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Auf dieser Seite finden Sie die Lappenkeuler - Beiträge “Akklimatisiert” und “Die Rache der Extravaganz”  aus dem Jahre 2005. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.

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Beitrag 1

Lappenkeuler - Brief / Email „Akklimatisiert" vom 19.04.2005

Akklimatisierte Grüße!

Nun, die Spanienreise ist jetzt schon wieder etliche Tage her und ich
habe mich inzwischen wieder voll akklimatisiert, möchte ich mal
sagen. In den ersten Tagen nach der Reise habe ich nicht mehr viel
über die Reise nachgedacht und war froh, hier wieder einigermaßen
schnell in den Alltag zu finden. Erst jetzt ertappe ich mich häufiger
beim Sinnieren über einzelne Erlebnisse während dieser Reise.
Trotzdem möchte ich heute kein großes Fass der Rückbesinnung zur
Spanienreise aufmachen, vielleicht später mal. Eigentlich bin ich
sogar ein wenig froh, dass mich der Alltag wieder hat. Also dauernd
so weit herumreisen möchte ich nicht. Wenn ich sehe, es gibt Leute,
die aus Berufsgründen immer auf Achse sind, das wäre nichts für
mich. Ich fahre mal gerne etwas herum, aber insgesamt faszinieren
mich Fernreisen weniger, als Reisen im näheren Umkreis. Am
schönsten sind für mich immer die Reisen, die so nah liegen, dass ich
abends wieder im eigenen Bett schlafen kann. Damit schlage ich
sicherlich aus dem heute üblichen Trend. Viele wollen immer weiter
und luxuriöser reisen, mehrwöchige Kreuzfahrten über die Weltmeere,
Flüge in die weite Welt u.s.w. Stellt das Miterleben solcher Reisen
wirklich einen Wert an sich dar? Ich finde nicht. Möglicherweise fehlt
mir auch nur das passende Gen, um daran übermäßig Gefallen zu
finden. Verstehen Sie mich bitte jetzt nicht falsch, ich möchte damit
keineswegs nachträglich die Granadareise entwerten, wir sind froh,
die gemacht zu haben. Meine jetzigen Betrachtungen sind davon
völlig abgekoppelt. Diese Betrachtungen führen für mich dann
zwangsläufig zu dem Ergebnis, dass es Geldverschwendung ist, hohe
Beträge für Fernreisen auszugeben. Jeder weiß, wie teuer solche
Reisen sind. Alleine schon der Preis für die Energiekosten solch
weiter Reisen ist inzwischen unerträglich, geschweige denn die
Gesamtpreise. Schon in meinem letzten Schreiben habe ich gesagt,
dass wir bestimmte Gebiete in Spanien gerne noch einmal besuchen
möchten, das sei hiermit auch nicht ausgeschlossen, aber im
Wesentlichen haben Kayla und ich beschlossen, künftig kaum noch
Reisen mit zu machen, die uns weiter als maximal 400 km von
zuhause entfernen. Ich sage bewusst nicht nie, aber halt eben kaum.
Wie soll man das erklären? Der Mensch macht am liebsten das, was
ihm viel Freude bereitet. Mir bereitet es im direkten Vergleich
wesentlich mehr Freude, hier im Umkreis von vielleicht 100 km mit
meinem Auto herumzufahren, als 2000 km in den Süden zu reisen
oder gar 12000 km in einen ganz anderen Kontinent. So, weil nun
diese weiten Reisen aber so extrem viel kosten, rechne ich persönlich
zusätzlich um, wie viele zigtausend von Kilometern ich für dieses
Geld mit dem Suzuki hier fahren könnte, was mir persönlich auch
darüber hinaus noch viel mehr Freude bereitet. Für das gleiche Geld,
wofür ich vielleicht einmal nach den USA und zurück fliegen kann,
kann ich hier ein ganzes Jahr lang jede Woche ein- bis zweimal mit
dem Suzuki zum Bodensee und zurück fahren. Ich weiß, dieser
Vergleich ist so komisch wie hinkend, für mich macht er trotzdem
Sinn. Andererseits würde eine Reise in die USA, besonders nach New
York, aber auch in andere Gegenden dort, mich durchaus noch reizen,
Australien und Asien nicht so sehr, Indien kaum und Afrika, Orient,
Türkei und dort überhaupt nicht. In die letztgenannten Gebiete könnte
man mir eine Reise schenken, ich würde sie nicht antreten.

Kaylas Gelegenheits-Arbeitgeber hatte schlechte Erfahrungen mit
einem Ersatz-Übersetzer gemacht, während wir in Granada weilten.
Da einige dringende Briefe schnell bearbeitet werden mussten,
konnten die damit nicht warten, bis dass Kayla zurück war. So heuerte
man kurz einen Übersetzer von einem Fremdsprachenservice an. Der
machte dass dann auch und hat dabei so viele Fehler verursacht, dass
es zu großen Missverständnissen kam. Es mussten gar mehrere
Bestellungen völlig storniert und neu aufgegeben werden. Der
Abteilungschef der Firma hatte zu Kayla bei ihrer Rückkehr gesagt,
dass es schneller und unkomplizierter gegangen wäre, wenn man die 9
Tage bis zu Kaylas Rückkehr untätig abgewartet hätte, als mit diesem
Stümper seines Fachs zusammenzuarbeiten, der nur zusätzliche Arbeit
ohne effizienten Nutzen erzeugt hätte und dafür auch noch einen
hohen Betrag kassierte. Sie ahnen was daraus resultiert. Kayla hat nun
doppelte Arbeit, einmal die aktuelle Korrespondenz in Trab zu halten
und zum anderen dabei zu helfen, die Fehler des Ersatzmannes
auszubügeln sowie die in dieser Zeit fehlgeschlagenen Aufträge völlig
neu zu bearbeiten. Das erfreut dann weniger, weil Kayla nun deshalb
oft 10 bis 12 Stunden in dem Betrieb wirbelt und abends ziemlich
abgekämpft nach Hause kommt. Ihre Finanzlage profitiert natürlich
davon, da sie nach Stundenzahl entlohnt wird und am Ende des Aprils
auf ein stolzes Sümmchen von über 3.000 Euro hoffen kann. Um
Missverständnisse zu vermeiden, das ist kein regelmäßiges
Einkommen in dieser Höhe. In diesem Monat wird es wohl auf über
3.000 Euro hinauslaufen, im letzten Monat war auch viel Arbeit
angefallen und sie trug 2.700 Euro nach Hause, aber das schwankt
stark und es kann im nächsten Monat wieder auf 200 Euro absinken,
dafür braucht sie dann auch nur vielleicht 4 Stunden im ganzen Monat
dorthin, während es jetzt an manchen Tagen bis zu 12 Stunden sind.
Es hängt von der Art der Aufträge ab, die das Unternehmen gerade
aktuell bearbeitet.

Am Montag letzter Woche habe ich in einer kleinen Feierstunde alle
amtlichen Briefe geöffnet, die während unserer Abwesenheit hier
eingetroffen sind. Es ist schon schauerlich, wenn man bedenkt, in nur
9 beziehungsweise 10 Tagen erhält man gleich 4 Behördenbriefe.
Feierstunde ist natürlich etwas ironisch gemeint. Ein Herr Kaspar vom
Sozialdienst schreibt mir eine eigenartige lange Liste, in der
Möbelstücke mit Ankreuzkästchen aufgezählt werden, wo ich dann
jeweils ankreuzen soll, über welche der dort genannten Möbel ich
verfüge. Dahinter folgt dann ein Eintragungskästchen, worin man die
Anzahl solcher Möbelstücke einträgt, wenn man denn welche von
dieser Sorte hat. Damit nicht genug. Dahinter vier weitere
vorgegebene Felder, in welchen man ankreuzen muss, welches Alter
die vorne als Bestand angekreuzten jeweiligen Möbelstücke ungefähr
haben. Vorgegeben sind die 4 Möglichkeiten 1) bis 1 Jahr, 2) 1 bis 3
Jahre, 3) 3 bis 8 Jahre und 4) über 8 Jahre. Bei mir wird also vor allem
die 4) strapaziert.  Die Liste umfasst, ich habe das gezählt, exakt 152
vorgegebene Arten von Möbelstücken, worunter welche sind, von
denen ich noch nie etwas gehört habe. Unter dieser Auflistung gibt's
dann noch 12 weitere leere Felder, worin man, falls vorhanden,
Möbelstücke eintragen soll, die nicht der oberen Aufzählung
entsprechen. Angeblich sei das Ganze nur eine Erhebung und würde
nicht personenbezogen zum Nachteil verwendet. Man wolle im
Rahmen einer Studie erfassen, über welche elementaren
Ausstattungsgegenstände die Mehrzahl der Sohis verfüge, b.z.w. nicht
verfüge. Die Behörden machen sich so selbst Arbeit und können
sicher auf diese Weise die Anzahl ihrer Arbeitsstellen rechtfertigen.
Diesen Kram soll ich bis spätestens 13. Mai ausgefüllt an die zurück
schicken, ein Freiumschlag liegt schon bei.

In einem anderen Schreiben, welches von der Ordnungsbehörde
kommt, steckt ein Fragebogen, der aufklären soll, in welchem
Verhältnis ich zu Kayla stehe. Ob wir eine Wohngemeinschaft bilden,
ob Kayla gar von mir schwanger wäre oder ob Kinder mit im Haushalt
leben oder zumindest zeitweise betreut würden, also dort sind
ebenfalls ungefähr 40 Dinge in fertigen Ankreuzkästchen vorgegeben,
die man entsprechend ausfüllen soll. Wieso das Ordnungsamt sich mit
solchen Dingen befasst, ist mir rätselhaft. Des weiteren wird dort
gefragt, ob Kayla beabsichtige, in den nächsten 10 Jahren wieder in
ihre Heimat zurückzukehren, oder ob sie dauerhaft in Deutschland
bleiben wolle. Nun, Kayla will ja dauerhaft bleiben und hat nicht das
geringste Ansinnen, wieder nach Thailand zu ziehen. Noch nicht
einmal besuchen möchte sie ihre alte Heimat, eben weil sie auch viele
schlechte Erinnerungen damit verbindet.

Das dritte Schreiben erklärt mir, dass ich auserwählt worden sei, um
an einem großen bundesweiten Studienobjekt mitzuwirken. Erfasst
werden soll speziell die Veränderung der persönlichen
Lebenssituation seit Hartz 4 über einen längeren Zeitraum. Hier heisst
es, dieses Studienobjekt laufe mindestens 3 Jahre, mit Aussicht auf
Verlängerung. Die eigene Aufgabe dabei wäre, Fragebögen
auszufüllen, die jedes Vierteljahr neu ins Haus flattern. Der Umfang
dieser Bögen läge in etwa bei 5 DIN-A4-Seiten und der
Bearbeitungsaufwand für mich jeweils bei etwa 2 Stunden. Als
Entschädigung für den Aufwand gäbe es eine Anerkennungsprämie
von vierteljährlich 15 Euro, also 60 Euro pro Jahr. Man kann die
Mitwirkung aber auch ablehnen. Ein Musterfragebogen ist beigefügt,
damit man erkennen kann, was damit auf einen zukommt, falls man
einwilligt. Nach meiner Beurteilung sollte ich die 15 Euro mitnehmen,
da es bei diesen Fragebögen für mich nicht viel auszufüllen gibt. Die
meisten Fragen zielen ziemlich weit an meiner persönlichen Situation
vorbei, so dass ich dort jeweils ein Kästchen: „Trifft nicht zu"
ankreuzen kann und zum nächsten Punkt weitergehe. Man möchte
sagen, diese Fragebögen sind eigentlich für eine andere Zielgruppe
gedacht. So schätze ich, werde ich für diesen Fragebogen höchstens
20 Minuten Ausfüllzeit benötigen.

Das vierte Anschreiben ist schon wieder eine dieser lästigen
Vorladungen. Man kennt ja, wie so etwas ausgeht. Sinnlose
Zeitverschwendung für nichts und wieder nichts. Es wird aber noch
nicht einmal ansatzweise erklärt, wofür genau ich dorthin soll, nur
dass ich unbedingt meinen Personalausweis mitbringen soll. Am
Donnerstag, den 21. ist der Termin, wo ich mich pünktlich um 10 Uhr
im Zimmer 706 bei einer Frau Hornbach melden soll. Na bravo!
Wieder diese Geheimnistuerei, die nach vielem hin und her sicherlich
wieder genauso wie eine Seifenblase zerplatzt, wie bei den letzten
Vorladungen auch. Ich gewinne immer mehr den Eindruck, dass diese
Amtsschimmel einen nur auf Trab halten wollen. Sohis dürfen nicht
zur Ruhe kommen und nicht den Eindruck gewinnen, dass sie sich
einfach auf dem erreichten Standard ausruhen können. Es nervt, aber
man kann auch nicht einfach sagen, rutscht mir doch den Buckel
runter und geht nicht hin. Das führt dann meist zur Sperrung der
Gelder. Was machen die eigentlich mit Leuten, die so krank oder alt
sind, dass sie gar nicht dorthin gehen können?

Es hat so richtig Spaß gemacht, nach insgesamt 11 Tagen ohne eigene
Autobenutzung, diese Tage mal wieder ausgiebig durch die Gegend zu
fahren. Nun stellte ich leider fest, dass der Suzuki plötzlich sehr
schlecht anspringt, wenn der Motor schon warm ist. Im kalten
Zustand, der doch eigentlich eher kritisch ist, geht er gut an, jedoch
wenn ich schon einige km gefahren bin, dann vielleicht vor einem
Geschäft oder für einen Spaziergang stehen bleibe, um nach 15
Minuten meine Fahrt fortzusetzen, dann muss ich mindestens 5 mal
herumstottern bevor er startet. Auch läuft er dann anfangs etwas
komisch, was aber nach einer Minute nachlässt. Dieser Mangel trat
nicht gleich bei meiner ersten Fahrt nach der Spanienpause auf,
sondern erst bei der dritten. Meinen Autobekannten habe ich darauf
angesetzt und er meint nun nach einer Messung, die Abgaswerte
würden nicht mehr stimmen, die Schadstoffe wären viel zu hoch. Die
Abgase stinken auch anders, wesentlich kräftiger, als vor diesem
Mangel. Der sagte, wenn ich heute zur ASU müsste, so würde ich mit
Pauken und Trompeten durchfallen. Woran es genau liegt, hat er aber
noch nicht heraus bekommen. Er sagte, das kann ein Mangel sein, der
sich für 15 Euro beheben lässt, es kann aber auch einer sein, der
praktisch den Wagen zum wirtschaftlichen Totalschaden macht, wenn
z.B. der Motor total defekt ist. Letzteres kann ich mir nicht vorstellen,
weil er ja noch anständig läuft, wenn man diese Startprobleme
überwunden hat. Weiterhin hat er einen leichten Mangel am vorderen
rechten Bremszylinder festgestellt, der mir bislang gar nicht
aufgefallen ist und natürlich mit dem Startproblem nichts zu tun hat.
Leider macht mein Autobekannter solche Reparaturen nur als kleiner
Einmann-Hinterhofbetrieb, wodurch ich ziemlich lange warten muss,
bis der Wagen endlich an der Reihe ist. Der hat zurzeit viele Aufträge
und 18 Wagen auf Halde stehen, die noch vor meinem dran kommen.
Ich kann meinen aber so lange weiter benutzen, da er sich bei mir
meldet, sobald nur noch 3 andere Wagen vor mir dran sind. Dann ist
immer noch Zeit genug, ihm den Wagen zu bringen, da er nach seinen
Angaben im Schnitt 3 Autos am Tag repariert bekommt. Das mit dem
Hochbetrieb in seiner Werkstatt ist auch eine Auswirkung der
heutigen Zeit. Noch vor 2 Jahren hatte der kaum etwas zu tun, weil die
meisten Leute doch in die Markenfachwerkstatt gingen, aber die sind
vielen heute zu teuer und es hat sich herumgesprochen, dass er gleiche
Reparaturen zum halben Preis macht und so drängelt es sich jetzt dort.
Bei der Reparatur selbst könnte ich ihm zwar zur Hand gehen, weil
wir uns privat etwas kennen, aber viel bringt das nicht, ich kann
vielleicht bei Bedarf die Räder schon mal abmontieren, aber dann hört
es auch schon auf, da meine Kenntnisse von der Materie dafür zu
gering sind. Andererseits ist seine Hinterhofwerkstatt so klein, dass
ich dem dann mehr im Weg herumstehe, also sonst was. Keine guten
Nachrichten also und ich hoffe inständig, dass es eine Reparatur für
kleines Geld wird. Hat mich doch mein Suzuki bislang immer treu und
sehr preiswert überall hingefahren, so möchte ich nun keine
Enttäuschung erleben müssen. So habe ich nachgerechnet und
festgestellt, dass ich inzwischen mit der Susi insgesamt schon
beachtliche 17.000 km zurückgelegt habe. Das ist deutlich mehr, als
ich eigentlich anfangs überhaupt in einem entsprechenden Zeitraum
damit fahren wollte. Nach meinen anfänglichen Planungen hätte ich
bis heute erst ungefähr 9.000 km damit zurücklegen dürfen. Erst in
den jüngsten Monaten habe ich damit begonnen, etwas weniger zu
fahren. Es kostet ja doch mit jeder Fahrt mehr Geld, daran besteht kein
Zweifel und da meine Finanzlage sich nicht entsprechend der
vielleicht aufkommenden Fahrgelüste verbessert hat, muss ich kürzer
treten. Dabei gebe ich zu, dass bis vor kurzem viele Fahrten darunter
waren, die eigentlich völlig sinnlos waren, nur so zur Unterhaltung,
Spazierfahrten eben. Da kann man leicht dran kürzen, obwohl ich die
deswegen nicht völlig auslasse, aber solche Fahrten habe ich nun um
die Hälfte reduziert oder lege sie öfters mit anderen Bedarfsfahrten,
z.B. zum Einkaufen zusammen. Auch sind die Benzinpreise ja ständig
am aufwärts klettern. Andererseits ergibt meine Berechnung auch,
dass wenn ich meine Fahrleistungen nun langsam ungefähr auf das
Maß zurückschraube, welches ich anfangs eingeplant hatte, dann kann
ich mir den Wagen trotzdem mühelos weiter leisten, liege am Schluss
nach wie vor deutlich billiger, als mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Aber diese Berechnungen hatten wir ja schon und ich erzähle Ihnen
damit nichts neues. Knackpunkt könnte jetzt höchstens eine teure
Reparatur werden, wovor ich ein wenig Angst habe. Wenn nun die
Hiobsbotschaft käme, eine Reparatur für 1.000 Euro oder auch nur
600 Euro wäre fällig, dann stünde ich schön dumm da. Dann müsste
ich wahrscheinlich einige Monate aufs Autofahren verzichten, bevor
ich genug Geld zusammengekratzt hätte, um mir die Reparatur leisten
zu können. Oder zwischendurch zusehen, dass ich einen Nebenjob
einlege, der mir die Beschaffung des Reparaturgeldes sichert.
Aushilfsjobs kriegt man hier in Stuttgart ohne Problem meist auf die
Schnelle, wenn man sich für wenig attraktive Arbeiten nicht zu schade
ist. Leider ist es oft jedoch so, gerade dann, wenn man das Geld am
dringendsten benötigen würde, dann findet man doch nichts. Arbeiten
am Bau mache ich generell nicht mehr, das macht meine Gesundheit
nicht mit und ich habe auch keine Lust, mich dort als letztes Glied in
der Kette von ungebildeten Schwachköpfen herumkommandieren zu
lassen, um für alle das Frühstück zu holen oder so; alles schon erlebt.
Mein Autobekannter hat mich schon damit aufgezogen, dass sich der
Suzuki ja bereits bezahlt gemacht habe und nun wie ein leeres
Einwegfeuerzeug weggeworfen werden könne. Für den
Anschaffungspreis von rund 800 Euro und 17.000 zurückgelegten
Kilometern + Benzinkosten wäre jedes andere Verkehrsmittel teurer
gewesen, so gesehen ist das zweifellos richtig. Trotzdem würde ich
den gerne noch ein paar Jährchen weiterfahren. Rost gibt es auch noch
nicht viel, hier und da etwas, aber nichts bedrohliches und das
Reifenprofil von Winter- und Sommerreifen  hat auch noch für 3 Jahre
Vorrat bei meiner Fahrleistung. Knackpunkt sind halt die vielleicht
anfallenden Reparaturkosten. Aber ich will mich jetzt hier nicht selbst
verrückt machen. Ich habe noch einen geheimen Spartopf, darin sind
noch etwa 350 Euro und den würde ich notfalls opfern, wenn die Susi
damit mobil bliebe. Eigentlich ist das ein absoluter Notstock, der nur
für äußerste Notfälle gedacht ist, wie Erkrankungen oder so etwas,
aber in diesem Zusammenhang fasse ich den Notfall etwas
weitschweifiger. Kayla hat auch schon angeboten, von ihrem Geld die
Reparaturkosten zu begleichen, aber darin bin ich eigen, das will ich
nicht. Es ist mein Wagen und so sehr ich Kayla mag, ich will mich
nicht von meiner Freundin aushalten lassen, das wäre eine Sache, die
mir gegen den Strich läuft. Kayla meinte zwar, diese Einstellung sei
Blödsinn, weil sie ja auch häufig mitfährt und so selbst etwas von dem
Wagen hat, aber ich möchte es nicht.
Aber wer weiß, vielleicht werden wir alle uns früher als jeder das
heute noch denkt, in absehbarer Zeit keine Autos mehr leisten können.
Im Fernsehen war jetzt ein Bericht der verkündete, dass man
wahrhaftig davon ausgehen müsse, dass der Benzinpreis sich
innerhalb der nächsten ungefähr 2 Jahre verdopple, ausgehend von
den ohnehin schon hohen Preisen, die wir jetzt haben. Das wäre die
rasanteste Preissteigerung in Sachen Benzin seit es Tankstellen gibt.
Der Gründe dafür gibt es viele. Genannt werden immer die begrenzte
Menge an Öl, die es noch zu fördern gibt, aber auch der enorm
anwachsende Durst nach Benzin in China. Zuerst löste China eine
Preiskatastrophe im Stahlmarkt aus und nun folgt die im
Energiemarkt. Immer mehr Chinesen wollen auch ein Auto und Sie
wissen, wie viele Leute dort leben. Das was sich bei denen verbessert,
geschieht also alles irgendwie auf unserem Rücken. Und sogleich
möchte man in die schon bekannte Kerbe schlagen, dass doch alle
Mauern und Hemmnisse in Richtung Osten, egal ob nach Russland,
China oder die eigene ex-DDR möglichst schnell wiederkommen
mögen und sich der ganze Fall dieser Mauern nur als ein böser
Albtraum entpuppt. Ohne die Entspannung zwischen der westlichen
und östlich-kommunistischen Politik wären dort nirgendwo die
wirtschaftlichen Verbesserungen möglich geworden und für uns gäbe
es zigtausend Probleme weniger und ein altes mehr. Sicher galt die
Gefahr von kriegerischen Auseinandersetzungen damals zu den Zeiten
der Abschottung des Ostens als höher, trotzdem war diese Zeit
eigentlich die friedlichste, die wir je hatten, so paradox das auch
klingen mag. Aus unserer eigenen Sicht waren doch die Jahre von
1950 bis 1989 die besten, die wir jemals hatten, die ganz Deutschland
und Europa je hatte, und man möchte sie bezüglich vieler Punkte am
liebsten wieder haben. Gut, auf Kayla möchte ich nun nicht
verzichten, aber wirtschaftlich war doch eigentlich damals alles
besser. Auch sonst war vieles besser und freier. Alles wird immer
mehr eingeengt, auch die Freizügigkeit verfällt immer mehr und damit
zu werben, dass wir doch heute schöne Computer in jedem Haushalt
hätten, was damals noch undenkbar war, dazu kann ich nur sagen, ich
würde sofort meinen Computer dafür opfern, wenn dafür viele
anderen Dinge wieder würden wie sie beispielsweise 1976 waren. Ich
will jetzt nicht unbedingt näher darauf eingehen, warum ich
ausgerechnet das Jahr 1976 als besonders gutes Jahr auswähle, aber
für mich war das damals eine tolle und ziemlich sorgenfreie Zeit.
Andererseits wenn man bedenkt, für mich war 1976 schon eine
wirklich tolle Zeit, aber zu der gleichen Zeit hat es Kayla auf diesem
Erdball noch gar nicht gegeben. Man müsste das gute der heutigen
Zeit mit in die Zeit von damals nehmen können oder umgekehrt das
gute von damals in die Jetztzeit. Aber ich gerate zu sehr ins sinnieren
und man könnte über diese Gedanken verrückt werden und manch
einer wird es darüber schon geworden sein.

Vor einigen Tagen ist hier in der Nachbarschaft ein Herr gestorben,
der offensichtlich einer eigenartigen Glaubensrichtung angehörte. Ich
habe von solchen Dingen keine Ahnung, aber man sagte mir, seine
Glaubensrichtung nannte sich altrömisch-orthodox oder so ähnlich.
Nun zählte es zu den Gepflogenheiten dieser Glaubensrichtung, dass
eine Totenfeier mit intensivem Wehklagen aller Frauen aus der
weiteren Verwandtschaft einhergehen müsse. Ich sage Ihnen, da wird
man verrückt bei! Den ganzen Tag über knieten diese Frauen vor dem
Haus auf dem Bürgersteig und jaulten was das Zeug hält. So etwas
habe ich noch nie gehört. Ein Katzenjammer und schräges Gezeter
und Gesinge, einfach unerträglich und das den ganzen Tag lang. Dabei
ein Gefuchtel mit den Händen gen Himmel, als ob gleich der halbe
Himmel runterkommen möge. Das war so durchdringend, dass selbst
das Schließen sämtlicher Fenster nichts brachte. Eine heulende Sirene
ist dagegen ein freundliches Gesäusel. Irgendwann ist mir der Kragen
geplatzt und ich habe mich in den Suzuki gesetzt und bin an den
Hornsee im Schwarzwald gefahren. Dort war ich weit genug weg von
dieser Inszenierung der unerträglichen Art. Eine herrliche Ruhe!
Stellen Sie sich vor, wenn vielleicht 15 alte Weiber so kreischen und
jaulen, in einer Lautstärke, dass man es nicht für möglich hält und das
rund um die Uhr, also andere werden für weitaus weniger ins
Irrenhaus gesperrt. Eigentlich wäre ich nicht auf die Idee gekommen
in den Schwarzwald zu fahren, da ich schon die Sommerreifen auf
dem Suzuki montiert habe und dort hatte es laut Wetterbericht noch
etwas geschneit, jedenfalls am Tag zuvor. Aber es war dann doch kein
Schnee dort, sonst wäre ich nicht so weit gefahren. Ob ein solches
Gejaule in der Öffentlichkeit überhaupt zulässig ist, daran zweifle ich
zudem, andererseits hatte ich keine Lust, deswegen die Polizei zu
rufen, weil es eine Trauerfeier war. Trotzdem unterstützt mich solches
Tun in meiner umstrittenen Meinung, man sollte solche
Glaubensrichtungen in Deutschland verbieten, die die Bevölkerung
belästigen. Solche Glaubensrichtungen sind nämlich auch im Inneren
nicht intakt und zeugen von einer defekten Geisteshaltung, die nicht
mehr in unsere Zeit und vor allem nicht in unser Land passt. Aber
Multikulti ist ja angeblich in und da gehört dann auch solch ein Mist
dazu.

Einbrecher werden auch immer dreister. In der Lindenspürstraße hat
man vor einigen Tagen über Nacht ganz gemütlich ein Geschäft mit
teuren HiFi-Anlagen leergeräumt, indem man in aller Ruhe die
komplette Schaufensterscheibe zuerst ausgebaut hat. Wohlgemerkt,
die Scheibe wurde nicht zerschlagen oder wie heute oft mit einem
Fahrzeug gerammt, nein, man hat sie ganz gemütlich zu mehreren
Leuten im Blaumann fachmännisch ausgebaut und neben den Laden
an eine Wand gestellt und erst dann ebenso gemütlich alles
ausgeräumt und in einen Kleinbus geladen. Es waren noch einige
Nachtschwärmer vorbeigekommen und hatten dem Treiben
interessiert zugesehen. Die Diebe hätten denen noch gemütlich
erzählt, dass sie dieses Schaufenster nur Nachts auswechseln könnten,
da am Tag diese Arbeiten ja den Geschäftsbetrieb und die Kunden
behindern würden. Die Geräte müssten sie dazu zuerst aber an einen
sicheren Ort fahren, damit die während der Arbeiten nicht beschädigt
oder von bösen Dieben gestohlen würden. Das nenne ich kaltblütig
und es hat auch einen Spritzer Witz, wenngleich ich solches nicht
gutheiße.

Der Umbau in meiner Wohnung, von dem ich Ihnen vor meiner
Spanienreise berichtete, neigt sich langsam aber sicher seinem Ende
zu. Na bin ich froh. Einige Stellen, an denen mir die Übung fehlte,
sind etwas schräg und unschön geworden, aber das kann man mit
einer dicken Raufasertapete und dem Vorstellen von Möbeln
kaschieren, so dass es gar nicht mehr auffällt. Vor allem der Einbau
der Tür hat mir größere Probleme bereitet, als erwartet. Mal passte es
oben und unten nicht, dann als man es dort passend hatte, passte die
Zarge auf der Rückseite nicht mehr korrekt und sah schräg aus und
das setzte sich fort. Irgendwann habe ich dann entnervt aufgegeben
und die Passung so gemacht, dass sie von der Wohnungsseite her
schön aussieht und die unschönen Stellen sieht man nur, wenn man
die Sache aus dem neu entstandenen Kammerraum betrachtet. Aber
darin hält man sich ja kaum auf. Es entstand dort zwischen Türzarge
und Wand oben rechts ein unschöner Hohlraum, der dazu noch schief
ist. Immer wenn ich die Zarge so eingepasst hatte, dass es optisch auf
beiden Seiten schön aussah, bekam ich die Tür nicht mehr zu.
Vielleicht liegt das auch daran, dass Zarge und Tür gebraucht sind,
aus dem Abriss eines Firmengebäudes. Vielleicht ist doch etwas
verzogen, wenn man es so auf Anhieb auch nicht erkennt. Mit
provisorischem Zwischennageln von dünnen Hartpapierplatten habe
ich das weitgehend ausgleichen können, durch diese entstand dann
aber wieder eine leichte Falz in dem Bereich. Egal, so geht es und es
ist gut erträglich. Bei allen kleinen Problemchen, die ich hatte, muss
ich sagen, ist es mir insgesamt doch gut gelungen, dafür dass ich
solches zum ersten Mal selbst ohne fremde Hilfe gemacht habe. Ich
gewinne ohnehin immer mehr den Eindruck, je weniger Helfer man
beansprucht, um so besser wird die eigene Arbeitsleistung, auch wenn
es anfangs etwas länger braucht. Wenn einem andere ihre Ideen
aufquatschen wollen, dann wird das am Schluss nie so, wie man es
selbst haben will oder wie die eigenen Prioritäten liegen. Also ich
jedenfalls bin mit meinem Ergebnis hochzufrieden, wenngleich ein
Fachmann vermutlich die Nase rümpfen würde. Aber der Mensch ist
ja dumm und so habe ich erst nach Fertigstellung aller
Raumabtrennungen festgestellt, dass ich keine Stromleitung für
Steckdosen und Licht in den neuen Raum gelegt hatte. Für den Kühl-
Gefrierschrank und das Licht ist das aber zwingend notwendig, zumal
kein Fenster in dieser Kammer ist. Direkt die neue Wand anbohren
wollte ich nicht und über die Decke gehen konnte ich nicht, weil ich
die Gipsplatten durchgehend durch die Deckenabhängung gezogen
hatte, wegen der leichteren Befestigung an den in diesem Bereich
selbst angedübelten Holzleisten. So fand ich eine kleine Lücke
zwischen einer Außenwand und einer angesetzten Gipskartonplatte
und es fiel mir ein, dass ich im Keller noch einen Rest uraltes
Antennenkabel liegen hatte, welches so durchsichtig und flach ist. Das
passte mit viel Geschicklichkeit zwischen Außenwand und Platten und
so habe ich das zweckentfremdet und als Starkstromkabel für die
Steckdose und das Licht in dieser Kammer benutzt. Da es aber nur 2
Drähte hat, musste ich auf den sogenannten Schutzleiter verzichten,
der immer in die Mitte von der Steckdose kommt, der trägt zur
Funktion ja ohnehin nicht bei, wie ich festgestellt habe. Auch hier
würde ein Berufselektriker sicherlich nicht gerade vor Freude
aufleuchten, aber wann besucht mich schon mal ein Elektriker? Und
selbst wenn einer kommt, werde ich den sicherlich nicht gerade in
meine Kühlschrankkammer einladen.

An der Tür klingelte am Dienstag ein Versicherungsbetrüger, mit
einer Mappe in der Hand. Darauf ein Zettel, den er mich bat zu
unterschreiben. Ich müsse den angeblich unterschreiben, weil meine
Versicherungsgesellschaft umgezogen sei und deshalb alle
Kundendaten neu eintragen müsse, da am neuen Standort neue
Computer eingebaut wurden und die Daten nicht von den alten
übernommen werden konnten. Damit diese Daten neu eingetragen
werden könnten, müsste ich dazu meine Einwilligung geben, dass sei
heute aus Datenschutzgründen so erforderlich. Tatsächlich hätte er mir
auf diese Weise einen ungewollten Vertrag über eine seltsame
Prämienausfallversicherung angedreht. Ich habe ihm mit der Polizei
gedroht und da war er schneller weg, als ein Hund laufen kann.

Hier im Haus wohnt allerdings schon einiges an seltsamem Volk
zusammen. Die meisten kenne ich gar nicht. Aber nun lachte ich doch
sehr über die etwas eigenwilligen Methoden einer Frau aus dem
dritten Stockwerk. Sie schimpft schon länger darüber, dass in ihrem
WC die Heizung nicht genug Wärme spenden würde. Der
Hausbesitzer, der gewiss nicht zur üblen Sorte zählt, hat schon
mehrmals Fachleute bei der Frau antanzen lassen, die haben dann die
Heizung dort voll aufgedreht und immer gemessen, dass 22 Grad
erreicht wurden, sogar im Winter. Damit war das Thema abgehakt.
Die Frau will aber 25 Grad auf dem Klo haben, weil sie sich sonst den
Hintern abfriert, wie sie sagt, jedoch kein Vermieter ist verpflichtet,
die Heizanlage so ballern zu lassen, dass irgendwo 25 Grad erreicht
werden. Bei mir in der Wohnung schaffe ich zwar sogar 26 Grad
wenn ich will, aber das scheint vermutlich nicht in allen Wohnungen
im Haus zu gehen, es hängt vielleicht davon ab, an welcher Stelle man
im Heizungsstrang der Rohre liegt. Nun hat besagte Frau aus Protest
gegen das zu kühle Klosett sich schon mehrmals einfach in den
Treppenhausflur in ihrem Stockwerk gehockt und dort hin gepinkelt,
dann noch ein selbstgemaltes Schild daneben, welches auf die Urin-
Lache und den Grund dafür hinweist. Der Hausbesitzer fand's weniger
schön und droht ihr nun mit einer fristlosen Kündigung. Er hat schon
gesagt, sie könne sich ja zusätzlich einen kleinen Elektroheizer im
WC hinstellen, der dann noch für den Ausgleich der 3 Grad Differenz
sorgt, aber das will sie wegen der angeblich hohen Stromkosten nicht.
Dabei wäre es für alle teurer, wenn er im Keller die Heizbrenner so
einstellen lässt, dass über 25 Grad erreicht werden können, als die
paar Euro, die der Elektroheizer benötigt, um mal eben die 3 Grad
Differenz auszugleichen. Aber so was versteht die Frau nicht.

Fast jeder kennt Friseure, ich jedoch kann mir keine Geldausgaben für
solche nicht existentiell wirklich notwendigen Eskapaden leisten,
daher verdienen die an mir nichts. Kayla macht das mit einiger
Fingerfertigkeit recht gut. Bevor ich Kayla kannte habe ich es
manchmal selbst getrimmt, mit optisch eher mäßigem Erfolg oder ich
ging zu einer entfernten Bekannten, die so was nebenher machte. Vor
vielleicht 10 Jahren war ich zum letzten Mal bei einem echten Meister
der Haarkunst. Bis auf diese Tage. Es gibt jetzt eine neue Friseurkette,
die macht ihren eigenen Kollegen das Leben schwer. So eröffnete hier
diese Tage ein sogenannter Discount-Friseur, bei dem ein sogenannter
Herren-Schnell-Fassonschnitt stets den Festpreis von nur 5 Euro
kostet oder mit vorherigem Haare waschen 7 Euro. Letzteres ist wohl
sinnvoll, weil nasse Haare perfekter zu schneiden sind, wodurch das
Ergebnis besser wird. Trotzdem wäre ich eigentlich nicht bereit, auch
nur diese 5 oder 7 Euro dafür herzugeben. Am Eröffnungstag des
Ladens hieß es aber, dass jeder fünfte Neukunde einen solchen
Haarschnitt kostenlos bekäme. Dazu bekam jeder eintretende Kunde
einen Bon mit einer dreistelligen Nummer in die Hand gedrückt.
Morgens bei den ersten war dann per Zufallsgenerator eine dreistellige
Nummer zwischen 100 und 200 ermittelt worden, ab der mit dem
Zählen begonnen wird. Ab dieser unbekannten Zahl wurden dann
jeweils 5 aufaddiert und der Fünfte hatte dann das Glück umsonst
bedient zu werden. So dachte ich mir, es kann mich ja keiner dazu
zwingen, mir die Haare schneiden zu lassen, also stelle ich mich an,
bekomme ein Nummernzettelchen und bevor ich mit dem Haarschnitt
dran komme erfahre ich ja, ob dies umsonst geschieht oder nicht und
wenn nicht, dann drehe ich mich um und verlasse den Laden ohne
Haarschnitt. So gemacht, so geschehen. Da es früh am Morgen gar
nicht soviel Andrang gab, war ich nach weniger als 15 Minuten an der
Reihe und hatte doch tatsächlich auf Anhieb das Glück, einen
kostenlosen Haarschnitt, sogar nebst Waschen zu erhalten. So etwas
habe ich noch nie gesehen. Der Laden selbst war ein früherer
Supermarkt, also ziemlich groß im Vergleich zu dem, was man sonst
so als Friseursalon bezeichnet. In 2 langen Reihen befand sich ein
Friseurarbeitsplatz neben dem anderen, vielleicht 7 oder 8 Plätze in
jeder Reihe, also insgesamt 14 bis 16 Plätze im ganzen Salon.
Dahinter gab es Nischen mit Spiegeln und Föhnen, wo der Kunde
selbst Nachföhnen konnte, weil Föhnen nicht im Arbeitsumfang und
Preis enthalten ist, damit es schneller geht. Dort in der Nische Föhnen
kostete eine Schutzgebühr von zusätzlich 1 Euro, für die Benutzung
bis maximal eine halbe Stunde. Man konnte aber auch nach Hause
fahren und das dann dort selbst erledigen. Jedenfalls war ich
beeindruckt. Nun ergab es sich per Zufall, dass die Friseuse, die mich
bedienen sollte eine Behinderte war, weil man hier vielen Behinderten
eine berufliche Chance geben will. Ihre Behinderung bestand darin,
dass sie kleinwüchsig war. Ich war erstaunt, ich habe noch nie gehört,
dass eine Kleinwüchsige als Friseuse arbeitet. Man kann es sich nicht
vorstellen, weil man denkt, die kommt doch nie an die Köpfe der
Leute ran. Aber die schleppte immer eine fahrbare kleine
Treppenleiter mit sich und fegte den Leuten damit wie eine Akrobatin
um die Köpfe, dass mir die Sprache wegblieb. Man kam sich vor, wie
auf einem alten Flughafen, wo die Treppengangway an den Flieger
rangerollt wird. Aber alles viel schneller, Treppenleiter ran, rauf,
schneiden, runter, Treppe verschieben, wieder rauf, schneiden, runter
und das so wieselig, also ich sage, die Frau muss entweder nach einer
halben Stunde geschafft sein oder zum Bersten voll mit Energie sein,
um das durchzuhalten. Man hat ja im ersten Moment da doch etwas
Berührungsängste, ob man da nichts falsch macht oder etwas falsches
sagt, gegenüber dieser Behinderten. Aber die packte das gekonnt,
sauste wie der Wirbelwind um meinen Kopf und führte dabei noch
eine hochinteressante Konversation, also echt gekonnt und die Kleine
hatte ein breites Bildungsspektrum vorzuweisen, das bemerkte man.
Ich hätte mich nie getraut, zu fragen, wie groß oder klein die ist,
geschätzt hätte ich sie auf 1,30 m; das erste was sie sagte war, dass ich
damit wohl heute morgen nach dem Aufstehen auch noch nicht
gerechnet hätte, dass ich nun von einem laufenden Meter
siebenundzwanzig, also 1,27 m, den Kopf gestutzt kriege. Dann sagte
sie noch: „Keine Angst, ich bin sehr beständig und halte an meinen
Prinzipien fest, deshalb bin ich nächstes Jahr auch immer noch nur
1,27 m hoch." Irgendwie war diese Minifriseuse süß und ich fand sie
sogar recht hübsch, trotz ihrer Behinderung. Wissen Sie, meist haben
solche Kleinwüchsigen ja ein spezielles Aussehen, wie ein großer
Kopf auf kleinem dicken Rumpf oder so, die aber nicht, sie sah
irgendwie flott aus. Auch wusste sie perfekt mit ihrer Behinderung
umzugehen und ulkte selbst darüber, dass es gar keinem auch nur in
den Sinn gekommen wäre, damit ein Problem zu haben. Diese
Probleme entstehen ja sicher oft erst im Kopf des Nichtbehinderten,
weil man Scheu hat, etwas Falsches zu sagen oder mit einer falschen
Reaktion diese Leute zu beleidigen. So meidet man oft diese
Behinderten gleich, bevor man sich auf Fehler aus Unwissenheit
einlässt. Ich war aufs angenehmste überrascht und sichtlich platt, wie
man so sagt. Nach nur 8 Minuten war mein neuer kostenloser
Haarschnitt fertig und der war sehr gut gemacht. Weil ich so
angenehm überrascht war, habe ich der kleinen Meisterin dann 5 Euro
Trinkgeld gegeben, was mir in meiner finanziellen Situation nicht
leicht fällt, aber ich konnte nicht anders. Solch eine Leistung muss
man einfach würdigen, ich bin heute noch sprachlos. Das bedeutet
nicht, dass ich jetzt dort zum Stammkunden werde. Aus finanziellen
Gründen werden wir wohl vornehmlich weiterhin selbst Hand
anlegen, aber wenn ich vielleicht künftig einmal pro Jahr dorthin gehe,
dann werde ich ausdrücklich nach einem Haarschnitt von dieser
kleinen Meisterin verlangen.

Unter preisbewussten Menschen haben sich gute, kostensparende
Nachrichten sehr schnell verbreitet. So sagte mir diese Tage jemand,
dass eine Shell-Tankstelle oben in Zuffenhausen eine defekte
Zapfsäule habe, wo weniger Liter angezeigt würden, als wirklich
durchliefen. Man hält solche Aussagen zunächst für Unfug, weil heute
doch alles genau geeicht ist, jedoch da ich dies aber schon von 2
voneinander unabhängigen Leuten hörte, habe ich trotz des Fehlers
meinen Suzuki angeworfen und bin dorthin gefahren. Die Sache stellte
sich als Tatsache heraus. Eine ganze Säule war dort schon dicht
umlagert, während kaum jemand an den anderen Säulen tankte, der
Grund dafür lag auf der Hand. So habe auch ich mich dort eingereiht
und leider fasste mein Tank nicht sehr viel, weil ich seit der letzten
Betankung noch nicht sehr viel gefahren war, aber das Ding zeigte
beim Nachtanken eine Menge von 7 Litern an, obwohl ich mir absolut
sicher bin, dass es mindestens 12 Liter waren. Wissen Sie, ich fahre
den Suzuki immerhin so lange, dass ich an der Tankuhr ungefähr
abschätzen kann, wie viele Liter im Tank fehlen, wenn der Zeiger auf
halbvoll steht, das sind bei mir ziemlich genau 15 Liter und der Zeiger
stand auf halb voll. Auch die Zeit, die man zum Zapfen so braucht,
war für 7 Liter zu lange. Am nächsten Tag ist dann die Sache dem
Tankstellenpächter doch aufgefallen und diese Zapfsäule wurde erst
mal stillgelegt und wird wohl in den nächsten Tagen repariert.
Immerhin habe ich so noch einige Liter günstiger bekommen.

Das erinnert mich an einen Vorfall in einem Supermarkt vor sehr
vielen Jahren. Dort war eine große Menge von tiefgefrorenen
Hähnchen aus Versehen falsch ausgezeichnet worden. Das Stück für
29 Pfennige, anstatt 2,90 DM. Fast jeder Kunde war beladen mit
Hähnchen und diese Filiale hatte wohl den stärksten Hähnchenumsatz
aller Läden dieser Kette in diesen Tagen. Immerhin hat es damals 3
Tage gebraucht, bis es überhaupt aufgefallen war. Sogar die
Nachlieferungen sind immer noch falsch ausgezeichnet worden. Es
hieß später, der Grund dafür, dass es nicht früher auffiel war wohl der,
dass man ausländische Hilfskräfte mit der Preisauszeichnung betreut
hatte, denen die normalen Preise für solche Hähnchen nicht geläufig
waren und weil die Vorgabe falsch war, haben die den Preis-
Ettiketierer so eingestellt, wie es in dem Vorgabeblatt verlangt wurde,
ohne weiter darüber nachzudenken.

Der Busunternehmer will uns schon wieder den Mund wässrig
machen, indem er einige Computerausdrucke neuer
Restplatzverwertungen zusandte. So bietet er schon nächste Woche
eine 4-Tagesfahrt nach Wien und ins sogenannte Weinviertel an. 2
Restplätze für je 63 Euro einschließlich Übernachtung mit Frühstück
in einer Privatpension am Stadtrand von Wien. Weiterhin 2 Tage an
den Rhein, mit einer Übernachtung in Sankt Goarshausen, für je 20
Euro. Insgesamt gibt er derzeit 16 solcher Restplatzverwertungen
innerhalb der nächsten 3 Wochen an. Vorwiegend geht es dabei aber
in Städte. Dazu muss man wissen, dass verschiedene Industriebetriebe
zu seinen Hauptkunden zählen und er dort z.B. Fahrten zu
Schulungszentren, Weiterbildungen, Betriebsausflüge und vor allem
Bonusreisen anbietet. Viele Firmen bieten heute für ihre besten
Mitarbeiter als Belohnung für gute Geschäftsergebnisse Reisen an, das
sind diese Bonusreisen. Derzeit ist bei mir jedoch eisernes Sparen
angesagt und so schön die Reisen auch sein mögen, das kommt vorerst
nicht mehr in Frage. Vor allem muss ich erst abwarten, was mit dem
Suzuki wird. Der Wagen hat finanziell jetzt Vorrang vor jeder noch so
schönen Busreise und wie ich Ihnen schon irgendwann einmal sagte,
sind mir kurze Reisen mit dem Suzuki hier im Umkreis wichtiger, als
eine weite Reise mit dem Bus. Sie werden es selbst wissen, sparen ist
einfach, wenn man nicht auf schnelle Ergebnisse angewiesen ist,
sparen ist sehr schwierig, wenn man in kurzer Zeit einen hohen Betrag
damit erwirtschaften will. Selbst wenn ich 2 Monate nichts essen
würde, brächte es meinem Sparschwein trotzdem keinen Fettring um
den Bauch. Geld auf die Bank bringen? Das war einmal. Sehen Sie,
für 1 % Zinsen, oder manchmal noch weniger, ist mir der Weg zu
lästig und vor allem stelle ich für so wenig Gewinnbeteiligung den
Banken nichts von meinem Geld zur Verfügung, damit die noch daran
verdienen. Wenn die wenigstens 2 % herausrücken würden, wäre es ja
noch halbwegs in Ordnung, aber für das was man heute für die kleinen
Beträgen von vielleicht 1.000 Euro Einlage an Zinsen bekommt, dafür
kann ich es auch zuhause liegen lassen. In der Bank schnuppert Vater
Staat noch zusätzlich daran, was ich habe, nein danke. Da wächst in
mir der Widerwille, denen das Geld dafür zur Verfügung zu stellen,
auch mein Stolz wird dadurch zu sehr angekratzt. Sollen sie sich
andere Dumme suchen, die das tun.

In einem Supermarkt herrschte neulich ein Tohuwabohu. Ein Kunde
hatte einfach im Laden mit seiner Digitalkamera fotografiert, ohne den
Filialleiter zu fragen. Der mochte das aber nicht und die
Verkäuferinnen hatten den verständigt, als sie das sahen. Der
Filialleiter lief dem Fotografen nach und beschimpfte ihn, er möge das
sofort sein lassen und die Speicherkarte herausrücken, auf der die
schon geschossenen Bilder sind. Ich weiß nicht wie es ausgegangen
ist, jedenfalls standen die dann noch vor der Kasse und diskutierten
erbittert weiter, als ich abkassiert wurde.

Foto vom Einkauf im Laden: unerwünscht


Verwundert entdeckte ich gestern in meiner Post einen Brief aus
Granada. Vom Hotel Viena, in dem wir gewohnt hatten war der. Im
Brief war ein Gutschein für eine kostenlose Übernachtung für zwei
Personen und ein dreiseitiger Fragebogen in mehreren Sprachen, auch
in deutsch, wonach der Zufriedenheit u.s.w. gefragt wird. Es liegt ein
kostenloser Rückumschlag zur Beantwortung bei. Die Mühe des
Ausfüllens wird mit dem Gutschein für die kostenlose Übernachtung
im Zusammenhang mit einem künftigen Aufenthalt belohnt. Man
kann den Gutschein nicht einzeln einlösen, also nicht nur für einen
Tag dorthin fahren, mindestens muss man 3 Tage buchen, von denen
man dann nur 2 bezahlen müsste. Natürlich werden wir wohl kaum
nur zum Einlösen dieses Gutscheines extra wieder dorthin fahren, das
wissen die doch auch. Aber der Gutschein hat 2 Jahre Gültigkeit, so
bestünde immerhin die Möglichkeit, es später einmal zu nutzen. Aus
unserer Sicht kann ich nur sagen, dass wir mit dem Hotel zufrieden
waren, das ältere Ehepaar, welches ständig nörgelte, wird das
sicherlich anders sehen. Falls die auch solch einen Fragebogen
erhalten, dann werden denen vermutlich die 3 Seiten nicht ausreichen,
um alle Kritikpunkte loszuwerden. Zudem legt das Hotel einen
Sonderprospekt bei, der ankündigt, dass der Betreiber ab August ein
zweites Hotel in Granada eröffnet, einen kompletten Neubau am
Stadtrand, mit großzügigen Parkplätzen, Allwetterterrasse und
eigenem Pool. Das alte Haus in der Stadt, in dem wir waren, bleibt
aber ebenfalls erhalten und so können sich künftige Gäste aussuchen,
ob ihnen die zentrale Zentrumsnähe oder der neue Komfort gekoppelt
mit landschaftlich reizvoller Lage wichtiger ist. Die Zimmerpreise
sollen in beiden Häusern gleich sein. Das Haus in dem wir waren, war
aber auch keine alte Bude, innen war alles modern und ich glaube, das
Gebäude selbst wird dem Stil nach vielleicht 1965 gebaut worden
sein. Die Hoteliers tun also etwas, um das Publikum bei der Stange zu
halten. Haha, das bereits erwähnte Mecker-Ehepaar hatte sich nun
auch noch schriftlich beim Busunternehmer beschwert. Das Hotel
wäre schlecht ausgewählt gewesen und die in meinem damaligen
Schreiben an Sie erwähnten Probleme haben sie auch alle aufgelistet.
Der Sohn von dem Busunternehmer, der bei seinem Vater selbst auch
als Busfahrer arbeitet, erzählte mir das. Man fragt sich, was sich
solche Leute vorstellen. Die verreisen für rund 130 Euro pro Person
für 9 Tage nach Granada, erwarten aber dass man ihnen vor Ort noch
die Füße küsst und ihnen einen Service bietet, wie bei einer Reise für
10.000 Euro. Die haben entweder keine Relation mehr zwischen Preis
und Leistung oder sie sind einfach nur unverschämt.

Für heute muss ich aufhören. Da Kayla wieder im Stress ist, mit Ihrem
Dolmetscherjob, muss ich nun noch einige Lebensmitteleinkäufe
erledigen. Ich hasse es wie die Pest, spät nachmittags einzukaufen,
dann sind immer alle so hektisch. Am liebsten gehe ich morgens oder
gegen Mittag, aber spätestens bis 15 Uhr. Ich muß nun hasten, sonst
gerate ich zu spät und gelange in den verhassten Nachmittagstrubel.
Bis demnächst alles Gute, Ihr

Egbert Lappenkeuler


Beitrag 2

Lappenkeuler - Brief / Email „Die Rache der Extravaganz" vom 27.04.2005

Erfrischende Grüße.

Wo fange ich an? Es gibt so vieles zu berichten, was alleine in den
letzten wenigen Tagen vorgefallen ist, dass ich nicht weiß, wo ich
beginnen soll.

Vielleicht beginne ich zuerst mit meinem Autoproblem, Sie wissen,
ich berichtete über Startprobleme im warmem Zustand. Inzwischen
konnte ich meinen Suzuki zu meinem Autobekannten bringen. Die
ganze Angelegenheit stand zuerst unter einem schlechten Stern. An
diesem Tag goss es hier wie aus Kübeln. So fuhr ich los und stellte bei
dieser Fahrt gleich ungewollt einen weiteren, mir bislang unbekannten
Mangel fest, nämlich dass es bei starkem Regen in den Suzuki
reinregnet. Es drückt sich an der Windschutzscheibe unten links
Wasser durch, aber wirklich nur bei richtig starkem Regen, nicht bei
einer normalen Schauer. Aber dieses Problem wäre für sich
genommen noch keines. Also mein Bekannter hat dann nach dem
Grund für die Warmstartprobleme und die miserablen Abgaswerte
gesucht. Dabei stellte er fest, dass ein Zylinder des Motors nicht
korrekt arbeitet. Während die anderen fröhlich weiterarbeiten, trägt
dieser nur noch wenig zu Leistungsentwicklung bei. Nun ist mir am
Leistungsverhalten nichts aufgefallen, aber da ich ihm nur selten
Höchstleistungen abverlange, will das nichts heißen. Alles deutete auf
einen Motorschaden, zwar keinen mit spektakulärem Totalausfall,
aber doch einen Motorschaden. Sie können sich vorstellen, wie mir
zumute war, wo ich doch gerade so froh über die wiedererlangte
Mobilität mit dem Suzuki war und zudem derzeit kein Geld hätte, mir
einen brauchbaren anderen Wagen zu kaufen. Der genaue Grund blieb
aber noch im Verborgenen. Der Tag neigte sich dem Ende zu und ich
musste meinen bislang treuen Gesellen aus Japan dort zurücklassen
und nach Hause gehen. Am nächsten Tag sollte die genaue
Fehlersuche weitergehen, dann aber ohne meine Anwesenheit, weil
ich ausgerechnet am gleichen Tag den blöden Termin im
Schwabenzentrum hatte. Dazu später. Spät nachmittags bin ich dann
am Folgetag wieder zu dem Autobekannten und auf seinem spärlichen
Innenhof stand schon mein Suzuki. Was soll ich Ihnen sagen, fertig
repariert, fahrbereit und das für einen Gesamtpreis von 180 Euro!!!
Ich hätte Himmel, Erde und alle Planeten umarmen und küssen
können. Wenn Sie den Grund für den vermeintlich bösen Fehler
hören, dann verlieren Sie den Glauben an jede moderne Technik. Eine
simple Zündkerze war entzwei. Sie hatte einen Haarriss im Material,
wodurch der Kompressionsdruck des betroffenen Zylinders an ihr
teilweise entweichen konnte. Zünden tat die wohl noch, nur ging eben
so der wichtige Druck verloren, dadurch keine saubere Verbrennung
und hohe Abgaswerte, weniger Leistung, mehr Gestank und im
warmem Zustand schlechtes anspringen, da sich diese Undichtigkeit
im kalten Zustand wohl zusammenzog und weniger undicht war, als
im warmem Zustand. Mein Autobekannter sagte, dass dies bei den
hier eingebauten billigsten Supermarkt - Zündkerzen einer
unbekannten Marke gar nicht einmal so selten wäre. In seiner
langjährigen Berufspraxis sei dies sicherlich schon der achte Fall, der
ihm untergekommen sei, wobei sich derartige Fälle vor allem in den
letzten 5 Jahren gehäuft hätten. Er riet daher davon ab, am falschen
Ende zu sparen und lieber für 40 Euro einen kompletten Satz
Qualitäts-Zündkerzen von Bosch, Champion oder Beru zu kaufen,
anstatt hier 20 Euro sparen zu wollen und im Supermarkt
irgendwelchen Schrott zu erwerben. Bei diesen Markenkerzen hätte er
solche Fälle noch nie erlebt und ich könne froh sein, dass an den
Billigkerzen nicht sogar irgendwelche Teile abgeplatzt und in den
Verbrennungsraum gefallen wären, was dann zu einem echten dicken
Motorschaden geführt hätte. Ich muss zugeben, diese Billigkerzen
hatte ich schon im letzten Jahr der Susi spendiert, im Glauben, dem
Wagen mit neuen Kerzen Gutes zu tun. Ich hatte für alle Kerzen
zusammen damals noch keine 12 Euro ausgegeben. Das passiert mir
nicht noch einmal, künftig gibt es nur noch Bosch oder Champion. So
hat der Bekannte alle Kerzen gleich erneuert und auch ein weiteres
Problem mit dem Bremszylinder vorne rechts stellte sich als leichter
lösbar heraus. Der brauchte nicht ganz erneuert zu werden, es war nur
eine wulstige Gummimanschette gerissen. Zum Glück gab es die noch
als einzelnes Ersatzteil, da dieser Bremszylinder mit dem von einem
weiter verbreiteten Toyotaauto identisch ist. Die Undichtigkeit an der
Windschutzscheibe konnte er nicht reparieren, wobei ich ihm auch
schon gesagt hatte, dass er das nur machen solle, wenn es für sich
genommen einen geringen Aufwand bedeute, der kostenmäßig unter
20 Euro läge, da die Wassermengen sehr gering sind, die dort
eindringen und auch nur bei Starkregen. Dann kann ich ja zur Not
auch aufs Autofahren bei solchem Wetter verzichten, sofern man nicht
gerade unterwegs von solchem Wetter überrascht wird. Er sagte, dass
dort wahrscheinlich diese Gummiumrandung innen gerissen sei und so
ein Verbindungskanal von äußerer Gummidichtung zur inneren
Gummidichtung entstanden sei. Um das wirklich fachmännisch zu
beseitigen, müsse eigentlich die ganze Frontscheibe raus und mit einer
neuen Dichtung wieder eingesetzt werden. Das würde mindestens 3
Stunden Arbeit machen und wenn man Pech hat, geht dabei noch die
Windschutzscheibe entzwei und dann wird's richtig teuer, wenn man
sie für dieses Modell überhaupt noch bekommt. Die Form des Suzuki-
Alto ist ja noch die alte Form, die schon seit 1995 so nicht mehr
gebaut wird. Die späteren Nachfolger haben andere Scheiben. Er riet
dazu, die vermutete Stelle von außen einfach mal weitflächig mit
Silikon abzudichten, obwohl der Erfolg davon fraglich ist, weil sich
das Regenwasser unter dem Druck des Fahrtwindes überall entlang
presst. Aber ein Versuch ist es sicher wert und solch eine
Silikonkartusche gibt's ja schon für 3 Euro und man kann's selbst
machen. So bin ich sehr froh, dass es derart preiswert über die Bühne
ging. Obwohl Kayla schon in den Startlöchern stand und sich bereits
umgesehen hatte und einen gebrauchten VW-Golf-Diesel von 1997
für 4.200 Euro ausgesucht hatte, den sie auf ihren Namen erwerben
wollte, um ihn dann mir zur Verfügung zu stellen. Ein sehr gut
erhaltener Wagen, aber erstens kennen Sie meine Ansicht, dass ich
mich von Kayla nicht aushalten lassen möchte und zweitens hänge ich
sehr an dem Suzuki, weil er mir etwas wiedergegeben hat, was ich
schon für immer verloren glaubte, die uneingeschränkte Mobilität.
Das ist nicht einfach nur ein Auto für mich, obwohl ich weissgott kein
Autonarr bin und ihm sicherlich auch nicht übermäßig viel Pflege
zukommen lasse. Kayla hat sich da zwar eine Konstellation zurecht
gelegt, mit der auch ich leben könnte, indem sie sich auf ihren Namen
einen Wagen von ihrem Geld kauft, der also voll in ihrem Besitz
bleibt, der aber von mir gefahren wird, weil sie ja noch keinen
deutschen Führerschein hat. Ich würde dann sozusagen als ihr
Chauffeur fungieren. Ganz weg ist Kayla von diesem Gedanken auch
noch nicht, nur auf die jetzige billige Weise möchte ich in jedem Fall
den Suzuki behalten. Es wird wenig Sinn machen, zwei Autos zu
unterhalten, obwohl Kayla es sich derzeit problemlos leisten könnte,
aber ich kann ja nur mit einem Auto fahren. Kayla hat in dieser Sache 
durchaus ihren eigenen Kopf und man kann ihr das nicht so leicht
ausreden. Zudem geht sie felsenfest davon aus, dass es ihr innerhalb
des nächsten halben Jahres gelingt, einen auch in Deutschland
gültigen Führerschein zu machen. Sie hat sich bereits in einer
sogenannten Ferienfahrschule angemeldet. Das ist eine Fahrschule,
bei der man wie in einer richtigen Schule täglich mehrere Stunden
unterrichtet wird und so im günstigsten Fall nach zwei bis drei
Wochen Intensivkurs den Führerschein schon bekommt. Man sollte
aber nie den Tag vor dem Abend loben und bei den heutigen
Fangfragen, die oft ein eigenwilliges Bewertungssystem haben, würde
ich es nie wagen, vorher schon zu sagen, den Führerschein kriege ich
mit absoluter Sicherheit. Sie sieht das etwas anders. Sie hat sich da
schon einige Fachbücher gekauft und büffelt bereits eifrig die
deutschen und europäischen Verkehrsregeln. Nun ist sie kein blutiger
Anfänger, in Thailand hatte sie schon einen Führerschein, der dort
aber mehr nur eine abgestempelte Karte von einer Behörde ist, wobei
es genügt, dass man zuvor 5 Fahrstunden bei einer staatlich
zugelassenen Fahrschule nachweist, wohlgemerkt ohne Prüfung, der
Nachweis diese Fahrschule besucht zu haben genügt. Es gäbe sogar
schwarze Schafe unter den Fahrschulen, die das gegen Geldzahlung
bestätigen würden, ohne dass ein Fahrschüler überhaupt dort war. Sie
habe aber die 5 Pflichtstunden voll gemacht, allerdings danach nie ein
Auto besessen, das wäre dort finanziell nicht denkbar gewesen. Dafür
habe sie jahrelang Moped gefahren, was ich mir irgendwie lustig
vorstelle, Kayla auf dem Moped. Nur ab und zu habe sie für einen
Verwandten mit einem Toyota-Kleinbus dort Eier zu einem Markt
gefahren. Also fahren kann sie, das habe ich auf einem
Verkehrsübungsplatz schon mal mit ihr getestet, wenn auch durch die
lange Enthaltsamkeit kleine Mängel auftreten, die sich im Alltag
sicher schnell abschleifen. Nun der besagte VW-Golf, den sie kaufen
will, der ist jetzt günstig zu haben und unser Autobekannter hat den
schon mal auf Herz und Nieren geprüft und trotz einer Laufleistung
von beachtlichen 170.000 km für sehr gut und kerngesund befunden.
Er sagte, mancher Wagen mit 60.000 km auf dem Tacho wäre
verschlissener, als dieser VW-Golf. Auch hat der den TÜV und die
Reifen neu. Trotzdem fände ich es wenig sinnvoll ihn jetzt schon auf
Vorrat zu kaufen, denn Gebrauchtwagen bekommt man zurzeit
überall, obwohl wie uns schon aufgefallen ist, gibt es eine Schwemme
bei Wagen ab etwa 5.000 Euro aufwärts, jedoch Autos zu finden, die
in unserem Sinne wirklich billig und dann auch noch gut sind, ist doch
nicht immer ganz so einfach. Alles ist eine Standpunktfrage. Ich kann
kein Auto, welches über 5.000 Euro kostet als billig bezeichnen, auch
wenn es vielleicht vor 4 Jahren neu mal 30.000 Euro gekostet hat. Ein
billiges Auto fängt bei mir unter 2.500 Euro an, vielleicht mit viel
Wohlwollen auch noch bis 3.000 Euro. Gut, Kayla sieht das
inzwischen schon etwas anders, weil sie ja auch mehr Einkommen hat,
trotzdem möchte auch sie keinen teuren Schlitten, aber sie ist da
durchaus bereit bis 5.000 Euro auszugeben, wenn es denn soweit ist.
Sie möchte vor allem kein asiatisches Auto, weil es die zur Genüge
schon in ihrer alten Heimat gab. Sie will am liebsten einen deutschen
Wagen oder vielleicht noch einen französischen ließe sie gelten. Und
sie hasst schwarze Autos wie die Pest, obwohl die Farbe ja nichts über
die Qualität aussagt. Schwarz wäre für mich zwar auch nicht gerade
eine Traumfarbe, aber wenn der Wagen sonst ok ist, wäre es mir
relativ egal, obwohl alle anderen Farben mir auch lieber sind. Soviel
also zum für mich nun freudig gelösten Autoproblem. Aus Freude
über diese Sache werden wir in den nächsten Tagen umfangreiche
Ausfahrten mit dem Suzuki unternehmen, zumal Kayla das initiiert hat
und 50 Euro fürs Tanken auslobte.

Jetzt zur nächsten Sache, Abteilung Tollhaus. Sie ahnen schon was
kommt. Ich sage nur Behörden! Wie verlangt gehe ich am 21. dorthin,
Zimmer 706 im siebten Stock, rechter Seitentrakt, Frau Hornbach. Im
Flur stehen vor diesem Zimmer 2 Stühle, die schon von einer älteren
Dame und einem schmierigen, versifften Typen um die 40 mit
schmalem Oberkörper, dickem Bierbauch und schütteren, extrem
fettigen Haaren besetzt sind. Da es 10 Uhr ist und ich für 10 Uhr die
Vorladung habe, klopfe ich an die Tür. Das führt schon dazu, das der
schmierige Typ zu schimpfen beginnt, ich wäre noch nicht an der
Reihe. Da trotzdem ein Herein ertönt, trete ich ein und stelle mich der
dort sitzenden Dame vor. Die sagt gelangweilt, ich solle im Flur
warten, bis ich aufgerufen würde. So mache ich das dann. Siehste!,
sagt der Schmierige. Die ältere Dame liest einen Groschenroman, der
so aussieht, als stamme er von 1950, total gelb und zerfleddert. Alle
paar Minuten greift sich der Schmierige in den Schritt und rappelt an
seinem Spielzeug herum. Ein eigenartiger Kauz. Dann rotzt er in den
Flur, einfach auf den Boden. Die Dame betrachtet ihn daraufhin
missmutig und schimpft leise. Der motzt darauf zurück, so etwas wie:
„Feine Tante, was?" Sie schüttelt darauf nur fassungslos den Kopf.
Dann erklingt aus einem Lautsprecher, der über der Tür hängt, ein
Gong und der Name Frau Heprova oder so ähnlich. Darauf springt die
romanlesende Frau auf und hetzt zur Tür rein. So kann ich mich des
zweiten Stuhls bemächtigen und setze mich dorthin. Der Typ bohrt
sich intensiv im Ohr und schnippt die dabei gewonnenen Dreckstücke
in den Flur, ein ekelerregender Kerl, der zudem meilenweit gegen den
Wind stinkt, als habe er von der Erfindung der Dusche oder des Bades
noch nie etwas gehört. Nach kurzem kommt die Frau wieder raus und
dann ertönt im Lautsprecher: Herr Lappenkeuler, bitte! Der
Schmierige explodiert fast auf seinem Stuhl und brüllt lauthals, dass er
schon wesentlich länger dort sitze und zuerst dran wäre. Da ich
gerufen wurde, trete ich ein. Ich sitze noch nicht ganz auf dem Stuhl,
den mir die Frau Hornbach in ihrem Büro anbietet, da kommt der
Schmierige ebenfalls zur Türe herein und schimpft sehr lautstark, dass
er ein längeres Anrecht habe, weil er schon länger warte. Die Frau
Hornbach erklärt ihm, dass es ihre Sache sei, wie sie die Leute aufrufe
und da sein Fall längere Zeit beanspruche, habe sie eben mich
vorgezogen. Nachdem der Fiesling wütend die Tür zugezogen hatte
und Ruhe gab, suchte Frau Hornbach in ihrem Computer herum. Frau
Hornbach, das war eine auf den ersten Blick etwas unscheinbare,
mittelblonde Frau, mit einem leichten Hang zur Stämmigkeit, aber
keinesfalls dick, und fast busenlos, sagen wir mal, eine eher etwas
seltene Konstellation. Meist hat man bei etwas robusteren Frauen auch
viel Brustwerk davor, aber die hier hatte praktisch gar keinen Busen,
was mich bekanntlich nicht stört, da ich kein Busenfetischist bin.
Kayla ist, wie ich schon mal anführte, da ähnlich bestückt, nur dass
Kayla im Gegensatz zu ihr extrem schlank ist, wobei diese
Konstellation ja wieder eher vorkommt, aber egal. Diese Frau
Hornbach behält gerne alle Zügel in der Hand und gibt das
Kommando vor, das bemerkte man sofort, allerdings ohne dabei
unfreundlich oder gar widerlich zu werden, jedenfalls auf mich
bezogen. Jedoch darum geht es ja nicht. Nun wurde es für mich
spannend. Was sollte ich überhaupt hier? Sie sagte, dass man
festgestellt habe, dass ich eine Erhöhung des Alg 2 - Geldes erhalte,
wegen gesundheitlicher Mehraufwendungen. Nun wollte sie wissen,
worin diese Mehraufwendungen genau bestehen, da sie das den
Unterlagen nicht habe entnehmen können. Immerhin beträgt dieser
Mehrbetrag rund 260 Euro pro Monat, die ich über Alg 2 -Niveau
deswegen erhalte. Da ich mir hier nicht den Mund verbrennen wollte,
sagte ich zu ihr, dass sie sich deshalb mit meinem Facharzt
auseinandersetzen soll, da ich die fachlichen Begründungen nicht so
geben könne, wie der. Nun praktiziert der ja schon seit längerem in
Potsdam, ist also gar nicht mehr so leicht zu erreichen. Die Frau
Hornbach meinte dann, ich müsse doch wenigstens Anhaltspunkte
aufzählen können, die für eine Mehrbelastung sprechen. Dann habe
ich erst einmal gesagt, dass ich häufig zu Nachuntersuchungen müsse,
wobei häufig natürlich eine Auslegungssache ist, ich muss dort
halbjährlich hin. Dann erklärte ich ihr, dass Medikamente und gewisse
Übungen und dergleichen neben anderen fachlichen Dingen
notwendig wären, die ihr aber der Professor sicher noch näher erklären
wird. Dann fiel mir mein altes Gutachten von dem Professor ein,
welches ich ja noch zuhause liegen habe. So vereinbarten wir, dass ich
das mitbringe und sie davon eine Kopie ziehen könne. Da sie das dann
aber nicht irgendwann in weiter Ferne haben wollte, sondern sofort,
um den Vorgang vom Tisch zu bekommen, konnte ich zwischendurch
nach Hause fahren und diese Unterlagen holen, was lästig war, weil
mein Wagen ja zu dieser Zeit noch in der Werkstatt weilte. Nach gut 2
Stunden war ich wieder mit den Unterlagen zurück. Als ich im Flur
vor dem Zimmer 706 eintraf, saß der schmierige Typ immer noch dort
und verzweifelte bald, der war bislang immer noch nicht dran
gekommen und jetzt wurde ich schon wieder vor ihm reingerufen.
Inzwischen brüllte er lautstark durch den Flur, dass er alle
Angestellten dort ermorden werde und anschließend das
Behördenzentrum in Schutt und Asche lege und dass alle dort
Dreckschweine wären. Ich hatte den Eindruck, dass er inzwischen sich
einen hinter die Binde gekippt hatte und nun betrunken war.
Vermutlich hatte er einen Flachmann dabei. Die Frau Hornbach war
da eiskalt und erläuterte mir, je mehr Terz der da draußen macht, um
so länger wartet der und wenn er morgen oder übermorgen noch mal
wieder kommen muss, solange, bis er seine Lektion gelernt und
begriffen hat. Sie kopierte sich dann meine Arztunterlagen und
überflog die dabei auch gleich. Danach sagte sie, dass sie eine
Überprüfung durch den ärztlichen Dienst der Behörde nicht für
notwendig erachte, da der Professor ja eine in Stuttgart anerkannte
Koryphäe sei und sein Gutachten nicht anzuzweifeln ist. Nun arbeitet
der Professor schon seit längerem in Potsdam, aber sein guter Name
schallt wohl auch heute noch nach, mein Glück. Dann sortierte die
Frau Hornbach ein paar grüne Karten aus einer Schublade, stempelte
die ab, rollte sie fein säuberlich zusammen und stopfte sie in eine
Rohrpost, wo sie mit einem satten Flopp-Husch verschwanden. Schon
seit unzähligen Jahren habe ich keine Rohrpostanlage mehr gesehen
und glaubte, es würde gar keine mehr geben, doch hier war noch eine.
Dann füllte sie eine Din-A5-große Pappkarte, zitronengelb mit blauem
Rand aus und reichte mir die rüber. „Damit gehen sie in Raum 722
und legen das dort bei der Frau Leduc vor, das ist wenn sie hier raus
kommen rechts runter der letzte Raum hier im Flur vor der Querwand
auf der rechten Seite.", sagte sie freundlich und verabschiedete sich
gleich von mir. So ging ich rüber in besagten Raum. Ich klopfte dort,
aber es folgte keine Antwort. So wiederholte ich das einige mal, ohne
Erfolg. Dann trat ich einfach so ein. Ein enges Büro mit einem alten
holzfarbenen Rollo-Schreibtisch auf dem ein moderner Computer
stand und daneben eine Art Registrierkasse, aber keiner war da. So
ging ich wieder raus. Als ich gerade wieder draußen im Flur vor dem
Raum stand, kam eine zierliche Person mit struppigen rotblonden
Haaren und spitzer Nase herangeeilt. „Ich bin Frau Leduc", sagte sie,
„ und sie haben eine Leistungs- und Wertigkeitskarte?" Eine Karte ja,
gelb-blau, aber wie die sich nennt, weiß ich nicht, erwiderte ich. Sie
nahm die Karte an sich, überflog die, tastete etwas in ihren Computer
ein, danach rappelte automatisch diese Registrierkasse und sie
entnahm dort 6,20 Euro und reichte mir das Geld rüber. Ich wusste
nicht, was das sollte und stutzte. Sie sagte dann, das wäre mein
Fahrgeld zur Beschaffung von Unterlagen. Also diese
zwischenzeitliche Heimfahrt, um dieses Gutachten zu holen, wurde
mir mit 6,20 Euro vergütet. Die eigentliche Fahrt hierhin und zurück
nicht, dazu ist man verpflichtet, aber die gesonderte Fahrt zum Holen
der Unterlagen. Ob es diese 6,20 Euro dafür gibt, das entscheidet die
Sachbearbeiterin, also in diesem Fall Frau Hornbach. Davon hatte die
Frau Hornbach mir nichts gesagt. So nahm ich gerne das Geld an und
konnte dann gehen. Damit war für mich der Fall erledigt ohne dass es
ansonsten irgendwelche negativen oder positiven Auswirkungen hatte.
Fast ein ganzer Tag war dafür aber drauf gegangen und so richtig weiß
ich bis heute nicht, wozu das Ganze gut sein sollte. Vermutlich dachte
sich die Verwaltung, mir bei fehlender Beweiskraft für die
Mehraufwendungen, diese ersatzlos streichen zu können und so pro
Jahr immerhin 3.120 Euro zu sparen. Das dann hochgerechnet bei
vielleicht mehreren tausend Sohis wird sich schon lohnen. Ein
Briefwechsel hätte zwar den selben Zweck erfüllen können, aber nein,
man wird natürlich vorgeladen. Sie wissen ja, wie das ist. Am Schluss
ist man dann froh, wenn man es hinter sich hat und es wenigstens
keine negativen Auswirkungen hatte. Man kämpft sozusagen um jede
Nullrunde.
Soweit der amtliche Teil dieses Behördengangs.
Als ich danach vergnügt die Treppen hinabstieg, vergnügt weil ich
damit dieses ungewisse Kapitel der Behördenmechanik mal wieder
erfolgreich hinter mich gebracht hatte, traf ich im ersten Stock auf
einem Treppenabsatz auf einen jüngeren Mann, der dort kauerte und
scheinbar sehr verzweifelt war. Gut, Verzweiflung in Behörden ist
heute gewiss nichts besonders und die hier können einen schon
dorthin bringen. Normalerweise schere ich mich nicht um fremde
Leute, aber als ich von oben die Treppen so langsam herabschlenderte
erfasste mich sein Blick schon von weitem. Er durchbohrte mich,
wahrscheinlich weil ich hier in einem Behördenhaus so fröhlich
herumpfeifend die Treppe runterkam. Sein Blick war hohl, verzweifelt
und von Angst befallen zugleich. Seine Augen wirkten, wie 2 riesige
schwarze Löcher, die vor Angst nach innen in den Kopf gefallen sind.
Mir blieb das Pfeifen im Halse stecken und ich wusste nicht, ob ich
überhaupt irgendwie auf diese armselige Gestalt reagieren soll, oder
ob ich lieber schnell und schweigend vorbei husche. Zu spät. „Wir
sind doch alle Nichts! Wir existieren überhaupt nicht, nur wir selbst
haben das noch nicht bemerkt!", jammerte er, wobei er mich weiter
bohrend ansah und mit den Händen fuchtelte. Ich schätzte den auf
ungefähr 27 bis 30 Jahre, er sah zerrupft, aber trotzdem nicht
ungepflegt aus, eine andere Beschreibung fällt mir dazu nicht ein.
Nach einem kurzen Verharren, antwortete ich ihm mit der Frage, wie
er denn darauf käme. Er schüttelte dann lange den Kopf, wiederholte
die gleichen beiden Sätze, nur jetzt schneller und lauter gesprochen,
wobei seine Stimme richtig zitterte. Ich dachte mir schon, der hat
einen Sprung in der Schüssel und lieber schnell weiter, bevor man
noch in etwas verwickelt wird. „Ja, gehen sie nur, mich gibt es ja gar
nicht. Ein Beweis für meine Theorie. Ich sitze auch hier gar nicht und
mir geht es blendend, ich habe eine nette Frau, ich habe zwei
zuckersüße Kinder, ich habe Arbeit, ich habe Geld, ich habe eine
Wohnung, ich habe ein Auto, ich bin gesund, hahahahahaha!", fauchte
er dann, als ich schon einige Stufen weiter nach unten an ihm vorbei
gegangen war. Im Hinterkopf hatte ich ehrlich gesagt mehr meinen
Suzuki, als dessen Probleme. Ein Fremder. Ein Fremder mit
Problemen im Behördenhaus, das ist doch völlig normal hier. Würde
ich mich um jeden kümmern, der zu den Behörden mit Problemen
hinkommt, dann müsste ich a bei mir selbst anfangen und b zu
mindestens 80 % aller Besucher hier hin laufen und mich um die
kümmern. Ein völliges Unding. Und die Rolle des Seelentrösters für
Fremde liegt mir sowieso nicht, schon gar nicht für Männer. Wäre es
eine hübsche Frau gewesen und hätte ich Kayla nicht, wäre es etwas
anderes gewesen, aber so? Soll ich mir dessen Problemwelt auch noch
zueigen machen? Nein Danke, Probleme habe ich selbst genug,
wenngleich ich meine momentane Situation insgesamt als erfreulich
betrachte, da gab es weitaus schlimmere Zeiten. Nun sind eben andere
dran, mit den ganz schlimmen Zeiten. Wer weiß was morgen auf mich
zukommt und dann wird dieser Trübsalsjünger mir sicher nicht bei
deren Bewältigung helfen. Trotzdem bewegte mich ein innerer
Automatismus dazu, in meinem Abwärtsgang langsamer zu werden
und noch mal den Blick zu diesem jammernden Wurm zu wenden.
Gleich streckte er die Hände zu mir aus und rief: „Helfen sie mir!
Helfen wenigstens sie mir!" So persönlich angesprochen, hielt ich in
meinem Gang kurz ein und fragte ihn, was ihn den belaste. Dann zog
er sich mindestens zwei Minuten lang an meiner Wortwahl hoch.
„Belaste, belaste, was mich belastet, welch eine dumme Frage!",
maulte er jetzt lautstark und richtig widerlich. Da beschloss ich nun
doch weiter zu gehen, ohne mir seine Probleme anzuhören, was ich
ohnehin besser gleich gemacht hätte. Wenn einer einerseits nach Hilfe
ruft, aber dann andererseits so ekelhaft darauf reagiert, wenn man
doch auf ihn eingeht, dann hat er keine Hilfe verdient und sie mit
Sicherheit auch nicht wirklich nötig, denn sonst würde er das nicht
tun. So ging ich also weiter die Treppe runter. Dann tobte er, dass er ja
gleich gesagt habe, dass er für niemanden existieren würde, er wäre
allen Menschen völlig egal oder die meisten nehmen ihn erst gar nicht
war, als bestünde er aus Luft. Ich dachte mir, lass den Doofmann
ruhig reden, und ging unverminderter Geschwindigkeit weiter nach
unten. Als ich beim nächsten Treppen-Zwischenpodest ankam, traf
mich plötzlich ein harter Gegenstand ziemlich kräftig an der rechten
Schulter. Es schmerzte ein wenig, aber mehr erschrak ich, als es
schmerzte. Da hatte dieser Idiot mir doch von oben eine kleine
Eisenplatte in den Rücken geworfen, die er aus der Verkleidung einer
Zwischentür herausgepult hatte. Zugleich rief er nun vor Wahn
lachend herunter: „Hahahaha, na ich existiere wohl doch, hahaha, du
Arschloch!" Wissen Sie, ich rege mich nicht schnell auf und neige
schon gar nicht zu Gewalttätigkeiten, aber alles hat seine Grenzen. So
hielt ich ein, bin zu dem zurück und habe ihm seine Eisenplatte ins
Gesicht geworfen, daraufhin blutete er an der Backe, weil eine scharfe
Kante ihn getroffen hatte. Während er daraus ein Palaver machte, als
würde er nun wie ein ausgeweidetes Tier verbluten, ging ich jetzt
seelenruhig und wieder frohen Mutes pfeifend weiter, so wie ich
anfangs auch gekommen war. Attacken auf mich lasse ich mir nicht
gefallen, mich schlägt oder tritt man nicht. Beschimpfen, da kann man
weg hören, aber schlagen oder sonst wie körperlich angreifen lasse ich
mich nicht, das war schon immer so. Selbst wenn das von Leuten
geschieht, die viel kräftiger sind als ich, gegen die ich körperlich keine
Chance hätte, dann zahle ich das denen doppelt und dreifach heim.
Bei stärkeren Leuten natürlich nicht sofort, sondern später, auf meine
Weise. Ich kann in solchen Fällen richtig gemein und heimtückisch
werden, das traut mir keiner zu. Hier der Fall war nicht so. Diesen
Typen hätte ich trotz meiner Gesundheitsprobleme noch mühelos aus
dem Hemd gehoben, wenn der mir gegenüber noch weitere Angriffe
versucht hätte. Ich verstehe auch nicht, wieso der das gemacht hat.

Sozusagen zum Dank dafür, dass der Suzuki wieder so schön läuft,
haben wir am letzten Samstag eine sehr ausgedehnte Fahrt damit
gemacht. Wir sind mal durchs Neckartal rauf gefahren, zuerst bis
Heilbronn und dann dort halbrechts weg in nordöstliche Richtung nur
über kleine und kleinste Straßen, die mehr an einen aus Versehen
asphaltierten Feldweg erinnern mochten. Ortsnamen die gleichsam
selten wie komisch klangen lagen am Weg, Amorbach, Oedheim,
Hösselinshof, Baumerlenbacherhütte, Fliegendorf, Zweiflingen und
weitere Ergüsse belustigender Ortsnamen. Es herrschte Königswetter,
wenn nicht gar Kaiserwetter und man blüht dann richtig auf. Die
herrliche Landschaft, die frische Luft, kaum andere Autos auf diesen
entlegenen Straßen. Bei Zweiflingen haben wir uns an einem kleinen
Parkplatz neben einer Burgruine hingesetzt und genüsslich
mitgebrachte Brote und 2 Laugenbrezel verzehrt, etwas Coca-Cola
getrunken. Man glaubte sich in einer anderen Welt, denn wir haben
mindestens 40 Minuten dort gesessen und während dieser ganzen Zeit
sind allerhöchstens 2 Autos vorbei gekommen. Das gibt es doch heute
eigentlich gar nicht mehr. Auch dass es solch kleine Orte heute
überhaupt noch gibt, hat mich verwundert. Gut, dieses Zweiflingen
mag vielleicht noch 500 Einwohner haben, aber Fliegendorf besteht
aus ganzen 4 Häusern, ich habe es gezählt, das machte bei der Anzahl
ja auch keine Mühe. Eben wie ein Fliegenklecks auf der Landkarte.
Vielleicht 15 Einwohner, eher weniger, alle Häuser weit auseinander,
wie ausgebreitet auf einem grünen Teppich. Dann tauchten immer
wieder Hinweisschilder zu einem sogenannten Limes-Wanderweg auf,
mal von rechts, mal von links, in dieser Gegend sah man hier und da
kleine Wandergruppen umherstreifen, aber auch nicht viele. In einem
kesselartigen Waldgebiet, wo rundum Hänge wie ein seichter Kessel,
leicht ansteigend mit Wald bewachsen sind und in der Mitte,
sozusagen der Kesselboden, frei und platt wie ein Teller mit saftig
grünen Wiesen ist, legten wir die nächste Ruhepause in der Natur ein.
Wir hatten unsere zusammenklappbaren Miniliegestühle mitgebracht
und uns darauf gelegt. Irgendwie sind wir dann an der frischen Luft
und in dieser totalen Stille beide neben dem Auto auf den
Liegestühlen tief eingeschlafen. Als wir wach wurden, war es schon
16 Uhr durch, zuvor als wir uns hinlegten gerade 12.10 Uhr. So lange
wollten wir eigentlich gar nicht dort bleiben. Schnell packten wir
unsere Sachen zusammen und fuhren in weitem Bogen über
Schwäbisch Hall und das Murrhardt-Gebiet zurück nach Stuttgart. Das
heißt, diese Rückfahrt verlief dann etwas unplanmäßig, da hinter dem
kleinen Dorf Fautspach ohne jede Vorankündigung plötzlich einige
weißrot gestreiften Schilder die Strasse versperrten, die kurz dahinter
auf einer Länge von vielleicht 200 m komplett abgebaggert worden
war. Eine tiefe Lücke klaffte in der Fahrbahn und man konnte am
Horizont sehen, wo es hinten weiter ging, wenn man nur irgendwie
auf diese Seite käme. Nun hatte ich keine große Lust, wieder zig
Kilometer zurück zu fahren, um dann ab dort eine andere Straße zu
versuchen. So zweigte ich nach links auf einen befestigten Feldweg
ab, in der Hoffnung, über einige Feldwege irgendwann wieder hinter
der Baustelle auszukommen, wo die Fahrbahn der ursprünglichen
Straße weitergeht. Nach vielleicht 1 km folgte an dem Feldweg die
Abzweigung eines anderen Feldweges nach rechts, was ja schon mal
die richtige Richtung war. So fuhren wir und fuhren, die Landschaft
wurde immer wilder und schöner, nur die Straße, auf die wir zurück
wollten war nicht zu finden. Eine Weile überlegten wir, ob wir nicht
umdrehen sollten, denn wer weiß, wo dieser Weg hinführt und ob er
nicht plötzlich abrupt endet oder in eine matschige Piste übergeht.
Egal, sagte ich zu Kayla, falls es so kommt, kann man immer noch
wenden und zurück fahren. Der nächste Ort an der offiziellen,
unterbrochenen Straße hätte Ebersburg oder Hohnweiler heißen
sollen, aber es war weithin kein Ort sichtbar. In weiter Ferne sah man,
dass sich unser Feldweg am anderen Ende des engen Talkessels
wieder am Berg hinaufschlängelte. Wir fuhren weiter, irgendwann
musste doch wieder ein Ort oder wenigstens ein Abzweig auf eine
richtige Straße folgen, oder schlimmstenfalls das Ende der
Asphaltschicht. Nach rund 45 Minuten langsamer Fahrt, mit vielleicht
15 km/h, schneller ging dort nicht, kam plötzlich eine lackierte
Holztafel als Wegweiser, so wie man sie für Wanderwege gelegentlich
verwendet. Darauf stand in Pfeilrichtung Klaffenbach und gegen
Pfeilrichtung Mannenberg, unser Weg gabelte sich dort in diese
beiden Richtungen. Wir entschieden uns für die Beibehaltung unserer
Fahrtrichtung, also für Klaffenbach. Nach weiteren 10 Minuten Fahrt
entdeckten wir am Horizont in einer Lücke zwischen Bäumen und
Viehweiden einige Häuser, dorthin fuhren wir weiter und gelangten
endlich auf eine wenn auch sehr kleine richtige Straße. Direkt danach
kam dann eine Siedlung Klaffenbach. Ab dort fuhren wir in die
Richtung weiter, in der wir Stuttgart vermuteten. Nach vielleicht 4 km
kamen wir an einem alten Bahnhofsgebäude vorbei, wo sogar eine alte
rote Diesellokomotive und ein paar Wagons herumstanden. An dem
Gebäude war ein Schild Rudersdorf-Obernberg. Kurz danach folgte
dann ein größerer Ort, der nur Rudersberg hieß. Von hier aus gab es
wieder eine Ausschilderung und wir gelangten dann nach weiteren 15-
20 km auf die breite Bundesstraße von Stuttgart nach Schorndorf, die
wir dann nach Stuttgart befuhren. Ich sage Ihnen, diese kleinen
Straßen und Wege haben zwar einerseits für eine gewisse Verwirrung
gesorgt, haben uns aber andererseits landschaftlich so gut gefallen,
dass wir die ganz gewiss noch öfters genießen werden. Am liebsten
wäre ich am Tag danach gleich wieder dort lang gefahren, aber da wir
Benzin und Kosten sparen wollen, haben wir das nicht gemacht.
Brauchte ich nicht aufs Geld zu achten, wären wir mit Sicherheit
gleich wieder diese Strecke gefahren.

Am letzten Mittwoch klingelte es frühnachmittags an meiner
Wohnungstür. Dort stand eine etwa 35 Jahre alte Frau, die anbot, für
nur 90 Euro im Monat jede Woche zweimal zum Putzen vorbei zu
kommen, einschließlich Staubsaugen, feucht durchwischen und alle
Fenster dabei einmal wöchentlich zu reinigen. Sie wäre dringend auf
Jobsuche dieser Art und würde es deshalb so günstig anbieten, um so
sich und ihre beiden 11- und 9jährigen Töchter durchzubringen. Sie
ahnen, dass sie da bei mir an der falschen Adresse war. Ich habe für
solche Luxusdienstleistungen kein Geld und zudem wäre es schon ein
Zeichen extremer Faulheit, wenn ich für meine kleine Wohnung auch
noch eine Putze halte, anstatt die paar Quadratmeter selbst in Ordnung
zu halten. Hätte ich ein komplettes Haus mit 120 oder mehr
Quadratmetern und das dazu passende Kleingeld, dann könnte man
ein solches Angebot sicherlich in die engere Wahl ziehen. Ich erklärte
ihr das kurz, dass vor allem aus finanziellen Gründen so etwas bei mir
nicht drin wäre. Sogleich reduzierte sie ihr Preisangebot für die
gleiche Dienstleistung auf 70 Euro im Monat, trotzdem wiegelte ich
ab. Schließlich guckte sie verzückt und sagte dann, es wäre vielleicht,
wenn sie mögen, auch etwas mehr als nur Putzen drin. Genau in
diesem Moment kam zum Glück Kayla aus dem Treppenhaus zu mir
rüber und sogleich verzog diese komische Putze das Gesicht und
verschwand. Stellen Sie sich vor, Putzen inklusive sonstiger
Dienstleistungen, entweder hatte die das Geld so dringend nötig oder
war wer weiß worauf sonst noch aus. Kayla meinte noch, da hätte ich
ja fast noch einen günstigen Fang getätigt, eine billige Putzfrau mit
besonderen Dienstleistungen dazu. Naja, die Welt geht langsam vor
die Hunde und man wird sich in absehbarer Zeit noch auf manches
einstellen müssen.

Der Hausbesitzer hier, dem noch viele andere Wohnblocks und sogar
luxuriöse Einzelhäuser, 3 Geschäftshäuser und ein Hotel hier in der
Stadt gehören, ist trotz seines Reichtums sehr kulant, umgänglich und
freundlich. Die meisten Leute dieser Art geben sich doch gar nicht mit
den Bewohnern ihrer Häuser ab, aber der hier hat damit keine
Probleme und er erledigt sogar noch viele Dinge selbst, obwohl er
mehrere Angestellte hat, die das machen könnten. Trotzdem kommt es
hin und wieder dazu, dass er Mieter rauswirft und kündigt, das lässt
sich gar nicht vermeiden. Obwohl ich selbst nur ein kleiner Mieter
bin, bin ich davon überzeugt, dass die es dann auch nicht anders
verdient haben, bevor er diesen Schritt macht. So kam es nun sogar
hier im Stockwerk zu einer Zwangsräumung. Ein Herr, vielleicht um
die 50 Jahre alt, also fast schon in meinem Alter, hatte trotz vieler
Mahnungen seit 8 Monaten weder Miete noch Strom, Wasser,
Heizung u.s.w. bezahlt. Heute ist das Rauswerfen gar nicht so einfach.
Noch vor 15 Jahren hätte man den spätestens nach 2 Monaten
achtkantig rausgeworfen. Aber heute muss umständlich geklagt
werden und dann erhebt der Kündigungskandidat noch Einspruch,
bekommt Fristen gesetzt u.s.w. So gesehen sind dann 8 Monate fast
noch ein Glücksfall, oftmals dauert es noch viel länger, bevor ein
Vermieter solche Leute los ist. Der Herr, ich glaube Hess hieß der, hat
dann noch einen ziemlichen Aufstand veranstaltet. Der
Räumungsbeschluss stand und wurde sogar mit Polizeihilfe
durchgesetzt. Der Hess tobte zuerst in seiner Wohnung, wollte diese
sogar noch anzünden, wie man später hörte und das war dann wohl
auch der ausschlaggebende Punkt für die Polizisten sofort drastisch zu
handeln, bevor der noch andere ernsthaft in Gefahr bringt. Der wurde
dann sogar in Handschellen nach unten geführt, während eine
Spedition seine Möbel abholte. Dann folgte noch ein Entrümpler, der
die Wohnung reinigte und von unbrauchbarem Zeug befreite und
anschließend desinfizierte. Dieser Hess, den sah man vielleicht einmal
pro Woche hier im Flur oder im Treppenhaus. Der hat nie gegrüßt,
selbst dann nicht, wenn man ihn selbst laut und deutlich grüßte. Gut,
daran will man nicht festmachen, ob jemand ein guter oder schlechter
Mensch ist, was weiß denn ich, aber selbst aus meiner Sicht war es ein
komischer Vogel. Fast jeden Sonntag kamen ungefähr 4 oder 5
Männer dorthin, ebenfalls seltsam schräge Typen, und ich glaube, die
haben sich dann dort gemeinschaftlich vollaufen lassen. Jedenfalls
rund 2-3 Stunden später torkelten die dann immer ziemlich angeheitert
wieder von dannen. Mit einer Frau Kreye aus dem zweiten Stock hatte
er immer Krieg. Ich kenne die Kreye nur flüchtig und bin der
Meinung, dass es eine ehemalige Hure ist, ich weiß es natürlich nicht
genau, aber für mich gibt es zahlreiche Anzeichen dafür. Heute ist die
wohl nicht mehr aktiv, die wird auch sicherlich schon 45 sein, was
einerseits heute kein Alter mehr ist und es nicht ausschließt, aber Sie
wissen ja, wie das ist, mit 45 wird sich die Anzahl der begeisterten
Freier schon in Grenzen halten, zumindest wenn man so ein Gesicht
hat, wie die Kreye. Ist mir eigentlich auch egal, aber diese Frau Kreye
scheut keinen Streit und es ist gar kein Problem, mit der aneinander zu
geraten. Von daher ist es nicht unbedingt verwunderlich, dass der
Hess mit der Zoff hatte, jedoch war mein Eindruck, dass die sich auch
von früher kannten. Vielleicht war der Hess mal ein alter Kunde, der
nicht bezahlt hatte oder so etwas in diese Richtung. Aber es war schon
so, dass die gegenseitigen Beschimpfungen der beiden schon
begannen, wenn sie sich nur in einem Abstand von 200 m erahnten.
Einmal hatte die Kreye dem sogar ein Schild an die Wohnungstür
getackert mit der Aufschrift „Hier wohnt ein asoziales Arschloch!"
Am Tag danach hätte der Hess der fast den Hals zugehalten, als die
sich im Flur begegneten, aber die Kreye war dann auch nicht bange
und hat ihn ordentlich in sein Manneszentrum getreten, wonach der
Hess blau anlief und selbst keine Luft mehr bekam. Also da war schon
manchmal etwas los. Nun sind wir den los und ich traure dem
bestimmt nicht nach.

Der Hausbesitzer erwägt, an allen Hauseingängen Kameras
installieren zu lassen, die er von seiner Zentrale per Internet abfragen
kann und die rund um die Uhr aufzeichnen, wer ins Haus geht und wer
raus kommt. Dagegen lehnen sich aber einige sehr auf. Der Grund für
diese Idee ist, dass besonders im Erdgeschoss-Flur öfters Dinge
entwendet oder beschädigt wurden. So haben Jugendliche dort über
Nacht Wände mit primitiven Parolen und Wichsersprüchen
beschmiert, wohlgemerkt drinnen im Haus. Da sich ähnliche
Ereignisse häufen, will er auf diese Weise diese Rotzlöffel dingfest
machen oder zumindest abschrecken. Bis vor wenigen Monaten hat es
solche Ereignisse hier nicht gegeben, aber wenn solche Lümmel
einmal ein Objekt entdeckt haben, an dem sie sich auslassen können,
dann lassen sie davon so schnell nicht wieder ab. Vor allem eine
Familie aus dem vierten Stock im Anbau macht viel Terror gegen
diese geplanten Kameras. Das sind so grüne Spinner, wobei die grüne
Einstellung sicher nichts mit Kameras zu tun hat, aber eine gewisse
Grundhaltung ist bei solchen Leuten eingebrannt, erst einmal generell
gegen solche Dinge zu sein. Überwachung von Privatpersonen finde
ich auch gar nicht gut, aber wie in diesem Fall, um damit die
Kriminalität im Haus zu begrenzen, fände ich das ganz ok. Wer hätte
dabei denn etwas zu befürchten? Doch nur die, die etwas zu verbergen
haben. Ich habe kein Problem damit, wenn man später sagen kann, der
Lappenkeuler hat am Freitag um 23 Uhr das Haus verlassen und ist
Samstag um 4 Uhr wieder gekommen. Wer hätte von dieser
Erkenntnis etwas? Keiner, und mir wär's egal. Das ist doch auch gar
nicht der Tenor, wofür das gemacht wird, sondern nur, falls diese
Beschädigungen wieder auftreten, dann könnte man sehen, wer das
war. Da bin ich gespannt wie das ausgeht, ob der Hauseigentümer die
Kameras letzten Endes installieren darf oder nicht.

Bekomme ich per Post eine hochwertig aufgemachte Einladung zum
Wilhelm-Braun-Sportpark, das ist oben im Stadtteil Feuerbach, zu
einer dort stattfindenden Jubiläumsveranstaltung „80 Jahre
Waldbesitzerverband Stuttgart". Was habe ich damit zu tun? Ich
kenne den Verband noch nicht einmal und soviel Geld, mir Wald
leisten zu können, habe ich ganz bestimmt nicht. Das Einzige, was
mich mit dem Wald verbindet ist, dass ich sehr gerne im Wald
spazieren gehe, aber dafür hinterlässt man ja nirgendwo seinen Namen
und die Adresse, dass das einer wissen könnte. Der Einladungsbrief ist
selbst schon sehr teuer aufgemacht. Ein mehrfach plüschgefütterter
Umschlag in pastellgrün mit schneeweißem Rand und goldner
Umrahmung, darin eine Karte mit vielen Goldauflagen, die dann die
eigentliche Einladung darstellt. Interessant ist daran aber, dass es dort
ein kaltes Büffet gibt, Sie ahnen schon, was mir daran gefallen könnte.
Es wird beschrieben, dass die Veranstaltung um 15 Uhr am Samstag
im dortigen Saale des Sportlerheims beginnt und voraussichtlich bis
nach 22 Uhr andauert. Ab 20 Uhr würde zudem eine Tanzband
aufspielen und die Möglichkeit zum Tanz geboten. Naja, tanzen, ich
kann vielleicht manchem auf der Nase herumtanzen. Eine
Begleitperson ist ausdrücklich gerne gesehen, also Kayla muss mit!
Wenn es uns nicht behagt, wird uns keiner daran hindern können,
wieder zu gehen, wenn es aber kostenlos ein leckeres Büffet gibt,
dann nehme ich die Einladung selbstverständlich gerne an. Trotzdem
bringe ich keinen Zusammenhang da hinein, wieso man mir dafür eine
Einladung schreibt. Unterschrieben ist sie von einem Dr. Brenner,
auch der Name sagt mir gar nichts. Der wird alle Einladungen per se
unterschrieben haben und vermutlich die meisten Eingeladenen auch
kaum wirklich kennen. Andererseits sage ich mir, wenn die mich
einladen, dann muss ich doch bei denen irgendwo als Mitglied,
Waldinhaber oder etwas in diesem Zusammenhang eingetragen sein
und wenn dem so ist, wie konnte es dazu kommen? Wie dem auch sei,
wir werden hingehen.

Man muss immer wieder staunen, was heute geschäftlich zum großen
Renner wird. So hat letzte Woche vielleicht 600 m von hier ein
Handyladen aufgemacht, der nur Handys und Zubehör anbietet, nichts
anderes. Einmal abgesehen davon, dass ich nach wie vor dazu stehe,
gar kein Handy haben zu wollen, noch nicht einmal geschenkt, halte
ich diese Entwicklung für völlig sinnlos. Wem nützt es, wenn jeder
Idiot ein Handy hat und überall und jederzeit erreichbar ist? Nur der
Industrie, die diese Dinger herstellt und den Firmen, die an den
Gebühren verdienen. Es will mir doch keiner ernsthaft erzählen
wollen, dass Jedermann so etwas wirklich dringend braucht. Ich habe
56 Jahre lang kein Handy gebraucht und es nicht vermisst, auch so
mein Leben gelebt, und werde auch zukünftig keines benötigen.
Lachhaft finde ich es, wenn man sieht, dass Leute, vor allem
Jugendliche, viel Geld dafür ausgeben, nur um einen anderen
Klingelton auf ihr Handy zu bekommen, der vielleicht anstatt pieppiep
eine quitschende Melodie eines Popschlagers nacheiert. Daran erkennt
man, wie schlecht es um die geistige Reife dieser Jugend bestellt ist.
Was gibt einem so etwas? Nichts! Aber jeder wie er will.

Na sage ich Ihnen, bekomme ich einen Schreck. Lege ich mich am
Montagnacht ins Bett und nachdem ich vielleicht 5 Minuten daliege
und so gerade anfange einzudämmern, gibt das einen riesigen Ruck
und Schlag und mein Bett bricht in sich zusammen. Die Matratze samt
Lattenrostunterbau stürzt mit mir oben drauf nach unten zu Boden, die
Seitenteile klappern und fliegen zur Seite weg und das obere
Kopfende stürzt um und die darin einsortierten Gegenstände, wie ein
Wecker und ein Uhrenradio sowie etliche Pakete mit Tempo-
Taschentüchern fliegen mir dabei teilweise auf den Kopf. Da
erschrickt man gewaltig, noch mehr als würde einem so was am
normalen Tag passieren. Da ich zu müde war, um den ganzen Mist bei
der Nacht näher zu untersuchen oder wieder zu richten, habe ich mich
im Zimmerteil schlafen gelegt und erst am nächsten Morgen den
Schaden genauer begutachtet. Da war wohl im Bettrahmen eine
Auflagekante für das Lattenrost abgebrochen, dadurch stürzte das
Lattenrost mitsamt Matratzenzeug und mir zu Boden und durch diesen
plötzlichen Ruck stürzten die anderen Bestandteile des Bettes dann
auch noch um oder zerbrachen. Nun habe ich mit meinen 82 Kilo
sicherlich nicht gerade ein solches Gewicht, dass ein Bett darunter
zusammenbrechen müsste und Kayla lag auch nicht mit drin, sie war
in dieser Nacht in ihrer Wohnung im Bett, aber dieses Bett hat damit
wohl auch das Zeitliche gesegnet, denn die Seitenteile mit den
Auflagen für das Lattenrost sind bei dem Vorfall regelrecht aus dem
Holz herausgebrochen. Auch sind Bruchrisse in den Seitenwänden
entstanden, die so arg sind, dass diese nun bei der kleinsten Belastung
ganz durchbrechen. Also muss wohl ein neues Bett her. Neu ist teuer,
daher sehe ich zu, entweder im Gebrauchtmöbelhandel etwas billiges
zu bekommen oder wenn irgendwo Sperrmüllabfuhr ist dort etwas zu
finden, obwohl man bei Betten und Küchenmöbeln da eher vorsichtig
ist. Aber ich denke, mit viel Desinfektionsmittel kann man sich da
helfen.

In Einrichtungsfragen scheinen manche Leute heute schon mehr als
nur einen Spleen zu haben. Extravaganz um jeden Preis, egal wie das
erzielt wird, scheint das Gebot der Stunde zu sein. Ich selbst bin zwar
durchaus eher ein Freund von nicht ganz alltäglichen Gestaltungen,
jedoch insgesamt dann doch wieder eher nüchtern bis behaglich. Bei
mir kommt ja zusätzlich das Gebot der Stunde hinzu, dass ich mir aus
Finanzgründen nie neue Möbel kaufe, sondern mich nicht davor
scheue, auch im Sperrmüll gefundene Möbel zu verwenden, die ich
wieder etwas aufgeputzt habe. Dadurch ist der Gestaltungsspielraum
eingegrenzt oder man könnte sagen fremdgesteuert. Ich hatte da erst
vor einiger Zeit tolle und wirklich ganz hochwertige Sachen entdeckt
und mitgenommen, ich glaube ich erzählte Ihnen seinerzeit davon.
Wie dem auch sei. Kayla hatte von einer Kollegin, die auch in der
Firma arbeitet, wo sie als Gelegenheits-Dolmetscherin tätig ist, eine
Einladung erhalten, an einer kleinen Feier anlässlich deren neuer
Wohnung im Süden vom Stadtteil Gablenberg teilzunehmen. An
solchen Feiern liegt uns eigentlich gar nichts, weil das irgendwann
überhand nimmt. Geht man zu der, dann muss man anstandshalber
auch zu ähnlichen Festivitäten von anderen Kolleginnen und
Kollegen, um es sich mit denen nicht zu verscherzen, muss dann
wohlmöglich irgendwann auch noch selbst ein Fest geben, was ich,
offen gesagt, noch mehr verabscheue und so schaukelt sich das hoch.
Irgendwann ist man jedes Wochenende zu irgendwelchen Anlässen
unterwegs und was dort geboten wird, ist meist nur belangloses
Gelaber und oft auch Sauferei, also die reine Zeitverschwendung. Der
Besuch von Eröffnungsveranstaltungen und ähnlichen Dingen, wo es
ein genüssliches, kostenloses Büffet gibt, ist da etwas anderes. Dort
gehe ich keine Verpflichtung ein, kenne keinen und partizipiere von
den Leckereien und dann gehe ich wieder, fertig. Warum soll man das
nicht tun, wenn man gerade Zeit dazu hat? Doch bei solchen
Kollegenbesuchen u.s.w. ist das etwas anderes. Nun hatte die Kollegin
von Kayla aber keine Ruhe gelassen und sie täglich förmlich
durchbohrt mit Anbettelungen, wir möchten doch kommen. Naja, da
es Kaylas Lieblingskollegin ist, mit der sie dort gut zurecht kommt,
hat sie dann nachgegeben. So sind wir also am Sonntag für 2 Stunden
dorthin gefahren. Die Feier war gar nicht so schlecht, wie ich erwartet
hätte, es war nicht solch eine 08-15-Absauffeier. Die Einrichtung der
Wohnung sollte Extravaganz um jeden Preis verkörpern und ich sage
Ihnen, solch einen Unfug habe ich noch nie zuvor gesehen. Stellen Sie
sich bitte vor, um gleich beim krassesten Beispiel anzufangen, mitten
im Wohnzimmer an der Wand ein Urinierbecken vom Herrenklo! Und
das dazu noch in einer Frauenwohnung, derweil die Dame solo lebt.
Als nicht funktionsfähiges Designobjekt. Auf einer Tür vom
Wohnzimmer zur Küche mit Filzstift aufgetragene Klosprüche, im
Stile von „Wer einmal leckt, der weiß wies schmeckt..." also genau so,
wie man es eigentlich auf einer öffentlichen Toilette nicht haben will
und doch ständig vorfindet. Besonders stolz war die Frau auf eine
selbstgebastelte Deckenlampe, die aus mehreren eckigen Blechrohren
bestand, an deren Enden jeweils Fassungen mit einer Birne angebracht
waren. Diese Rohre hatte sie selbst so zusammen geschweißt, aber sie
waren alle unterschiedlich lang, teils sogar rostig und krumm, was
aber für die den besonderen Reiz und die persönliche Note ausmachte.
Die Bilder an der Wand, man mag davor erschrecken oder es halt auch
interessant finden, das waren zum Teil fotografierte, aufgedunsene
Gesichter von Wasserleichen aus den letzten 60 Jahren. Sie nannte das
Doku-Kunst und sie habe das in London entdeckt und sofort gekauft.
Unter jedem Bild standen dann sehr klein gedruckt in englischer
Sprache die Daten der dazugehörigen Mordfälle. Also wenn ich
derartiges in der Wohnung hängen hätte, würde ich im Keller
schlafen. Als Wohnzimmertisch diente ein übergroßer Nierentisch aus
den fünfziger Jahren, das fand ich ok, warum nicht. Eine andere Wand
wurde von einem riesigen Gemälde mit dem Gesicht eines bekannten
Schauspielers aus den sechziger Jahren geziert, ich glaube Offenbach
oder so ähnlich hieß der. Der hatte früher immer in den alten Filmen
mit der Inge Meysel mitgespielt, wo die Meysel immer die
Familienmutter spielte, ich glaube die Unverwüstlichen oder so
ähnlich hieß diese Serie. Dort spielte dieser Schauspieler den
Ehemann von der Meysel und war u.a. ein Fußballnarr, daran erinnere
ich mich noch gut, als wäre es gestern gewesen, obwohl ich davon
sicherlich schon 30 Jahre keine Folge mehr gesehen habe. Ein solches
Bild ist ja im Vergleich zu den Abscheulichkeiten wirklich noch sehr
angenehm. Als weitere Besonderheit stand ein Fakir-Stuhl in einer
Ecke, also ein Stuhl mit einer Nagelbrett-Sitzfläche, jedoch konnte
man sich trotzdem mühelos auch als Nichtfakir darauf setzen, denn
bei genauerem Hinsehen erkannte man, dass über dem Nagelbrett eine
stabile Plexiglasscheibe war. Dann zog sie uns in die Küche. Mir fiel
dort sofort ein uralter Fleischwolf mit Handkurbel auf, so ein Ding
hatte meine Mutter früher auch, als ich noch ein Kind war. Dunkelrot
mit verschiedenen Einsätzen, womit man aus Fleisch Gehacktes selbst
machen kann oder auch aus Kartoffeln Kartoffelbrei oder dicke
Nudeln aus Teig und Backzeugs. Die Küche war riesengroß und die
Frau erzählte uns, dass dies eigentlich das Schlafzimmer gewesen sei,
da sie aber lieber ein kleines Schlafzimmer und eine große Küche hat,
hätte sie das entsprechend getauscht. Die Küche wurde erleuchtet von
zwei uralten Neon-Leucht-Reklameschildern für IMI - Waschpulver
(mit so einem grünen Punkt in dem in weißer Schrift groß IMI steht)
und das andere für Brücken - Kaffee (wo im Hintergrund eine Art
stilisierte Stahlseilträger-Brücke ist). Ich glaube diese Marken gibt es
schon seit 30 Jahren gar nicht mehr, aber vielleicht erinnern Sie sich
auch noch ein wenig daran. Ein Küchentisch, so etwas habe ich noch
nie gesehen. Sie sagt, aus Frankreich habe sie den importiert. Wenn
man den zunächst sieht, ist er eher klein und mag ausreichen um
knapp 4 Personen Platz zum Tafeln zu bieten, dann müssen sich aber
alle schon mit ihrer Ausdehnung sehr beherrschen. Der Clou folgt,
man kann mit wenigen Handgriffen die Tischplatte nach oben in
mehreren Lagen hochklappen und diese hochgeklappten Teile dann
wiederum zur Seite wegklappen. Dadurch schwillt der Tisch ruckzuck
auf die vierfache Größe an. Damit er so nicht umkippt, wenn er am
Rand belastet wird, kann man die originalen Tischfüße seitlich
aufklappen und die sind innen hohl, darin befinden sich dann weitere,
schmälere Tischfüße, die man entnehmen kann und an die
ausgeklappten Teile anklicken kann. Eine patente Lösung. Dann hat
sie in der Küche einen großen Fernseh-Projektor stehen, der die
Fernsehbilder auf eine weiße Wandfläche projiziert, was zweifellos
seinen Reiz hat. Überall hängen beige und braune Wollfäden von der
Decke herunter. Auf die Frage was das soll, sagte sie, dass würde die
guten Kräfte besser im Raume verteilen und böse Kräfte ableiten.
Dann wieder modernste Kunst in Form von Wandbildern in der
Küche. Eines hatte es mir durchaus sehr angetan, obwohl es eigentlich
eine simple Sache war. Eine weiße Fläche, in der ein dünner
schwarzer Rechteckrahmen gezeichnet ist. Innerhalb dieses
Rechteckrahmens befindet sich ein welliger, breiter blauer Querstrich,
wie ein extrem breiter Fluss auf einer Landkarte, die sonst nur weiß
ist. Aber dieses intensive Blau als solches hatte es mir angetan. Ich
kann Ihnen das nicht beschreiben warum, aber das war so intensiv und
ich fand das sehr angenehm, solch ein Blau habe ich in meinem
ganzen Leben zuvor noch nie gesehen. Solch ein Bild hätte ich auch
gerne. Die Frau sagte, sie habe es hier in Stuttgart in einer
Kunsthandlung vor einigen Jahren günstig erstanden. Günstig hieß bei
ihr dann für 1.200 Euro, ja dann gute Nacht! Sie fügte an, dass es von
einem belgischen Künstler gemalt sei, dessen Werke damals noch so
billig zu haben waren, heute würde man alleine für dieses Bild
sicherlich schon über 15.000 Euro geben müssen. Wenn dem wirklich
so ist, dann hat sie die 1.200 Euro ja gut eingesetzt, aber man weiß das
bei solchen Kunstwerken ja nie so ganz genau. Ich möchte Ihnen hier
jetzt die weitere Beschreibung dieser äußert extravagant eingerichteten
Wohnung ersparen und dachte nur, dass die Sache es wert wäre, die
wichtigsten Dinge davon einmal vorzutragen, damit man sieht, wie
ungewöhnlich manche Leute doch unbedingt sein wollen. Sich von
der Masse abheben, egal wie und womit, lautet die Devise. Eigentlich
finde ich diesen Gedanken gar nicht einmal so falsch, allerdings einige
der Dinge fand ich dann doch wenig erbaulich. Auch die Kleidung
dieser Frau passte zu diesem Drang nach Extravaganz. Ein absolut
unsymmetrisches Kleid in Regenbogenfarben trug sie, mit einem
üppigen Ausschnitt, der aber vor allem am linken Busen sehr freizügig
war, wogegen der rechte mehr im Verborgenen blieb. Bücken hätte
die sich nicht dürfen, sonst wäre ein Teil aus der Auslage gefallen,
wenn Sie wissen, was ich meine. Nun wäre das kein wirkliches
Malheur gewesen, weil sie eine recht hübsche Person ist, die für ihre
42 Jahre wirklich noch sehr knackig ausschaut. Vom Aussehen her
hätte ich die eher auf 28 geschätzt. Immerhin habe ich noch einen
guten Ratschlag mit nach Hause genommen. Diese Kollegin von
Kayla ist dort in dem Betrieb für Computer zuständig. So auch für
Drucker. Und sie fragte, ob ich wisse, wie man von einem
Tintenstrahldrucker ausgekleckerte Tinte mühelos wieder entfernen
kann, außer von Papier versteht sich? Wusste ich natürlich nicht.
Dieses Problem taucht vor allem dann gerne auf, wenn man die viel zu
teuren Tintenpatronen selbst nachfüllt und dabei mal wieder etwas
Farbe verschüttet oder sie überläuft. Nun ihr Geheimtipp, einfach
einen Lappen oder ein Tempo-Taschentuch nehmen, das tüchtig mit
Franzbranntwein tränken und die Tinte abreiben. Selbst angetrocknete
Tinte ginge damit wieder ab. Früher hätte mir dieser Tipp nichts
genützt, da ich am Computer gar keinen Drucker dran hatte. Das heißt,
der erste Drucker war mal irgendwann kaputt und ich habe den nie
reparieren lassen oder gegen einen neuen ausgetauscht, weil ich den
ohnehin kaum brauchte. Erst Mitte letzten Jahres kam die
Notwendigkeit auf, einige Seiten ausdrucken zu müssen und so habe
ich mir dann einen billigen Tintenstrahldrucker für 59 Euro im
Supermarkt in der Elektroabteilung gekauft. Der funktionierte auch
ganz gut, aber kurz nach Weihnachten nicht mehr, weil die
Tintenpatrone leer war. Erst dann habe ich gesehen, dass die neue
Patrone unverschämte 44,90 Euro kosten sollte. Stellen Sie sich vor,
der ganze Drucker hatte mal 59 Euro gekostet und eine neue Patrone
44,90 Euro! In einer alten kostenlosen Computerzeitung, die ich mal
irgendwo vor 2 Jahren mitgenommen hatte, standen Tipps zum
Selbstnachfüllen von leeren Tintenpatronen. Diese Zeitung hatte ich
dann hervorgekramt und entsprechende Tinte gekauft und mir eine
alte Arztspritze kostenlos besorgt. So hat mich die Befüllung 12 Euro
gekostet und in dem Tintenfläschchen ist noch reichlich Vorrat für
mindestens 4 weitere Nachfüllaktionen. Also Franzbranntwein, falls
es drüber geht! Einen weiteren Praxistipp spendierte die Frau dann
noch zum gleichen Thema. Sie sagte, man brauche zum Nachfüllen
noch nicht einmal diese spezielle Computerdruckertinte zu kaufen,
von der eben ein solches Fläschchen 12 Euro kostet, eine normale
Füllertinte, von der ein Fläschchen bei der billigen Noname-Sorte
schon für 3,50 Euro zu haben ist, soll man kaufen, dann diese Tinte
mit 10 % Prilwasser und 5 % Spiritus oder reinem Alkohol
gleichmässig vermischen und es so in die Druckerpatrone füllen. Da
könne man sogar dann, wenn man will, blaue, grüne oder rote Tinte
kaufen und entsprechend einfarbig drucken. Naja, so hat dieser
Besuch dann vielleicht in spe doch noch etwas gebracht. Sie hatte
auch etwas zu Essen gemacht, aber darin lag nicht gerade ihre Kunst.
Nudelsalat, der eigentlich hätte heißen müssen Mayonnaise mit einer
Nudel drin und Brötchen deren Belag zwar superleckere Wurstsorten
waren, aber die Brötchen selbst waren wohl schon einmal feucht
eingeweicht worden. Jedenfalls kamen die mir vor, als würde man in
einen nassen Schwamm beißen, der mit lauwarmem Wasser getränkt
ist. Dann wollte sie uns ständig überreden, von ihrem Lieblingswein
zu trinken. Aber ich musste ja noch autofahren, sonst wäre ich nicht
ganz abgeneigt gewesen, aber sie forderte immer erneut zum Genuss
auf. Am Schluss hat sie dann Kayla eine Flasche dieses Weins
mitgegeben, damit wir zu Hause davon probieren konnten. Die
Krönung der Veranstaltung folgte aber dann noch durch einen
Kollegen dieser Frau, der ebenfalls eingeladen war. Kurz bevor wir
nach Hause fuhren war der schon leicht angesäuselt und immer am
singen, weil er reichlich einem seltsamen Krischschnaps zugesprochen
hatte; kein Kirschlikör auch kein Kirschwasser, nein, ein spezieller
Kirschschnaps, der aus Skandinavien importiert war, den es hier
normalerweise gar nicht gibt. Also dieser Kollege hatte dann im Suff
das Urinierbecken im Wohnzimmer seinem eigentlichen Zweck
zugeführt und Sie können sich vorstellen, wie die Gastgeberin nun
begeistert war und dem eine Standpauke hielt. Der Urin lief unten
heraus, an der Wand entlang auf den Teppich, da das Teil ja gar nicht
an einen Abfluss angeschlossen war, sondern eigentlich nur Deko sein
sollte. Na selbst schuld, kann ich da nur sagen und ich habe mich
innerlich köstlich darüber amüsiert.

Sie sehen, hier bei mir bleibt die Welt in Bewegung, manchmal mehr
als man es sich wünscht. Jedoch besser so, als wie gähnende
Langeweile. Ich wünsche Ihnen für heute noch einen entspannten Rest
der Woche und alles Gute,

Ihr

Egbert Lappenkeuler