LPK-B9

Auf dieser Seite finden Sie die beiden Lappenkeuler - Beiträge “Behördengänge” und “Vergoldet” aus dem Jahre 2004. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.

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Beitrag 1

Lappenkeuler - Brief / Email "Behördengänge" vom 29.07.2004

Einen sonnigen guten Tag!

Ich weiß nicht, ob ich es glauben kann oder nicht, ob vielleicht ein fauler
Haken daran ist. Ein Reiseveranstalter, der ein paar Straßenzüge weiter ein
Reisebüro betreibt, verteilte an alle Häuser in der Umgebung
Werbebroschüren. Darin eine viertägige Dreisterne-Reise an die Ostsee,
nach Heringsdorf einschließlich Übernachtung und Frühstück. Die soll
kosten, man will es nicht glauben, 100 Euro, egal ob man alleine fährt oder
zu zweit. Erst ab 3 Personen kostet es weitere 100 Euro. Die Unterbringung
sei in einem modernen Dreisterne-Hotel im Doppelzimmer. Ich meide
unnötige Geldausgaben, erst recht für Urlaub, aber zu diesem Preis würde
ich Kayla gerne mal etwas anderes bieten und ans Meer, das ist für uns
wirklich mal etwas anderes. Schwarzwald & Co kennen wir zur Genüge,
ich selbst kenne auch die Alpen relativ gut, das ist auch alles sehr schön,
aber das Meer wäre wirklich einmal Abwechslung. Nun sind wir beide
keine Urlaubsmacher, Sie wissen um die magere Finanzlage, aber wir
haben ja eigentlich alle Zeit der Welt, böse Zungen würden behaupten, wir
hätten ja immer Urlaub. Wir hatten uns auch schon einmal überlegt, uns
einfach aufs Fahrrad zu setzen und mit einem einfachen Zelt bestückt
einmal für 3 oder 4 Tage im näheren Umkreis gemütlich zu radeln. Kayla
ist eine vorzügliche Radlerin und hat eine Kondition, da falle ich schon
längst vom Drahtesel. Sie sagte, sie sei in ihrer Kindheit sehr viel Rad
gefahren, oft sogar über Strecken von 100 Kilometern. Wir haben nur
billige alte Räder, die ich mal einem Trödler für zusammen 18 Euro
abgeschwatzt hatte. Es ist nichts, um längere Strecken damit zu fahren,
nach spätestens 8 Kilometern verliert man die Lust und muss mindestens
15 Minuten Pause machen. Einfache Dinger und dann noch
schätzungsweise über 20 Jahre alt. Lange Urlaubsrundfahrten würden mit
diesen Räder keine wirkliche Freude bereiten. Für die 100-Euro-Bustour
hätten wir noch Rücklagen, uns das ausnahmsweise leisten zu können, aber
ich befürchte, dass sich dann vor Ort in Heringsdorf herausstellt, welche
enormen Zusatzkosten auf einen zukommen und schon hätten wir den
Salat. Kayla meint auch, das Risiko sei zu groß, dass versteckte Kosten auf
uns warten, sobald wir dort sind und nicht mehr zurücktreten können. Sie
schlägt vor, wir sollten uns in den Suzuki setzen und damit gemütlich einen
4-Tagestrip zum Bodensee machen. Sie würde den Bodensee gerne einmal
kennen lernen. Eine Idee, die mir auch sehr gut gefällt, obwohl ich den
Bodensee ja schon kenne. Das käme uns sicher noch billiger, als 100 Euro,
weil wir dann entweder im Suzuki oder dem billigen Zelt übernachten
könnten. Ich glaube, das machen wir auch, und pfeifen auf die
Heringsdorfer Ostseepromenade.

Es gibt Rindfleisch in Dosen. Kayla kauft es neuerdings gerne in einem
Supermarkt und bereitet damit mit eigenen Gewürzmischungen und Reis,
aber auch manchmal mit Nudeln oder Kartoffeln, sehr schmackhafte
Gerichte zu. Sie verarbeitet es teils zu Soßen oder auch einzeln. Ich bin
vom Sockel gefallen, wie gut das schmeckt, da ich eigentlich gar kein
Rindfleischfreund bin. Schweinefleisch mag ich eher, obwohl es ja deutlich
ungesünder sein soll. Wir essen relativ wenig Fleisch, vielleicht einmal pro
Woche. Fisch muss es bei uns zweimal pro Woche geben, aber da kommt
es stark auf die Sorte und die Zubereitungsart an. Na, ich will Ihnen hier
nicht unseren Speiseplan für die Woche unterbreiten, aber so driftet man
vom Rindfleisch in Dosen kommend ab. Auch gibt es bei uns keinen
Speiseplan für die Woche. Grundsätzlich kann man vielleicht sagen, das
wir beide zwar gerne Fisch mögen, aber meist nur bei kühlem Wetter. An
heißen Sommertagen ist der sonst so geliebte Fisch eher nicht unser Ding.
Von Gemüse sind wir beide große Freunde. Für schönes Gemüse lasse ich
Ihnen jeden Braten stehen. Nur viele Leute machen den Fehler, dass sie
Gemüse bei der Zubereitung zerkochen, so dass der schöne Geschmack
und der Biss verloren gehen. Das erlebt man sogar in der Gastronomie
häufig, obwohl die es eigentlich besser wissen müssten. Der
Lebensmittelkauf ist mittlerweile fest in Kaylas Hand. Sie kann das besser,
hat einen besseren Blick dafür, was frisch und schmackhaft ist und dann
ihre Gewürzkunde, da kann ich ohnehin nicht mithalten. Sie ist bei diesen
Einkäufen auch sehr gewandt und flugs. Wo ich vielleicht immer erst
dreimal gucke und überlege, da steuert sie gezielt zack-zack-zack auf die
besten Sachen, die es für das Geld gibt zu. So kauft sie am Schluss
qualitativ besser, schneller und auch noch billiger als ich solche Sachen
ein. Ich habe es inzwischen aufgegeben zu versuchen dabei mitzuhalten,
sondern überlasse diese Sache völlig ihr.

Wer möchte, der kann hier nun an einem zweistündigen Kurs zur
Ausfüllung der Antragsformularfragebögen für die künftige
Arbeitslosensozialhilfe teilnehmen. Der Kurs ist kostenlos und ich
überlege, daran teilzunehmen. In der Bekanntmachung dazu steht bereits,
dass man bedenken soll, dass Leute, die diese Bögen nicht ausgefüllt
zurücksenden, ab Januar 2005 überhaupt kein Geld mehr erhalten, egal ob
sie hilfsbedürftig, arbeitslos oder sonst was sind. Ferner sei absichtliches
Falschausfüllen, um in eine günstigere Ausgangsposition zu gelangen,
strafbar und erfülle den Tatbestand des Betruges und der
Leistungserschleichung. Vielleicht hofft man insgeheim auf die Angst
vieler Bedürftiger vor diesem Verwaltungskram und dass etliche es deshalb
erst gar nicht ausfüllen und dadurch quasi freiwillig auf Leistungen
verzichten. Nun haben wir den Salat, denn in dem Bogen stehen ja einige
Fragen zu Vermögensdingen, wozu auch wertvollere Gegenstände, Geräte
oder auch Fahrzeuge zählen. Hier müsste ich dann wohl meinen Suzuki,
aber auch meinen Toshiba - Notebookcomputer angeben. Den Suzuki kann
ich gar nicht verschweigen, weil es für die sicherlich ein Einfaches wäre,
über die Zulassungsbehörde das herauszukriegen, aber hierfür habe ich
inzwischen ein gesundheitliches Attest, welches die Nutzung eines eigenen
Fahrzeuges empfiehlt. Wie neulich angedeutet, hat der Professor, der heute
in Potsdam arbeitet, mir per Post vor wenigen Tagen ein derartiges
Gutachten gegen die Erstattung von 15 Euro Unkosten zugeschickt. Ich
denke, da er auf seinem Gebiet eine anerkannte Kapazität ist, wird es so
schnell keiner wagen, ein Gegengutachten anderen Inhaltes dagegen zu
setzen. Das Notebook werde ich aber nicht angeben, die können mir im
Mondschein begegnen, nachher kommen die noch auf die Idee, ich müsste
mein Notebook notfalls für 200 Euro weit unter Wert verhökern, nur um
damit ein paar Euro zu haben, die die Sohibehörden dann in einem Monat
weniger zahlen brauchen. Es ist eine Schweinerei, was da geplant ist, aber
wir haben schon genug darüber gezetert und ich habe keine Lust mehr, mir
heute den Alltag schon deswegen zu vermiesen.

Kugelig lachen könnte ich mich unterdessen über den Unsinn, den hier die
Chefs von Mercedes-Benz fabrizieren. Seltsame Knebelforderungen, die
die Arbeiter weiter in die Enge treiben, um Geld einzusparen, aber selbst
verheizen die Manager Milliardenbeträge durch die idiotischen Chrysler- 
und Mistsubishi - Geschichten. Ich verstehe es nicht, warum man dort oft
unfähige Figuren, die so etwas veranlassen, in einem solch wichtigen Amt
behält. Jeder Arbeiter, der Mist baut, der den Betrieb nur 1.000 Euro kostet
fliegt hochkantig raus, aber solche Milliardenversenker, die zudem
zigtausende Arbeitsplätze vernichten, die können nicht nur bleiben,
sondern werden noch hoch belobigt und erhalten steigende Jahresgehälter
von etlichen Millionen Euro. Die Agentur für Arbeit soll denen mal
16seitige Fragebögen schicken, etwa wie viele Arbeitsplätze sie alleine
bislang im Jahr 2004 auf dem Gewissen haben. Man tut in diesem Staat
immer so, als ob die Arbeitslosen die Schuld an dieser Lage trügen, aber
global agierende Edelganoven tragen doch erheblich mehr dazu bei. Aber
auf dem Gewissen haben die die Arbeitsplätze nicht, weil sie gar kein
Gewissen mehr haben. Neulich meinte hier ein Nachbar, man müsse immer
bedenken, dass man mit jedem gekauften Auto diesen ganzen Schwanz an
unfähigen Managern mit finanziert. Gewiss gibt es bei allen Herstellern
unfähige Manager, aber mein Eindruck ist der, dass es bei bestimmten
Marken besonders extrem ist. Dort scheint es für Manager gerade eine
Einstellungsvoraussetzung zu sein, Unfähigkeit mitzubringen. Schauen Sie
sich doch die ganzen Luckys aus der Führungsliga mal an, das sind oft
scheinbar arrogante Selbstdarsteller, die nur so vor Eigenliebe strotzen.
Zuweilen vernimmt man dann die seltsame Rechtfertigung, dass dieser
oder jener Manager dem Unternehmen zwar viel Schaden zugefügt habe,
aber hätte man einen anderen genommen, wäre dieser Schaden noch
größer. Vielleicht sollte man anstelle von Managern in diesen Positionen
wirklich mal Leute aus dem eigenen Betrieb einsetzen, die den Betrieb
genau kennen und nicht ein paar zugekaufte Luftnummern, die nur von
einem Misthaufen auf den nächsten springen, wie eine Schmeißfliege.

Ich bin nicht unbedingt ein Verehrer von dem Innenminister Schilli, aber
seinen jüngsten Vorschlag finde ich absolut umsetzenswert. Er will in
Afrika Anlaufstellen schaffen, wo mögliche Asylbewerber aus diesen
Ländern vorstellig werden müssen, wenn sie hierhin wollen. Weiterhin will
er, wenn ich das richtig verstanden habe, die Möglichkeiten für diese, hier
auf anderem Wege einzureisen abschaffen. Das finde ich völlig richtig,
denn sonst kommen immer mehr Afrikaner her, die Leistungen
beanspruchen, die uns selbst danach fehlen. Nur mit dem Unterschied, wir
haben früher in diese Kassen alle mal eingezahlt, die aber nie. Die sich
daraus ergebenden Probleme sind alt und wurden schon millionenfach
diskutiert, nur dagegen gemacht hat bislang keiner etwas. Das wäre aber
nach meiner Auffassung ein erster und guter Schritt. Kein Land in
Westeuropa kann es sich länger leisten, immense Zahlen von Flüchtlingen
aus Afrika aufzunehmen und durchzufüttern. Das ergibt nur endlose
Konflikte und vor allem, man holt sich mit diesen Leuten auch deren
Konflikte ins eigene Land, vor die eigene Haustüre. Vielleicht werden Sie
sagen, dass gerade ich so etwas nicht sagen dürfte, weil ich mit Kayla
zusammen bin, eine Frau aus der asiatischen Welt, aus Thailand. Aber das
klappt hervorragend, wie Sie wissen, und bislang habe ich in
grundsätzlichen Anschauungen kaum Unterschiede festgestellt. So bin ich
davon überzeugt, dass die Menschen der westeuropäischen Welt mit denen
der asiatischen Welt wesentlich besser harmonieren, als mit denen der
afrikanischen Welt sowie im speziellen der islamischen Welt. Das hat
nichts mit einer Wertung zu tun, es ist lediglich eine Feststellung. Es gibt
halt Dinge, die von ihrem Gefüge her besser zueinander passen und solche,
die nicht gut zueinander passen. Sie würden wahrscheinlich auch keine
fette Hühnersuppe gemischt mit Waldmeister-Wackelpudding oder
Speiseeis essen, einfach weil es nicht zueinander passt und auch in dieser
Mischung unbekömmlich ist. So ähnlich verhält es sich im übertragenen
Sinne auch mit der menschlich-kulturellen Einstellung zwischen Afrika
und Europa. Was nicht zueinander passt, das kann man nicht durch
Gleichmacherei zwangsweise zusammenfügen, das klappt einfach nicht. Es
käme auch kein normaler Mensch auf die Idee, bei einem Puzzle das obere
rechte Eckstück gleich an das untere linke Eckstück fest dranzupressen.

Unverschämt geht es weiter, jedoch auf einer anderen Ebene. Im
Briefkasten lag neulich ein Schreiben mit Antwortformular, angeblich von
einer Microsoft-Vertriebsagentur Europa aus einem mir völlig unbekannten
Ort Ely in England. Wer weiß, ob es diesen Ort überhaupt gibt, das kann
von hier ja keiner überprüfen. Der Brief ist aber in deutscher Sprache und
das Antwortformular ist sogar viersprachig, u.a. in deutsch. In dem Brief
steht, dass ich angeblich eine unregistrierte Version von Windows
benutzen würde. Wenn ich möchte, dass diese weiter funktioniert, dann
müsse ich aus einigen bestimmten Menüs, deren Erreichbarkeit dort
beschrieben wird, in meinem eigenen Computer ablesen, welche
Registriernummer und verschiedene andere Daten dort für mein Windows
eingetragen sind. Diese soll ich dann in das vorbereitete Antwortformular
eintragen sowie, ganz wichtig, meine Bankverbindung eintragen. Die
Bankverbindung deshalb, weil dann angeblich 5,90 Euro für die
Freischaltung meiner Windowsversion dort abgebucht würden. Ohne die
Bearbeitungsgebühr würde es keine Freischaltung geben und mein
Windows spätestens ab September nicht mehr funktionieren und ich könnte
dann mit dem Computer nichts mehr machen. Für die Freischaltung
bekäme ich dann noch eine Internetadresse mitgeteilt, die ich dann einfach
aufrufen soll und wenn meine Angaben korrekt sind und die
Bearbeitungsgebühr überwiesen wurde, dann ginge die Freischaltung dort
über das Internet vollautomatisch und ich bräuchte mir keine Sorgen zu
machen. Da stecken mit Sicherheit Banditen dahinter, die mein Konto
leerfegen würden, sobald sie meine Kontonummer hätten oder die ähnliche
Attacken auf mich vorhaben.

Man glaubt nicht, wie sehr man die Leute mit einer Flöte auf die Palme
bringen kann. An der Jägerstraße, kurz hinter der Kreuzung mit der
Ossietzkystraße, befindet sich eine Art kleiner Platz als Einbuchtung in
Richtung des großen Gebäudes der Industrie- und Handelskammer. Bei
schönem Wetter tummeln sich dort oft die Leute, sonnen sich, faulenzen,
u.s.w. Ab und zu geselle ich mich auch dazu. Dort kennt einen niemand,
man gibt sich zwanglos und genießt den Moment. Nun tauchte seit einiger
Zeit dort öfters ein Flötist auf. Ein völlig normal aussehender Herr,
vielleicht 35 Jahre alt, wenig Haare auf dem Kopf und sehr groß. Er setzt
sich auf eine Bank oder stellt sich mit dem Rücken an einen der wenigen
Bäume im Umfeld. Verharrt vielleicht 10 Minuten, greift dann in die
Innentasche seines etwas altmodisch aussehenden, braungrauen Anzuges,
den er auch bei großer Hitze trägt, holt einige Röhrchen heraus, die er zu
einer sehr schmalen, länglichen Flöte zusammensteckt und beginnt darauf
zu spielen. Nicht schön aber selten, wäre alles, was ich mit meinem
minimalen Musikempfinden dazu sagen kann. Sein Spiel finde ich aber
nicht so schlimm, dass ich deswegen den Platz verlassen würde oder dass
es mich aufregt. Er spielt auch meist nicht überlaut. Die Melodien, die er
spielt kenne ich nicht, aber es scheinen doch Stücke darunter zu sein, die
manche Leute kennen. Jedenfalls beim zweiten Mal, als ich das erlebte,
kam ein Herr in feinem Zwirn, mit Schlips und weißem Hemd aus dem
großen Haus der IHK schnurstracks auf den Flötisten zugelaufen. Er möge
das entsetzliche Geräusch einstellen, brüllte der, die Mitarbeiter in den
Büros hätten sich schon heftig beschwert und könnten sich nicht auf ihre
Arbeit konzentrieren, schon gar nicht, wenn er dieses Lied spiele. Der
Flötist antwortete nicht in Worten, sondern zappelte mit seiner Flöte
herum, so als ob er mittels Flöte mit dem Herren spreche, dabei entstanden
teils grässliche Quietschtöne oder auch nur Gezische. Der Wohlgekleidete
schimpfte nun noch mehr. So ging das einige Zeit, dann verschwand der
Herr wieder in dem riesigen Bau und der Flötenmann spielte noch
vielleicht eine halbe Stunde weiter und ging dann weg. Dieses Schauspiel
wiederholte sich nur wenige Tage später in ähnlicher Form. Vielleicht auch
an allen anderen Tagen, das kann ich aber nicht sagen, weil ich an denen
selbst nicht dort war. Gestern eskalierte die Sache dann. Zunächst die
gleiche Abfolge, wie beschrieben, jedoch zugleich stand ein anderer Mann
von einer Sitzbank auf, und während der wohlgekleidete Herr von der IHK
auf den Flötenspieler einredete, ergriff der andere den Flötenheini am Arm,
um ihn dort wegzuzerren. Er sagte noch so etwas wie, so Bürschchen jetzt
ist es für dich hier vorbei, du hast jetzt Sendepause. Der Flötenkerl zischte
und quietschte wieder extremer mit seinem Instrument, entlockte dem Ding
Töne, die an einen aufgeregten Vogelschwarm erinnern, den jemand
durcheinander treibt. Ein leichtes Gerangel entstand und der Flötist wurde
vertrieben, wobei er sich von dem anderen Mann von der Sitzbank beinahe
noch einen Tritt in den Hintern eingefangen hätte. Nun bin ich gespannt, ob
er in den nächsten Tagen wieder kommt oder ob die Rangelei ihm gereicht
hat.

Direkt bei uns an der Hausecke standen neulich Leute mit Sammelbüchsen,
die für ein angebliches Hilfsprojekt in der dritten Welt sammelten. Das
sieht der Hauseigentümer aber gar nicht gerne, auch wenn er ansonsten
mehr ein Gemütsmensch ist. Er hat die Herrschaften dann weg
komplimentiert, jedoch nach weniger als 15 Minuten waren sie wieder da.
Zufällig kam der Hauseigentümer dann wieder aus dem Haus, der kommt
sonst ja eher selten hier vorbei, weil er selbst hier nicht wohnt und nun hat
er mit ihnen ziemlich laut geschimpft. Sie wollten sich dann mit dem
Argument rechtfertigen, dass sie stehen könnten wo sie wollten und dass es
ja schließlich für eine gute Sache sei. Da das aber Privatgelände vom
Hausbesitzer ist, waren sie mit dieser Ansicht wohl auf dem Holzweg und
er hat ihnen mit der Polizei gedroht, falls sie nicht sofort und für immer
von seinem Gelände verschwinden würden, was sie dann auch unter leisem
Protest gemacht haben.

Kayla fungierte neulich als Glücksfee, jedenfalls im übertragenen Sinne.
Ein Supermarkt in Ostheim hatte neu eröffnet oder nach Renovierung und
Umbau neu eröffnet. Es mag vielleicht seltsam klingen, aber wenn es
irgendwo Neueröffnungen gibt, gehen wir meist hin, weil es oft etwas
umsonst gibt. An der Haupteingangstüre angekommen stand ein als Clown
verkleideter Supermarktmitarbeiter dort, der schon von weitem ein Auge
auf Kayla geworfen hatte. Als wir näher kamen, reckte er ihr einen Topf
mit Losen entgegen, ähnlich wie die Losverkäufer auf der Kirmes, nur das
man hier kostenlos Lose ziehen konnte. Der Clownmann sagte, normal
dürfe jeder Eröffnungsgast nur 3 Lose ziehen, aber Kayla dürfe 5 Lose
ziehen. Sie zog also und eine geheimnisvolle Gewinn-Nummer war dabei
sowie auf einem weiteren Los stand im Klartext, dass sie eine
Zehnerpackung Vademekum-Gesundheitskaugummis gewonnen habe. Ich
selbst durfte dann noch die obligatorischen 3 Lose ziehen, worunter jedoch
kein Gewinn war. Die Aushändigung der Gewinne fand dann im Laden an
einer dazu aufgebauten Theke statt. Zuerst gab es die Kaugummis, wie wir
später im Laden feststellten, wurden die dort für 1,15 Euro die
Zehnerpackung im Regal angeboten. Dann folgte die geheimnisvolle
Nummer, worunter man sich gewiss manches vorstellen möchte. Gewinn-
Nummer 87 stand auf dem blauen Los mit der neonpinkfarbenen Kante.
Ein gestriegelter Herr hinter der Theke wühlte hinter und unter der Theke,
fand aber keinen Gewinn mit dieser Nummer. Per Handy telefonierte er mit
seinem Chef herum, was denn die 87 für ein Gewinn sei. Es dauerte und
nach einiger Zeit kam sein Chef persönlich vorbei und sagte, dies seien
Gewinne aus der Gewinnliste, wo man nachsehen müsse, was das genau
wäre. Er klappte einen schmalen länglichen Kladden auf und suchte dort
eine Weile, dann rief er: Ah ja, da hemmersch ja, die 87, die 87, genau! Sie
henn ein Kaschte erschtklassiges Volvic-Mineralwasser gwonne von der
neuen Sorte mit 12 Fläschle a 1,5 Liter und desch Pfand gibt's obendrauf.
Ein vielleicht etwas ungewöhnlicher Gewinn für eine Neueröffnung, ein
großer Kasten Sprudelwasser, aber immerhin, zusammen mit dem Pfand
ein Wert von 15,49 Euro und Sprudelwasser trinken wir ja auch, daher hat
sich das Warten und der Eröffnungsbesuch gelohnt. Wir haben selbst
gestaunt, dass dieses Sprudel so teuer ist. Aber es ist wohl wegen der
großen 1,5 Liter - Flaschen und weil es so eine Art Nobelwasser sein soll.
An der Getränkekistenausgabe konnten wir uns dann noch aussuchen, ob
wir dieses Volvic-Mineralwasser in der Sorte mit oder ohne Kohlensäure
haben wollten. Wir haben uns für mit Kohlensäure entschieden, denn ein
Sprudel ohne Sprudel gewissermaßen, dann kann ich auch gleich die
Wasserleitung in den Mund legen. Vor uns war eine ältere, schon leicht
klapprige Dame mit Gehstock, die die Nummer 82 gezogen hatte und die
war mit ihrem Gewinn gar nicht zufrieden, fühlte sich gar verulkt, da sie
die aktuelle Ausgabe der Jugendzeitschrift Bravo gewonnen hatte. Sie
meckerte herum, ob man ihr den Gewinn nicht umtauschen könne, und
wenn es nur gegen eine Packung Kekse oder ein Eis am Stiel wäre. Ich
weiß nicht, ob die das gemacht haben, weil die noch da stand, als wir schon
unseren Sprudelkasten zum Suzuki schleppten. Zuhause angekommen
wurde getestet und das eigentlich so teure Volvic-Wasser schmeckt mir
auch nicht wesentlich besser, als das billige Zeug vom Aldi, wovon die
1,5-Liter Flasche nur 19 Cent zuzüglich Pfand kostet und welches aus
Holland importiert wird. Hätte nicht Kayla sondern ich den Kasten Sprudel
gewonnen, so würde mir das langsam peinlich. Früher hatte ich nie Glück
und jetzt in einem Jahr schon zwei Gewinne, das schweineteure
Notebookgerät und jetzt noch den Sprudelkasten, aber so ist ja Kayla die
Gewinnerin.

Heute musste ich wieder ins Behördenzentrum. Behördengänge, dieser
Begriff ist ja zweideutig. In diesen Behörden gibt es ja endlose Gänge,
längs, quer, schräg, auf und ab, Flure, Treppenhäuser, Aufzüge. Aber der
Begriff Behördengang ist ja eigentlich anders besetzt, mit dem Gang zur
Behörde, wenn man dort etwas zu erledigen hat, oder wenn die etwas von
einem wollen. Beide Möglichkeiten der Begriffsauslegung treffen im
Behördenzentrum zusammen und so kann man nach manch einem Besuch
gleich zwei Lieder davon singen. Ich reiße mich nicht um Besuche dort,
aber man hatte mich hinbestellt. Büro für kommunale Neugliederung, hieß
die Stelle, wo ich hin sollte. Nun fand ich trotz aller Überlegungen keinen
Berührungspunkt, den ich mit kommunaler Neugliederung haben könnte.
Die angesprochene Zweideutigkeit des Begriffes Behördengang schlug
erbarmungslos zu. Ich fand das Büro nicht. Aber im Behördenzentrum gibt
es gleich mehrere Pförtner, die zugleich auch als Auskunftsbüro dienen,
jedenfalls einige davon. Ich erwischte natürlich einen, der nicht dazu
zählte, weil ich an einem Seiteneingang reingegangen war. Der Befragte
machte eine sehr finstere Mine und erklärte nur, dass umfassende
Auskünfte nur an der Informationsstelle am Haupteingang zu bekommen
wären. Dann setzte er noch streng den Hinweis nach, dass dieser
Seiteneingang eigentlich nur für Personal gedacht sei. So eilte ich durch
zwei Flure, die ich schon von früheren Besuchen her kannte und die mich
zum Hauptportal und der dortigen Infostelle führten. Dort wiederholte ich
meine Frage nach dem Büro für kommunale Neugliederung. Sehr hoch
frequentiert scheint dieses Büro nicht zu sein, denn die dortige
Auskunftsdame mit hochtoupierter Frisur wusste auf Anhieb mit dem
Begriff nichts anzufangen. "Heißt die Stelle wirklich so?", war das einzige,
was sie darauf sagte. Sie studierte eine Tafel, auf der der Begriff nicht
auftauchte, dann wälzte sie eine Art hausinternes Telefonbuch und wurde
fündig. Sie erklärte mir den Weg, aber als ich gerade diesen beschreiten
wollte, rief sie mich zurück und sagte, dass es einfacher sei, außen herum
am Gebäudeteil 2 vorbei zu gehen und dann quer die Tür zum Gebäudeteil
4 wieder rein ins Haus und ab dort nur scharf rechts die Treppe rauf in den
2. Stock und dann sei es die erste oder zweite Tür wieder rechts. So getan
war ich tatsächlich nach nur 3 Minuten dort, ich habe das gemessen. Eine
Frau Reichwald saß dort. Die sah genauso aus, wie ich mir immer eine
typische Behördensekretärin vorgestellt hatte. Mittelschlank, man könnte
auch sagen leicht dicklich, grellblond gefärbte Haare, eierförmige
Katzenbrille, einen leichten Sprachfehler, sie stieß mit der Zunge an, und
mit kariertem, kurzen Rock, jawohl, eine Frau, die sich heute noch mit
Rock zeigt! Ihre Schönheit begrenzte sich auf ihre Beine, die waren
wirklich hübsch. Die meisten Frauen tragen heute Hosen, ich find Röcke
schöner, obwohl, an der Frau war's mir eher egal. Ich zeigte ihr den
Schrieb, den ich von ihrer Stelle bekommen hatte. "Isss desss von
unnnsss?!", fragte sie ungläubig. "Ja sieht doch so aus!", meinte ich.
Mehrmals las sie die Vorladung, oder sollte ich besser Einladung sagen?
Dann telefonierte sie sehr lange. Ich bekam nur mit, dass sie mehrmals
meinen Namen erwähnte und diverse Fragen stellte, z.B. was ich denn dort
solle u.s.w. Dann legte sie verwirrt den Hörer auf, wartete ein wenig und
sagte: "Der Herr Bertsch kommt gleich." Von mir aus, dachte ich, soll er
doch kommen. Dann kam auch einer zur Tür rein, ein komischer kleiner
Mann mit Halbglatze, runder Brille und einem Anzug dessen Oberteil aus
dem gleichen karierten Stoff zu sein schien, wie der Rock von der Frau
Reichwald. Mit fast schon piepsiger Stimme sagte der Bertsch sehr
freundlich, dass ich ihm folgen soll. Wir gingen in ein leeres Büro auf dem
Flur schräg gegenüber. Dort standen nur ein paar einfache Tische mit etwa
12 oder 15 billigen Kantinenstühlen davor. Der Bertsch zog die Jalousien
hoch und öffnete ein Fenster, damit die stickige Luft rausging. In dem
Raum muss der Luft nach zuvor Ewigkeiten keiner mehr gewesen sein.
Wir setzten uns an einen Tisch und der Bertsch erklärte, dass sehr
umfangreiche Auswertungen zur kommunalen Umgestaltung im ländlichen
Umkreis anstünden. Dazu müssten u.a. über 2.000 Auswertebögen in den
Computer übertragen werden. Da ich ja Sozalhilfeempfänger sei, der keine
körperlich schweren Arbeiten machen dürfe, mich aber andererseits schon
gut in den Diensten der Stadt bewährt hätte, schlage er mir vor, dass ich für
diese Einmal-Aktion diese Bögen dort übertragen soll. Er rechnet dafür mit
einer Einsatzzeit von etwa 2 Monaten. Zudem soll das Ganze sich auch für
mich auszahlen, da meine Sozialhilfe für diese Zeit um immerhin 265 Euro
monatlich aufgestockt würde. Meine Arbeitszeit wäre unter
Rücksichtnahme auf meine ehemalige Krankheit nicht so krass, wie bei den
Festangestellten und den Beamten hier, sondern ich solle dort nur von
Montag bis Donnerstag jeweils zwischen 8 und 11.30 Uhr diese Arbeit tun,
den Rest hätte ich frei. Noch bevor ich das verinnerlichen konnte, fügte er
hinzu, dass diese Sache erst ab Oktober beginnen würde, ich also den
ganzen schönen Sommer noch zur freien Verwendung hätte. Süßfreundlich
folgte dann noch der Hinweis, dass ich bei Ablehnung sogar mit einer
empfindlichen Kürzung meiner jetzigen Sohi - Gelder rechnen müsste.
Mein erster Gedanke hieß automatisch: Herr Smelka, ich muss sofort Herrn
Smelka anrufen! Die Anschläge auf meine Freizeit gehen weiter, obwohl
ich seit den jüngsten Geschehnissen im Mai diese Art der
Zwangsrekrutierung zu städtischen Arbeitsmaßnahmen für mich als
abgehakt betrachtete. Den Smelka konnte ich natürlich nicht aus dem Büro
des Bertschs anrufen. So erklärte ich dem Bertsch zuerst einmal meine
gesundheitliche Lage und wie das in April und Mai schon einmal alles
abgelaufen war. Etwas verunsichert kratzte sich der Bertsch danach am
nicht vorhandenen Bart und gab zu bedenken, dass man ja schließlich extra
deswegen eine solch milde und wenig anstrengende Tätigkeit für mich
herausgesucht habe. Genaues über meinen speziellen Fall wisse er aber
auch nicht. "Bevor wir da Fehler machen, kläre ich das noch einmal ab.",
sagte der Bertsch dann und sagte mir, dass ich wieder nach Hause gehen
könne. Man will mir nächste Woche näher bescheid geben, ob und wenn ja
ab wann ich solche Tätigkeiten machen muss. Sie ahnen sicher, was
kommt. Kaum zu Hause, habe ich den Smelka angerufen und dem die
Sache erläutert. "Diese Teufel", sagte der, "da machen die sich doch
tatsächlich die Mühe und suchen für Leute mit schweren
Gesundheitseinschränkungen auch noch machbare Jobs. Das hat es früher
nie gegeben. Spätestens wenn jemand mit echten gesundheitlichen
Einschränkungen meiner Art aufzuwarten hatte, dann war Schluss für den,
auch weil man Regressforderungen im Falle späterer Verschlimmerungen
des Gesundheitszustandes befürchtete." Der Smelka kann mir ohnehin
nicht mehr lange behilflich sein. Er ist jetzt schon kaum noch im Dienst,
weil er aus Altersgründen bald seinen Hut nimmt und noch viele
Überstunden vor sich her schiebt, die er wochenweise seit Juni abfeiert.
Trotzdem will er sich noch einmal erkundigen, was machbar ist. Er
empfiehlt, wenn es sich als einmalige Sache herausstellt, aus der ich nach
den genannten 2 Monaten ohnehin wieder raus wäre, dieses vielleicht doch
dann lieber durchzustehen. 2 Monate sind schnell vorbei und es gibt ja
auch immerhin 265 Euro mehr jeden Monat dafür. Danach ist dann wieder
alles wie zuvor. Natürlich bleibt zu befürchten, dass diese Behörden dann
immer wieder mal mit ähnlichen Aufgaben angewackelt kommen, die ich
auf ähnliche Weise erledigen soll. Falls es jedoch durchschimmert, dass die
daraus eine Dauereinrichtung machen wollen, dann soll ich doch in
Zusammenarbeit mit meinem Arzt und vielleicht dem Professor, der heute
in Potsdam herumlungert, eine Befreiung von dieser Sache erwirken. Der
Smelka sieht da durchaus Chancen, das durchzubekommen, nur es ist
wieder erneuter Ärger und erneute Lauferei. Für die Überbrückung von 2
Monaten würde sich der Aufwand nicht lohnen und vor allem würde es
meinem internen Ruf bei der Behörde nicht abträglich sein. Wenn ich diese
Sache dann notgedrungen mitmache und dabei auch nicht gerade durch zu
viel Widerborstigkeit glänze, dann sieht es für die so aus, als habe der
Lappenkeuler wenigstens guten Willen bewiesen und man drückt bei
weiteren Mittelbewilligungen eher ein Auge zu, als bei Leuten, die sich
verweigern, die man dann eher in den Hintern zwickt, in dem man stur alle
möglichen Leistungen zusammenkürzt.

So wünsche ich uns allen, dass die Zukunft so weitergeht, wie wir es uns
wünschen und nicht, wie andere sie uns aufzwingen wollen.

Ihr

Egbert Lappenkeuler
 


Beitrag 2

Lappenkeuler - Brief / Email "Vergoldet" vom 08.08.2004

Guten Tag.

Freitag war ein Tag, den man hätte vergolden müssen! Ein Schreiben von
Herrn Bertsch, von dieser Stelle für kommunale Neugliederung im
Behördenzentrum, ich berichtete Ihnen jüngst davon. Er schreibt mir, dass
man meine Angelegenheit im Amt geklärt und überdacht habe, mit dem
Ergebnis, dass sie bedauern, mir die Mitteilung machen zu müssen, dass
ich nicht die angedachte Arbeit machen darf, da gesundheitliche Bedenken
bestehen. Das klingt für einen Uneingeweihten alles so, als ob ich mich
selbst bei denen auf diesen Job beworben hätte, dabei hatte man mir ja eine
Vorladung geschickt. Was will man mehr? Gut, die schönen 265 Euro extra
bekomme ich dann zwar auch nicht, aber lieber auf die 265 Euro im Monat
verzichten und dafür zu Hause bleiben können, als dort wieder
zwangsweise in städtischen Diensten zu stehen.

Ansonsten war die vergangene Woche etwas stressig und die nächste droht
noch schlimmer zu werden. Hektik und das bei den Temperaturen das passt
irgendwie nicht zusammen. Hektik mag ich nie, aber bei warmem Wetter
schon erst doppelt gar nicht. Man könnte kaputt gehen dann und es gibt
Momente, in denen könnte man es dem HB-Zigarettenmännchen aus der
früheren Werbung nachtun und in die Luft gehen.

Mit dem Suzuki ist mir ein Missgeschick passiert, was aber nicht auf den
Wagen zurückzuführen ist, sondern auf meine Dummheit. Ich fahre diese
Tage von Malmsheim den Bekannten wieder nach Stuttgart, von dem ich
Ihnen vor Monaten einmal berichtete. Plötzlich, ungefähr in der Höhe von
Leonberg, ging während der Fahrt der Motor aus. Mein Bekannter schaute
entsetzt, brachte aber nur die kurze Bemerkung zustande: "Jetzsch
hammers!"  Ja nichts haben wir, sofort war mir klar, ich Hornochs hatte
vergessen zu tanken. Schon zwei Tage davor war die Reservebirne im
Armaturenbrett am leuchten, aber ich hatte später nicht mehr darauf
geachtet. Bis Leonberg waren es noch 3 Kilometer, dazwischen keine
Tankstelle, also war wandern angesagt. In Leonberg selbst gibt es
zahlreiche Tankstellen. Der Bekannte wurde missmutig, es blieb ihm nur
die Wahl, entweder mit mir zu wandern oder so lange im oder beim Auto
zu warten, bis ich mit vollem Kanister zurück war. Das konnte dauern, 3
Kilometer bis Leonberg, dort an einer Tanke einen Kanister leihen, den
betanken und dann wieder 3 Kilometer zurück zum Wagen, da sind schnell
2-3 Stunden weg. Was blieb einem übrig? Der Bekannte entschied, mit zu
wandern und dann aber in Leonberg zu bleiben. Ich sollte ihn dort wieder
auflesen, wenn ich frisch betankt wieder durch Leonberg komme, damit er
sich den Rückweg zum Wagen sparen konnte. Nach knapp einer Stunde
Wanderung kamen wir an der ersten Tankstelle von Leonberg an. Einen
Kanister leihen wollte die Dame hinter der Kasse uns aber nicht. Kaufen
oder gar nichts, sagte sie. So musste ich notgedrungen für schmerzliche
9,99 Euro einen 5 Liter-Plastikkanister kaufen, den dann für weitere 6,70
Euro betanken und zurückwandern. Der Tag war im Eimer. Mein
Bekannter fluchte später unaufhaltsam, weil er nicht zeitig nach Stuttgart
kam, er wurde gar richtig ausfallend. Gut, er hatte recht, ich hatte Schuld,
das hätte nicht passieren brauchen, aber deswegen auf dem Rest der
Strecke dauernd sich da hinein zu steigern und zu pöbeln, das muss auch
nicht sein. Irgendwann, kurz vor seinem Ziel, schon in Stuttgart, wurde es
mir zu bunt. Ich habe am Wilhelm-Braun-Sportpark in Feuerbach
angehalten und ihm gesagt, dass er ab hier zu Fuß gehe und auch zusehen
könne, wie er Tags darauf wieder nach Hause komme, wenn er nicht sofort
mit dem dummen Dauergemotze aufhört. Dort von Feuerbach ist es zu
seinem Ziel noch sehr weit. Zuerst machte er den Ansatz noch mehr zu
schimpfen, stoppte dann aber mitten im Satz und beschwichtigte. Er habe
sich so geärgert, weil er sich gerade heute mit einer besonderen Dame
treffen wollte, die nun wahrscheinlich nicht länger auf ihn gewartet habe.
Dann habe ich ihn doch noch zu seinem Ziel gefahren und wie ich am Tag
danach von ihm bei der Rückfahrt erfuhr, hatte die Dame doch gewartet
und die Welt war wieder in Ordnung. Mich geht es ja nichts an, aber das ist
sowieso so ein Hallodri. Da lässt er sich von mir an dem einen Tag nach
Stuttgart fahren, hurt die ganze Nacht durch und am Tag danach geht's
wieder zurück in sein graues Malmsheim. Und das jede Woche einmal. Er
hat mir selbst mal gesagt, dass er auf diese Weise im Monat 60 % seines
Gehalts mit Huren drauf macht. Nun kenne ich sein Einkommen nicht, es
wird mit Sicherheit höher sein als meines, er arbeitet als Lagerarbeiter in
einem Lebensmittelgroßhandel; aber ich schätze schon, dass er jede Woche
über 300 Euro bei den Gewerbedamen springen lässt, eher mehr. Mir wäre
es schade um soviel Geld, aber ich habe gut reden, ich habe ja auch Kayla,
da brauche ich so was nicht. Trotzdem, auch als ich Kayla noch nicht
kannte, wäre mir das Geld in diesem Ausmaß zu schade gewesen, selbst
wenn ich sein Einkommen hätte. Das Geld für die Fahrerei verdiene ich
mir bei ihm durchaus gerne, aber es ist für ihn kein Freibrief, mich
stundenlang beschimpfen zu können, wie einen Lakai, mit dem man
machen kann, was man will. Das habe ich ihm auch klar gemacht, wenn so
etwas noch einmal passiert, dann kann er sein Geld behalten und sich einen
anderen Chauffeur suchen.

Über Kunst hatte ich vor einiger Zeit auch schon mal kurz etwas
geschrieben. Nicht dass Sie glauben, ich sei ein Kunstkenner, bei weitem
nicht, aber ich besuche manchmal gerne Galerien oder Ausstellungen. Ich
finde es zuweilen sehr interessant, was man dort zu sehen bekommt und
nicht selten ist es schöner, dort die Leute zu beobachten, als die
ausgestellten Kunstgegenstände. Besonders die Reaktionen der Betrachter
auf abstrakte Kunstwerke oder ähnliches sind immer wieder schön. So
führte mich diese Tage mein Weg in eine kleine Privatgalerie. Ein
Kunstwerk hatte es mir dort besonders angetan, eine Blechziege. Eine
originalgetreu nachgebaute Ziege in Originalgröße aus getriebenem Blech.
Früher, vielleicht 1955, gab es einmal ähnliches als Spielzeug für Kinder
im Kleinen, vielleicht so groß wie eine halbe Hand oder noch kleiner, aber
hier das Ding war echt groß. Wie das frühere Spielzeug bestand auch diese
Blechziege aus zwei zusammengefügten, hohlen Halbschalen aus
getriebenem Blech, wobei die Spielzeuge früher wohl nicht von Hand
getrieben, sondern auf einer Maschine gestanzt waren. Unzählige Kinder
haben sich früher an derartigen Spielzeugen die Hände blutig geschnitten,
wenn sie versuchten, mit den Fingern aus kindlicher Neugierde diese
Halbschalen wieder auseinander zu ziehen, um zu sehen, wie es darin
aussieht. Es wurden damals nicht nur Spieltiere so aus Blech gemacht,
auch Automodelle oder Häuslein. Was aber überhaupt nicht zu einer
originalgetreuen Ziege passen wollte, das war die Farbgebung.
Unterschiedliche Metallic- und Hammerschlagtöne von glänzend grün bis
glänzend blau, mit silbernen Strähnchen drin und ein knallroter
Metallicmund mit weit herausgestreckter Zunge, das wirkte schon recht
abenteuerlich. Eine Dame, die stets den Kopf sehr hoch trug, mit nach oben
gestreckter Nase, im wahrsten Sinne des Wortes war die hochnäsig,
schleppte eine andere Dame regelrecht hinter sich her und versuchte, dieser
anderen Dame an jedem Kunstwerk Erklärungen abzugeben. Nach meiner
Meinung tat sie das nur, um eigenes Kunstverständnis vorzutäuschen. Die
mitgezogene Dame sagte bestenfalls "Ja, ach was" oder "Sollte man ja
nicht glauben." Andere Reaktionen auf die Erklärungen folgten nie. An der
Blechziege angekommen, meinte die erste Dame zur anderen: "Das ist eine
ganz außergewöhnliche Arbeit von dem jungen Künstler Thomas-Edgar
Recke. Das war aber auch nicht zu übersehen, denn unter der Ziege stand
eine große Tafel, auf der dieser Name stand. "Ich kenne diesen Künstler
persönlich, ein ganz toller Hecht, sage ich dir"; meinte sie zu der anderen.
Nun schlummert in mir ja auch ein Spaßvogel und ich stand dicht neben
den beiden Damen. So mischte ich mich in das Gespräch ein. Ich sagte:
"Entschuldigen sie bitte, ich hörte gerade zufällig, dass sie eine persönliche
Bekannte von T.E. - Recke waren. Ja ist es nicht schrecklich, waren sie
auch auf seiner Beerdigung im März? Die Leute haben ja in Scharen
geweint!" Die Dame bekam einen hochroten Kopf und stotterte: "Ja, der
Arme, und schon so jung verstorben." "Ja leider", sagte ich, "aber er
konnte von seiner zweiten Leidenschaft, neben der Kunst, dem
Motorradfahren nicht lassen und trauriger Weise wurde ihm diese zum
Verhängnis." Ich ging dann mit gesenktem Haupt weiter zum nächsten
Kunstwerk, den Recke, kenne ich gar nicht, habe nie zuvor von ihm gehört.
Aber im Hintergrund bekam ich noch mit, wie die eine Dame diese
Geschichte dann gegenüber der anderen noch ausbaute, von wegen
schwerer Motorradunfall und dass sie beinahe selbst noch als
Soziusfahrerin dabei gewesen wäre, weil er ihr die Mitfahrt zu einer
Urlaubsreise per Motorrad nach Italien angeboten hätte. Na ich hatte
meinen Spaß, wie Sie sich vorstellen können. Aber der sollte noch größer
werden, als der Inhaber der Galerie stolzierend heranschritt. Er verharrte
neben den Damen und der Blechziege. "Ein bewundernswertes Werk, nicht
wahr!", sagte er zu den Damen. Die eine Dame darauf: "Ja einfach
grandios, schade nur, dass wir von ihm nie wieder weitere Werke sehen
werden. Viel zu früh verstorben, aber ich kannte ihn ja gut, seine furchtbare
und unglückliche Leidenschaft für schnelle Motorräder..." Verwirrt stutzte
der Galerist: "Wie, meine Damen, was meinen Sie damit?" "Ja Herr Recke
ist doch bei diesem schrecklichen Motorradunfall ums Leben gekommen.",
sagte sie selbstsicher. "Um Gottes Willen, wann denn, gestern?", hakte der
Galerist nach. "Nein, ach was, im März schon.", erwiderte die Dame. "Na
sie haben vielleicht einen tiefschwarzen Humor", meinte der Galerist, "ich
habe doch erst vorgestern mit ihm telefoniert und ihm bestätigt, dass alle
seine Kunstwerke hier so perfekt aufgestellt wurden, als habe er sie selbst
in Positur gebracht." Die zweite Dame darauf zur ersten: "Was erzählst du
denn hier wieder? Ich denke du kennst den Recke persönlich, von wegen
Einladung zur Motorradfahrt nach Italien." "Hach, dann war das doch ein
anderer Recke, ich habe sicher die Namen verwechselt.", sagte die erste
Dame darauf kleinlaut. Grinsend verließ der Galerist die Damen und
wandte sich anderen Besuchern zu. Mit einem giftigen Blick entdeckte
mich die erste Dame dann noch hinten in einer Ecke stehen, ich habe es
dann vorgezogen, die Galerie zu verlassen und mich unterwegs auf dem
Nachhauseweg noch halbtot gelacht über diese Geschichte.

Wir fallen wieder zurück auf unser altes Thema: billig Autofahren. An der
Tankstelle traf ich neulich auf einen Mann, der eine noch billigere
Möglichkeit zum Autofahren nutzt, als ich, zumindest was die laufenden
Unterhaltskosten anbetrifft. Er stand dort mit einem umgebauten Nissan-
Micra. Der ist ähnlich klein, wie mein Suzuki, eher sogar etwas größer,
aber der war seines originalen Motors beraubt worden und hatte anstat
dessen einen Kleinmotor mit nur 2 Zylindern erhalten. Der originale Micra
hat wohl 50 PS, der hier mit diesem Kleinmotor nur noch 10 PS und läuft
offiziell nur noch 25 km/h. So darf er ihn nach den Regeln der alten
Führerscheinklasse 4 fahren und benötigt nur eine Versicherung wie ein
Mofa. Steuer bezahlen braucht er gar keine und ich habe ausgedehnt mit
ihm gesprochen und er sagte, dass die Versicherungskosten bei 75 Euro pro
Jahr liegen würden, mehr nicht. Die niedrige Geschwindigkeit von 25 km/h
ist natürlich wirklich sehr langsam, er sagte allerdings, dass das Fahrzeug
tatsächlich problemlos 40 km/h laufen würde, solange keine Steigung
anliegt und er fahre 40 km/h häufig damit und habe deswegen noch nie
Ärger bekommen. Das Platzangebot ist wie in jedem anderen Nissan-Micra
auch, nur die Geräusche sind dank des komischen Motors etwas
gewöhnungsbedürftig. Es klingt, wie ein Gemisch aus Rasenmäher und
Motorboot. Ein solches Gefährt ist ideal für jemanden, der immer nur
Kurzstrecken fährt, denn überlegen Sie mal, 4 Stunden für eine 100 km -
Strecke, sofern man sich an die 25 km/h hält, da wird ein 100 km entfernter
Ort schon zu einer halben Weltreise. Der Mann sagte, dass er ihn gebraucht
für 3.000 Euro gekauft habe. Das wäre mir schon wieder viel zu teuer
gewesen. Ich muss zwar Steuern bezahlen und auch etwas mehr an
Versicherungsprämien, konnte aber auf ein 850-Euro-Auto zurückgreifen.
Diese Umbau-Gefährte werden unangemessen teuer gehandelt, selbst wenn
sie schon etliche Jahre auf dem Buckel haben. Zum Trost braucht er aber
auch nie zum TÜV damit, im Gegensatz zu mir. Der Bekannte von mir aus
dem Autofach hat aber schon gesagt, dass ich mit meinem Suzuki den
TÜV nicht fürchten brauche, da er trotz des über 10-jährigen Alters in sehr
gutem Zustand wäre.

Wie böse manche Politiker drauf sind, das bewies erst jüngst einer von
ihnen in einem Gespräch in einer politischen Runde im dritten
Fernsehprogramm. Es gilt um jeden Preis die Anzahl der Autofahrer in
Deutschland zu reduzieren und dabei noch den Kunstgriff hinzubekommen,
dass die Einnahmen aus dem Betrieb der dann verbleibenden Autos
mindestens gleich bleiben oder besser noch ansteigen. Viele
Boshaftigkeiten befinden sich bereits in einem furchterregenden Stadium.
Während andere Politiker laut darüber nachdenken, die Fahrzeugsteuer
abzuschaffen und ganz aufs Benzin umzulegen, was ich ja noch OK finden
würde, propagiert dieser Hund, dass unter Beibehaltung der Fahrzeugsteuer
zusätzlich die Benzinsteuer kräftig erhöht werden müsse. Er dachte an eine
Erhöhung auf mindestens 5 Euro pro Liter. Nur so wäre endlich ein Anreiz
geschaffen, wirklich sparsame Autos zu bauen und zu kaufen und nur so
käme man endlich weg von dem übertriebenen Anspruchsdenken, dass
Leute, die vorwiegend alleine im Auto herumreisen, sich einen dicken
Wagen kaufen. Die sollen dann lieber einen Smart kaufen oder besser noch
auf die Bahn umsteigen. Dann forderte er einen erheblichen Ausbau der
Überwachungssysteme und zwar so weitgehend, dass die in
Ballungsgebieten unweigerlich jeden Verkehrsverstoß registrieren und in
ein Bußgeld verwandeln würden. Zusätzlich sollten aber auch auf dem
Lande und entlang aller Autobahnen umfassende Überwachungssysteme
installiert werden. Der Wahnsinnige euphorisierte sich dann da so weit
hinein, dass er noch lange davon prahlte, dass diese lückenlose
Überwachung der Verkehrsräume bundesweit über 25.000 neue
Arbeitsplätze schaffen würde.

Übrigens habe ich beim Behördenzentrum zufällig mitbekommen, dass
derzeit bundesweit zig tausend Werbevertreter rekrutiert werden, die von
Haustür zu Haustür laufen sollen und dort den Leuten irgendwelche Waren
oder Reisen aufschwatzen sollen. Das sei die Folge der neuen Schutz-
Ergänzungsverordnung zum Telekommunikationsgesetz, wonach die
lästigen Werbeanrufe, die man so oft erhält, verboten sind, solange der
Angerufene nicht ausdrücklich einwilligt. Direkte Vertreterbesuche
hingegen, auch unangemeldet, sind nicht verboten und deshalb haben
windige Vertriebscenter diese Lücke als Ersatz für diese Schmeißfliegen-
Telefonanrufe entdeckt. Nun suchen sie überall Leute, die sich dafür in
kurzen Schulungen als Vertreter anheuern lassen. Im Gegensatz zum
typischen Vertreter, wie man ihn kennt, vertreiben diese Affen dann an der
Tür nicht nur die Produkte einer einzelnen Firma, sondern versuchen, den
Leuten die unterschiedlichsten Sachen aufzuschwatzen. Wer keine
Zeitungsabos, Staubsauger und keine Wischtücher braucht, der kriegt dann
eben eine Mallorcareise oder eine Versicherung aufgeschwatzt oder noch
etwas anderes. Auf die Invasion dieser Werbehelden freue ich mich schon.
Ich koche Vertreter immer gerne bis zur Weißglut weich, sofern ich selbst
Zeit dazu habe. Ich garantiere, ein Vertreter, der schon einmal bei mir war,
der kommt nie wieder. Nicht weil ich ausfallend werde, sondern weil ich
seine Angebote so weit hinterfrage, dass er oft bis zu einer Stunde
investiert, mir sein Produkt zu erklären, alles sehr freundlich, und am
Schluss sage ich dann, dass ich an solchen Dingen sowieso kein Interesse
hätte und seine ganze Mühe und Vorfreude darüber, einen Dummen
gefunden zu haben, dem er seinen Mist verkaufen kann, bricht dann in
Sekundenbruchteilen in sich zusammen.

Hochmoderne Technik sollte immer wieder mit gehöriger Skepsis
betrachtet werden. Sicherlich auch bei Ihnen haben seit einiger Zeit in
Supermärkten die Scannerkassen Einzug gehalten. Am Mittwoch waren
Kayla und ich hier in einem Discounter-Supermarkt in der Nähe einkaufen.
So kauften wir neben anderen Dingen 2 Dosen Konserven-Pfirsiche. Die
Frau an der Kasse zog die erste Dose über das Scannerfeld, in Ordnung, der
Betrag wurde gebucht und es piepste einmal, dann zog sie die zweite Dose
darüber und der Piepston klang nach meiner Meinung etwas anders, als
sonst, mehr wie ein Brummton mit Piepsen dazwischen. Dem wurde
jedoch weiter keine Beachtung geschenkt und die Geschichte ging weiter.
Dann als alle unsere Waren durch waren, verlangte die Kassenfrau 46,85
Euro von uns, ein Betrag, der mir angesichts der wenigen gekauften Sachen
viel zu hoch erschien. Mit allerhöchstens 15 Euro hatte ich gerechnet. So
bemängelte ich gleich den hohen Betrag, der aber auch von der Kasse
angezeigt wurde. Die Kassierdame wurde schon nervös und zappelte mit
den Fingern, dass wir endlich bezahlen sollten, damit es weitergeht. Ich
ließ mir den Beleg geben, der schon eine unnatürliche Länge aufwies; da
konnte etwas nicht stimmen. Siehe da! Umwerfende 43 Dosen Pfirsiche
folgten in einer langen Liste, anstatt derer 2. Ich wies die Kassiererin
darauf hin, sie war jedoch irgendwie gegen uns eingestellt und ich hatte
noch kein Wort zur Reklamation ganz ausgesprochen, da stöhnte sie: "Das
Geld bitte!!", und hielt weiter zappelnd die Hand auf. Von uns folgte
natürlich kein Geld, sondern jetzt wurde mit etwas mehr Lautstärke auf die
Geschichte hingewiesen. Zuerst meinte sie, das könne gar nicht sein, als
ich ihr dann aber den Kassenwisch noch einmal genauer unter die Nase
hielt, konnte sie gar nicht mehr anders, als zugeben, das da wohl etwas
falsch gelaufen war. Dann musste sie eine andere Frau, wohl die
Filialleiterin, herbeirufen, die die Falschmenge wieder mit einem Schlüssel
ausbuchen musste, was sich aber schwieriger gestaltete, als angenommen.
Nach mehreren Versuchen kam eine Anzeige im Feld der Kasse, dass vor
der Ausbuchung das Kassenfach geschlossen werden müsse. Das wurde
von der Leiterin dann gemacht, jedoch ging es danach dafür dann nicht
mehr auf, weil die Elektrik sich wohl weigerte, das Kassenschloss
freizugeben. So konnten wir an der Kasse auch die ordnungsgemäß
gekauften Waren nicht bezahlen, obwohl sie ja schon erfasst waren. Es
endete schließlich damit, dass die verrückte Kasse ganz geschlossen
werden musste und unsere Waren an der Nachbarkasse komplett neu über
das Lesegerät gezogen werden mussten. Die Schlange anderer Kunden, die
sich bereits hinter uns gestaut hatte, schimpfte auch schon, weil auch diese
Leute alle zu einer anderen Kasse überwechseln mussten. 43 Dosen
Pfirsiche, da hätten wir lange dran futtern müssen, obwohl die Dosen bis
2006 haltbar sind.

Gestern habe ich wieder jemandem beim Umzug geholfen. Das wurde als
Tagesjob angeboten und die Entlohnung war gut. Einmal sollte ich dabei
auch einen Kleinlaster fahren, den wir zuvor mit Einrichtungsgegenständen
vollgepfercht hatten. Aber ich habe mich als Umsteiger vom kleinen
Suzuki auf den recht großen Renault - Master - LKW doch recht blöde
angestellt, weil ich mit den Abmessungen irgendwie nicht zurande kam.
Ich habe keine Beulen reingefahren, aber mir war unwohl bei der
Benutzung wegen der Abmessungen und ich war heilfroh, als ich bei der
nächsten Fahrt nicht wieder den Fahrer mimen musste. Ich glaube, ich war
ein ziemliches Verkehrshindernis für alle nachfolgenden Fahrer, weil ich
mich kaum getraut habe, mit dem Gefährt schneller als 30 km/h zu fahren.
Der andere Fahrer, der so was sonst beruflich macht, der lobte diesen
Renault-Kleinlaster, aber der fährt sonst auch andere Laster und fand den
hier irgendwie besser. Ich habe da ja keinen Vergleich und ich will mich
auch nicht darum reißen, in meiner kleinen Susi fühl ich mich zu Hause
und dabei bleibe ich. Der Umzugsjob war ansonsten nicht übel. Einer
netten Dame haben wir geholfen, es wurde sehr gut bezahlt und nach knapp
3 Stunden waren wir schon durch und das einschließlich des korrekten
Aufstellens aller Möbel in der neuen Wohnung. Die hatte fast nur sehr
leichte Möbel, fast schon federleicht, als wären sie speziell für leichte
Umzüge entwickelt worden. Es waren auch, gemessen an der
Wohnungsgröße, nur sehr wenige Möbel. Sie bevorzugt wohl halbleere
Räume, warum auch nicht, jedem das Seine.

Die Begehrlichkeiten der Sozialbehörden wachsen sprunghaft an. Um das
leidige Thema Hartz - Reform haben wir uns eigentlich schon genug
gekümmert. Nun hörte ich, dass neue Spezialkräfte geschult werden sollen,
die tatsächlich ab Anfang nächsten Jahres bei Sohis Hausbesuche machen.
Diese Kräfte suchen dabei nach Geldbeständen, Sparbüchern, überteuren
Einrichtungsgegenständen, wie man sie einem Sohi nicht gönnen möchte,
nach Geräten u.s.w., aber damit längst nicht genug. Sie kommen mit
Zollstock oder Laser - Meßpistole und sollen zudem die Wohnung
vermessen und feststellen, ob gemessen an der Personenzahl die Wohnung
nicht zu groß ist. Ist sie das, droht eine Umsiedlung in eine kleinere
Sozialwohnung. Nun habe ich keine Befürchtungen in dieser Richtung,
meine Wohnung liegt sogar noch unter dem Durchschnitt für Einpersonen-
Haushalte im A-Sozialen Wohnungsbau. Bei Kayla sieht es ähnlich aus.
Bestenfalls mein Notebook und vielleicht der Suzuki könnten zum Stein
des Anstoßes werden. Der alte normale Computer mit Sicherheit nicht, das
dürften selbst die erkennen, das man dafür noch nicht einmal mehr 50 Euro
auf einem Gerümpelmarkt bekommt. Für den Suzuki habe ich ja eine Art
Attest, wenn man so will, und wenn die die Wohung betrachten, sehen sie
den Suzuki ohnehin noch lange nicht. So reift schon die Überlegung, ob ich
den Notebookcomputer ab dann vielleicht besser irgendwo versteckt in
dem Suzuki unterbringe und ihn von dort nur mit in die Wohnung hole,
wenn ich ihn wirklich benutzen will. Dann hätte ich aber Angst, er würde
dort gestohlen.

Zu etwas anderem. Eine kurze und lustige Begebenheit, eigentlich mehr
eine dümmliche Begebenheit. Ein Mitbewohner des Hauses hier, zu dem
ich etwas Kontakt pflege, hatte in einer Annonce ein Auto entdeckt,
welches er zu kaufen beabsichtigte, weil sein altes dauernd kaputt war. Es
wurde ein günstiger VW-Bulli für nur 2.000 Euro angeboten. Es war noch
die alte Ausführung mit dem Motor hinten, aber schon mit einem
sparsamen Dieselmotor. Irgendwas mit 1988 war das Baujahr, aber
äußerlich sehr gut erhalten ohne Rost und Beulen. Der Mann ging zu dem
Händler, ganz hier in der Nähe, und die verhandelten dann so und plötzlich
kam der Händler mit der überaus geistreichen Frage: "Wozu brauchen sie
den Wagen, wollen sie damit fahren?" Na welch eine ausgefallene Idee,
sich ein Auto zum Fahren zu kaufen, da wäre der Mitbewohner sicher der
Erste gewesen, der ein Auto zu diesem Zweck kaufen möchte. Ich habe
schon zu dem Mann gesagt, als er mir das erzählte, das liegt bestimmt an
dem schwülheißen Wetter, da setzt es bei manchen Leuten irgendwie aus.

Ärger gab es wegen eines gebrauchten Ventilators. Auf einem Flohmarkt
entdeckte Kayla letzten Sonntag einen noch recht passabel aussehenden
Ventilator mit Schwenkmechanismus und bei dem Wetter eine angenehme
Sache, denkt man. Der Verkäufer, ein Pole oder so was, bemerkte meine
Zweifel und beteuerte, das Gerät arbeite noch wie neu und außerdem wenn
ich feststelle, dass er nicht funktioniere, würde er ihn anstandslos gegen
einen anderen austauschen, er habe noch 5 davon, die aber alle gehen.
Zuerst wollte er 32 Euro dafür, da habe ich ihm gesagt, dass es ähnliche im
Baumarkt ja schon neu für 17,99 Euro geben würde. Es war ein Tischgerät,
nicht so ein ganz großer mit Fuß. Weil die Wohnung ja auch nicht gerade
groß ist, würde so ein Standgerät mir zuviel Platz rauben. Na schnell war
der Pole freundlich, und süßte herum, dass er noch Schwierigkeiten mit
dem Euro habe und 32 Euro wäre ein Fehler gewesen, 12 Euro und dafür
wäre der Ventilator uns. Naja, trotzdem handelt man noch etwas und Kayla
und ich legten zusammen und schließlich wurde das Ding für 10 Euro
unseres. Zum Glück schleppten wir ihn gleich nach Hause und mein erster
Gang war der an die Steckdose damit. Eingesteckt, eingeschaltet, nichts
passiert. Nichts dreht sich, nichts bewegt sich. Wackeln an Schalter,
Stecker und Kabel bringt auch keine Abhilfe, es ist in gewisser Weise auch
ein Standmodell, ein Ventilator für kühle Tage oder als Deko. Da der
Flohmarktplatz nicht sehr weit entfernt lag, hab ich ihn mir gepackt und
wir sind zusammen sofort wieder hin. Der Pole war noch da, wollte aber
nicht umtauschen gegen ein anderes Gerät und schon gar kein Geld
zurückgeben, was mir lieber gewesen wäre. Angeblich habe er das Gerät
noch vor dem Aufstellen am Flohmarkt kontrolliert und es habe vollständig
funktioniert. Wenn er nicht läuft, dann habe ich ihn durch eine
Fehlbedienung kaputt gemacht, sagte er und wandte sich von uns ab. Wir
ließen uns nicht erweichen und redeten nun zu zweit lautstark auf ihn ein,
so dass sich schon andere Kaufinteressenten von seinem Stand abwandten.
Da wurde er böse und beschimpfte uns sehr, dann habe ich gesagt, dass ich
sofort die Polizei holen würde, wenn er nicht umgehend das Geld
rausrücken würde. Da wurde er zuerst noch unverschämter und bedrängte
uns mit einem Baseballschläger, so dass ich einen großen Schritt
zurückweichen musste, um einem möglichen Schlag seinerseits zu
entgehen. Rein zufällig, wenn Sie verstehen was ich meine, stieß ich dabei
an den Metallklappfuß seines Standtisches, worauf dieser mit allem
Krempel drauf zusammenstürzte. Der Heini wusste nun nicht, ob er zuerst
selbst explodieren oder uns verprügeln sollte. Einige Leute an den
Nebenständen fanden so ihre Unterhaltung und lachten. Dann sagte ich zu
einem Mann vom Nachbarstand, er möge doch bitte die Polizei
verständigen, denn hier gebe es wohl nun einigen Klärungsbedarf. Der Pole
hörte das, wurde trotz seiner Halde von Krempel am Boden wieder
freundlich und reichte mir mit geprügeltem Grinsen unsere 10 Euro rüber
und rief noch, jetzt gehen sie bitte. Das haben wir dann auch gemacht.

Überall wird heute in den Medien über Radrennen berichtet und hier sogar
über jede kleine Rundtour von Amateuren. Das finde ich etwas nervig, aber
man mag darüber noch hinwegsehen. Weniger hinwegsehen möchte ich
aber darüber, dass nun schon für solche kleinen Amateur-Radrennen ganze
Landstraßen abgesperrt werden und das ohne Vorankündigung. So fuhr ich
mit meiner Susi die hübsche Strecke Echterdingen - Aich, dass heißt ich
wollte die fahren. Paar Kilometer vor Neuenhaus, ungefähr an der
Abzweigung der Stichstraße nach Glashütte, hatte man mitten drin diese
Landstraße komplett gesperrt, wegen eines solchen Amateur-Radrennens.
An dieser Stelle gibt es keine Möglichkeit, eine Ausweichroute zu
beschreiten, sondern es gab nur die Wahl zwischen etwa 1 Stunde warten,
bis die Sperrung wieder aufgehoben wurde, weil die verrückten Radler
dann aus dem Abschnitt raus wären oder wenden und zurück fahren. Die
meisten haben gewartet, das war mir zu blöde und dann bei der Hitze. Wer
vielleicht eine Klimazusatzanlage im Auto hat, der mag es ertragen, aber
solche teuren Sachen habe ich ja nicht. So habe ich gewendet und bin
frustriert wieder zurück nach Hause gefahren. Hätten diese
fahradfahrenden Wasserköpfe wenigstens am Anfang der Landstraße ein
entsprechendes Schild aufgestellt, so hätte man ab dort noch andere Wege
wählen können.
So erzählte ich das auch Herrn Trösch, der kann sich ohnehin immer so
schön über Radfahrer aufregen. Ich habe nichts gegen Radfahrer, bin ja
auch selbst öfters mit dem Rad unterwegs, allerdings viele übertreiben es,
indem sie provokant in die Lebensräume des Autos vorpreschen, wenn
man es so sagen will. Aber der Trösch ist in seinen Gegenmaßnahmen
ebenfalls sehr provokant. Sie kennen sicher auch das alte Übel, da werden
für viele Millionen Euro teure Radwege gebaut und trotzdem radeln einige
Idioten unter Nutzung der vollen Fahrbahnbreite auf der Straße. Ich freue
mich auch nicht darüber, bleibe aber wartend dahinter, bis eine Stelle mit
genügend Platz zum Überholen kommt. Wenn der Trösch das sieht, dann
fährt der generell hauteng an denen mit hohem Tempo vorbei und überholt
sie. Er sagt, er macht das absichtlich, damit denen das Fahren auf der
Straße so unangenehm wie nur irgendwie möglich wird und sie beim
nächsten Mal freiwillig den vorhandenen Radweg nutzen. Um keine
Missverständnisse aufkommen zu lassen, er macht das nicht generell bei
jedem Radfahrer auf der Straße, sondern nur dann, wenn gleich neben der
Straße ein Radweg vorhanden ist, der von den Radlern nicht benutzt wird.
Er hat sich dabei auch schon mit manch einem lautstark auseinander
gesetzt, ich glaube, er würde es notfalls sogar auf eine Prügelei ankommen
lassen. Er kann sich das vielleicht leisten, weil er sportlich gut
durchtrainiert ist, da er in seiner Freizeit ein eifriger Ringer ist, der schon
viele Preise geholt hat.

Viel habe ich Ihnen noch zu berichten, was ich im Augenblick nicht habe
ist Zeit, daher muss ich jetzt notgedrungen hier enden.

Ihr

Egbert Lappenkeuler