gebühr machen, also nicht umsonst. So bin ich dann, bepackt mit meinen möglichen Reichtümern, direkt zum ersten Haus auf dieser Liste gefahren. Vorne ein alter, enger, düsterer Laden, der aber nur als Durchgang, quasi wie ein Hohlweg, zu einem großen, hellen und hohen modernen Geschäftsraum dient, der durch Überbauung eines kompletten Innenhofs mit einem Glaskuppeldach entstanden ist. Ein schöner, heller Raum, der fast ein wenig an ein Hallenbad oder eine eingelaufene Hauptbahnhofs-Halle mit Glaskuppel erinnert. Ein alter, krumm gehender Herr mit Krückstock nahm sich meiner an. Als er meine 11 Alben sah, schlug er schon die Hände über dem Kopf zusammen. Er meinte, es sei üblich, dass einzelne Marken oder Serien von Marken zur Bewertung angeliefert werden, aber gleich solche ganzen Alben, das würde sehr teuer, da er ja, um einen ehrlichen Wert angeben zu können, sich jeder einzelnen Marke annehmen müsse. Das wäre bei dieser Vielzahl eine Aufgabe von mehreren Wochen, wenn nicht Monaten. Als er dann kostenmäßige Zahlen unterbreitete, war ich schneller wieder aus dem Laden, als man die Türklinke niederdrücken konnte. Er nannte einen Pauschalpreis für alle Alben zusammen von sage und schreibe 3.500 Euro, wohlgemerkt nur für die Bewertung und die sei dann noch ohne Gewähr und ohne schriftliche Expertisen, da für eine intensiv-genaue Bewertung noch mehr Zeitaufwand erforderlich sei, der die Kosten sogar auf mehr als das Doppelte hochtreiben würde. Stellen Sie sich einmal vor, über 7.000 Euro und Sie haben im Prinzip keinen Gegenwert dafür, nur jemanden der sagt, Ihre Marken sind Schrott oder dies und das wert. So bin ich dann zum nächsten Briefmarkenfachmann auf der Liste gefahren. Renate und Karl Schwarz, Briefmarken-Consortier, was immer Consortier heißen mag, ich habe das zuvor noch nie gehört. Auch hier ein kleiner Laden, der aber innen klein blieb und nicht nach hinten in überproportionalen Protz - Geschäftsräumen mündete, der mehr den Charme eines alten Büros verströmte. Es roch nach alten Akten. Ich weiß, man kann den Geruch nicht beschreiben, aber waren Sie schon mal früher, vor 30, 40 Jahren in Behörden? Dort roch es damals genauso, nach altem Aktenpapier. Ich stand da, wie ein dummer Junge, der auf Bonbons wartet, denn der Laden war leer, keine Bedienung, kein Chef, kein gar nichts. So wartete ich vielleicht 5 Minuten, dann kam ein vielleicht knapp 50jähriger, großer schlanker Mann, mit großer Brille. Er entschuldigte sich für die Wartezeit, er habe gerade zu Mittag gegessen, deshalb habe es etwas gedauert. Es wunderte mich, dass er in dieser Zeit den Laden einfach offen stehen lässt. Man hätte ja alles raus schleppen können. So erklärte ich ihm mein Ansinnen. Mit kritischem Blick, der langsam über den oberen Rand seiner riesigen Brille schweifte, betrachtete er die 11 Alben. Zuerst nur äußerlich. „Ich erwarte nichts Gutes.", sagte er. „Leute, die in solchen Alben sammeln, sind meist nur Gelegenheitssammler ohne nennenswerte Kenntnisse von der Materie und meist leider auch ohne entsprechende Stücke in ihrer Sammlung.", fügte er fast schon stöhnend hinzu. Er bemerkte sofort, dass ich überhaupt keine Ahnung von dieser Sache hatte und teilte mir das aber auch zurückhaltend freundlich gleich mit. Er ließ mich also nicht erst einmal auflaufen, wie man so sagt, um sich dann an meiner fachlichen Niederlage zu ergötzen, wie das manche tun. Dann blätterte er von Album Nr. 1 die erste Doppelseite auf. Mit gelangweiltem Blick tastete er Reihe für Reihe die dort eingepferchten Marken ab. Dann zeigte er auf eine hellrote englische Marke von 1957 und sagte, dass die mehr wert wäre, als alle anderen Marken dieser Doppelseite zusammen. Im vorliegenden Zustand könne man die jederzeit für immerhin 25 Euro, mit viel Glück auch für 30 Euro an Sammler weiterverkaufen. Der Rest dieser Doppelseite brächte zusammen wenn überhaupt etwas, dann bestenfalls 15 Euro, eher nur 10 Euro, da es zwar schöne Marken wären, die aber noch reichlich am Markt herumschwirren würden. Zudem wären einige beschädigt und daher überhaupt nichts wert. Dann blätterte er weiter zur nächsten Doppelseite. Mit einem Schlag sprangen seine Gesichtszüge nach oben. Zuerst dachte ich, gleich wirft er das Album in die Ecke, weil im diese Marken zu minderwertig für weitere Beurteilungen sind, aber das Gegenteil war der Fall. Er deutete gleich auf 6 nebeneinander angeordnete Marken, wieder aus England, die alle das völlig gleiche Motiv zeigten, einen Damen-Kopf, nur die Hintergrundfarbe war bei jedem Motiv eine andere. Mal war es dunkelblau, mal rot, mal grün, mal braun, mal dunkelviolett und die Wertbezeichnungen waren unterschiedlich. „Vorzüglich!", brumme er, dann weiter: „Diese Marken als komplette Einheitsserie, das ist selten und dann noch dieser Zustand. Die müssen sie unbedingt aus diesem blöden Album entfernen, sonst nehmen die Schaden. Einzelverwahrung! Die sind als Serie so unbedingt 300 Euro wert und wenn sie einen finden, der die so komplett schon lange sucht, kriegen sie mit etwas Glück sogar 400 Euro und mit viel Glück 500 Euro dafür." Na sagen Sie, was soll man da sagen? Mir blieb die Sprache weg. Dann überflog er die restlichen dieser Doppelseite, zeigte dabei auf einige Marken, die zusammen auch noch etwa 50 Euro wert wären, der Rest dann wieder eher nichts. Dann klappte er den ersten Sammelband zu, obwohl da noch viele Seiten folgten, warf einen Blick in den zweiten Band. Gleich auf der ersten Seite fand er dort auch noch einige halbwegs interessante Stücke, die nach seiner Meinung zusammengerechnet einen Wert von fast 100 Euro ergaben. Dann legte er aber dieses Album zur Seite und erklärte mir, dass er weitere Bewertungen nur, wie in Fachkreisen üblich, gegen eine Gebühr durchführen würde. Gebührenfrei würde er das nur dann machen, wenn ich die Stücke über ihn verkaufen würde. So erkundigte ich mich nach den Gebühren. Er kritzelte dann etwas auf einem Kassenblock herum, nahm einen Tischrechner zur Hilfe und sagte, dass er alle zusammen für rund 750 Euro bewerten würde, wenn man die vereinfachte Form wählen würde. Das bedeutet, dass er nur Stücke gesondert herausstellt und erwähnt, die mindestens einen Einzelwert von 10 Euro oder mehr verkörpern. Oder für 1.200 Euro, wenn alle Stücke herausgestellt würden, die mindestens 5 Euro wert wären. Er sagte, dass man das bei solchen Mengen in Alben nur so machen könne, denn wenn er wirklich jede einzelne Marke näher untersucht, von der man im Anfang schon weiß, dass sie mit Sicherheit unter 5 oder 10 Euro wert ist, dann wäre das soviel Arbeit bei diesen Fluten von Marken, dass er sich die ja bezahlen lassen müsse. Kann ich irgendwie verstehen und das alles schien mir deutlich besser und seriöser, als der unverschämte erste Laden. Da ich nicht die geringste Absicht hatte, viel Geld für eine Bewertung auszugeben, sagte ich ihm, dass ich mir das überlegen werde und gegebenenfalls auf sein Angebot zurück komme. Freundlich wünschte er mir noch einen guten Tag und reichte mir noch eine Visitenkarte, damit ich ihn bei einem möglichen Verkauf der Alben nicht vergesse. So packte ich den Krempel zusammen, nun schon sichtlich besser gelaunt, da immerhin klar schien, dass ich da doch einen Wert von einigen hundert Euro geangelt habe. Wenn das mein Bekannter wüsste, von dem ich sie habe, Sie wissen, den mit dem Umzugsservice und dem Entrümpelungsdienst, der würde sich doch glatt in den Bauch beißen, dass er mir die so einfach geschenkt hat. Der war ganz gewiss im Glauben, die Marken wären alle zusammen etwa 50 Euro wert, denn sonst hätte der die nicht so einfach verschenkt, dafür kenne ich den zu gut. Trotzdem hatte ich mir vorgenommen, wenigstens noch 2 weitere Fachleute von dieser Liste aufzusuchen, um mir deren Fachurteil anzuhören. So führte mich mein Weg zu einer Firma die sich Auktionshaus Kluge nannte und wohl ein Spezialist im Versteigern seltener Marken ist. Na ich kam in deren Geschäftsräume, die weder so altmodisch noch so verstaubt oder überpompös im Hintergrund wie die letzten Adressen waren. Ein sachlich-nüchterner Laden mit einigen angrenzenden Büros, alles zeitlos modern. Mehrere Beschäftigte lungerten vor ihren Computern an sehr eckigen Schreibtischen. Gut, Tische sind meist eckig, aber die hier waren besonders eckig, so dass man schon Angst haben musste, sich daran zu verletzen. Vorne gab es eine Art Theke für die Kundschaft. Dort wurde ich von einer Frau mit hoch toupierten blonden Haaren empfangen. Die stark geschminkte Frau duftete kräftig nach Fliederparfüm und fragte nach meinen Wünschen. Ich legte die Alben auf die Theke und erklärte ihr, um was es mir ginge. Dann fragte sie noch mit dem Hauch der Selbstverständlichkeit: „Aber Sammler sind sie nicht?!" Als ich das bestätigte, wollte sie wissen, ob ich die Marken zum Versteigern dort lassen wolle. Ich erklärte ihr, dass ich zuerst einmal etwas über den Wert erfahren wolle, bevor ich mich dann zu weiteren Schritten entschließe. Sie ging dann zum Telefon und rief einen Herrn Sacher an, wie dieses berühmte Hotel in Wien hieß der. Der kam dann. Es war ein vielleicht 40 Jahre alter Mann mit einem eigenartigen hellgrauen Anzug gekleidet. Solche Anzüge sah man in den 70iger Jahren oft bei nüchternen, wenig modebewussten Geschäftsleuten, seither habe ich keinen mehr gesehen, Buchhalter-Design in heller Ausführung, würde ich sagen. Ich erklärte dem Sacher also, dass ich zunächst etwas zum Wert der Marken wissen wolle. Er griff sich dann wahllos eines der Alben heraus, ich glaube, es war das sechste, die sind alle durchnummeriert, blätterte darin hin und her. Anfangs lässig und mit dem Blick einer gewissen Missbilligung. Man konnte seine Antwort schon aus seinen Gesichtszügen ablesen: völlig wertlos. Er sagte dann auch so etwas: „Ja Herr Lappenkeuler, wenn das in den anderen Alben ebenso aussieht, ist das eigentlich alles nicht viel wert. Hmm..." Dann stockte er, blätterte immer wieder zu einer bestimmen Doppelseite in diesem Album Nr. 6 zurück, dort muss ihm wohl ein Stück aufgefallen sein, was aus dieser Menge hervorstach. Dann setzte er seine Ausführungen fort: „... hmm, wenn ich mir sicher wäre, aber das muss ich erst noch genau klären, es passt eigentlich nicht zum Rest, aber es könnte..... Also eine Marke ähnelt einer recht seltenen aus Uruguay von 1971, aber ich kann es mir nicht recht vorstellen, weil diese Marke nicht ins Umfeld der restlichen Marken in diesem Sammelsurium passt. Vielleicht ein Falsifikat, wahrscheinlich sogar." Dann erfuhr ich, dass diese besagte Marke, sofern es sich um das seltene Sammelstück handeln sollte, nur deshalb soviel wert wäre, weil aufgrund einer Fehlbedienung in der Druckerei ein falsches Konterfei dort abgebildet sei. Irgendwie wären dann aber von diesem Fehldruck doch ungefähr 500 Marken in Umlauf geraten, die heute bei Südamerika-Sammlern sehr begehrt wären. Es wurde per Telefon ein Herr Eppinger hinzugerufen. Ein Wichtigtuer, fand ich. Jedenfalls dieser Eppinger steckte sich eine Tubus-Lupe ins rechte Auge und begutachtete die besagte Marke. Dann flüsterte er mit dem Sacher herum, wandte sich schließlich zu mir: „Für mich ist die echt, mit 99 % Sicherheit. Wo haben Sie die her?" Ich wollte die wahre Begebenheit nicht gleich erzählen und sagte: „Von einem Bekannten geerbt." Er machte es spannend und rückte schließlich mit der Wertangabe um die 450 Euro heraus, wohlgemerkt, nur für diese eine Marke. Also ich wusste nicht, wie mir geschah und dachte, jeden Moment klingelt der Wecker und reißt mich aus diesem Traum. Ein Leben lang habe ich eigentlich nie Glück gehabt, wissen Sie, ich meine jetzt mit Gewinnen oder so, wenn man einmal vom Gewinn des Notebooks und der Bekanntschaft mit Kayla absieht, letzteres ist aber eine andere Sache, die man nicht mit sachlichen Dingen in einen Topf werfen kann. Jetzt auf einmal prasseln die Euros auf mich nieder, wenn auch als alte Briefmarken verkleidet, also ich kann das selbst nicht so recht glauben. Jedoch weiter. Der Herr Eppinger plusterte sich dann auf und meinte, dass er die gesamten Marken jedoch nicht überprüfen werde, das sei in dieser Menge nur gegen eine Bearbeitungsgebühr möglich. Andererseits bot auch er an, die Bewertung kostenlos zu machen, falls ich die Absicht hege, die Marken zu verkaufen und diesen Verkauf über die Firma seines Arbeitgebers abzuwickeln. Auch ihm sagte ich dann, dass ich Zeit zum Überlegen brauche und mich dann gerne in einigen Tagen wieder melden würde. Ihm gefiel diese Entscheidung weniger und er sagte dann ziemlich barsch, dass ich doch kein Briefmarkensammel-Typ sei und er bei einer kurzfristigen Abwicklung über ihr Institut einen maximalen Gewinn garantieren könne. Zudem stellte er in Form eines mächtigen Eigenlobs heraus, dass ihre Firma bei einer Verwertung auch die Marken mit verwerten und preislich anrechnen würde, die eigentlich derzeit so gut wie nicht absetzbar wären. Dann versuchte ich ihm noch speziell aus dem ersten Album die englischen Marken unterzujubeln, also für eine Bewertung, nicht zum kaufen, damit ich einen Vergleich bekam, ob die hier mehr zahlen oder ob der Karl Schwarz großzügiger ist. Das lief aber nicht mehr. Der Eppinger hatte sich entschlossen, weitere Bewertungen entweder nur gegen Cash vorzunehmen oder die Masche mit der Verkaufsabwicklung zu akzeptieren. Eigentlich wollte ich da schon gehen, als der Sacher mich noch einmal zu sich rüber rief. Er sagte, dass der Eppinger kein Fachmann für England sei, da könne er mir vielleicht ausnahmsweise noch 10 Minuten Zeit opfern, mehr aber keinesfalls. Aha, hatte dort also jeder Fachmann nur sein spezielles geographisch geordnetes Gebiet, oder so ähnlich. Nun, ich wusste ja exakt, welche Vergleichsmarken ich dem zeigen konnte. Der Sacher untersuchte die englische Markenserie, die vom Schwarz vor wenigen Stunden noch zwischen 300 und 500 Euro taxiert worden war. „Na ich weiß nicht," sagte er mit halbinteressiertem Blick, „es ist schön, dass die Serie komplett ist, aber wir haben genau diese Serie noch einmal auf Lager in besserem Zustand." Nach meiner Meinung waren die hier aber völlig einwandfrei, besser geht nicht, das sagte ich dem dann auch. Dann lachte er leicht und meinte: "Ja, sie sind Laie, aber die Marken sind auch sehr gut, kein Zweifel, aber man kann vom Stempel kaum etwas erkennen, zu verwaschen, vielleicht auch weil damals die Stempeltinte zu trocken war, aber das beeinflusst den Preis leider nach unten." Dann wollte ich wissen, was das in Zahlen bedeutet. Mit in die Hand aufgestützter Kinnlade murmelte er halbleise, dass ich mit 120 Euro für diese ganze Serie mehr als gut bedient wäre, aber dafür würde er sie sofort annehmen und das Geld in bar auszahlen. Ich könne aber auch auf einen gesonderten Aufruf bei einer der vielen Auktionen warten, die von ihnen organisiert werden, dann könne ich mit viel Glück auch bis zu 200 Euro dafür erzielen, mehr aber keinesfalls. Hätte ich dabei Pech und es fände sich bei der Auktion gar kein Käufer, dann würden die später, vielleicht in einem halben Jahr, noch mal aufgerufen und ich müsse auch solange auf mein Geld warten, bis sie dann endlich einen Käufer gefunden hätten. Mit diesen Zahlen als Orientierungshilfe bedankte ich mich und beschloss, es zuerst noch, wie auch schon geplant, bei weiteren Fachleuten zu versuchen. Man sieht also, wie groß schon die Unterschiede zwischen den bisher aufgesuchten Läden sind. Mit diesen Informationen ging es dann zum nächsten Fachladen auf der Liste. Krause & Wagner stand dort, ich also dorthin. Außergewöhnlich war dort schon mal, dass am Eingang zwar ein Schild „geöffnet" hing, aber trotzdem die Tür versperrt war. So klingelte ich. Als ich schon wieder abdrehen und gehen wollte, kam aus einer seitlichen Hinterhoftür nebenan ein Mädchen mit einem rosafarbenen Teddybären im Arm gerannt, vielleicht 7 oder 8 Jahre alt, und rief mir zu, dass ich durch diese Hinterhoftür kommen möchte. So machte ich das dann. Dort empfing mich eine nette Frau, die wohl die Mutter von dem Kind war, sie fragte dann danach, was ich für ein Anliegen hätte. Ich erläuterte ihr kurz die Geschichte. Ich fand diese Frau zwar sehr nett, hielt sie aber auf Anhieb für fachlich völlig inkompetent. Ich dachte mir noch, ich habe schon kaum Ahnung von Briefmarken, aber die scheint überhaupt keine Ahnung davon zu haben. Sie erläuterte dann, dass ihr Bruder, der Herr Wagner, zusammen mit seinem Kompagnon diesen Betrieb leite. Derzeit sei ihr Bruder aber bei einem Kundenbesuch, der Herr Krause, was der Kompagnon war, wäre beim Arzt und deren Angestellte, die Frau Lorch, wäre kurz in die Stadt gefahren und käme gleich wieder. Also der ganze Laden unterwegs und trotzdem über die Hintertür geöffnet, sehr seltsame Zustände! Die Frau, also diese Schwester vom Wagner, bot mir an, in einem Nebenraum zu warten und mir einen Kaffee zu machen. Eigentlich wollte ich das gar nicht, aber weil die Frau so nett war, wollte ich das nicht abschlagen. Also wartete ich, bekam einen vorzüglichen schwarzen Kaffee, nicht zu stark, nicht zu lasch, wohlschmeckend mit viel Aroma, genau so, wie ich ihn am liebsten mag. Während ich dort wartete, tänzelte die Frau öfters mit überfreundlich lächelndem Blick an mir vorbei und im Stillen dachte ich noch, die wäre noch ein Abenteuer wert. Aber keine Angst, ich bin ja gut versorgt und denken kann man vieles, was man nachher wirklich tut, das ist etwas anderes. Nach nur 10 Minuten des Wartens kam dann die Frau Lorsch. Eine Frau, die man im Bezug auf Briefmarken gleich als zu jung einstufen würde, sie war vielleicht gerade mal um die 20. Wissen Sie, Briefmarkensammeln das ist doch ein Hobby, welches man eher mit älteren, gesetzten Herren und vielleicht noch mit Schulbuben in Verbindung bringt, wobei die ersteren die Marken mit Wert und die zweiten die schönen bunten Bildchen-Marken sammeln. Aber die junge Frau Lorsch schien doch ziemlichen Sachverstand zu haben. Man täuscht sich eben in nichts mehr, als wie den Menschen. Nachdem ich ihr mein Anliegen erzählt hatte, blätterte sie ziemlich schnell die ersten 3 Alben komplett durch, wobei sie sich zwischendurch immer ein paar Handnotizen auf einem grünen Block machte. Anhand dieser Notizen blätterte sie danach noch einmal gezielt zu den einzelnen notierten Seiten und Marken zurück, verbesserte die gemachten Notizen, überlegte, holte sich ein dickes Buch, blätterte darin, schaltete dann ihr Notebook ein, stöberte dort einige Abbildungen und Beschreibungen von Marken auf, die auch in den Alben enthalten waren, verglich, kritzelte wieder in dem grünen Block herum. Das klingt alles sehr umfangreich und zeitraubend, aber für diese ganze Angelegenheit benötigte die Frau Lorsch vielleicht knappe 30 Minuten, mehr nicht. Dann holte sie aus: „Um es gleich vorweg zu sagen, die meisten Marken in diesen ersten 3 Alben, sind sogenannte Schichtware, wie sie von großen Briefmarken-Zirkeln meist in Abonnements vertrieben wird. Die beliefern vorwiegend wenig sachkundige Sammler, denen es vor allem darum geht, möglichst viele optisch schöne Marken aus der ganzen Welt in möglichst kurzer Zeit zu bekommen. Menge statt Qualität, Masse statt Klasse. Das schließt nicht aus, dass gelegentlich auch Marken von echtem Wert darunter sind. So ist das hier scheinbar auch. Ich würde sagen, diese ersten 3 Alben sind komplett, so wie sie hier liegen zusammengerechnet 400 Euro wert und die würde ich Ihnen auch anstandslos dafür geben, wenn sie die vollständig hier lassen." Die Frau Lorsch ging dabei auf keine einzelne Marke speziell ein, sondern redete immer nur vom Gesamten. Falls ich mit einer derartigen Abwicklung einverstanden wäre, würde sie dann auch die restlichen Alben noch bis zum Abend unter die Lupe nehmen und mir dafür spätestens morgen früh ein Pauschal-Angebot unterbreiten. Das alles war mir im wahrsten Wortsinn zu pauschal. Ich wollte schon mehr über die besonderen Stücke dieser Sammlung wissen und vor allem, mich nicht mit einem zunächst schön wirkenden Gesamtpreis übertölpeln lassen, wenn ich beim Einzelverkauf wesentlich mehr erzielen könnte. So ähnlich, aber in schöneren Worten verpackt, sagte ich ihr das dann auch. „Ach, sie glauben, es befänden sich einige besonders wertvolle Stücke darunter?", fragte sie dann. Mit einem kurzen, stichigen JA beantwortete ich ihr diese Frage. „Ich habe da einige entdeckt, die vielleicht etwas mehr an Ertrag bringen könnten", fügte sie an, „ aber ich will ihnen nichts vormachen, die Zeiten sind schlecht und der Markt ist mit diesen Typen von Marken zur Zeit reichlich befüllt. Daher glaube ich kaum, dass sie wesentlich mehr erzielen können, höchstens wenn sie sich sehr viel Zeit lassen und jede einzelne der etwas wertvolleren Marken versteigern lassen. Dann kommen sie vielleicht innerhalb von 5 Jahren auf insgesamt 800 bis 1.000 Euro für den Inhalt der ersten 3 Alben, die ich nun gesehen habe. Aber wie gesagt, sie müssten sich dann mindestens 5 Jahre Zeit lassen, bis dass wirklich für jede einzelne der etwas wertvolleren Marken ein adäquater Käufer gefunden ist. So für 400 Euro, ach sagen wir für 450 Euro, wären sie sofort alle Alben 1-3 los, hätten das schöne Geld gleich zur Verfügung, ich würde die restlichen Alben auch begutachten und sie brauchten sich mit dem Rest der Abwicklung überhaupt nicht mehr herumschlagen, wären diese Sorge los." Einerseits hatte sie sicherlich recht, teilweise jedenfalls, aber für nur 450 Euro fand ich das Verhältnis doch etwas schräge, wenn ich mich an die Preise einiger Einzelmarken erinnere, die mir unterbreitet worden waren. Hätte sie 1.000 Euro für die ersten 3 Alben geboten, hätte ich das gemacht, vielleicht auch für 900 Euro, aber nicht für 450 Euro. Auch nun folgte mein Spruch, dass ich mir das noch überlegen werde und dann gegebenenfalls wieder auf sie zurück käme. Dann kam ein struppig und verwirrt aussehender Mann, schätzungsweise um die 50 Jahre hereingestolpert. „Tachle, Krause, Krause mein Name.", sagte er. Ich grüßte zurück, die Frau Lorsch erklärte dem kurz, um was es hier ging und wie der Stand der Dinge sei. „Ach bleiben sie doch noch kurz, wenn sie vielleicht noch 15 Minuten Zeit haben.", meinte der Krause dann. So setzte ich mich wieder. Dann flog der Krause auch noch mal in Windeseile über die ersten 3 Alben, nahm Rücksprache mit der Frau Lorsch. „Würden Sie uns diese Alben in Kommission dalassen?", fragte er. Ich erklärte ihm kurz, dass es mir zunächst um eine Wertermittlung gehe und ich mich dann nach einer genaueren Überlegung näher entscheiden werde, wenn ich etwas verlässliches über den Wert wisse, dass ich aber zumindest mittelfristig beabsichtigen würde, alle 11 Alben komplett zu verkaufen. Der Krause bot dann an, die ersten 3 Alben in Kommission für zusammengerechnet 800 Euro zu verkaufen, das würde aber mindestens 3 Wochen dauern, bevor er sie zu diesem Preis losgeschlagen hätte, aber diesen Preis könne er mir garantieren, wenn ich diese 3 Wochen Zeit investiere. Er selbst würde sie ansonsten bestenfalls für 500 Euro ankaufen, die wären mir dann aber absolut sicher und das ohne jedes Restrisiko und sofort bar auf die Hand. Falls die noch ungeprüften anderen 8 Alben ähnlich bestückt wären, würde er für das Gesamtpaket, also für alle 11 zusammen, 2.000 Euro geben oder versuchen, sie in Kommission für 3.000 Euro loszuschlagen. Natürlich könne er das erst genauer beurteilen, wenn er die Inhalte der restlichen Alben durchgesehen habe. Das kam mir alles komisch vor und ich fiel auf meinen Entschluss zurück, zu gehen und gegebenenfalls später nach reiflicher Überlegung wieder zu kommen. Wir verabschiedeten uns durchaus freundlich und von seiner Seite mit der ausdrücklichen Hoffnung, dass wir vielleicht doch bald ins Geschäft kämen. Als ich rausging rief er noch heiser nach, dass man über den genauen Barpreis auch noch reden könne, es wären vielleicht noch 15 % mehr drin. Auf meiner Liste standen noch weitere Fachgeschäfte und Fachleute, ich beschloss, davon aber nur noch einen zu besuchen, da ich inzwischen genervt und schlapp war von dieser ganzen Aktion. So fuhr ich zur Firma Briefmarken - Liebig. Ein modernes, breites Firmengebäude. Das passte äußerlich gar nicht zum Thema Briefmarken, man hätte hinter dieser Fassade eher die Büros einer Fabrik oder so was vermutet. Ein eckiger Zweckbau, 3 Etagen hoch, vielleicht 40 m breit, in der Moderne der siebziger Jahre, Klinker mit abgesetzten Beton-Zwischenteilen. Unten am Haupteingang saß sogar ein Pförtner, der wissen wollte, wohin es mich trieb. Ich erklärte ihm kurz, dann rief er über eine Gegensprechanlage einen Herrn Stock herbei, der mich persönlich dort abholte. Wir durcheilten einen endlos langen Büroflur, wechselten in einem knallgrün ausgekleideten Aufzug einige Etagen höher und landeten in einem großzügigen Büro mit Edelholztäfelung an den Wänden und exakt dazu passenden Büromöbeln aus dem gleichen Holz. Herr Stock erläuterte mir dann, dass ihr Haus auch zugleich vereidigter Sachverständiger für Philateliefragen vor Gericht sei und dass man von ihnen nur sachlich fundierte Beratung und Wertermittlung erwarten könne. Da dies eine Dienstleistung mit einem gewissen Arbeitsaufwand sei, könne man das nicht kostenlos tun. Dann wollte er, soweit noch kostenlos, wissen, worum es mir genau gehe. Ich zeigte ihm die 11 Alben, inzwischen hatte ich schon lange Arme, vom ewigen Nachschleppen dieser ganzen Dinger. Er blätterte etwas stocherhaft darin und meinte, dass wäre so eine Sache. Er habe darin jetzt schon auf die Schnelle vereinzelt ein paar schöne Exemplare entdeckt, aber das Gros sei mehr oder weniger Altpapier, aber gerade dieses Durch- und Miteinander von Wertigem und Wertlosem mache die Sache schwieriger und teurer, weil man mühsam Marke für Marke durchkämmen müsse, um nicht einige unscheinbare Schätze zu übersehen und versehentlich ebenso als wertloses Zeug zu werten. Als er dann auf die Gebühren zu sprechen kam, die man dort für diese Bewertung haben möchte, muss ich wohl meine Gesichtsfarbe verändert haben, denn sogleich beschwichtigte er, dass es auch eine billigere Lösung gebe. Übrigens betrug die genannte Gebühr für die komplette Bewertung aller 11 Alben hier 2.400 Euro, bei einer Zeitdauer von 2 Wochen und ohne Anfertigung von Einzel-Expertisen für die besonders wertvollen Stücke darin! Die billigere Möglichkeit, die er dann nachschob, war ähnlich dem, was ich schon anderswo gehört hatte, dass man die Alben zwar durchsieht, dabei aber nur gezielt die wertvolleren Stücke ab einer bestimmten Wertigkeitsgrenze herauspickt und ausschließlich nur diese bewertet und all die anderen ganz außen vor lässt. Das wäre dann sicherlich für 750 Euro möglich, sagte er. Diese Bewertungsgebühr könne auch dadurch abgegolten werden, dass ihr Institut nach Absprache mit mir sich dann in diesem Wert entsprechend Marken aus dieser Sammlung entnimmt, natürlich alles hochoffiziell gegen Quittung und mit Bescheinigung. So würde mich dann die Bewertung insgesamt am Schluss geldlich nichts kosten und ich wüsste genau, was der verbleibende Rest wert ist. Darüber gäbe es dann auch eine schriftliche Bestätigung, die z.B. in einem Versicherungsfall Bestand hätte, auch wenn keine besonderen Einzelstücke eigenständig aufgeführt wären. Sie mögen es ahnen, ich beabsichtige nicht, diese Alben oder Teile davon zu behalten, wenn ich dafür mehrere hundert oder gar tausend Euro einstreichen kann. Das Geld ist mir da lieber, denn die Marken nützen mir nichts, wenn sie bei mir herumliegen, da ich selbst kein nennenswertes Interesse daran habe. Ähnlich, wie bei den anderen, bin ich dann auch hier abgezogen mit der Bitte um Bedenkzeit. Dafür hatte Herr Stock auch vollstes Verständnis und meinte selbst, dass man in meiner Lage keinesfalls die Sache übereilen sollte. Er sagte noch: „Sie haben im Prinzip alle Zeit der Welt, da die wertvollen Marken darunter garantiert nicht weniger wert werden, eher mehr. Bei den relativ wertlosen, die unter einem Einzelwert von 5 Euro oder teils sogar nahe 0 liegen, da ändert sich der Wert in aller Regel selbst über 20 Jahre nicht oder nur kaum. Somit gibt es keinen Grund zur Eile und sie haben Zeit genug, sich sachkundig zu machen, es sei denn, sie benötigen dringend Geld oder haben Angst mit teils wertvollen Marken zu Hause, dass Diebe die holen kommen." Nun, Angst vor Dieben habe ich ganz gewiss nicht, denn wer wird schon in meiner spartanischen Wohnung in unserem einfachen Domizil nach solchen Dingen suchen? Keiner! Zudem ist unser Wohnviertel zwar keine Nobelgegend, aber trotzdem haben wir eine recht geringe Kriminalitätsrate, wo Einbrüche und dergleichen seltener sind, als im Durchschnitt von Stuttgart. So bin ich dann echt geschafft nach Hause gefahren. Vor lauter Nachschlepperei der Alben habe ich heute noch Sehnenschmerzen in den Armen. Zuhause habe ich zusammen mit Kayla dann lange überlegt, wie wir weiter vorgehen sollten. Trotz der fehlenden Eile hatte ich keine Lust ohne tieferen Grund länger als nötig auf das schöne Geld zu warten, was sich mit den Marken einstreichen lässt. Zumal wir durch den Autokauf das Geld jetzt gut gebrauchen könnten, obwohl es dank Kaylas Einkommen auch ohne das keine wirklichen Probleme ernsthafter Natur geben würde. Ein Verkauf ohne solche Fachleute ist absolut unmöglich und von denen, die ich besucht hatte, schien mir der Herr Schwarz und die zuletzt besuchte Firma Liebig mit dem Herrn Stock am kompetentesten und auch am ehesten imstande, für den höchstmöglichen Erlös zu sorgen, den ich bei einem Verkauf ja haben will. Auf ideelle Werte kann und will ich dabei keine Rücksicht nehmen. Und wenn ein kamelreitender Ölbaron sich die Marken kaufen würde, um sich damit die Zigarre anzuzünden, so wäre mir das auch egal, wenn er derjenige ist, der am meisten dafür gibt. Kayla und ich spielten viele mögliche Varianten durch. Wir hätten die Alben ja auch aufteilen können und einige zur Firma Renate und Karl Schwarz, die restlichen zur Firma Liebig oder sonst wie. Nach 2 Tagen hatte ich die Unschlüssigkeit satt und entschloss mich, alle 11 Alben zu Renate und Karl Schwarz zu bringen, was ich dann noch am gleichen Tag machte. Und zwar mit der Bitte um Wertermittlung und gleichzeitigem, bzw. anschließendem Verkauf. Dankend haben die den Auftrag angenommen und den Empfang der Alben quittiert. Zugleich haben die sich ein leichtes Sicherheitssystem ausgedacht, damit auch der Einlieferer, also ich, eine kleine Kontrolle über das hat, was er dort abgegeben hat. Herr Schwarz hat alle Seiten aller Alben durch einen Farbkopierer gezogen und mir diese Kopien von sich und mir unterschrieben gegeben. Das dient dann zumindest als Kontrolle, dass keine Marke unterschlagen werden kann. Ich muss ehrlich sagen, ich war inzwischen so konfus, auf eine Kontrollidee wäre ich gar nicht gekommen und hätte die Alben auch so dagelassen, was natürlich wirklich dumm und gefährlich gewesen wäre, denn wer kann als Laie schon einzelne von einigen tausend Marken im Gedächtnis behalten? Wie schon erwähnt, sagte Herr Schwarz, dass die Bewertung aller Marken mindestens 2-3 Wochen in Anspruch nehmen wird, wenn man die zweifelsfrei ganz billigen weg lässt. Trotzdem rief mich die Frau von Herrn Schwarz, die Renate Schwarz, schon einen Tag später abends gegen 19 Uhr an, um mitzuteilen, dass ihr Mann das erste Album bereits komplett durchgearbeitet hätte und alleine dieses sei insgesamt über 1.200 Euro wert! Dieser Gesamtwert wird zu 1.100 Euro von rund 15 Marken erzeugt, die sich in der großen Menge von über 500 Marken in diesem Album Nr. 1 befinden. Sie können sich vorstellen, wie begeistert wir waren und dass wir vor Freude quer unter der Decke gehangen haben. Alle restlichen Marken aus dem Album Nr. 1 zusammengenommen belaufen sich auf einen Gesamtwert von 100 Euro. Das ist natürlich auch Geld. Wir haben das dann so vereinbart, dass Herr Schwarz uns diese Sachen zunächst für den Wert abkauft, den er ermittelt hat, er versucht sie dann aber für einen höheren Wert zu verkaufen. Falls dies innerhalb von einem Jahr gelingt, teilen wir uns später die Summe, die sein Verkaufserlös höher liegt wie folgt auf: er behält 70 % des höheren Erlöses, der über dem uns bereits gezahlten Betrag liegt und wir bekommen 30 % von dem Betrag, die der Verkaufserlös höher liegt. Das klingt zunächst ungerecht, ist es aber nicht, denn er hat ja die ganze Arbeit damit und genaugenommen brauchte der uns ja gar nichts mehr zahlen, wenn er sie einmal von mir abgekauft hat. Und bekommt er binnen eines Jahres keine davon weiterverkauft, dann haben wir immerhin gleich das Geld in der vereinbarten Bewertungshöhe und er hat im Prinzip dann noch nichts daran verdient, es geht also eigentlich auf sein wirtschaftliches Risiko. Verkauft er sie erst nach über einem Jahr teurer, so bleibt es komplett sein Gewinn. Es wird aber ausdrücklich ausgeschlossen, dass er die absichtlich herumliegen lässt, nur um über diese Einjahresgrenze zu kommen, damit er vom Zusatzgewinn nichts mehr abgeben braucht. Er ist jedoch Fachmann und wird nicht so dumm sein, uns für Marken viel Geld zu geben, von denen er sich im Unklaren ist, ob er sie überhaupt selbst wieder jemals zu diesem Preis verkaufen kann. Also ganz im Klaren, solch eine plötzliche Wendung meiner Finanzlage hätte ich im schönsten Traum niemals erwartet. Ich habe schon zu Kayla gesagt, dass sie davon bloß nichts meinem Bekannten erzählen soll, von dem ich diese Alben geschenkt bekommen habe, der sie sogar schon fast wegwerfen wollte, bevor ich ihm als möglicher Abnehmer eingefallen bin. Ich kenne den schon seit 20 Jahren oder so, und von sich aus wird der nie wieder nach den Dingern fragen und denken, ist gut, dass ich die bei dem los geworden bin. In dem Glauben wollen wir ihn auch lassen. Würde er jetzt aber erfahren, dass ich damit noch über 1.000 Euro, wahrscheinlich ja noch viel mehr, je nach dem, was in den Alben 2 bis 11 zu Tage tritt, verdiene, dann wäre er eingeschnappt, beleidigt, vor Neid grün und blau anlaufen, würde wochenlang nicht mehr mit mir sprechen, vielleicht sogar die Sache zurück verlangen, wie auch immer, aber so in diese Richtung würde er reagieren. Geschenkt ist geschenkt und da sehe ich es nicht ein mir das wieder entreißen zu lassen, nur weil man zu spät bemerkt, dass das Geschenk doch tatsächlich einen Wert hat. Andererseits will ich auch unnötigen Zank mit ihm vermeiden, weil wir uns immer gut verstehen, also sage ich lieber gar nichts und alles läuft weiter seinen gewohnten Gang. So richtig verstehe ich das ja selbst alles noch nicht und glaube schon ständig, im falschen Film zu sein. Ich werde Ihnen in jedem Fall berichten, wie die Sache mit den restlichen Alben weiter geht, sobald ich näheres darüber weiß. Vielleicht ist deren Inhalt ja wertlos. Allerdings im Album Nr. 6 schlummert ja noch diese seltene Uruguay - Marke und da bin ich gespannt, wie diese von den Schwarzs bewertet wird.
Sie sehen, alleine diese Briefmarkenangelegenheit erwächst zu einem wahren Roman. Aber wann hat man schon mal das Glück, einen solchen Fang zu machen? Ich lasse mich schon seither täglich von Kayla zwicken, um zu prüfen, ob ich nicht doch träume.
Ansonsten verbringe ich nun viel Zeit damit, den als Garage genutzten Geräteschuppen umzubauen, wie vor einigen Wochen schon angedeutet. Das kostet viel mehr Zeit, als ich dachte, weil der Schuppen vom Material her doch nicht mehr so gut ist, wie ich geglaubt hatte. Es war geplant, die rechte, seitliche Außenwand komplett rauszureißen, die Dachteile abzustützen und mit dem Restholz vom Bauhof zu verlängern und ebenso mit Restholz die Seitenwand neu zu errichten, alles gegründet auf hier und da eingebrachten kleinen Betonfüßen, die ich in gegrabene Löcher gießen wollte. Schon beim Abbau der Außenwand zeigte sich, dass besonders von den Hölzern der Dachkonstruktion über die Hälfte faul sind und nicht weiter verwendet werden können. Also mit einfach verlängern ist dort nichts machbar. So habe ich mir vom Bauhof in der Zamenhofstraße wesentlich mehr Holz geholt, als ursprünglich geplant. Aber das ist ja kein Problem, weil es mich außer der Arbeit und dem Transport nichts kostet und den erledige ich mit dem Ford- Transit von meinem Bekannten. Ich muss ihm dafür nur 15 Euro zum Nachtanken geben. Die in der Zamenhofstraße sind froh, so das Zeug nicht selbst entsorgen zu müssen. Die Hölzer sind alle gebraucht, teils auch schon 10 Jahre alt, aber noch sehr gut erhalten. Lediglich sind sie mit einem Holzschutzmittel getränkt, welches heute nicht mehr zugelassen ist und sie durften deshalb bei der Stadt nicht wiederverwendet werden. Mich stört das nicht, eher im Gegenteil. Die alten Holzschutzmittel schützen noch besser vor Schimmel und Schädlingen im Holz, als heute diese ganzen biologischen Ersatzmittelchen und ich habe nicht vor, mich später lange in dem Garagenschuppen aufzuhalten. Es soll ja nicht mein zweites Wohnzimmer werden. Ich glaube auch nicht, dass Ausdünstungen davon dem Inneren des Autos ernsthaft etwas anhaben können, so dass man dann diese Dünste später immer beim Fahren im Auto hat, weil man ja im Auto doch stets kräftig lüftet und diese Dünste so nach wenigen Kilometern Fahrt weg sind. So habe ich mir mehr lange Balken mitgebracht, als geplant und inzwischen schon das ganze Dach komplett neu gebaut. Das war eine Heidenarbeit, zeitweise hat Kayla mir sehr gut geholfen. Man glaubt gar nicht, wie stark so ein filigranes Fräulein sein kann. Alle alten Dachhölzer habe ich entfernt und auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Das gab schon einigen Ärger, aber ich hatte keine Lust, dieses faule Zeug auch noch weg zu fahren. Es hatte keinen Zweck, beim Dach noch zu sortieren, welche Hölzer durch Verlängern noch brauchbar wären und welche nicht, da die meisten ohnehin zu schlecht waren. So habe ich nach dem Vorbild der alten Konstruktion, die ja sehr einfach war, das Dach ganz komplett neu angefertigt, nur eben entsprechend größer. Dieses Dach musste ich dann an der fehlenden Wandseite zunächst mit provisorischen Stützbalken abstützen und unterfangen, bis dass die neue Seitenwand fertig ist. Anstelle von kleinen Dachpappeschindeln und Dachpappestücken habe ich die obere Schicht der Deckhölzer vom Dach mit solchen langen Bitumenbahnen überlappend bezogen. Das ging viel schneller und ist dichter, weil es weniger Übergänge gibt, zwischen die sich später Wasser drängen kann. Der einzige Nachteil war, dass ich dieses Zeug auf eigene Rechnung im Baumarkt kaufen musste. Zum Glück war es in einem Baumarkt gerade für nur 6,49 Euro die große Rolle im Sonderangebot. Mit nur 2 Rollen bin ich ausgekommen und habe sogar noch eine viertel Rolle über. Derzeit werkele ich an der neuen Seitenwand, nachdem ich die schon erwähnten Fundament-Füße aus Beton am letzen Freitag gemacht hatte. Ein Herr Jarczinzki, aus dem Nachbarhaus, ein arbeitsloser Maurer, meinte schon, als Fundament wären diese Betonfüße zu klein und vor allem nicht tief genug im Boden. Aber der soll sich um seinen Kram kümmern. Für dieses einfache Ding von Garagenschuppen reicht das und der Wind wird's schon nicht wegblasen. Die alten Teile waren ganz ohne Beton im Boden fest, einfach mit verlängerten Latten, an denen teils Eisenspitzen befestigt waren, in den Boden gerammt und sie sind so 35 oder 40 Jahre stehen geblieben. Die Wand hält relativ lange auf, weil ich zuerst eine Art kompletten Holzrahmen dafür neu errichten muss und zwischen dessen Rahmenbalken dann in mühevoller Kleinarbeit die Holzlatten nageln muss, die ich ebenfalls vom Bauhof als Gebrauchtholz kostenlos organisiert habe. Das ist nicht kompliziert, aber sehr zeitraubend. Wenn die drauf sind, bekommen diese Latten einen Überzug aus langen Bahnen von Teichfolienresten, die ich ebenfalls beim Bauhof kostenlos abstauben konnte. Dadurch wird diese Wand dann auch wasserdicht. Ich weiß nur noch nicht, wie ich diese Teichfolienbahnen auf dem Holz ans Halten kriege, ob ich sie einfach dran nagle oder mit einem Tacker draufschieße oder ob man darauf auch kleben kann. Dafür wird sich eine Lösung finden. Wenn das dann fertig ist, muss ich noch ein neues Einfahrts-Tor für den Schuppen basteln und es einpassen, dann ist die Kiste fertig. Durch die Briefmarkenrennerei und meinen neuen Nebenjob mit der Auslieferung der Fußarznei bin ich in den letzten Tagen leider nicht mehr richtig weiter gekommen, aber noch heute will ich an der besagten Seitenwand weitermachen. Ich hoffe, dass ich den Schuppen in knapp 3 Wochen fertig habe, sofern das Wetter mir keinen Strich durch die Rechnung macht. Im Regen arbeite ich daran nicht weiter.
Soll man im Leben etwas überstürzen? Meine Lebenserfahrungen sagen nein! Trotzdem hat mich nun mein Autobekannter, von dem ich Ihnen schon öfters erzählte, eingeladen zu seiner Hochzeit. Ich höre Hochzeit und denke mir, das kann doch gar nicht sein, aber es ist wohl so. Der war schon seit ich den kenne eigentlich mehr solo und hat vor knapp 2 Monaten eine Griechin kennen gelernt, die eigentlich eine deutsche Griechin ist. Das heißt es ist eine Deutsche, die sogar in Deutschland geboren wurde, aber deren Eltern sind Griechen und sie hat auch einige Jahre ihres Lebens in Griechenland verbracht. Manchmal habe ich den Eindruck, die ganze Welt verwächst immer mehr miteinander und was noch vor 50 Jahren alleine schon wegen der Entfernungen völlig undenkbar gewesen wäre, passiert heute im Alltag. Aber 2 Monate sind nicht wirklich eine lange Zeit und ob man da schon heiraten sollte, also ich würde abraten, auch wenn es mir eine nette Frau zu sein scheint. Aber der Autobekannte ist da überglücklich, obwohl die Umstände, unter denen die sich kennen lernten, anfangs alles andere, als gute Voraussetzungen waren und damals hätte kein Schwein auf dieser Welt geglaubt, dass das jetzt so enden wird. Der Autobekannte hatte nämlich einen Kundenwagen aus seinem Hinterhof rausgefahren, auf einen Parkstreifen vorne an der Straße, damit ihn sein Kunde dort fertig repariert abholen konnte. Die Griechin, also seine heutige Freundin, kam mit ihrem uralten Fiat- Panda und wollte mit Schwung in der Parklücke hinter diesem Kundenwagen einparken. Hat sie auch gemacht, aber dabei einigen Blechschaden an diesem Kundenfahrzeug angerichtet. Sie können sich vorstellen, in welcher Zwickmühle sich mein Bekannter da befand, denn er hatte die Obhut über das Kundenfahrzeug und den Auftrag es zu reparieren und dann wird es so demoliert. Peinliche Situation und zunächst entbrannte wohl auch ein Streit zwischen der Griechin und meinem Bekannten, weil die den Standpunkt vertrat, dass er wohl schuld sei, weil er zu wenig Platz zur freien Parklücke gehalten hätte. Nun hatte er ja gar nichts gemacht, der Wagen war bereits von ihm verlassen dort abgestellt und ragte auch nicht in die andere, freie Parklücke hinein. Wenn sie im Glauben war, die Lücke sei für ihren Wagen zu klein, dann durfte sie eben nicht einparken. Aber Sie kennen das ja, Frauen entwickeln da so ihre eigene Logik und notfalls war die ungünstige Mondphase, eine eingelaufene Parklücke, die gestern noch viel größer war, schlechtes Thai-Chi oder der Klöckner von Notre Dame daran schuld, nur sie selbst nicht. So wurde etwas heftig diskutiert, aber mein Bekannter, der sonst nicht auf den Mund gefallen ist, bemerkte wohl irgendwie eine Sympathie für die Frau und ihr ging es ähnlich und anstatt sich weiter zu streiten, beschloss man, sich erst einmal zu einem Kaffee zusammenzusetzen und die Sache sachlich ruhig auszudiskutieren. Dabei haben die dann irgendwann die verbeulten Autos ganz vergessen und so weiter. Die griechischen Frauen sind ja sehr bekannt für ihren versteckten Hang zur gekonnten Erotik, ohne jetzt damit irgendwelche Klischees bedienen zu wollen. Dabei, man muss es sagen, ist diese Frau auf den ersten Blick nicht sonderlich hübsch und äußerlich nicht gerade der Typ, der einem so leicht den Kopf verdreht. Hässlich ist sie allerdings auch nicht, keinesfalls, aber eher der Typ graue Maus. Aber die grauen Mäuse sind ohnehin meist die Besten, wie die Erfahrung zeigt. Sie ist schlank, vielleicht 1,65 bis 1,67 m groß, schwarze lange Haare, kleinbusig, es klingt komisch, ist aber so - sie verfügt über auffallend dünne Arme und hat wohl größere Augenprobleme, da sie eine Brille vom Typ Thermopaneglas trägt, also mit dicken, mehrschichtigen Gläsern, wie bei Isolierfenstern. Sie trägt fast immer dunkelblaue Kleider, was heute ja eher selten ist, meist haben die Frauen ja heute auch Hosen an, wie beispielsweise meist auch Kayla. Optisch ist sie auf den ersten Blick wirklich sehr unscheinbar, hat aber eine sehr angenehme Art zu sprechen. Wissen Sie, manche Frauen kreischen wie eine Säge wenn sie reden, andere versuchen sich einen abzubrechen, um möglichst eine perfekte Betonung hinzukriegen, aber diese Griechin, die übrigens perfekt Deutsch spricht, die umsäuselt einen mit Worten, wie ein sanfter Sommerwind, sage ich immer. Nicht dass Sie jetzt glauben, ich hätte mich auch in die verschossen, neinnein, ich bleibe bei meiner Kayla, daran ist nicht zu rütteln. Den Bekannten hat's also kräftig erwischt und seit diesem Tag kleben die beiden wie die Kletten aneinander. Ich finde das schon übertrieben. Ich mag Kayla auch sehr, aber dass ich sie, wie die Haare auf meinem Kopf, immer und überall auf Schritt und Tritt dabei habe, das wäre mir dann doch zu arg, das würde aber auch Kayla selbst nicht auf diese extreme Weise wollen. Selbst in seiner Werkstatt weicht die kaum von seiner Seite, fliegt immer um den herum, wie eine Biene um den Honigtopf. Nun ja, und jetzt ist Hochzeit, nach nur 2 Monaten. Das kann gut gehen, aber ich weiß nur zu gut, wie schnell sich Menschen und wie schnell sich Beziehungen ändern können. Sie wissen von meiner ersten Frau, also ich wäre da sehr vorsichtig und würde den beiden lieber zu einer wenigstens ein- bis zweijährigen Probezeit raten. Das ist zwar auch kein Garant, aber 2 Monate, was weiß man nach 2 Monaten über einen anderen Menschen? Nichts, fast nichts. Um es offen und vulgär zu sagen, die sind in den beiden Monaten doch aus dem Bumsen nicht raus gekommen, in jeder freien Minute wird genagelt, was das Zeug hält und dabei macht man zwar so manch schöne Erfahrung, aber gewiss nicht die, die ich jetzt meine, auf die es aber dann in ein paar Jahren ankommen würde. Ich vertrete mehr den Standpunkt, dass man sich vor diesem sehr gewagten Schritt mindestens 2 Jahre oder besser mehr genau kennen sollte, sofern man ihn heute überhaupt noch machen will. Das ändert ja gar nichts daran, dass man diese Bumsgeschichten trotzdem machen kann. Es gibt immer noch Gründe, die dafür sprechen zu heiraten, aber es gibt mindestens eben so viele, die dagegen sprechen. Anfangs geht man ja immer davon aus, dass alles glatt geht und die gegenseitige Zuneigung in voller Höhe erhalten bleibt, aber es ist besser, sich schon am Anfang mal vorzustellen, ob man mit dieser Frau auch dann noch zusammenleben möchte, wenn die gegenwärtige Zuneigung auf nur die Hälfte abgesunken ist. Kann man dann immer noch ohne jeden Zweifel ja sagen, kann man diesen Schritt zur Heirat wohl auch machen, aber sonst lieber nicht. Ich habe natürlich gut schwätzen, mich hat es ja so nicht erwischt, obwohl ich ja eigentlich mit Kayla in einer ähnlichen Situation lebe. Gut, im Gegenzug kann man vielleicht sagen, wenn Kayla mir sozusagen die Pistole auf die Brust setzen würde, und verlangen würde, entweder Heirat oder sie geht, dann würde ich sie wahrscheinlich sogar heiraten, obwohl ich dabei mit Sicherheit nicht die treibende Kraft wäre. Jedoch nachdem wir das Thema schon einige Male ausführlich besprochen haben, ist es derzeit für uns eigentlich gar kein Thema mehr. Wäre es so, dass Kayla schwanger würde, gut, dann wäre es für mich gar keine Frage, ich würde sie dann sofort heiraten, auch wenn das heute altmodisch klingt, aber wir legen es dank moderner Verhütungsmittel nicht darauf an. Heiraten war mal besonders aktuell, als Kayla Gefahr lief ausgewiesen zu werden, weil zu der Zeit die ganze Geschichte mit ihrem Aufenthaltsrecht in Deutschland noch nicht geklärt war. Da hätte ich sie alleine aus diesem Grund notfalls geheiratet, aber diese Sache hat sich anderweitig zum Guten gewendet und sie darf hochoffiziell in Deutschland bleiben, sogar mit der langfristigen Aussicht Deutsche zu werden. Ich habe den Eindruck, dass die Griechin meinen Bekannten sehr auf diese Hochzeit drängt, weil sie sich schon ewig einen Mann fürs Leben gewünscht hat, aber ich weiß es nicht sicher. Nun, wir werden heute abend auf diese Hochzeit gehen, als Gast, zumindest für einige Stunden und insgeheim hoffe ich, dass Kayla dort dadurch nicht auf den Geschmack gebracht wird, auch unbedingt solch eine Hochzeit haben zu wollen, nur weil es alles so schön feierlich aussieht. Manchmal wirkt so etwas auf Frauen ja ansteckend, ich vertrete inzwischen bei allen schönen Seiten, die eine Hochzeit vielleicht haben kann, die Ansicht, möglichst auf diesen oft sehr folgenreichen Schritt zu verzichten.
Soweit soll es für heute genügen. Es gibt noch viel zu berichten, aber ich muss noch zu einem entfernten Bekannten, dem ich versprochen hatte, ihm zu helfen einen sehr großen Wohnzimmerschrank zu demontieren. Aber das beweist wieder, was ich immer sage, die Leute stellen sich unüberlegt einen riesengroßen Schrank ins Zimmer, dann nach vielleicht nur 3 Jahren sind sie das Ding leid, weil es das ganze Zimmer optisch erdrückt. Ich empfehle lieber kleine Möbel, die wirken in einer kleinen Wohnung viel harmonischer und da hat man auch nach 10 Jahren noch Freude dran, weil das Gesamtbild stimmig ist. Aber jeder will protzen und stellt sich dann so ein Rieseneumel von Schrank ins Zimmer, obwohl das ganze Wohnzimmer nur 10 m² groß ist. So was ist doch lächerlich und der Missmut ist vorprogrammiert. Vor dieser Abbauhilfe graust mir jetzt schon, aber zugesagt ist zugesagt. Deshalb nun mit abgebrochenen Grüßen,
Ihr
Egbert Lappenkeuler
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