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Auf dieser Seite finden Sie die beiden Lappenkeuler - Beiträge “Kühlschrank” und “Der Rasierer” aus dem Jahre 2004. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.

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Beitrag 1

Lappenkeuler - Brief / Email "Kühlschrank" vom 14.05.2004

Sommerliche Grüße.

Mögen Sie Fisch? Ich meine jetzt als Mahlzeit? Ich muss zugeben, dass ich
mich überhaupt nicht gut auskenne mit den vielen Fischarten und
dergleichen, da stehe ich oft wie der Ochs vor dem Berge. Wie es sich für
einen halbwegs modernen Einmannhaushalt gehört, sah Fisch für mich
bislang vor allem eckig aus und es gab ihn paniert in Form von
Fischstäbchen oder rund als Fischfrikadelle. Letztere hatte ich nach einem
qualitätsmäßig drastischen Absturz einer Packung schon lange nicht mehr
gekauft und nicht mehr sehen und riechen können. Aber den Stäbchen bin
ich treu geblieben. Zurück zum eckigen Fisch. Für mich als
Alleinstehender war das immer praktisch. Ich kaufte beim Aldi eine
Packung Fischstäbchen, die enthält 15 Stück davon. Als Einzelperson
kriegt man die 15 Stäbchen natürlich nicht bei einer Mahlzeit in sich
hineingestopft, dann würde man zerbersten und der Fisch käme einem
wieder zu den Ohren heraus. So ging ich immer hin und öffnete die
tiefgekühlte Packung, entnahm am ersten Zubereitungstag schnell 8
Stäbchen und steckte den Rest der Packung flugs wieder ins Gefrierfach
vom Kühlschrank, damit keine Auftauerscheinungen entstehen. Die
restlichen 7 kamen dann 2 Tage später an die Reihe, somit stand in der
betreffenden Woche schon für 2 Tage das Essen fest. Dazwischen musste
es aus Abwechslungsgründen am nächsten Tag etwas anderes geben. Ich
koche niemals an zwei aufeinanderfolgenden Tagen das Gleiche, das ist
eine alte Marotte von mir und das gilt sogar für Speisen, die ich sehr gerne
mag. Einfach hopp in die Pfanne mit den 8 oder 7 Stäben und ein paar
Nudeln dazu gekocht, eine Napolisoße oder ähnliches darüber und
vielleicht noch einen schönen Tiefkühlrahmspinat und die für mich
perfekte Mahlzeit war fertig. Es ist nur schade, dass auch der
Tiefkühlspinat bei Aldi & Co nicht in kleineren Portionen zu haben ist. So
ist man gezwungen, den noch gefrorenen Spinatblock mit einem gezahnten
Messer hälftig zu zerteilen und mit ihm zu verfahren, wie mit den
Stäbchen. Spinat darf man ja nach dem Kochen nicht wieder aufwärmen,
dann wird er toxisch, wie die Fachärzte sagen und man kann sich mit
aufgewärmtem Spinat erstaunlich schlimme Krankheiten holen. Gefroren
und ungekocht kann man ihn aber portionieren und das ist leider ein
Schlammassel, dabei habe ich mich schon einmal unschön in die Hand
geschnitten. Ansonsten war das eine meiner typischen Mahlzeiten. Wie ich
schon neulich kurz berichtete, kocht ja Kayla nun häufig. Wir haben das
ungefähr so gelöst, sie kocht an 4 Wochentagen und ich an 3. Bei mir gibt
es meine gewohnten Ruckzuck - Gerichte, ähnlich wie das oben
beschriebene. Zu Zweit bringt es den Vorteil, dass ich mir das beschriebene
umständliche Portionieren sparen kann, weil man die 15 Fischstäbchen und
den Spinat zu zweit locker weggefuttert kriegt. Ich bin kein Meisterkoch,
aber auf diese Weise kriege ich immer etwas schmackhaftes hin, ohne mir
übermäßig viel Arbeit machen zu müssen. Kayla mag diese Gerichte auch
sehr, sie ist aber bekanntlich mehr eine Verfechterin der gekonnten
Einzelarbeit mit vielen frischen Zutaten, die meist erst am Morgen vor dem
Verzehr eingekauft werden. Nun ist sie besonders eine Meisterin der
Fischkochkunst sowie der Soßenkunst und ich lerne Fischsorten kennen,
von deren Existenz ich bislang noch nie etwas gehört habe, geschweige
denn, dass ich sie jemals gegessen habe. Gut, Kabeljau, Hering,
Schellfisch, Lachs und Forelle, das kennt man noch, aber Plattfisch und
Obyier oder so ähnlich und noch hunderte andere seltsame Namen, da
komme ich ins Grübeln. Was Kayla bei ihrer Zubereitung ständig
ausbremst ist, dass es hier in Deutschland zu schwierig ist, an vernünftige
Gewürze zu kommen. Entweder bekommt man sie nur in
Spezialgeschäften, was mit viel Einkaufsaufwand, Lauferei und hohen
Preisen verbunden ist oder viele Gewürze sind zu alt oder von der
Gewürzfabrik zu trocken gemahlen oder falsch verpackt, wodurch das
Aroma deutliche Verluste erleidet. Das geht dann oft soweit, dass das
verkaufte Produkt geschmacklich so gut wie nichts mehr mit dem
Originalgewürz zu tun hat. So staune ich nicht schlecht, dass sie bei
manchen Zubereitungen über 15 verschiedene Gewürze auf dem Tisch
stehen hat, die in einer schier undurchschaubaren Rezeptur den einzelnen
Zutaten oder der Soße beigemengt werden. Um es auf den Punkt zu
bringen: früher habe ich mir nie viel aus Fisch gemacht. Fischstäbchen
oder sehr gelegentlich abgepackte Tiefkühlware, die zubereitungsfertig und
beinahe schon mundgerecht ist, bildeten vor allem mein Verständnis von
Fisch und das mochte ich auch gelegentlich. Die Stäbchen mag ich auch
öfter, vielleicht einmal die Woche. Aber schon andere Sorten von Fisch,
seien es jetzt eingelegte Heringe, Rollmöpse, Ölsardinen, Hering in Tomate
und alles das, was so richtig feste nach Fisch schmeckt, das war nie mein
Ding. Quer durch Europa jagen könnte man mich beispielsweise mit
Thunfisch, Räucheraal und noch manch anderem sehr tranig
schmeckendem Fisch, ich hasse dieses Zeug abgrundtief. Als Kind hatte
mich mal ein Verwandter auf einem Familienfest gezwungen, 2 Ölsardinen
zu essen, danach hatte ich 4 Tage lang gekotzt. Zum Dank dafür habe ich
ihm bei der nächsten Familienfeier seine halbleere Bierflasche stibitzt und
auf dem Klo den fehlenden Rest vollgepisst und die Flasche heimlich
wieder zurück gestellt. Der Idiot hat diese Brühe nachher tatsächlich
gesoffen und ihm ist zu meiner großen Enttäuschung nicht schlecht davon
geworden. Demnach war meine Pisse weniger schädlich, als die
Ölsardinen. Jetzt zeigt mir heute Kayla Fischzubereitungen, so etwas habe
ich noch nie zuvor gesehen und es schmeckt teils gar nicht nach Fisch,
obwohl es Fisch ist. Spezielle Gewürze neutralisieren den typischen
Fischgeschmack oder wandeln ihn gar um, in einen himmlischen
Geschmack. Das trifft aber nicht auf alle ihre Fischgerichte zu. Wo viel
Licht ist, dort ist bekanntlich auch viel Schatten. Neulich hatte sie eine
Fischsorte gekauft und zubereitet, die waberte geradezu vom typischen
Fischgeschmack mit einem hohen tranigen Anteil und das war damit für
mich unverzehrbar. Sie war auch selbst etwas enttäuscht und führte den
Misserfolg auf mangelhafte Frische der hier angebotenen Ware zurück. Zu
üppig können wir uns derartige Ausflüge in die Fischwelt ohnehin nicht
leisten. Fisch ist in Deutschland sehr teuer und Kayla wundert sich jedes
mal darüber, dass gerade Fisch hier so teuer ist. In ihrer früheren Heimat ist
Fisch wesentlich billiger, als andere Nahrungsmittel. Wobei man dort die
typischen Bratenarten, wie Schweine- oder Rindfleisch so gut wie gar nicht
kennt. Dafür gibt es dort Leute, die essen Insekten oder Katzen und Hunde.
Kayla entstammt aus einer Region mit vorwiegend normal christlich -
katholischem Glauben, dem auch ihre Familie und sie selbst angehört, die
essen jedoch diese Insektengeschichten eher nicht. Dass Religionen das
Nahrungsverhalten beachtlich mitbestimmen, das haben wir ja schon öfters
gehört. Doch damit genug zur Mampfe, nur ich fand das einmal interessant,
dass man selbst als doch schon nicht mehr ganz junger Mensch da noch so
viele Dinge kennen lernen kann.
Es blüht der Kopf, so lautet wohl nach Kaylas Angaben eine Redewendung
in Thailand, die hier sicher auch passen würde, die dort zum Besten
gegeben wird, wenn man auch im Alter oder überhaupt etwas dazu lernt.
Obwohl sie schätzt es nicht besonders, wenn man sie zu sehr an ihre
thailändische Vergangenheit erinnert, die sie am liebsten ganz vergessen
möchte.

Ärgerlich ist, wenn etwas Unvorhersehbares kaputt geht und für
zusätzliche Kosten sorgt. Mein Kühlschrank ist nicht üppig befüllt, aber
Sie wissen ja selbst, was man so normalerweise alles dort bevorratet. Ich
hatte mir damals extra einen Kombinierkühlschrank gekauft, der über ein
großes 3-Sterne- Gefrierfach verfügt, so dass man den Kältemeister auch
zugleich als Kühltruhe mitverwenden kann ohne sich für längerfristiges
Tiefkühlgut noch ein gesondertes Tiefkühlgerät kaufen zu müssen. Ende
letzter Woche passierte es dann, der Kühlschrank wurde warm, die
Kühlleistung war weg. Nun kann man den verblichenen Apparat wahrlich
nicht als junges Gerät bezeichnen, er war mindestens schon 20 Jahre alt
und hat somit gewiss seinen Dienst getan. Wie durch einen Zufall hatten
wir am Tag zuvor erst alle Bestände des Tiefkühlfaches aufgebraucht und
standen kurz vor dem Neukauf von diversen Tiefkühlgut-Lebensmitteln.
Den Neukauf des Tiefkühlguts haben wir dann gecancelt, wegen
mangelnder Unterbringungsmöglichkeiten. Aber auch die üblichen
Nahrungsmittel wie Wurst, Käse, Getränke u.s.w. schmecken nicht recht,
wenn man sie nicht kühlen kann. So musste, trotz herber Finanzlage,
schnell ein Ersatzgerät gefunden werden. An einen Neukauf war aber beim
besten Willen derzeit aus Finanzgründen nicht zu denken. Schulden mache
ich ja aus Prinzip keine, wofür kein Geld da ist, das wird auch nicht
gekauft! Eigentlich bin ich ein Freund von Gebrauchtgeräten, die noch gut
funktionieren und durchaus für wenig Geld noch einige Jahre ihren Dienst
tun, damit habe ich bislang vorwiegend gute Erfahrungen gemacht. Nur bei
Kühlschränken und Tiefkühlgeräten habe ich da Bedenken, weil man
immerhin Nahrungsmittel einlagert, und wer weiß, wie der Vorbesitzer dort
seine Bakterienkulturen verewigt hat. So mühte ich mich durch
Kleinanzeigen von Werbezeitschriften und suchte auch im Internet herum.
Dabei stieß ich auf einen Sonderpostenmarkt, der neben Neu- und
Gebrauchtgeräten auch beschädigte Neuware günstig anbietet. Am Rande
von Fellbach hat der sein Lager, welches zugleich auch als Verkaufsraum
dient. Wir also dorthin und haben uns umgeschaut. Ein Typ, der aussieht
wie ein übrig gebliebener Althippie von 1970 stellte sich als Chef des
Ladens vor. Lange zottelige Haare, einen ungepflegten langen Struppbart,
runde Nickelbrille, ein Flatterhemd, alte Jeans, nach allem sah er aus, nur
nicht nach dem Chef des Hauses. Nach kurzer Schilderung unseres
Problems und dass wir nach Möglichkeit wieder eine Kühl-
Gefrierkombination haben möchten, die so billig wie möglich, aber
trotzdem ungebraucht und einwandfrei funktionsfähig sein sollte, zerrte er
uns in eine nebenliegende, niedrig gebaute Halle, die etwas verstaubt
wirkte. Dort standen unzählige ramponierte Neugeräte, Fabrikationsfehler,
Geräte die im wahrsten Sinne des Wortes vom LKW gefallen waren oder
sonstige Transportschäden erlitten hatten. Alle waren wirklich
ungebraucht, viele sahen aber sehr abenteuerlich aus. Beulen, verzogen,
zusammengestaucht, schiefe Türen, abgebrochene Kunststoffteile u.s.w.
Ein Bild des Schreckens und wir wollten zuerst schon umdrehen, weil man
sich derart verkrüppelte Ware dann doch nicht in die Wohnküche stellen
mag. Andererseits sicherte der Anbieter zu, die Geräte würden trotzdem
einwandfrei funktionieren und wären zu Preisen zwischen 30 und 80 Euro
zu haben, je nach Grad der Verunstaltung und technischer Ausstattung.
Weiter vorne hat er auch bessere Geräte, die nur ein paar Lackkratzer oder
eine abgesprungene Plastikleiste aufwiesen, deren Preise begannen aber
erst bei 120 Euro, was möglicherweise immer noch billig war, aber meine
Haushaltslage gibt das derzeit wirklich nicht her. Beim Rausgehen fiel
mein Blick auf eine sehr hoch gebaute Kühlgefrierkombination, die optisch
stark an ein Hochhaus erinnert, die aber vor allem von vorne und von links
noch sehr gut ausschaute, dafür aber rechts stark verbeult war und das
Blech wirkte schon teils regelrecht verknickt. Kayla schlug zuerst die
Hände über dem Kopf zusammen und meinte, das ich so etwas doch wohl
sicherlich nicht kaufen wolle und da sei sicher jemand mit dem Auto
reingefahren. Aber mir fiel ein, dass der Kühlschrank bei mir zuhause
genau mit dieser rechten Seite fest an die Wand grenzt, somit ist diese
ramponierte Seite überhaupt nicht zu sehen. Ein kurzes Gespräch mit dem
Inhaber folgte, er sicherte 100 % Funktion plus im Preis inbegriffene
Anlieferung und ein halbes Jahr Rückgabegarantie zu, letzteres aber nur für
den Fall des Auftretens einer Nichtfunktion. Er wollte damit ausschließen,
dass man das Teil später nur aus optischen Gründen zurückgeben will.
Beim Preis wollte er wegen der guten Ausstattung mit großem 4-Sterne-
Tiefkühlfach dann aber zunächst 70 Euro haben, auch weil er schließlich
nur einseitig beschädigt wäre. Nach einigen Verhandlungen gelangten wir
dann auf 50 Euro und dies schien zunächst die letzte erreichbare Marke zu
sein, auf die er sich einlassen wollte. Dann fiel mir ein, dass ich meinen
kaputten Kühlschrank ja auch irgendwie entsorgen muss und fragte ihn, ob
er den vielleicht in Zahlung nehmen würde, wenn ich diesen
Neubeschädigten kaufe. Womit ich nicht gerechnet hatte, er ging sofort
darauf ein und sagte, dass er mir ungesehen 10 Euro für den alten kaputten
anrechnen würde, wenn ich sofort zuschlage. Das habe ich dann gemacht.
So habe ich im Prinzip für 40 Euro einen neuen Kühl- Gefrierschrank, der
auch noch am gleichen Tag angeliefert und gegen den kaputten
ausgetauscht wurde. Er ist zwar sehr hoch und da der Tiefkühlteil im
oberen Teil ist, muss Kayla schon eine kleine Leiter oder den Stuhl zur
Hilfe nehmen, um an das obere Fach zu gelangen, aber dafür funktioniert
er einwandfrei, kühlt sehr gut und es geht sehr viel Zeug rein. Ebenfalls als
sehr angenehm empfinde ich, dass man ihn auch während seines Laufs
überhaupt nicht hört. Normalerweise hört man wenigstens ein Surren oder
so was, hierbei nicht. Durch die Aufstellung fest an der Wand, ahnt man
gar nichts von der optisch erschreckenden Beschädigung, die sich einem
auftut, wenn man das Gerät von der rechten Seite betrachten würde. Das
Gerät stammt vom Hersteller Universum, der wohl sonst im Quelle-
Katalog zu finden ist. Bei einem Versand-Hin-und-Her ist der wohl so
beschädigt worden. So gesehen ist er ungebraucht, also neu, wenngleich
zeitlich wurde er schon 1997 produziert, hat also einige Jahre beim
Anbieter im Lager herumgestanden, bevor wir dann kamen. Ich hoffe, dass
damit die Überfälle defekter Geräte auf meine Finanzlage enden.

Gestern bin ich noch mit dem Suzuki tanken gefahren und war erneut
erschrocken, weil der Benzinpreis schon wieder gestiegen ist, obwohl noch
vor einigen Tagen von einer Beruhigung der Benzinpreise gesprochen
wurde. Trotzdem ändert der neue Hochpreis nichts an der Tatsache, dass
das Fahren mit der Susi nach wie vor billiger als öffentliche Busse oder
Bahnen ist. Freuen tut einen der Benzinpreis trotzdem nicht gerade. Sonst
habe ich meist vollgetankt, jetzt habe ich aber auf stur geschaltet und exakt
für 15 Euro getankt, Schluss, mehr gibt es nicht! Der heutige Tag wird von
mir zum autofreien Tag erklärt und überübermorgen auch. Ich bin ja nicht
gezwungen, wöchentlich eine bestimmte Menge an Kilometern
zurückzulegen, wie mancher Pendler. Steigt der Benzinpreis, so fahre ich
einfach weniger, damit ist für mich das Problem gelöst. Ich brauche
deswegen ja nicht wirklich auf notwendige Fahrten zu verzichten, nur die
nicht wirklich notwendigen, die insgesamt gewiss über 60 % aller meiner
Fahrten ausmachen, die kann ich entsprechend kürzen und habe damit noch
einen dicken Puffer, ohne auf die Freiheiten des Autofahrens zu verzichten.
Unterdessen steigt meine Verwunderung fast täglich über die Entwicklung
bei den Autopreisen. Selbst Automarken wie Renault, die früher als eher
erschwingliche Alternative zum Made in Germany dienten, scheinen die
Gipfelerstürmung der Preisgestaltung mitzumachen. Es mag Ihnen
unverschämt vorkommen, so als betätige ich mich als Schnorrer vom
Dienst, dennoch war es ein pures Produkt des Zufalls. Neulich feierte hier
ein Renault-Autohaus sein vierzigjähriges Bestehen. Zu diesem Anlass bot
man allen Kunden des Hauses, aber ebenso allen Interessenten bei einem
Tag der offenen Tür völlig kostenlos ein reichhaltiges kaltes Büffet nebst
einer schier unaufzählbaren Vielfalt an Getränken. Ich bin weder Kunde,
war auch niemals deren Kunde und interessieren tun mich deren Autos
auch nicht, aber wir, Kayla und ich, kamen an dem Tag rein zufällig an
dem Autohaus vorbeispaziert. Vor der Tür war ein Stand mit gelben
Luftballons und diversen Reklamestickern, dahinter eine in gleichfarbigem
Kostüm gekleidete Dame, die uns zu sich heranwinkte. So näherten wir uns
und sie lud uns ein, am kalten Büffet teilzuhaben und einfach etwas
mitzufeiern aus dem jubilarischen Anlass und vielleicht auch einmal die
schönen neuen Fahrzeuge anzusehen. Zuerst wollten wir gar nicht richtig,
aber sie wiederholte ihre Bitte mit Worten wie: "Ach kommen sie doch
bitte, sie brauchen ja nicht lange bleiben, wenn sie nicht wollen...." Da wir
an dem Tag noch nicht zu Mittag gegessen hatten, es war ungefähr 14 Uhr,
sagten wir uns dann, warum eigentlich nicht. Wir also in das nobel
eingerichtete Autohaus. Was, so werden heute Renaults verkauft, dachte
ich mir, früher eine günstige Billigmarke, heute Autos im Marmortempel,
wie bei Mercedes, Jaguar oder BMW. Hochglanzautos,
Hochglanzprospekte, Hochglanzmarmor, Hochglanzbeleuchtung, alles
Hochglanz und edles Zeug von teuerbezahlten Designern und sonstigen
Scheinweltlern. Wir waren von der Ausstaffierung der Verkaufsräume
erdrückt, erschlagen und beeindruckt zugleich. So werden heute also
Renaults verkauft, das Geld muss aber anderswo auch wieder
hereinkommen, um sich solch ein Gehabe leisten zu können, de facto
dürfte es wohl mit den billigen Preisen bei Renault vorbei sein, sagte ich zu
Kayla. Da stand dann ein silberner Renault-Kombiwagen, den ich auf der
Straße niemals als einen Renault identifiziert hätte, vielleicht eher als
Volvo oder so ein Schlachtschiff. Alles edel, alles Hochglanzschön und
schließlich ist man ja neugierig und so schaute ich dann auf das Preisschild
mit der Ausstattungsliste. Man stelle sich vor, eine Klimaanlage in einem
Renault, über 120 PS in einem Renault, ein Renault der 200 km/h schnell
ist, edle Stoffe an den Sitzen und ein Radio mit CD und Cassette zugleich,
welches aufwändiger ist, als das teuerste was ich jemals in der Wohnung
hatte, als ich finanziell noch besser gestellt war, lang ist's her, vor
vielleicht 15 Jahren. Und dann der Preis, ich glaube ich habe mich kräftig
auf Kayla stützen müssen, um nicht im Autohaus wagerecht umzufallen.
Sage und schreibe 38.999 Euro für einen Renault. Bei der guten alten Mark
wären es fast 80.000 DM für einen Renault gewesen. Unvorstellbar! Ich
bin bestimmt zweimal um den Wagen geschlichen, um mich immer wieder
davon zu überzeugen, dass es laut Enblem wirklich ein Renault und nicht
vielleicht doch ein Mercedes oder so was ist. Es stand aber drauf Renault-
Lagune oder so ähnlich. Sehr lang ist's her und ich will die Zeit nicht
wieder heraufbeschwören, aber meine damalige Frau, als sie noch nicht
meine Frau war, ich meine, als wir uns kennen lernten, hatte sich damals
gerade einen neuen Renault gekauft. Damals nannte sich der simpel R 4
und kostete ungefähr 6.000 DM fabrikneu. Das war für mich ein Renault,
oder auch gab es einen R 5, der war ähnlich nur etwas runder und den
großen R 16 davon träumten wir dann vielleicht mal und der kostete
vielleicht 11.000 DM. Aber alles das war nicht mit dem zu vergleichen,
was man jetzt hier sah. Wer kann sich allen Ernstes solch ein Auto wirklich
leisten? Ein Auto, welches mehr kostet, als unsereins in 55 Jahren an Sohi-
Geld verdienen würde??? Unvorstellbar, einfach unvorstellbar. Übrigens
gelten diese meine Bedenken nicht speziell nur auf Renault, das ist nur
gerade Zufall, wegen dieser Veranstaltung, diese Eigenartigkeiten leisten
sich scheinbar heute die meisten Marken, auch die von denen man es
eigentlich nicht erwarten würde. Gut, von Mercedes oder BMW hätte mich
das nicht gewundert, das waren ja immer Autos für Millionäre,
Gutverdienende und für Verbrecher, jedenfalls für Leute, die nicht so sehr
nach ihrem Einkommen zu schauen brauchen, wo Geld einfach so
selbstverständlich da ist, wie die Luft zum Atmen. Oder es sind auch Autos
für Leute, die rücksichtslos horrende Kredite nur dafür aufnehmen, um sich
mit einem dicken Schlitten, der ihnen gar nicht gehört, sondern der Bank,
aufzublasen und wichtig zu machen, aber letzgenannte Leute sind ohnehin
lebende Nullen, wie man so sagt. Wie dem auch sei, wir haben genüsslich
dort gefuttert, die Gastgeber ließen sich nicht lumpen, viel getrunken haben
wir auch. Es gab wirklich vorzüglichen Orangensaft, eine Sorte die ich hier
noch nie zuvor gesehen hatte und die sehr lecker war. Ich glaube ich habe
über 10 Gläser davon dort getrunken und Kayla hat dort ihre Liebe zu
Apfelsaft entdeckt, den kannte sie zuvor noch gar nicht. Fragen Sie mich
nicht, wie viele Büffet-Schnittchen, Salatpröbchen, Käsehäppchen,
Konfitürekekse und sonstige Leckereien wir dort verschlungen haben, ich
kann es nicht mehr nachzählen, weil es so viele waren. Wir wollten
allerhöchstens eine halbe Stunde bleiben, das war am Anfang gegen 14
Uhr, als wir raus gingen schaute ich zufällig gegenüber auf die Uhr am
Buspoint und die zeigte etwa 17.30 Uhr. Gewiss musste man sich hier und
da ein wenig interessiert zeigen, so wurden wir von den unterschiedlichsten
Verkäufern dort durch den Laden und die ganze Angebotspalette geführt.
Dabei entdeckten wir dann, dass es auch doch noch billige Renaults gibt,
jedenfalls was die so billig nennen, aber ein Renault Twingo für Neupreis
11.500 Euro ist ja auch nicht wirklich billig zu nennen, finde ich, und das
war dann noch ein Supersonderangebot wegen des Jubiläums. Sie wissen,
was ich bei einem Auto unter billig verstehe, siehe Suzuki-Alto, gebraucht
für 850 Euro und fährt absolut zuverlässig! Da tut ein teureres Auto auch
nichts anderes. Aber wir machten gute Miene zum teuren Spiel, wenn man
so will, aber so viel gefressen wie dort habe ich schon mindestens seit 10
Jahren nicht mehr. Dafür musste ich dann auch zuhause zweimal kotzen.
Selbst schuld und Kayla bereitete mir aus Gewürzblättern einen Tee zu,
nach dessen Trunk mein Bauch sich entspannte. Ich glaube ein kurz vor der
Eruption stehender Vulkan muss sich so ähnlich fühlen, wie ich mich vor
dem Tee fühlte und ich glaubte selbst schon daran, dass ich jeden Moment
mit einem riesigen Knall zerplatze. Man wundert sich zuweilen selbst
darüber, was man seinem Körper alles so antut. Aber im Nachhinein
betrachtet hat sich das Mitfeiern im Renault-Autohaus gelohnt, nicht nur
wegen der vielen schmackhaften Häppchen und des vorzüglichen
Orangensaftes, sondern auch, weil wir bei jedem Rundgang unter der
Führung eines anderen Verkäufers zwei nicht gerade billige Kugelschreiber
geschenkt bekommen haben, gut, zwar mit Renault-Werbeaufdruck, aber
das mindert nicht die Funktion und es sind solche Dickminenkulis, die im
Laden locker 3 Euro kosten, dann aber ohne Werbung. 12 Stück haben wir
jetzt davon! Dazu noch 2 Notizblöckchen, einen digitalen Kalender - so
ein Ding habe ich zuvor auch noch nie gesehen, es ist ein Wandpanel aus
diesem LCD-Zeug, vielleicht 10 x 20 cm groß zum Aufhängen, welches in
großen Ziffern das aktuelle Tagesdatum anzeigt - eine Mappe für
Schreibutensilien mit Renaultaufdruck und noch andere Sachen. Bezahlt
hat das Ganze wohl jeder echte Renaultkunde beim Kauf seines Autos mit
den hohen Fahrzeugpreisen. Wie gesagt, um da keinen falschen Eindruck
zu erwecken, ich habe überhaupt nichts gegen Renault, eher im Gegenteil,
eine gewiss interessante Marke und die Kritik hier gilt gleichermaßen heute
sicher für 95 % aller Automarken. Was mich vor allem stört, ist der
generelle Trend bei halt allen Marken, nur noch relativ teure Autos
herzustellen, die dafür zwar sicherlich viele tolle Extras haben und mit
diversem Schnickschnack befrachtet sind, aber kein richtig billiges Auto
mehr, welches nur den Kundenkreis anspricht, dem es völlig genügen
würde, wenn das Auto zuverlässig und sparsam fährt und alles andere
ausklammert. Ich brauche kein rollendes Wohnzimmer und noch weniger
ein rollendes Büro.

Die Einbrecher von heute werden immer verrückter. Es gibt hier in der
Gegend einen Kiosk, wohin ich manchmal gehe, um eine Zeitschrift zu
kaufen oder auch mal eine kleine Tasse Kaffee zwischendurch zu trinken
und dabei mit den Leuten dort etwas zu erzählen. Das ist so ein lockeres
Grüppchen aus fast immer den selben Leuten, die sich dort ungezwungen
gelegentlich trifft. Ich bleibe nie lange dort, allerhöchstens 20 Minuten,
meistens aber nur 10 Minuten, aber es ist eine Gewohnheit geworden und
man macht es mehr wegen der Gewohnheit, als wegen der Tasse Kaffee
oder der Zeitung. In diesen Kiosk wurde schon vor Jahren öfters über
Nacht eingebrochen. Früher stahlen die Diebe die Geldkassette, Getränke,
auch schon mal Zeitschriften, Taschenbücher oder das Kofferradio von der
Inhaberin, einmal sogar gleich die ganze Kasse, obwohl sie leer war und
das sichtbar war, weil sie offen stand. Aber jetzt sind die Diebe meschugge
geworden. Vor einigen Tagen wurde wieder über Nacht eingebrochen, das
Einzige was gestohlen wurde, war die Kappe von der Inhaberin. Eine rot-
gelbe Schirmmütze mit irgendeiner Aufschrift, ich glaube es war Werbung
für eine Kinokette. Anders haben die Diebe nichts angerührt. Nur durch das
Aufhebeln der hinteren Tür entstand dabei ein Sachschaden von über 1.000
Euro, und das alles nur um anscheinend an die blöde Kappe zu kommen.
Wie ich die Doris kenne, so heißt die Inhaberin, hätte die den Blöden die
Kappe sogar noch geschenkt, wenn sie anständig gefragt hätten und dafür
vielleicht eine Tasse Kaffee oder ein Bier oder ne heiße Wurst erworben
hätten. Auf dieser Welt leben schon Ansammlungen von Wahnsinnigen!

Nahezu sommerliche Grüße, senden Ihnen

Kayla Huyan + Egbert Lappenkeuler
 


Beitrag 2

Lappenkeuler - Brief / Email "Der Rasierer" vom 21.05.2004

Verikantenhallo!

Es ist um aus der Haut zu fahren! Ich berichtete Ihnen jüngst davon, dass
meine Kühl-Gefrierkombination defekt war und eine neue her musste. Vor
wenigen Tagen begann ich morgens mein zerfurchtes Gesicht zu rasieren,
als der Elektrorasierer kurz ansetzte und dann stockte, nicht weiterlief.
Weitere Bemühungen halfen nicht. So dachte ich, sein eingebauter Akku
sei leer und steckte ihn über das zugehörige Kabel an die Steckdose. Dieser
Schuss ging dann im wahrsten Wortsinne nach hinten los. Nach kaum mehr
als einer Minute tat es einen fürchterlichen Knall, aus dem Rasierer quoll
Rauch und seitlich eine Matsche und er oder mehr der Akku darin war
wohl geplatzt. Es stank fürchterlich und flugs zog ich den Stecker, um zu
verhindern, dass vielleicht noch ein Brand entstand. Kayla war zu dem
Zeitpunkt nicht da und selbst über 12 Stunden später, als mir der Gestank
nicht mehr auffiel, weil sich meine Nase vermutlich schon daran gewöhnt
hatte, kam Kayla und bemerkte zuerst, dass es in meiner Wohnung
fürchterlich nach glühendem Eisen oder ähnlich stinke und das, obwohl ich
ausgiebig gelüftet hatte. Der Rasierer war irreparabel kaputt und sein
Gehäuse teils schon aufgequollen. Damit hätte ich am wenigsten gerechnet,
weil ich diesen Apparat erst vor 2 Jahren ganz neu gekauft hatte, irgendwo
in einem Supermarkt als Sonderangebot für 30 Euro. Was tun? Sich jetzt
ein Markengerät neu kaufen, Sie kennen meine Finanzlage, völlig
undenkbar. Andererseits zählt ein Rasierer ähnlich wie ein Kühlschrank
doch zu den etwas empfindlicheren Geräten, wo ich mir eigentlich nicht
mit durchs Gesicht fahren will, womit sich zuvor wer weiß welch ein
schmieriger Eiterschädel die Stoppeln mit abgegrast hat. Zuerst musste ein
Kassensturz gemacht werden, um auszuloten, wie viel ich noch für andere
Dinge ausgeben konnte. Getankt hatte ich gerade, das reicht locker für die
nächsten 3 Wochen, zumal ich noch 20 Liter in einem Reservekanister
stehen habe. Der Kopfstand meiner Geldbörse brachte summasumarum
noch 72,68 Euro zu Tage. Jetzt werden Sie sagen, davon bekommt man
doch locker einen guten Rasierapparat, aber mit diesem Betrag muss ich
noch bis Ende des Monats auskommen, für alle Lebensmittel und für alle
sonstigen Anschaffungen. Normal wäre das für mich kein Problem, ich
käme damit locker hin und hätte Ende des Monats sogar noch sicherlich 20
bis 30 Euro über, die dann größtenteils wieder in die Spardose für den
Suzuki wandern würden. Aber kaufe ich mir jetzt einen vernünftigen
Rasierapparat neu, beispielsweise von Braun, dann ist das Geld weg, denn
selbst ein billiger Braun kostet schon 59 Euro. Kaufe ich hingegen wieder
so ein unbekanntes Ding vom Supermarkt, ergeht es mir in 2 Jahren
vielleicht wieder so wie jetzt. Kayla schlug schon vor, dass ich mir für
vielleicht 4 Euro so einen Nassrasierer mit Rasierklingen zulege. Nein
danke, nichts für mich. Ich kann diese Matscherei jeden Morgen nicht
ausstehen und bin auch wenig geübt damit. Üben kann man alles, aber
zudem mag ich das nicht und ich sehe es auch nicht ein, ständig
Rasierklingen und Rasierseife oder Rasierschaum nachkaufen zu müssen.
In einem Elektromarkt gab es einen Philips im Sonderangebot für 39 Euro,
vielleicht eine Überlegung wert, aber mit deren Scherkopfsystem bin ich
nicht zufrieden. Ich hatte vor vielen Jahren damit einmal einen Versuch
gestartet, aber das System ist unausgereift, man kommt an breitflächigen
Stellen wunderbar damit zurecht und schneller wird man seinen Bart nicht
los, als damit, aber dafür kommt man mit den runden Rasierrädchen
überhaupt nicht in enge Ecken unterhalb der Nase u.s.w., also meines
Erachtens alleine deshalb unbrauchbar. Dann hatten die noch einen
Remington dort liegen, ebenfalls im Sonderangebot, der arbeitet nach dem
System Braun, wie die meisten Rasierapparate, der sollte sogar nur 34,99
Euro kosten. Das war mir aber auch noch zu teuer. Für maximal 20 Euro
hätte ich ihn mitgenommen, aber mehr an unerwarteten Ausgaben ist
diesen Monat nicht mehr drin. Kayla schlug schon vor, dass sie mir aus
ihrem Bestand 30 Euro zulegt, aber das will ich nicht, da bin ich eigen.
Kaylas Geld ist Kaylas Geld, basta! Gewiss, der Plus hatte einen dort
liegen, auch System Braun, aber völlig unbekannter Hersteller, für nur 19
Euro, aber damit wird nichts los sein, jeder Euro dafür rausgeschmissenes
Geld. Dann führte mich mein Weg an einem An- und Verkauf vorbei. Der
hatte in der Auslage eine große Auswahl an Rasierern liegen, aber da war
dann meine Barriere mit dem Ekel vor fremder Nutzung direkt am Körper
die eigentlich so etwas ausschloss. Trotzdem trieb mich eine innere
Stimme in den Laden, zunächst nur mehr aus Neugierde, was denn dort so
ein gebrauchter Rasierer kosten soll. Eine etwas komisch aussehende Dame
bediente dort, mit einem schmalen, sehr langen Kopf, relativ dick aber
trotzdem sehr kleinbusig. Dicke Frauen sind bekanntlich meist großbusig,
aber die war eben dick und sehr kleinbusig, aber der extrem schmale
schräge Kopf mit sehr kurzen hellblond gefärbten Meckihaaren und
riesengroß war die, vielleicht 1,95 m oder noch etwas mehr. Ein Monster,
sie wirkte, als sei sie selbst aus diversen Gebrauchtteilen zusammengesetzt
worden, die gerade am Lager waren. Aber sie war sehr freundlich. Ihre
Freundlichkeit wuchs gleich noch um 3 Stufen, als sie hörte, dass ich mich
für einen Rasierapparat interessiere. Das kommt wohl sehr selten vor,
vermutlich haben andere damit die gleichen Probleme, wie ich selbst. Eilig
baute sie vor mir auf einer Ladentheke einen Stapel der schönsten Stücke
auf. Mehrere echte Braun darunter, aber auch Philips, Remington, Carrera
und andere. Ich deutete dann an, dass für mich nur original Braun in Frage
käme, wegen schlechter anderweitiger Erfahrungen. Sie räumte alles
andere sofort beiseite und es blieben 7 Braun zur Auswahl liegen.
Keineswegs alte Gurken, bei denen man vermuten würde, dass sie hier
schon seit 10 Jahren schlummern, es waren durchaus gängige Modelle. Der
billigste Braun sollte 15 Euro und der teuerste 60 Euro kosten. Ich
beschied, dass mir das eigentlich zu teuer sei. Aber so einen seltenen Fisch,
der mal einen gebrauchten Rasierer kaufen will, wollte sie dann doch nicht
von der Angel lassen. So reduzierte sie ihre Preise gleich drastisch. "Ach
was", sagte sie, "heute habe ich meinen Sozialen! Den hier lasse ich Ihnen
für 25 Euro. Ich verlange normalerweise 50 Euro dafür und neu kostet der
230 Euro, da können sie gleich im Elektroladen in der Johannesstraße
nachsehen." Sie zog dabei ein schon besseres Gerät von Braun aus der
Menge heraus, mit allem Drum und dran, gut verarbeitet, nicht zu alt,
vielleicht ein halbes Jahr, alles wie neu, mit Aufbewahrungsbox u.s.w. Als
ich ihr offen meine eigentliche Abneigung gegen gebrauchte Rasierer
erklärte, holte sie mit sanfter Stimme weit aus: "Nein, davor brauchen sie
bei mir gar keine Bedenken haben. Jeder Rasierer wird hier sofort zerlegt,
gründlich gereinigt und innen und außen desinfiziert und dann wieder
zusammengebaut, bevor er in die Verkaufsauslage gelangt. Das habe ich
schon immer so gemacht. Nicht wie bei manchen Kollegen, die alles mit
Dreck und Speck der Vorbesitzer verkaufen." Mir kam dabei der Gedanke,
ich könnte ja den Rasierkopf bei mir zuhause ebenfalls nochmals zerlegen
und alle Teile, mit denen man in Berührung kommt, für einen Tag in ein
Spiritusbad einlegen, dann müssten eigentlich restlos alle Bakterien des
Vorbesitzers hinüber sein. So beschloss ich, bei der Dame zu kaufen,
sofern am Preis noch etwas nach unten möglich wäre. Munter diskutierten
wir über Preis und Vorzüge des Gerätes. Dabei scheute sie auch vor relativ
gewagten Werbemanövern nicht zurück. Sie pries z.B. an, dass sich dieser
Rasierer neben der normalen guten Rasur auch zusätzlich besonders gut zur
perfekten Intimrasur eigne, wegen dem weit wegklappbaren
Langhaarscheider und der besonders hautschonenden Dreifachklinge.
Schließlich sagte sie, weil ich ihr so sympathisch sei, würde sie ihn mir und
nur mir für 20 Euro lassen. Als ich noch immer zögerte packte sie noch
einige Wischtücher und ein Rasiererreinigungs-Set kostenlos obendrauf
und da mein Zögern noch immer in meinem Gesicht geschrieben stand,
einigten wir uns am Schluss auf 17 Euro, wofür ich den Apparat dann doch
entgegen meiner oben beschriebenen Bedenken kaufte. Zuhause habe ich
ihn dann, meiner Idee folgend, in die Bestandteile des Rasierteiles zerlegt
und diese einen Tag lang in einem Schälchen in ein Spiritusbad eingelegt.
Damit dürften alle möglichen Bakterien des Vorbesitzers den Geist
aufgegeben haben. Anschließend ließ ich ihn austrocknen und baute ihn
wieder zusammen. Nach einer zweistündigen Ladung seines Akkus
funktionierte er einwandfrei, ein neuer kann nicht besser sein und so bin
ich dann doch noch günstig an ein gutes Gerät gekommen. Ich bin schon
seit vielen Jahren ein Anhänger von Gebrauchtanschaffungen, man spart
enorm viel bei gleichem Nutzwert und ich habe fast immer Glück damit
gehabt und gute Erfahrungen gemacht. Nur bei solchen Geräten und bei
Kühlschränken hatte ich immer Bedenken, warum hatte ich schon
beschrieben. Durch die jetzige Vorgehensweise kann man aber sicher diese
Bedenken völlig ausräumen.
Da Geld nun mal ein knappes Gut ist, überlege ich derzeit, ob es sich
lohnen würde, wenn ich meinen alten normalen PC bei einem An- und
Verkauf in Zahlung gebe, da ich ja das wesentlich bessere Notebook habe.
Aber vermutlich wird man für den alten Computer kaum etwas bekommen,
so dass es sich nicht rechnet.

Es gibt Computerzeitschriften, ich habe nie welche gekauft, weil mir dafür
das Geld zu schade ist und mir reicht es, wenn mein Computer funktioniert,
ich suche nicht nach tiefgehendem Fachwissen darüber. Jetzt ist es aber
heute so, dass in Computerzeitschriften häufig CDS enthalten sind, die
vielleicht Dinge enthalten, die man brauchen könnte. Das ändert nichts
daran, dass ich keine kaufe. Wie ich Ihnen schon irgendwann einmal
schrieb, besuche ich öfters einen Kiosk unweit von hier. Dort gibt es auch
einige Computerzeitschriften. Jetzt hatten sich in dem Rückraum davon
etliche alte Computerzeitschriften vom letzten Jahr angestaut, die nicht
verkauft worden waren und vom Rückholdienst vergessen wurden. Dort
kommt ein Rückholdienst, der die unverkauften Exemplare wieder
mitnimmt, diese hatte er vergessen. Die Doris, die wo die Inhaberin ist, bot
mir an, die alten Zeitschriften kostenlos mitzunehmen. Da ich keine Lust
habe, dieses langweilige Zeug, was darin steht, zu lesen, habe ich die zwar
mitgenommen, aber nur die CDS herausgerissen und den Rest in den
Altpapiercontainer weit draußen an der Ganghoferstraße geworfen.
Dadurch habe ich nun ungefähr 60 CDS hier mit unterschiedlichem Zeug
darauf. Kayla hat etwas experimentiert damit und geriet an ein seltsames
Spiel, bei dem man auf Knopfdruck an der Maus oder an bestimmten
Tasten Mauern in einem Gebäude zum Einsturz bringen kann. Wenn man
das geschickt anstellt, dann werden darunter bestimmte Feinde begraben
und zerquetscht. Ich weiß nicht, wer sich solch einen geistigen Dünnschiss
ausdenkt, aber zu Zeiten meiner schweren Krankheit hätte man im Institut,
in dem ich bei Vaduz lag, derartige Kreaturen vermutlich für immer
weggesperrt und die wären ohne vorherige Abfüllung mit bestimmten
Medikamenten noch nicht mal mehr in den umzäunten eigenen Park der
Klinik gekommen. Nun muss man den Erfindern dieses Spiels zugute
halten, dass die optischen Darstellungen z.B. der Kellergewölbe und der
Landschaften, sehr gelungen und äußerst echt wirken, aber diese
Darstellungen hätte man sicherlich auch für ein schönes Spiel und nicht für
einen derartigen Schwachsinn verwenden können. Dieses Spiel läuft nur
auf dem Notebook, auf meinem alten Computer wird nach dem Einlegen
der CD das ganze Bild blau und eine mir nichts sagende Anzeige kommt
auf. Aber es ist eigentlich nach 10 Minuten alles langweilig, nur Bumms
und Paff, Knall und Zisch, überall blitzt und wankt es, das Universum
stürzt ein, geistesarmes Zeug und ich verstehe nicht, wie Jugendliche
tagelang spielend vor einem Computer zubringen können; ich entdecke
keinerlei Reiz darin.

Der ADAC scheint seine Fühler überall hin auszustrecken. Ich bin dort
nicht Mitglied und war es auch nie. Ich habe auch nicht dem ADAC
geschrieben, dass ich nun wieder ein Auto habe. Trotzdem erhalte ich einen
Brief von denen mit Antragsformular zur Aufnahme in den Club und dem
Hinweis, dass es viele Vergünstigungen für mich geben würde, wenn ich
Mitglied würde. Wenn die es nicht von mir wissen, dann kann es eigentlich
nur von der Zulassungsbehörde an die gemeldet worden sein, denn ich
glaube kaum, dass eine private Drittperson, die zufällig mitbekommen hat,
dass ich wieder Auto fahre, eine derartige Meldung an den ADAC
geschrieben hat. Die Mitgliedschaft kostet ja auch wieder Geld und ich
sehe nicht ein, denen noch Geld für Nichts nachzutragen. Bei einer Panne
helfen die so und so, egal ob ich Mitglied bin oder nicht, zumindest dann,
wenn ich im akuten Pannenfall Mitglied werde. Also wäre es geradezu
Unsinn, jetzt dafür Geld auszugeben. Für dieses Geld kann ich lieber
wieder einige Tankfüllungen absolvieren und mit dem Auto fahren. Auch
schüttelt ein ferner Bekannter von mir stets den Kopf, dass ich für das Auto
nur eine pure Haftpflichtversicherung abgeschlossen habe, aber keine
Teilkasko. Er meint, das müsse man unbedingt haben und malt die
schlimmsten Bilder an die Wand, von Autodiebstahl und von Autobrand
und dergleichen und dass ich dann ohne Auto dastünde. Man soll es zwar
nie beschwören, aber für Diebe ist mein Suzuki gewiss kein attraktives
Objekt der Begierde und für den Fall, dass der Wagen in Flammen aufgeht,
dieses Risiko trage ich gerne, wenn ich dafür die horrenden
Versicherungsgebühren spare. Außerdem warum sollte er überhaupt in
Flammen aufgehen? Sicher, passieren kann alles, aber ich bilde keine
überhöhte Gefahr, dass es soweit kommen kann. Das ist ähnlich, wie mit
sonstigen Versicherungen, von den meisten halte ich nichts und betrachte
sie als sinnlos verpulvertes Geld. Haftpflicht fürs Auto, OK die muss man
haben und das ist ja auch sinnvoll, ebenso die private Haftpflicht und die
Krankenversicherung, aber das war's dann auch. Hausratversicherung,
Mietrechtschutz, Rechtsschutz allgemein und all solchen Quatsch brauche
ich nicht. Im Krankheitsfall da kann es schnell und völlig unerwartet
schweineteuer werden, das habe ich ja vor ein paar Jahren am eigenen Leib
bitter erfahren müssen. Schnell waren für Behandlungen 42.000 DM fällig
und weitere 35.000 DM für Klinikaufenthalte, sozusagen als Hotelkosten
im Hotel Krankenhaus. Das hätte ich selbst damals nie aus eigener Tasche
bezahlen können und hier musste die Krankenversicherung kräftig bluten.
Aber mein gesamter Hausrat ist ohnehin höchstens 2.000 Euro wert, eher
deutlich weniger, wenn wir mal das Notebook herausrechnen. Es ist zwar
nicht so, dass ich, wenn ich abbrennen würde, mir neuen Hausrat kaufen
könnte, aber in solch einem schlimmen Fall würde ich eben zur Not wieder
mit Apfelsinenkisten als Möbel anfangen, bis ich mir wieder besseres
leisten könnte, damit hätte ich keine Probleme. Dafür spare ich aber jetzt
beachtliche Versicherungsprämien und lebe vorsichtig. Würde ich diese
ganzen blöden Versicherungen abschließen, dann könnte ich mir den
Suzuki gar nicht leisten. Da ist mir die Susi lieber, als eine Versicherung,
die nur abkassiert. Um die Vorsicht, die ich walten lasse, ein wenig zu
verdeutlichen, jede Nacht vor dem Schlafengehen mache ich einen
Rundgang durch meine Wohnung und durch meinen Kellerraum, ob alle
Stecker aus den Steckdosen gezogen sind, natürlich ausgenommen
Kühlschrank, Nachttischlampe und Radiowecker, aber sonst ziehe ich jede
Nacht alle Stecker. Das heißt, ich habe es mir seit letztem Jahr etwas
bequemer gemacht, ich habe mir ein paar Steckdosenleisten mit
eingebautem Schalter gekauft und brauche daher jetzt nur noch die
jeweiligen Schalter umzulegen. Öfen habe ich nicht in der Wohnung,
geheizt wird per Zentralheizung, da kann nichts passieren. Weder Kayla
noch ich rauchen, also glimmen auch keine stinkenden Kippen herum.
Alles in allem sind die Gefahren bei mir somit schon deutlich reduziert.
Lästige Versicherungsheinis finden bei mir erst gar keinen Einlass in die
Wohnung. Diese Burschen klingeln zwar immer wieder mal an der
Wohnungstür, vielleicht drei mal im Jahr, aber denen schmeiße ich immer
mit großer Begeisterung die Tür vor der Nase zu. Überhaupt hasse ich
unangemeldete Besuche jeder Art. So klingelt es neulich, ein Anhänger
einer Bürgerinitiative steht da und sammelt Unterschriften. In der
Rosenbergstraße soll ein neues Privatbordell oder so etwas ähnliches
entstehen, dieser Unterschriftensammler und seine Initiative sind dagegen
und wollen im Umkreis von einigen Kilometern alle Bürger dagegen
mobilisieren. Ich sehe nicht ein, weshalb ich mir von solchen Leuten einen
Standpunkt vordiktieren lassen soll, ich habe den Unterschriftensammler
schneller rausgeworfen als er seinen Namen sagen konnte. Draußen vor der
Tür schimpfte er dann noch eine Weile im Flur über mich. Bei solchen
Leuten achte ich schon gar nicht mehr auf deren Anliegen, alleine aus
Prinzip werfe ich die sofort raus.

Böse Betrüger scheinen eine neue Masche am Laufen zu haben. Gehe ich
diese Tage zum Briefkasten, dort ein amtlich wirkender Brief mit einer
Mahnung über eine Rechnung, angeblich zurückliegend vom Jahr 1995
und die ich seither nicht bezahlt hätte. Man fordert 14,99 Euro auf ein
ausländisches Konto zu überweisen und bezeichnet sich dabei selbst als
freundlich, da ihnen aufgrund der langen verstrichenen Zeit eigentlich
schon eine Mahngebühr in Höhe von mindestens 25 Euro zustehen würde,
auf die man aber großzügig verzichten würde, wenn ich sofort die
Rechnung begleiche. Der gesamte Wortlaut ist durchaus eher freundlich
und bemüht sich, die angebliche Sache wie einen Akt der Vergessenheit,
die einem schon einmal in der Alltagshektik unterlaufen kann darzustellen,
um den Empfänger freundlich zu stimmen. Trotzdem eine Bosheit, 1995
lebte ich noch gar nicht unter dieser Adresse hier, sondern zu diesem
Zeitpunkt sogar in einer ganz anderen Stadt und sowohl Nach- wie auch
Vorname sind falsch geschrieben. Es wird zudem mit keinem einzigen
Wort beschrieben, wofür diese Rechnung überhaupt sein soll. Wer nun
voreilig bezahlt, denn wer kann sich heute wirklich noch genau daran
erinnern, welche Rechnungen er 1995 bezahlt hat oder nicht, und deshalb
eilig bezahlt, im Glauben, dass es schon seine Richtigkeit hat, der ist der
Dumme und genau darauf bauen diese Gauner. Der geforderte Betrag ist
deshalb vermutlich absichtlich nicht gleich extrem hoch gewählt, weil bei
hohen Beträgen würde sicher jeder zuerst genauer prüfen. Derzeit überlege
ich noch, ob ich mit dem Mist zur Polizei gehen soll oder nicht. Geht man
nicht hin, ärgert man sich vielleicht später, nicht zur Unterbindung dieser
Sache beigetragen zu haben; geht man hin, so ärgert man sich ziemlich
sicher über den Papierkrieg und das lästige Procedere was unter
Umständen auf einen zukommt. Werden die Gauner gefasst, dann kann
man letzten Endes noch irgendwann als Zeuge vor Gericht aussagen, was
auch eine lästige Angelegenheit werden kann. Man selbst hat dann
vielleicht mehr Schaden und Auslagen, als der Gauner. Vermutlich braucht
man auf die Ergreifung des Gauners zwar nicht zu setzen, weil der
sicherlich weit weg im Ausland sitzt und sich die Hände über die Dummen
reibt, die ihm die gefälschten Rechnungen bezahlen, aber vielleicht
schnappen sie ihn ja doch.

Ein Riesentheater herrschte vorgestern im Erdgeschoss hier im Haus. Dort
wohnt in einer der zwölf Erdgeschosswohnungen eine recht resolute Frau
Horbach. Die glaubt ständig, jeder wolle ihr am Zeug flicken und ihr zu
irgendwelchen Nachteilen verhelfen. Auch kann sie trefflich im
Treppenhaus darüber jammern, dass die meisten Hausbewohner sie
angeblich hier rausekeln wollten, was überhaupt nicht stimmt. Wissen Sie,
hier im Haus gibt es im Prinzip gar kein Verhältnis der Hausbewohner
untereinander, ich genieße das und finde das sehr gut, andere bemängeln
es. Klar gibt es einige wenige Ausnahmen von Leuten, die sich in jeden
Dreck einmischen wollen, ich berichtete ja darüber schon einmal, aber das
wird nie etwas tiefergehendes und erstickt stets im Ansatz, auch sind das
nur sehr wenige. Gerade weil es hier aber gar kein Verhältnis der einzelnen
Mietparteien zueinander gibt, interessiert es auch kein Schwein, ob in der
Paterrewohnung C-09 nun eine Frau Horbach oder sonst eine Figur wohnt.
Weil es keinen wirklich interessiert, wird sich aber auch keiner bemühen,
sie dort raus zu ekeln, wozu auch? Die geht, bis auf diese fixe Ideen,
keinem wirklich auf den Senkel und es ist allen wurschtegal ob die da
wohnt oder nicht, genauso wie es fast jedem anderen hier egal sein wird, ob
ich hier wohne oder nicht. Nun gibt es unten im Eingangsbereich vom
zweiten Treppenhaus, welches für mich aber auch für die Frau Horbach der
schnellste Weg nach draußen ist, eine Riesenwand mit lauter Briefkästen
von uns allen, die im Gebäudeteil C des Mietshauses wohnen.
Irgendwelche dummen Gören, die draußen spielten, kamen nun wohl
mehrfach auf die Idee, Speiseeis in manche Briefkästen zu stopfen. Das ist
zweifellos eine riesige Schweinerei und verklebt und vermatscht den
ganzen Briefkasten. Ich hatte bislang immer noch Glück und war nie davon
betroffen, die Frau Horbach hatte fast immer Pech und war immer unter
den Glücklichen, die dieses Gematsche in ihrem Briefkasten vorfanden.
Darüber hat sie sich natürlich sehr entzürnt. Nun hatte sie das Glück, oder
soll ich lieber sagen das Pech, gerade in dem Moment aus dem Keller
hochzukommen, an den Briefkästen vorbei, als ein Mädchen sichtlich in
ihren Briefkasten zwei dicke Speiseeisstücke hineindrückte. Daraufhin
ergriff sie das vielleicht achtjährige Kind und hat ihm einen ordentlichen
Satz Ohrfeigen verpasst. Man kann dazu stehen wie man will, verdient
waren die Ohrfeigen zweifellos, aber Sie wissen, wie heute die Rechtslage
ist und so etwas wird als schlimmes Vergehen angesehen. Zu meiner
Kinderzeit wäre solch ein Tun nicht mit nur zwei Ohrfeigen abgegangen,
aber das war einmal. Das Kind rannte brüllend nach Hause, kam kurz
danach mit Mutter und Vater wieder, zwei asoziale Gestalten mit
zugesoffenen und zugewachsenen Köpfen, ungepflegt als hätten sie 3
Wochen in einer Jauchegrube gelegen, der Vater drohte der Frau Horbach
an, die Tür einzutreten und sie mit mindestens 100 Schlägen windelweich
zu klopfen oder gleich totzuschlagen. Ein Riesengeschrei im Flur, die
Polizei kam schließlich und sorgte erst einmal für eine Abmilderung der
Brüllerei. Dann hieß es, die Frau Horbach soll nun eine Anzeige wegen der
Ohrfeigen erhalten, der Kindesvater hingegen wollte die Anzeige nicht,
sondern verlangte, dass er die Frau Horbach mal richtig durch die Mangel
drehen könnte und dann wäre die Sache für ihn erledigt. Das betroffene
Kind stand dabei und hopste und johlte. Daraufhin schlug der Vater mit der
flachen Hand das Kind dermaßen ins Gesicht, dass dessen Nase zu bluten
begann und es laut aufheulte, wohlgemerkt im Beisein der Polizisten. Er
fühlte sich wohl durch das Johlen seines Kindes in seinen blinden
Wutausführungen zur gewünschten Traktierung der Frau Horbach gestört
und brüllte das Kind dann auch an, so was wie: Halt endlich die Schnauze
du blöder Balg! Daraufhin schnappten die Polizisten den Vater und dieser
soll nun ebenfalls eine Anzeige erhalten. Ein Gerangel zwischen dem Vater
und den beiden Polizisten entstand, was schließlich damit endete, dass die
ihm zur Beruhigung Plastikschnürbinder wie eine Handschelle anlegten
und ihn zur Ausnüchterung mit zur Wache nahmen, der hatte bestimmt 3
Promille oder mehr. Als die Polizisten weg waren, schimpfte die Horbach
dann lauthals im Flur, das Ganze sei eine ausgeklügelte Intrige von anderen
Hausbewohnern gegen sie gewesen, nur um sie hier zu vertreiben, aber sie
lasse sich hier nicht vertreiben. Wenn sie das Haus dauerhaft verlasse, dann
nur mit den Füssen zuerst, anders niemals. So zischte sie noch bestimmt
eine halbe Stunde lang mit großer Lautstärke im Flur umher.

Noch vieles andere hätte ich Ihnen zu berichten, jedoch muss ich nun noch
dringend zu einem Behördentermin, bevor die dort um 13.30 Uhr dicht
machen.
Freitags gönnen die sich früher Feierabend und ich muss es in dieser
Woche noch schaffen, dorthin zu kommen.

Grußbeladene Wünsche,

Ihr 

Egbert Lappenkeuler