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Auf dieser Seite finden Sie die Lappenkeuler - Beiträge “Ladendieb” und “Grüne Stifte” aus dem Jahre 2006. Beide Textbeiträge können hier direkt gelesen werden oder auch als jeweils eigenständige PDF - Datei heruntergeladen werden.
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Beitrag 1
Lappenkeuler - Brief / Email „Ladendieb" vom 14.02.2006
Globale Grüße.
Wie schnell man unverschuldet in etwas hinein geraten kann, das wurde mir am letzten Montag erst wieder bewusst. Wissen Sie, ich kaufe selten etwas in normalen Waren-Kaufhäusern, weil die im Preisvergleich meist zu teuer sind. Trotzdem gehe ich durchaus gerne durch Kaufhäuser, nur so zum gucken, teils auch als Information, was es so gibt oder was bestimmte Dinge so kosten, sagen wir mal in gewisser Hinsicht also aus Neugierde, aber auch zur Unterhaltung. Auch finde ich zuweilen die Atmosphäre dort interessant. So war ich neulich in einem Kaufhaus in der Innenstadt. Kayla war nicht mit, sie war mit dem Wagen anderweitig unterwegs. So ging ich gemütlich von Etage zu Etage, betrachtete dies und das, wunderte mich vor allem über die hohen Preise von manch sinnlosem Zeug. Nach vielleicht 1 Stunde hatte ich genug gesehen und wollte das Warenhaus wieder verlassen. So fuhr ich per Rolltreppen ins Erdgeschoss und ging vorbei an den Büchern und Schreibwaren in Richtung Ausgang. Dort gibt es auch im Bereich des Ausgangs noch mal einige Kassen, die für diese Schreibwaren-Abteilungen zuständig sind. Von weitem hörte ich ein Gekreische im Laden, wusste dies aber zunächst nicht zuzuordnen. Das änderte sich schnell, eine Verkäuferin eilte durch den Laden einem vermeintlichen Ladendieb nach und schrie mehrmals so etwas wie haltet den Dieb oder Alarm. Ich ging unterdessen weiter in Richtung Ausgang. Als ich den Ausgang so gut wie erreicht hatte, trat aus einer Seitentür eine Art Hausdetektiv, nahm mich beim Arm und zog mich wüst zur Seite. Der hatte wohl da irgendwas falsch verstanden und glaubte, ich sei der vermeintliche Ladendieb. Der Schwachkopf verdrehte mir schon ziemlich den Arm und das schmerzte sehr. Das stimmte mich natürlich nicht gerade freundlich und ich beschimpfte ihn, worauf er noch mehr drehte und an mir zusätzlich dabei noch herumzog. So entstand eine Aufregung und einige andere Leute schauten schon blöd, weil die mich in dieser Situation natürlich auch für den Bösen hielten. Der schwachsinnige Ladendetektiv war dann immer dran, ich solle sagen wo das Diebesgut sei, ich wusste natürlich gar nicht, was der wollte. So brüllte er immer mehr und zog mich dann rüber, wollte mich mit in einen Nebenflur zerren, um mich von dort in sein Büro zu verbringen. Da ich mich ziemlich wehrte, weil ich das als Unschuldiger ja nicht wollte, wurde er wieder rabiater und verdrehte mir erneut den Arm, dass es schmerzte. Daraufhin fiel mir ein alter Trick von früher ein, ich legte sozusagen plötzlich und für den unerwartet ganz kräftig den Rückwärtsgang ein, das heißt ich begann stark rückwärts auf den Detektiv zuzugehen, der mich ja von hinten am Arm gepackt hielt, wobei ich mich ganz plötzlich kräftig mit den Füssen am Boden in Rückwärtsrichtung abdrückte. Damit hatte der nicht gerechnet, weil die rechnen ja immer damit, dass man im Gegenteil weglaufen will und nicht dass man in seine Richtung oder sozusagen rückwärts durch den durch laufen will, zugleich wird das Armverdrehen dadurch entlastet und es tut nicht mehr weh. Durch dieses unerwartete Rückwärtsgehen schob ich den Detektiv ein Stück mit nach hinten, dadurch wieder geriet er, wie es der Zufall wollte, über eine Messingkante am Boden ins Straucheln und fiel hin, wobei er automatisch meinen Arm los ließ. Dadurch war ich wieder frei und ging zunächst in Richtung Ausgang, aber da kamen inzwischen 2 weitere Ladendetektive und da wäre ich niemals dran vorbei gekommen. So blieb ich dort stehen und verlangte nun meinerseits, dass umgehend die Polizei geholt werde. Mittlerweile hatte die kreischende Verkäuferin es bis zu uns geschafft und erklärte dem wieder aufgestandenen Detektiv, der mich am liebsten gleich verdroschen hätte, dass ich der Falsche sei, der Dieb, der ihr mehrere Geldscheine aus der offenen Kasse gezogen habe, hätte eine schwarze Lederjacke angehabt und sei zudem viel schlanker und größer, als ich und in Richtung des Ausgangs Nadlerstraße gelaufen. Trotzdem wollte der dumme Detektiv noch weiter frech werden, weil ich ihn zu Boden gestoßen hätte. Während die anderen beiden Ladendetektive, die direkt am Ausgang standen, nun versuchten mich zu beschwichtigen und schon nach Worten der Entschuldigung für dieses Versehen rangen, obwohl die ja aktiv gar nichts gemacht hatten, beschimpfte mich der Bodendetektiv. So verlangte ich, dass man die Polizei rufe, damit ich den wegen Körperverletzung und Nötigung anzeigen könne. Daraus entstand dann zunächst eine etwa fünfminütige Diskussion und es kam ein Abteilungsleiter oder so etwas ähnliches hinzu, der sich dann offiziell im Namen des Kaufhauses bei mir entschuldigte und den blöden Ladendetektiv in die Schranken wies, als der erneut aufbegehren wollte. Zu dem sagte ich dann, dass es damit nicht getan sei, da mir der Detektiv grundlos Schmerzen zugefügt habe und ich deshalb einen Arzt konsultieren werde. Der Abteilungsleiter bat mich dann überfreundlich, ob man diese Diskussion nicht in seinem Büro fortsetzten könne, da diese ja nicht zur Unterhaltung der dadurch vielleicht verunsicherten Kundschaft dienen soll. Nun gut, dazu ließ ich mich jetzt breitschlagen und folgte dem in sein Büro, welches sich im 2 Stock hinter den Verkaufsräumen befand. Ein wunderschönes Büro mit kostbarer Holzvertäfelung und großzügigen Fenstern, hier lässt sich der Tag angenehm verleben, dachte ich. Der Abteilungsleiter bot mir dann einen Einkaufsgutschein in Höhe von 20 Euro an, wenn ich dafür den Vorfall auf sich beruhen ließe und es einem übereifrigen Hausdetektiv nachsehe. Er begründete dessen Übereifer damit, dass in den letzten Wochen die Anzahl der Ladendiebstähle und insbesondere der direkten Gelddiebstähle aus geöffneten Kassen drastisch zugenommen habe. Ich erwiderte daraufhin, dass mein Arm noch schmerzen würde und ich mit 20 Euro ja noch nicht einmal einen Arztbesuch bezahlen könne und dass ich wohl doch besser die Polizei einschalten würde, da man die Sache ja gewissermaßen festhalten müsse. Es könne ja sein, dass sich später gesundheitliche Mängel am Arm herausstellen und dann will es keiner gewesen sein. Dann folgte eine Reaktion, die ich nicht erwartet hätte. Der Abteilungsleiter bescheinigte mir auf einem Schriftstück, welches er von seiner Sekretärin, einer älteren Dame, schnell am Computer aufsetzen ließ, dass die Kosten für aus diesem Vorfall resultierende Arztbehandlungen vom Kaufhaus übernommen würden, sofern diese einen direkten Bezug dazu hätten und bis spätestens 7.August 2006 geltend gemacht würden, das ist also ungefähr ein halbes Jahr. Zusätzlich bot er mir dann einen Einkaufsgutschein in Höhe von 50 Euro an. Nun, man will ja auch kein Unmensch sein und wenn ich ehrlich bin, waren zu diesem Zeitpunkt die Schmerzen im Arm schon längst wieder weg, ich glaube sogar, dass der Hausdetektiv durch den Sturz eher noch ein paar blaue Flecken übrig behalten wird. So wurden wir uns einig und ich erhielt die genannte Bescheinigung und einen Einkaufsgutschein im Wert von 50 Euro, der übers ganze Jahr 2006 Gültigkeit hat. So schön die Sache letztendlich ausgegangen ist, ich muss zugeben, im ersten Moment, als ich selbst noch nicht so recht wusste, wie mir geschah, da wird einem schon anders und es schießen einem alle möglichen Gedanken durch den Kopf. Auf Anhieb wusste ich ja auch nicht gleich, dass dieser Knilch ein Ladendetektiv ist, ich dachte zuerst, es sei vielleicht der flüchtende Dieb, die mich quasi als Geisel oder als Schutzschild für seine Flucht zweckentfremden wollte. Diesen Gedanken verwarf ich aber dann gleich wieder, weil so was macht wohl kein Ladendieb so schnell, auch weil das hier wohl ein Profi war, denn ein kleiner Ladendieb ist wohl kaum so dreist, dass er der Verkäuferin gezielt in die geöffnete Kasse greift, der hätte vielleicht ein paar verlockende Artikel mitgenommen. Aber das wusste ich zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht.
Spielen Sie gerne Karten? Ich meine Skat oder so was? Ich hasse Kartenspiele wie die Pest und begreife nicht, wie man damit auch noch begeistert Zeit totschlagen kann. Wie Sie wissen, helfe ich ab und zu bei einem Bauunternehmer im Innenausbau aus, vielleicht an einem Tag pro Monat. Ich mache es eigentlich nicht wirklich gerne, was die Tätigkeit betrifft, aber der zahlt so gut, das Geld überredet einen dann sozusagen, diese Plackerei für einen Tag mal hinzunehmen. Auch ist der Unternehmer ehrlich, das heißt, man läuft nie seinem Geld nach, man kommt morgens, wird eingeteilt, zur Baustelle gefahren, manchmal kriegt man sie auch am Abend vorher gesagt, wo man dann gleich selbst hinfahren soll, dann erhält man morgens ein Drittel der vereinbarten Entlohung und den Rest abends, wenn Schluss ist. Ich habe noch nie erlebt, dass ich das dann nicht bekommen hätte oder dass ich noch umständlich den erinnern muss. Zu Feierabend kommt der selbst auf die Baustelle, zahlt die Gelegenheitsjobber wie mich gleich aus und tschüss, wie man so sagt. Er selbst scheint auch zufrieden mit meiner Arbeit zu sein, denn sonst würde er mich nicht immer wieder für solche Innenausbau- Hilfsarbeiten holen. Bei Not am Mann und größeren Projekten habe ich auch schon mal 4 oder 6 Tage pro Monat, aber nie mehr als 2 Tage pro Woche, bei dem geholfen, aber das ist sehr selten und gefällt mir auch eigentlich nicht. Wissen Sie, mein Hauptaufgabengebiet ist inzwischen das maßgenaue Zuschneiden von Rigipsplatten und ähnlichen Ausbauplatten. Da habe ich mich so eingearbeitet, dass selbst Fachleute vom Bau, die es eigentlich besser können müssten, eher zu mir kommen und mich das machen lassen, weil meine Zuschnitte exakter passen und eben nicht an irgend einer Stelle geschwungen sind, was dann später mit Nesselband und Fertig- Spachtelmasse wieder zeitraubend ausgeglichen werden muss. Die richten dann an der Baustelle eine Ecke ein, mit ein paar Böcken, den notwendigen Spezial-Bandsägen, einer feinen Stichsäge für kleine Ecken, einen Abkanter mit Anreißdorn, einigen Lochsägebohrern in verschiedenen Größen für die Stellen, wo später Steckdosen, Lüftungs- oder Wasserrohre durch sollen, einem guten Kantenhobel und allem Werkzeug, was man zum passgenauen Zuschneiden so braucht. Sehr viel ist es ja gar nicht, es klingt aufwändiger, als es ist. Dann bringen die mir die Platten, schreiben die notwendigen Maße auf die Platten, bemaßen Aussparungen für Steckdosen, Wasserrohre u.s.w., kennzeichnen die Stellen, wo Plattenübergänge hin sollen, wegen der dort notwendigen Abschrägungen, stellen mir meist 15 Platten auf Vorrat hin, die ich dann abarbeite, dann kommen sie die wieder holen und bauen sie ein u.s.w. Ich brauch da auch nicht groß mit den schweren Sachen zu schleppen, dann würde ich das auch nicht machen, weil ich dazu nicht mehr in der Lage bin, jedenfalls nicht in größeren Mengen. Die Leute am Bau verwenden ja auch in aller Regel nicht die leichter handhabbaren Einmann-Platten, wie man sie meist in den Baumärkten vorfindet, sondern die richtig großen, die doppelt so breit und 2,6 m hoch sind. Und davon wieder auch meist die dicke Sorte. Na ja, zurück zu dem, was ich Ihnen eigentlich sagen wollte. Zwischen der Arbeit werden selbstverständlich auch einige Pausen gemacht, wo man ein Butterbrot isst und etwas trinkt. Nun nervt mich an der aktuellen Großbaustelle, wieder auf dem Gelände der Uni, ständig einer der Bauarbeiter, weil der mich in jeder Pause anbettelt, ich möge doch beim Skatspielen mitwirken, damit 3 Leute zusammen kämen oder so. Ich habe das dem schon so oft erklärt, dass ich davon nichts halte, aber in jeder Pause kommt der Idiot aufs neue angedackelt und fragt das selbe. Wenn er dann genügend andere Dumme gefunden hat und die eine Weile gespielt haben, dann kommt er wieder zu mir und erzählt mit leuchtenden Augen, wie er mit welchen Zügen und was weiß ich nicht alles wieder einmal raffiniert gewonnen hat. Da kriege ich die Krise. Es interessiert mich nicht, es langweilt mich zu Tode, ich finde es schlicht gesagt Scheiße! Also wenn Sie irgendwann hören, dass ein Skatspieler in Stuttgart während der Mittagspause umgebracht wurde, dann war ich das! Nein, nichts für ungut, das ist natürlich nur Spaß, aber der Kerl nervt wirklich auf eine eklatante Weise. Nun kennen Sie inzwischen sicher ein wenig meine schelmische Ader und so hatte ich kurz nach der Frühstückspause einige seiner Spielkarten mit Fertig-Spachtelmasse eingeschmiert und fest zusammengedrückt. Das hatte ich aber fein säuberlich gemacht und man konnte das vorher nicht sehen. In der Mittagspause hat der vielleicht blöd geschaut, als er manchmal so verdächtig „dicke Blätter" in der Hand hielt, wo 2 oder manchmal sogar 3 Karten zu einer dicken Pappe aufeinandergebacken waren. Danach habe ich dann aber wieder blöd geguckt, weil der Kartensüchtige natürlich immer genügend Ersatz-Kartenspiele dabei hat. Obwohl geärgert hat er sich schon, vor allem weil ihm dadurch wieder mögliche Spielzeit verloren ging. Er konnte sich sicher denken, wer das war, er hat sich mir gegenüber aber nichts anmerken lassen.
Der Winter mag seine Abschiedsvorstellung noch nicht geben und kehrt zurück. Ich weiß nicht, ich glaube es war am Mittwochabend, da wurden wir unterwegs doch recht bös vom Winter überrascht. Gegen 16 Uhr waren wir noch im Schwarzwald unterwegs. Gut, am Straßenrand lag noch alter Schneebestand, aber es war zwar grau, aber dennoch so, dass man aus seiner Lebenserfahrung fest glaubte, dass an diesem Tag kein Neuschnee mehr zu erwarten ist. So fuhren wir gemütlich und hatten vor, noch irgendwo schnell etwas essen zu gehen, um danach noch gemütlicher die Heimreise in Richtung Stuttgart anzutreten. So ähnlich machten wir das dann auch. In der Nähe des kleinen Ortes Ebersbronn kehrten wir in einem etwas abseits liegenden Landgasthof ein, wo wir schon mal im August waren. Die haben frische, leckere Speisen zu sehr niedrigen Preisen. An dem Tag dauerte es dort ein wenig länger, weil nur eine Bedienung anwesend war. Aber wir haben ja Zeit. Ein alter Herr mit Pfeife im Mund, der in einer Ecke der Lokalität saß und genüsslich einen Schoppen Wein zeitlupenhaft trank, meinte zur Bedienung noch, dass es heute noch schweres Wetter geben würde. Die Bedienung lachte und meinte, dass er sich da sicher irre, es ist beruhigtes Wetter, so sagte sie. Der meinte weiter, dass seine linke Augenbraue wieder kräftig jucken würde, dann käme Sauwetter, darauf sei Verlass. Unter seiner linken Augenbraue habe er eine alte Verletzungsnarbe, wo ihm vor 50 Jahren beim Arbeiten im Sägewerk mal ein Holzklotz gegen gesprungen sei und die melde ihm seither immer zuverlässig schlechtes Wetter. Dass es Wetterfühligkeit gibt, ist nicht neues, aber trotzdem hielten wir und die Bedienung das für Altherrengeschwätz, weil es nach unserer Meinung gar nicht nach wirklich schlechtem Wetter aussah. So verzehrten wir genüsslich unser Essen, ein schön heftig gewürztes Rindsgulasch mit einem einmaligen Karottensalat, manche nennen es auch Möhrensalat, und Bandnudeln, einschließlich leckerem lockeren Vanillepudding mit Kirschsoße als Abschluss alles zusammen je Portion 6,90 Euro. Dazu trank Kayla 2 Gläser Apfelsaft, während ich ein Glas Coca-Cola und ein Glas Mineralwasser dazu nahm. Als wir dann wieder dort abfuhren, war es schon dunkel und ungefähr 18 Uhr. Wettermäßig sah alles noch aus, wie zuvor, nur dass hier und da ein paar Dunstwolken wie leichter Nebel an den langen Waldstrecken aufzogen, aber keineswegs dramatisch, zumal diese Nebelbänke meist kaum über längere Strecken als vielleicht 300 m andauerten, dann war wieder freie Sicht und selbst in diesen Nebelhaufen konnte man noch locker über 100 m weit sehen. Wissen Sie, inzwischen kenne ich in bestimmten Schwarzwaldbereichen auch viele Schleichwege und genau einen solchen befuhr ich dann als Abkürzung. Diese Abkürzung erspart uns einen langen Bogen über Gernsbach - Weisenbach und Bad Herrenalb. Man kommt dann von Raumünzbach über diesen Schleichweg, der offiziell nur ein paar Aussiedlerhöfe anbindet, in einem Nest mit dem kuriosen Namen Gompelscheuer aus. Von dort aus führt dann wieder eine wildromantische, schöne Straße nach Enzklösterle, von wo aus man dann flott auf die B 294 gelangt, über die man dann leicht Calw und darüber auch Stuttgart erreicht. Nun soweit alles noch recht schön, diese winzigen Straßen bis Gompelscheuer und Enzklösterle waren aber nicht das Problem, dort kamen wir gemächlich aber konstant voran. Die Probleme begannen auf der gut ausgebauten B 294. Auch das Stück von Enzklösterle bis zur B 294 ist zwar teils eng und kurvig, aber es war gut zu befahren. Kaum waren wir nach links auf die B 294 abgebogen, die eigentlich rauf bis Pforzheim läuft, von der man dann aber unterwegs oben vor dem Abzweig nach Bad Wildbad in entgegengesetzter Richtung nach Calw auf die gut ausgebaute B 296 abbiegen kann, begann es heftig zu schneien. In weniger als 3 Minuten war die Fahrbahn, die zuvor noch völlig schwarz war, dicht mit Schnee bedeckt. Kräftiger Wind kam hinzu, dessen Böen teils so heftig waren, dass man glaubte, die Wipfel der am Rand stehenden Bäume würden sich vor einem verneigen und bald die Straße berühren. Dieser Sturm führte dann wieder dazu, dass der Altschnee, der seitlich auf vom Straßendienst zusammengedrückten Haufen im Graben lag, teils noch zusätzlich mit auf die Straße geweht wurde und sich dort zusammen mit dem Neuschnee zu keilförmigen Barrieren auftürmte. Das war dann immer dort der Fall, wo von westlicher Seite ein Weg oder eine Schneise in den Wald verlief, weil dort der Sturm weit nach unten durchpfeifen konnte. Mit vielleicht 20 km/h krochen wir und eine Hand voll anderer Autos daher. Ungefähr 3 Autos vor uns fuhr ein Sattelzug- LKW der einen unbeladenen Tieflader für Baumaschinen oder so etwas ähnliches hinter sich zog, womit man sonst große Bagger oder dergleichen transportiert. Es dauerte nicht lange, da geriet der in so einem aufgewehten Schneekeil in Schräglage und kam nicht mehr weiter. Man konnte sicher schon froh sein, dass er nicht in den Straßengraben rutschte, aber weg kam er halt auch nicht mehr. Lange mussten wir warten, es staute sich schon weit hinter uns und in Gegenrichtung lief auch nicht mehr viel, weil die an dem auch nur sehr vorsichtig vorbei kamen, da er etwas schräg geraten war. Dann sahen wir, dass ein Stück vor diesem Sattelzug weitere LKW fest hingen und den Gesamtverkehr blockierten. Inzwischen war es schon dreiviertel 8 und der Schneefall nahm weiter zu. Etwa 400 m vor dem Sattelzug entdeckte ich eine kleine Abzweigstraße nach rechts, die mit Hofstett und Neuweiler beschriftet war. Das war gerade im Lichtkegel der Scheinwerfer noch lesbar, weil sich von oben schräg eine Schneeschicht an den Schildern wie ein halb zugezogener Vorhang festgesetzt hatte. So haben wir uns an dem fest liegenden Sattelzug vorbei gezwängt und sind dort rein. Diese kleine Landstraße war noch dichter schneebedeckt, dort traute sich außer uns keiner rein. Immerhin konnte man dort, wenn auch sehr langsam, gemächlich weiterfahren, während auf der B 294 nichts mehr lief. Nach wenigen Kilometern erreichten wir Hofstett, ein kleines Dorf, welches wir weiter in Richtung Neuweiler befuhren. Neuweiler, auch ein Dorf, welches aber schon etwas größer war und wo es vor allem vernünftige Verkehrsschilder gab, mit denen man wirklich mal etwas anfangen konnte. Viele Orte geizen ja geradezu mit brauchbaren Verkehrsschildern, dort sind entweder gleich gar keine oder nur welche, die Hinweise auf den nächsten Ort tragen, der für sich genommen so klein und unbekannt ist, dass man daraus nicht erkennen kann, in welche Richtung man da wirklich gerät und wie es dort weitergehen könnte. Das war in Neuweiler nicht so, ein Lob an die Aufsteller der Schilder dort. Mitten im Ort zweigt diese Straße jeweils um 90 Grad versetzt in 3 weitere Straßen ab. Das wurde aber mit gut sichtbaren Schildern bekundet, wo oben der nächste kleine und unbekannte Ort drauf stand und jeweils darunter, etwas kleiner aber immer noch gut lesbar, der nächste große Ort mit seiner Entfernung. Rechts stand Martinsmoos 4 km, darunter klein Altensteig 15 km und Nagold 23 km, dorthin wollten wir also schon mal mit Sicherheit nicht, weil das wieder weiter südlich im Schwarzwald liegt. Auf dem mittleren Schild stand Topfsee 2 km, Fischzuchtanstalt 1,5 km und Gemeindehaus 250 m, also mehr ein innerörtlicher Verweis. Nach links an dem Abzweig stand Schmien 5 km, Zavelstein 6 km und - siehe da - Calw 11 km. So sind wir dann gefahren. Eine herrliche, winzige Straße, außer uns hat sich offensichtlich kein anderer dort lang getraut. Außer in den Orten selbst begegneten wir nirgendwo einem anderen Auto. Die kleinen Straßen waren inzwischen hoch zugeschneit, aber da ich ja Winterreifen habe, war das Durchkommen mit langsamen 10 bis 20 km/h problemlos möglich. Da es natürlich um diese Zeit schon dunkel war, war die Orientierung etwas schwer, aber zum Glück waren die Verkehrsschilder in Neuweiler mitten im Ort so geschützt montiert, dass sie nicht zugeschneit waren. Kurz vor Schmien, einem winzigen Nest, geriet ich aus Versehen in einen Feldweg, weil ich glaubte, dies sei die weiterführende Straße, die selbst jedoch in einem schrägen Bogen weiter lief, von dem dieser Feldweg im zugeschneiten Zustand genau im Schnittpunkt wie die Geradeaus-Weiterführung der eigentlichen Straße wirkte. Wir hatten dann etwas Probleme, von diesem zugeschneiten Feldweg wieder zurück auf die eigentliche Straße zu setzen, weil im Rückwärtsgang die Winterreifen deutlich schlechter funktionieren und weniger griffig sind, als im Vorwärtsgang. Allerdings bekamen wir nach 10 Minuten dieses Problem mit einem alten Sack in den Griff, der seitlich über einem Weidenpfahl hing und der von uns zweckentfremdet wurde, um ihn unter einen Vorderreifen zu schieben, damit der besser greift. Da wurde uns schon kurz etwas anders und wir sahen uns schon im Geiste dort im zugeschneiten Auto übernachten. Als wir dann wieder auf der eigentlichen Straße waren, ging es aber zügig über Schmien und Zavelstein weiter bis Calw. Ab Calw ging es dann unter mehr Betrieb auf breiten und relativ gut geräumten Straßen wieder über Weil der Stadt und Leonberg zurück nach Stuttgart, wo wir dann erschöpft aber auch um einige schöne Strecken-Erfahrungen, im wahrsten Sinne des Wortes, bereichert gegen dreiviertel 11 in der Nacht wieder am Mobilheim eintrafen. Diese Strecken werden wir mit Sicherheit im Frühling bei schönem Sonnenwetter nochmals fahren und ich bin gespannt, wie es dann dort ohne Schnee und bei Tage aussieht, wenn man wirklich etwas von der Landschaft sieht. Ich vermute, das muss eine sehr schöne Gegend sein.
Es ist eigentlich banal und trotzdem bemerkenswert, weil uns derartiges eigentlich noch nie passiert ist. Wir haben tatsächlich völlig vergessen Lebensmittel einzukaufen. Wissen Sie, normalerweise bin ich einer der Menschen, die meist Lebensmittel auf Vorrat einkaufen, so dass ich eigentlich höchstens einmal pro Woche einkaufen gehen müsste. Nur Kayla legt viel Wert auf frische Gemüse, während ich ursprünglich ein Anhänger von tiefgefrorenem Gemüse a' la Iglo & Co bin. Deshalb geht Kayla vielleicht 2 mal pro Woche zusätzlich frisches Gemüse und teils auch Kräuter zum Abwürzen kaufen. Solange ich alleine war, habe ich kaum frisches Gemüse gekauft, obwohl ich viel Gemüse esse. Nur die Zubereitung von dem Tiefkühlgemüse ist halt einfacher, schneller und geschmacklich sind die frisch gekauften Gemüse heute oft ebenbürtig. Beim korrekten Tiefgefrieren geht am Gemüse, im Gegensatz zu Konserven, ja auch nichts verloren. Doch zurück zu unserem Einkaufsnotstand. Kayla hatte diese Woche viel anderes zu tun und dadurch ihre Einkäufe vergessen, was auch kein Problem war, weil ich immer noch einige Vorräte an Gefriergemüse im Gefrierschrank halte, die auch mindestens einmal pro Woche weiterhin auf den Tisch kommen. Ich selbst hatte diese Woche auch gar nichts eingekauft, weil ich Anfang der Woche glaubte, es sei noch genug da und in der zweiten Wochenhälfte habe ich gar nicht mehr daran gedacht. So kam, was kommen musste. Am Sonntag, direkt beim Frühstück, stellten wir fest, dass kein Brot mehr da war, ebenso keine Wurst mehr. Keine Wurst wäre noch egal gewesen, aber kein Brot zu haben, das ist unschön. So aßen wir etwas Käse so locker von der Hand. Kayla hatte irgendwo noch eine Packung trockener Kekse gefunden, die wir dazu futterten. So dachte ich mir am Sonntag hat ja eine Bäckerei in der Rossbergstrasse immer offen, also fahre ich dorthin und kaufe Brot oder Brötchen, damit wir dann wenigstens Montag in der Früh wieder etwas haben. So habe ich mich in den Wagen gesetzt und bin dorthin gefahren. Ungefähr gegen halb 11 war ich dort und die haben sonst immer sonntags von 9 bis 15 Uhr offen. Dort werden dann aber meistens Teilchen, Torten und solches Zeug gekauft, aber es gibt auch frische Brötchen. Nun war ich wie vor den Kopf gestoßen, denn als ich dort eintraf, sah ich schon von weitem, der Laden ist dunkel und hat ausgerechnet heute nicht auf. Nun gibt es im Stadtteil Ostheim zahlreiche Bäckerein, daher dachte ich mir, dann fahre ich einfach durch die Straßen, und schaue, wo eine andere Bäckerei offen hat. Ja ist es denn zum verrückt werden? Sonst fällt einem immer auf, dass etliche Bäcker sonntags auf haben, ausgerechnet jetzt, wo man sie mal brauchen würde, haben alle zu. Nach einer Stunde langsamer Suchfahrt durch alle möglichen Straßen, vorbei an allen möglichen Bäckereien in diesem Umfeld, hatte ich keine Lust mehr und bin ziemlich entnervt ohne Brot oder Brötchen nach Hause gefahren. Glauben Sie jetzt nicht, damit war's das. Als Mittag wurde, stellten wir entsetzt fest, dass keinerlei Gemüse und auch sonst eigentlich nichts essbares mehr im Haus ist, woraus man hätte ein Mittagessen zaubern können. Selbst Eier waren keine mehr da, ein Zustand den es bei uns normalerweise nie gibt. Ich mag zuweilen schon mal gerne ein Ei, aber Kayla ist fast schon eiersüchtig, es gibt eigentlich keinen Tag ohne mindestens 2 Eier bei Kayla, egal ob einfach gekocht, als Spiegelei oder als Omlett. Auch mengt Kayla, wenn sie Suppe kocht, gerne kurz vor dem Servieren ein Ei unter die kochende Suppe, den sogenannten Eierstich. Aber nichts. Selbst der Käse, das Einzige, was wir am morgen gegessen hatten, neigte sich dem Ende zu. So blieb uns nichts anderes übrig, als eher widerwillig essen zu gehen. In einem Imbiss in der Cannstätter Straße sind wir dann hängen geblieben. Ich vertrage Pommes Frittes nicht gut, obwohl ich sie gerne mag, also holten wir uns eine Currywurst mit sogenannten Stocknudeln, das kannte ich noch nicht. Schmeckt aber gut. Da ist noch eine Soße drauf, recht würzig, dazu feine Erbsen und so war der Mittagshunger schnell erledigt. Damit wir am Abend und für den nächsten Morgen auch noch was zum beißen hatten, haben wir von dem Imbiss dann noch 5 belegte Brötchen auf Vorrat mitgenommen. Für Montag war dann zuerst einmal ein Großeinkauf angesagt. Eigentlich gehen wir montags nie einkaufen, weil man dann meist Reste angedreht bekommt, die übers Wochenende liegen geblieben und im Kühlhaus bewahrt worden sind. Jedoch noch mal zurück zum Sonntag. Wir hatten also 5 belegte Brötchen als Notvorrat gekauft und mitgenommen, aber haben Sie schon mal solche Brötchen vom Imbiss mit nach Hause genommen und einige Stunden gelagert, um sie vielleicht am nächsten Morgen als Frühstück zu essen? Falls nicht, dann lassen Sie es auch zukünftig sein, da isst man am besten lieber gar nichts, als so was. Die schmecken nur, wenn man sie sofort isst. Wir wollten abends jeweils eines davon essen und die verbleibenden 3 Brötchen wollten wir uns am Montagmorgen teilen, aber schon abends schmeckten diese beiden so eklig und matschig, dass wir sie draußen in Stücke gerupft den Vögeln und Katzen, die hier herumstreunen, hingeworfen haben. Da hungert man lieber freiwillig und es ist schade um das schöne Geld, was man dafür ausgegeben hat. Stellen Sie sich bitte vor, sie würden sich ein belegtes Brötchen machen und es dann draußen 2 Minuten in die volle Regentonne unter der Dachrinne eintauchen, so ähnlich dürfte das Ergebnis sein, was man hier bei diesen Brötchen nur 5 Stunden nach ihrem Kauf im Imbiss hatte. Unsere Bewertung: völlig ungenießbar! Da braucht man kein Wort darüber zu verlieren, wie die restlichen 3 Brötchen am nächsten Morgen, also nochmals weitere rund 12 Stunden später ausgesehen und geschmeckt haben. Das war dann auch nur noch Vogel- und Katzenfutter. Dabei bin ich überzeugt, dass wir keine überzogenen Ansprüche haben, Sie wissen es selber, dass wir uns mit wenig zufrieden geben, wo andere schon mit dem Kopf schütteln und es als unzumutbar bezeichnen würden. Nun ist es natürlich nicht so, dass wir so am Limit leben, dass man nicht von Vorneherein hätte mal einen Tag fasten können, anstatt dann gleich zum Imbiss zu rennen, aber mit knurrendem Magen entwickelt das einen Automatismus und so arm, dass wir uns das nicht leisten könnten, und gezwungen wären zu hungern, sind wir dann ja auch nicht.
Demonstrationen erzeugen zuweilen auch Gegendemonstrationen. In der letzten Woche wurde von der Gewerkschaft Verdi hier gegen Verlängerungen von Arbeitszeiten und für Lohnerhöhungen bei den öffentlich Beschäftigten demonstriert. Nachdem diese vielleicht 4 Stunden protestierend herumgezogen waren, sah man dann auf einmal eine kleinere Gruppe von vielleicht 20 Leuten herumziehen, die auf ihren Plakaten gegen diese Demonstranten demonstrierten. Sie warfen denen vor, trotz sicherer Arbeitsplätze unverschämte Forderungen zu stellen und sich wenig solidarisch mit den anderen Bürgern zu zeigen, weil diese froh wären, wenn sie wenigstens überhaupt einen Arbeitsplatz hätten. Das ist meines Erachtens natürlich eine unsinnige Diskussion, denn mit der Begründung könnte man an jeden Arbeitnehmer herantreten, der heute noch einen Job hat und man könnte das dann noch weiter spinnen und gar verlangen, dass diese Leute fast umsonst arbeiten, nur weil sie angeblich froh sein können, einen Job zu haben. Diese Begründung würde zu einer Kette nach unten ohne Ende mutieren und ist blühender Blödsinn. Denn die, die gegen diese Verdi-Demonstranten demonstrieren sind mit Sicherheit die gleichen Leute, die einem bei einem schlechten Jobangebot auch ohne Skrupel sagen, dass sie für das Geld lieber Sohi-Gelder a'la Hartz & Co kassieren, anstatt für diesen Minilohn arbeiten zu gehen. Nun mag mancher sagen, dass ich es gerade nötig hätte, solche Bemerkungen zu machen, wo ich ja zumindest teilweise ebenfalls in gewisser Weise von Sohi-Geldern lebe. Ich denke jedoch, es ist etwas anderes, wenn einer wenigstens, sagen wir mal 15 oder mehr Jahre in die öffentlichen Kassen kräftig eingezahlt hat und damit zu deren Befüllung beigetragen hat, als wie wenn Leute daher kommen, die nie oder nur ganz kurz etwas eingezahlt haben. Wenn man nun sagt, diese Kassen sind aber inzwischen leer, dann ist das nicht meine Schuld und ich brauche mir deshalb kein schlechtes Gewissen zu machen, denn ich habe seinerzeit zur Befüllung der Kassen beigetragen, wenn sich unsere Behörden, das Land, der Staat oder wer auch immer es sich geleistet haben, dieses Geld damals schon bei anderen zu verplempern, die nie eingezahlt haben oder gen Osten zu schicken, dann sollen die auch heute dafür gerade stehen, denn hätte man mir damals gesagt, wenn du mal dran bist, kriegst du nichts, weil wir das anderweitig im Osten oder für fremde Leute verplempern, dann hätte ich damals nur noch schwarz gearbeitet und nie in diese Kassen eingezahlt. Das hätte ja keinen Sinn gemacht, nur für andere einzuzahlen und selbst später leer auszugehen. Nun, ich befürchte, diese heikle Thematik wird uns noch des öfteren beschäftigen. Es liegt viel an der eigenen Grundhaltung, ab wann man sich darüber aufregen mag und ob man bestimmte Forderungen mit einem ruhigen Gewissen stellen kann oder nicht.
Nun möchte ich für dieses Mal hier enden, alles Gute wünscht Ihnen Ihr
Egbert Lappenkeuler
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Beitrag 2
Lappenkeuler - Brief / Email „Grüne Stifte" vom 23.02.2006
Neuwerte Grüße.
Da sind wir wieder. Dinge, die man schon längst zu den Akten gelegt glaubte, bieten plötzlich wieder Möglichkeiten an. Also folgendes ist geschehen. Es meldete sich der Herr Collmer von der Entwicklungsgesellschaft bei uns. Wir wunderten uns natürlich heftig, weil bekanntlich die Pläne mit der Bebauung des Campingplatzes und daher auch die Sache mit Abschlagszahlung oder Ersatzwohnung so gut wie gestorben sind. Der Herr Collmer war sichtlich erfreut, da die Stadt und die Entwicklungsgesellschaft sich die ganze Angelegenheit noch mal durchdacht haben und dabei zu dem Entschluss gekommen sind, die geplante Bebauung doch durchzuführen, allerdings zunächst schrittweise und in etwas kleineren Ausmaß. War ursprünglich geplant, in einem Zug das ganze Gelände zu bebauen, so will man nun das Gesamtbauvorhaben in 3 getrennte Bauabschnitte aufspalten, die jeweils im Abstand von 1 bis 2 Jahren in Angriff genommen werden sollen. Das führt dazu, dass der erste Bauabschnitt die Altlasten, also die Gebäudereste im Erdreich, von der früheren Industriebebauung überhaupt nicht berührt. Die werden erst bei Inangriffnahme des dritten Bauabschnitts davon berührt. Ferner wird mit dem ersten Bauabschnitt nicht mehr in 2006, sondern definitiv im April 2007 begonnen. Die Auswirkungen dieser Entscheidung sind vielfältiger als man meinen möchte. Zu dem Grundstücksbereich, der gleich von Anfang an vom ersten Bauabschnitt betroffen sein wird, zählt auch unser Grundstück. Soweit so gut. Das heißt im Klartext, wir sollen doch hier raus. Vor diesem neuen Hintergrund bietet der Collmer im Namen von Stadt und Entwicklungsgesellschaft uns erneut einige Wohnungen mietfrei als Ersatzwohnung an, so wie wir es bereits kannten. Leider bleibt die Sache mit der Abschlagszahlung endgültig gestorben. Die neuerlichen Beratschlagungen hätten auch ergeben, dass die Kosten des Bauvorhabens drastisch gesenkt werden müssen und da zähle nun jeder Cent. Daher wären keine Beträge für zusätzliche Abschlagszahlungen mehr drin, eben um Kosten zu sparen und weil zeitgleich die Gesellschaft, wie damals schon angedeutet, derzeit 83 Wohnungen leer stehen hat, die sie als Ersatz für 9 oder gegebenenfalls auch bis zu 15 Jahre mietfrei anbietet. Natürlich können wir nicht aus 83 Wohnungen uns irgend etwas aussuchen, es muss schon etwas sein, was nicht unter den Begriff Luxuswohnung fällt, aber zu billig abspeisen lassen wir uns auch nicht, das habe ich dem gleich klar gemacht. Der Collmer sagt, dass man da bereits klare Regeln habe, wonach man uns keine Wohnung anbieten wird, die normalerweise pro Monat 800 oder mehr Euro an Miete kosten würde, aber man könne sich durchaus vorstellen uns Wohnungen anzubieten, die normalerweise eine Monatsmiete von ungefähr 400 bis 700 Euro kalt kosten. Dafür kriegt man schon was und das ist dann nicht gleich das Allerbilligste. Des weiteren möchte man mit uns möglichst schnell einig werden, so dass wir schon innerhalb des nächsten Vierteljahres umziehen, sofern wir uns zeitig für eine der angebotenen Wohnungen entscheiden. Das würde man uns anbieten, weil wir Kooperationsbereitschaft gezeigt hätten und weil man es ein wenig als Studienobjekt für später mögliche Umsiedlungen anderer Bewohner betrachtet. Viele der anderen Dauer-Bewohner werden allerdings leer ausgehen, weil die überhaupt keine vertraglich zugesicherte Nutzungszeitdauer haben, wie es bei uns und bestenfalls 5 anderen der Fall ist. Herr Collmer hat bereits etliche speziell infrage kommenden Wohnungen heraus gesucht, die wir uns innerhalb der nächsten beiden Wochen ansehen können. Er sagte, es wären insgesamt 11 Stück, wovon 2 Stück außerhalb von Stuttgart liegen, diese könne man dafür aber für 15 Jahre mietfrei nutzen, während alle in Stuttgart gelegenen Wohnungen nur für die vertraglich zugesicherten 9 Jahre Restlaufzeit nutzbar wären. Nun hatte ich Ihnen schon mal gesagt, dass ich eigentlich wieder ganz gerne in den Stadtteil ziehen würde, in dem ich zuvor gewohnt habe, weil dort alles irgendwie besser zu uns passt. Das soll keine Negativkritik an unserem jetzigen Wohnsitz in den Mobilheimen sein, aber trotzdem würden wir längerfristig lieber wieder in der früheren Umgebung wohnen oder an der Mosel. Die Mosel können wir uns jedoch abschminken, ein Umzug dorthin wäre nur mit einer Abschlagszahlung möglich gewesen. So habe ich dem Collmer gesagt, in welchem Bereich von Stuttgart wir bei einem Umzug dann gerne wieder wohnen würden. Der hat sich das notiert und war sehr zuversichtlich, da er meinte, dass unter den 83 freien Wohnungen mindestens 4, wenn nicht sogar doppelt so viele, in diesem Stadtteil sind. Das andere Angebot, in eines der freien Häuser auf dem Land zu ziehen und das gleich für 15 Jahre mietfrei, ist zweifellos auch sehr verlockend. Da muss man sich die Häuser und ihre Lage jedoch sehr genau ansehen, denn so schön es landschaftlich auch sein mag, wir sind doch an gewisse Dinge hier in der Stadt gewöhnt und wenn die fehlen oder zu umständlich werden, dann wird das durch die Vorteile des Landlebens nicht aufgewogen. Wissen Sie, um nur ein Beispiel zu nennen. Ich muss mindestens jedes halbe Jahr zu einer Nachuntersuchung wegen meiner damaligen schweren Erkrankung. Diese Nachuntersuchung kann hier im ganzen Umfeld von 100 km nur in Stuttgart durchgeführt werden. Dann muss man dies meistens mit öffentlichen Verkehrsmitteln ansteuern, weil man oft ein Kontrastmittel einnehmen muss um mit bestimmten Apparaturen durchleuchtet zu werden. In den ersten 6 Stunden nach der Einnahme dieses Kontrastmittels darf man nicht mehr autofahren und man fühlt sich zwar nicht schlecht, aber ein wenig benommen, oder sagen wir leicht dämmrig. Je nach dem, wo dann ein Wohnsitz auf dem Lande liegt, bekäme man dann aber dicke Probleme, mit öffentlichen Verkehrsmittel im benommenen Zustand noch nach Hause zu kommen. Es gibt viele weitere Gründe, die gegen einen ansonsten schönen Wohnsitz auf dem Lande sprechen können. Sie können sich vorstellen, dass wir nun wieder gespannt wie die Flitzebögen sind, was man uns da nun an möglichen Ersatzwohnungen anbieten wird. Herr Collmer hat uns versichert, dass man uns gezielt Qualitätswohnungen anbieten wird, weil man mit uns auf jeden Fall möglichst schnell klar kommen will, weil man sich davon einen Mitzieheffekt für die anderen 5 Dauerbewohner mit vergleichbaren Verträgen verspricht. Falls wir danach klagen und schimpfen, dann wären die anderen 5, wenn die dann später mal dran sind, abgeschreckt und würden sich sicher quer legen. Also ich fänds großartig, wenn das so doch noch klappen würde. Kayla bejammert nur ein wenig, dass die ganze investierte Arbeit in den Umzug nach hier dann vertane Zeit war, womit sie natürlich recht hat, allerdings ist sie auch für den erneuten Wechsel, sofern die neue Wohnung dann wirklich unseren Vorstellungen entspricht. Selbstverständlich halte ich Sie da auf dem Laufenden, weil ich denke, dass ist eine Sache, die ein wenig von allgemeinem Interesse ist, weil man daran die Vorgehensweise großer Anlagegesellschaften sieht, wenn man als kleiner Betroffener in deren Mühlen gerät.
Ich glaube, wir hatten schon öfters über vergleichbares gesprochen, aber Geschmackssache ist Geschmackssache, könnte man so sagen. Wie Sie wissen, gehen wir selten anderweitig essen, höchstens jeden zweiten Monat mal oder wenn es irgendwo umsonst Imbisse gibt oder besondere Ereignisse es erfordern, wie neulich, wo uns selbst die essbaren Vorräte aus gegangen waren. Wenn aber, meist aus Gründen einer Eröffnung, Ausstellung oder Feierlichkeit irgendwo ein Imbiss kostenlos angeboten wird, dann scheue ich mich keinen Moment, solche Angebote anzunehmen und dort kostenlos zu essen. Dazu sind solche Dinge ja auch da. Am letzten Mittwoch war es mal wieder so weit. In der Rotenbergstraße eröffnete ein neues Spezialitätenrestaurant mit der Werbung, dass am Eröffnungstag zwischen 18 und 20 Uhr ein kostenloser Imbiss aus Proben der regulären Menüs geboten würde. Das ließen wir uns nicht zweimal sagen. Klarer Fall, punkt 18 Uhr standen wir dort auf der Matte. Kayla hatte sich ihr süßes rot-schwarzes Kostümkleid angezogen, ich hatte mich auch ein wenig besser angezogen, als ich es sonst tue. Nur mich zu rasieren hatte ich vergessen. Das kommt bei mir selten vor, weil ich mich normalerweise täglich nach dem Aufstehen rasiere, aber 2 Tage lang hatte das nicht geklappt, weil ich vergessen hatte, den Akku vom Rasierer zu laden. Auf die Idee mich deswegen nass zu rasieren komme ich nicht, weil ich nass rasieren hasse, diese eklige Kleckerei. Unrasiert in ein Lokal zu gehen ist heute kein Problem mehr, eher im Gegenteil, selbst honorige Leute laufen heute oft in der Öffentlichkeit mit dem berühmten Dreitagebart herum, da hätte man vor 15 Jahren noch gefragt, was ist das denn für ein ungepflegtes, faules Dreckschwein. So machte ich mir keinen Kopf deswegen und wir kamen auch anstandslos in die Lokalität. Dort war es schon brechend voll. Wegen des Andrangs standen die meisten Leute gepfercht herum, unterhielten sich und bedienten sich dabei von diversen großen Tabletts mit einer enormen Auswahl an schön aussehenden Häppchen. Die waren aber so raffiniert angerichtet, dass man nicht erkennen konnte, um was es sich dabei handelt. So bedienten wir uns auch eifrig und ohne zu fragen von diesen Tabletts. Das erste Häppchengesteck, welches ich erwischte schmeckte sehr gut, fast wie eine scharf gewürzte Frikadelle. Aber ab dem zweiten Häppchen war aus mit lustig. Traniger Fisch ist noch eine lobende Bezeichnung für das, was man dabei schmeckte. Es war meines Erachtens ungenießbar und ich der festen Überzeugung, dass es sich dabei um faules Zeug handelte, Fisch, der schon vor mehreren Wochen, wenn nicht Monaten sein Verfallsdatum hinter sich gelassen hatte. Kurzum bin ich mir in solchen Momenten auch nicht zu schade dazu, das dann wieder auszuspucken. Ich zog mir eine Serviette aus einem dort aufgestellten Serviettenspender, spuckte diesen tranigen Dreck dort rein und schmiss das dann in einen Papierkorb. Damit zog ich schon einige kritische Blicke auf mich. Ich flüsterte Kayla ins Ohr, was damit los war. Jetzt musste erst mal dieser widerliche Geschmack aus meinem Mund. So nahm ich mir von einer Getränketheke ein Glas Orangensaft, welches nach diesem Genuss der ekligen Art richtig gut tat. Kayla ergriff sich nun ein Häppchen, verzog ebenfalls sofort die Miene und war wohl auf ähnliches Zeug gestoßen. Sie machte es damit genau so, wie ich. Nun lasteten die Blicke auf ihr. Ein großer Herr mit schwarzem Anzug und schütterem Haar verzog hochnäsig die Mundwinkel und sagte ziemlich laut zu seinem Nachbarn, so etwas wie Vulgäres Pack. Damit meinte er wohl uns. Nun hatte ich keine Lust, mich gleich zu Beginn mit solch einem Idioten zu streiten, aber der Mann war in meinem Ansehen gleich ins Bodenlose gefallen. Wir verzogen uns in eine andere Ecke des Raumes und aßen dort einige Häppchen, die wirklich wieder sehr gut schmeckten. Allerdings währte das nicht lange. Schon bald trafen wir wieder auf völlig ungenießbare Brocken ekelhaft fauligen Fischs. Ich war so angewidert, dass ich im ersten Moment etwas die Kontrolle über mich verlor und den Fischhappen ausspuckte, bevor ich eine Serviette ergriffen hatte. Das Ausgespuckte landete auf dem Boden und wie es der Zufall gerade wollte, kam ausgerechnet in diesem Moment der komische, hochnäsige Kauz vorbei. Er meckerte etwas herum und sprach eine schlanke, kleine Dame an, die dort herumstand und mit andern Herrschaften Konversation betrieb. Daraufhin schaute diese Dame dorthin wo der Kauz hinzeigte, auf den Boden und man sah, wie er ihr in schillerndsten Farben ausmalte, was er gerade an mir gesehen hatte. Auch mehrere andere Leute, die sich wohl für feine Pinkel hielten, schauten nun zu uns rüber, weil sie durch das Gehabe von diesem Idioten aufmerksam geworden waren. Kayla meinte in diesem Moment zu mir, dass es in dem Laden zu ungemütlich würde und wir lieber nach Hause gehen sollten. Zu spät, inzwischen wandte sich die erwähnte Dame zu uns und kam mit einem Glas Sekt in der Hand herbei. Sie fragte mich, ob mir die gebotenen Pics, so bezeichnete sie diese Häppchen, nicht gemundet hätten. So konkret gefragt, antwortete ich ihr, das etliche der „Pics" durchaus lecker waren, aber dass immer wieder völlig ungenießbare faulige Fischsachen darunter wären, bei denen der Fisch wohl schon bei den sogenannten Millenium-Feiern vor 6 Jahren mal irgendwo auf dem Tisch gestanden habe. Darüber zeigte sie sich dann sehr entrüstet. Dann ließ sie die Katze aus dem Sack und erläuterte, dass sie die Inhaberin der neuen Lokalität sei. Sie behauptete, dass gerade diese fauligen Fischdinger eine absolute Delikatesse darstellten, die aus speziellen Fischsorten zubereitet würden und dann wohlgemerkt roh, also ungekocht oder ungebraten gegessen würden. Darauf meinte ich flapsig, dass es dann ja kein Wunder sei, dass es so traniges Zeug wäre. Ich meinte dann noch, dass es wohl in sei, überall zu sparen und jetzt würde schon am Erdgas zum Kochen des Fischs gespart und das Zeug gleich ungegart serviert. Einige andere Gäste die das hörten, lachten daraufhin herzlich, jedoch die Dame fands überhaupt nicht gut und zu allem Überfluss gesellte sich nun auch noch wieder dieser geschniegelte Lackaffe hinzu. Der meinte dann, das käme dabei heraus, wenn sich Leute der unteren Gesellschaftsschicht in Regionen verirren, in die sie nicht hinein gehören. Zugleich forderte er die Dame auf, uns doch einfach raus zu werfen. Kayla griff mich beim Arm und zerrte etwas und meinte, dass wir jetzt endlich diesen miesen Laden verlassen sollten. Daraufhin wurde der Lackaffe noch recht unfreundlich, indem er so was sagte wie, dass meine billige asiatische Freizeitdirne und Gespielin wohl die Lage besser einschätzen könne, als ich und dass ich besser auf sie hören solle. Dann habe ich in die obere Jackentasche seines noblen Anzugs gegriffen, aus der ein seidenes Strunztüchlein ragte und ihm die Tasche mit einem Ruck abgerissen, genau so, wie man einem Degradierten die Streifen und Orden vom Revers reißt. Alleine der blöde Gesichtsausdruck den er dabei hinterließ war es wert, das zu tun. Ich hätte mich kaputtlachen können, wie dieses lackierte Arschloch dann dumm aus der Wäsche schaute und seine Tasche wie eine labbrige Zunge herunterhing. Ich wünschte dann nur noch überfreundlich allen einen schönen Abend und wir sind gegangen. Der eingebildete Fatzke hatte es bis zu diesem Zeitpunkt nicht mehr geschafft, sich zu berappeln, wie man so sagt, der stand immer noch da, wie ein begossener Pudel und wusste noch nicht so recht, ob das, was er da gerade erlebt hatte, echt war oder ob er nur im Alptraum dahindämmert. Kayla meinte auf dem Nachhauseweg noch, dass es nicht unbedingt eine Heldentat von mir war, auch wenn dieser Kerl es verdient hatte, aber wenn der die Polizei verständigt hätte, dann würden vielleicht noch größere Unannehmlichkeiten auf uns zu kommen. Ganz unrecht hat sie vielleicht nicht, aber erstens war ich in dem Moment von dem Arschloch so angewidert, dass musste einfach sein und zweitens hat er ja auch Beleidigungen ausgestoßen, wenn auch in feinere Worte verpackt, die dann ebenfalls zur Sprache kämen. Ich habe keine Angst vor diesem Knallkopf und wenn der mich wirklich deswegen anzeigen würde, dann könnte der mich aber mal wirklich richtig kennen lernen.
Vor längerem erwähnte ich schon mal, dass wir hier an den Mobilheimen ja keinen Briefkasten haben, weil der Briefträger im Regelfall gar nicht auf den Campingplatz kommt, sondern nur bis vorne an das Verwaltungshäuschen. Dort hat jeder Dauerbewohner eine Art Postfach, allerdings ohne Postfach-Nummer, sondern einem ganz normalen Namensschildchen. Nur bei der Zustellung von Paketen kommt der Briefträger auf das Gelände und zum jeweiligen Mobilheim oder Wohnwagen. Nun hatten wir in der letzten Zeit eine komische Sache, ob Kinder das machen oder ob es ein seltsamer Irrtum ist, wir wissen es nicht. Vor rund 2 Wochen fing es an. Meistens, wenn einer von uns raus fährt, hält er zugleich vorne an diesem Häuschen und schaut dort im eigenen Briefkasten nach, ob neue Post gekommen ist. So hatte ich vor ungefähr 2 Wochen beim Öffnen einen nagelneuen grünen Filzstift im Briefkasten liegen. Ohne weitere Angaben oder einen Hinweis von wem der ist. Wenige Tage später lag wieder einer drin. Dann seit fast einer Woche liegt täglich entweder solch ein Fineliner-Schreibfilzstift der Firma Schwan- Stabilo oder ein Kugelschreiber drin, immer jeweils in grüner Farbe. Manchmal liegen neuerdings sogar 2 drin. Inzwischen haben wir schon 16 grüne Stifte, die auf diese Art hier eingetroffen sind. Alle Stifte funktionieren einwandfrei und scheinen fabrikneu zu sein. Kayla meinte, da läge sicher eine Verwechslung vor, dass die grünen Stifte für jemand anders bestimmt sind. Die Campingplatzverwalterin, die ja auch ihr Büro in diesem Gebäude hat, hatte aber auch nicht mitbekommen, wer die Stifte dort ständig reinwirft. Sie sagte allerdings, dass sie selbst vor wenigen Tagen einen neuwertigen schwarzen Kugelschreiber in ihrem Briefkasten fand. Gut, einen, aber nicht täglich welche. Gestern früh begegnete mir dort am Briefkasten unser neuer Platz-Nachbar, der LKW-Fahrer Schiffer, Sie wissen schon, der eigentlich aus Köln stammt, von dem ich Ihnen vor einigen Wochen schrieb. Der öffnete auch gerade seinen Briefkasten. So habe ich den gefragt, ob er auch so etwas in letzter Zeit im Briefkasten vorfinde. Der erzählte mir dann, dass er in den zurückliegenden 2 Wochen 2 mal rote und 1 mal einen blauen Stift im Briefkasten hatte, aber nicht wie wir, jeden Tag. Auf dem Platz traf ich noch eine ältere Dame, die in einem Wohnwagen wohnt, der etwas abseits steht und fragte die spontan. Die sagte auch, dass sie in jüngster Zeit schon mal vereinzelt Filzstifte oder Kugelschreiber, meist in schwarzer Farbe, im Briefkasten hatte, allerdings in der Gesamtsumme vielleicht 5 Stück in 2 Wochen. So war auch gestern und sogar am letzten Sonntag bei uns wieder ein grüner Stift im Kasten. Wenn das so weiter geht, dann kann ich bald ein Spezialgeschäft für grüne Stifte aufmachen. Ich meine, es ist natürlich kein Nachteil für uns, im Gegenteil, von mir aus kann der edle Spender bis zum Sankt - Nimmerleinstag damit weitermachen, aber andererseits beunruhigt es einen doch schon etwas und so viele grüne Stifte kriegt man ja im Leben nicht verbraucht, da trocknen die eher ein, was auch keinem etwas bringt. Im Auto habe ich schon 3 Stück liegen für die Tanktermine einzutragen, dann hat Kayla etliche und ich etliche, wir schreiben schon fast nur noch mit grüner Farbe. Kayla meinte schon, vielleicht steckt genau diese Absicht dahinter, dass der oder die edlen Spender damit das Ziel verfolgen, dass die Leute bald alle in grüner Farbe schreiben und damit sozusagen im Unterbewusstsein Reklame für die Grünen machen. Kann ich mir aber ehrlich gesagt nicht wirklich vorstellen, zumal der Schiffer ja 2 rote und einen blauen Stift im Kasten hatte und diese Frau vorwiegend schwarze. Ich vermute eher Kinder dahinter, die irgendwo ein Lager mit solchen Stiften geknackt haben oder irgendwie daran geraten sind und diese nun so auf ihre eigene lustige Weise als vermeintliche Wohltat unters Volk streuen. Warum gerade wir aber in solch großer Menge mit ausschließlich grünen Stiften versorgt werden, leuchtet mir nicht ein, vielleicht ist denen der außergewöhnliche Name Lappenkeuler am Briefkasten aufgefallen und zieht die magisch an. Vor längerer Zeit in meiner vorvorletzten Wohnung, da hatte mal einer an meinem Briefkasten den Namen Lappenkeuler halb durchgestrichen, also den „keuler" hatte der dick geschwärzt und dann davor Flick-Lappen geschrieben. Das ist bestimmt schon 12 Jahre her und damals wohnte ich noch in einem schmuddeligen Altbau in der Lerchenstraße. Wenn man dort auf den Dachboden ging, kam man garantiert nicht ohne Flohstiche zurück. Eine Drecksbude war das.
Flohstiche und ähnliches Ungeziefer wird man sich bald auch hier in Stuttgart holen können, wenn das mit dem Müllabfuhr-Theater so weiter geht. Wissen Sie, die Müllabfuhr kommt in verschiedenen Stadtbereichen seit rund 3 Wochen nicht mehr, weil dort gestreikt wird. Das ist allerdings sehr unterschiedlich, weil es gibt da wohl komplizierte Feinheiten. Es gibt Bereiche, Teile von Stadtteilen muss man wohl sagen, dort holt nicht die sogenannte städtische Müllabfuhr den Müll ab, sondern ein privates Unternehmen, dann vielleicht 3 Straßenzüge weiter ist wieder die städtische Müllabfuhr zuständig und 1 km weiter wieder ein völlig anderes Privatunternehmen, welches noch nicht einmal aus dem Raum Stuttgart stammt. Wo Private abholen, ist der Müll meist weg. Ganz schlimm ist es in der Ecke, wo wir zuvor gewohnt hatten, dort stapelt sich an manchen Wohnblocks schon 2 m hoch der Müll. Hier bei uns merkt man eher wenig davon. Hier wird zwar auch nicht abgeholt, aber in dem Bereich wird ohnehin nur alle 2 Wochen der Müll geholt, nicht jede Woche, wie es in unserem früheren Domizil der Fall war. Nun, wenn sie einmal an eine Abholung im 2 Wochen-Rhythmus gewöhnt sind, dann macht es ihnen auch nicht wirklich Probleme, wenn es dann mal 3 Wochen dauert. Zudem haben wir hier recht große Mülltonnen und man hat genug Platz, wo man den Müll auch notfalls zwischenlagern könnte, falls die Restmülltonne oder die gelbgrüne Tonne überläuft. Der meiste Mist sammelt sich ohnehin in dieser gelbgrünen Dualmülltonne an, wodurch diese zuerst voll ist, aber selbst wenn die wirklich randvoll ist, dann drückt man von oben mal kräftig nach und dieses Zeug lässt sich oftmals dann auf ein Drittel komprimieren, so dass locker noch Platz für mindestens 2 weitere Wochen entsteht. Das sind ja vorwiegend Verpackungen aus Kunststoff und dergleichen, was sich mit etwas Kraft gut zusammenpressen lässt. Nun weiß ich nicht, wie lange dieser Streik noch andauert, das wissen die ja selbst nicht einmal, aber falls es wirklich so lange dauern sollte, dass unsere Tonnen überlaufen, dann hätte ich unter solchen Bedingungen auch kein Problem damit, das Zeug irgendwo im Straßengraben abzukippen. Man mag da sicherlich aus Umweltgründen so seine Abneigung haben, aber was nützt mir das? Es ist immer eine Frage der Voraussetzungen die sich zusammenbrauen, um diesen Schritt zu tun. Unter uns kann man es ja sagen, ich hatte durchaus schon mal Müll in der Landschaft entsorgt. Das lag auch nur an den Bedingungen. Es waren Sachen, die man früher kostenlos beim Sperrmüll entsorgen konnte. Irgendwann kamen die Geistesköpfe bei der Verwaltung auf die Idee, für bestimmte Dinge, wie alte Farbdosen, Reinigungsmittelbehälter mit oder ohne Inhalt u.s.w. eine gesonderte Entsorgungsgebühr zu verlangen, die sich gewaschen hat. Diese Sachen sollte man nach deren Vorstellung übers Jahr sammeln und dann einmal zu einem Müllhof fahren oder einmal pro Jahr kam auch ein Spezial-Müllmobil vorbei, welches solchen Kram gegen diese Gebühr annahm. Die wollten sage und schreibe für jede alte Lackdose, egal ob leer oder voll, 2 Euro haben, eine alte Autobatterie 7,50 Euro, eine Tüte mit alten Pinseln und Farbrollen pauschal 5 Euro, jedenfalls wäre ich für alles Zeug locker 15 bis 20 Euro los geworden. Eine Frechheit. Wozu zahlt man denn seine Müllgebühr? Damals ging es mir finanziell noch schlechter, das war noch vor dieser Briefmarkensache, die uns wirtschaftlich durchaus viel geholfen hat, da waren 20 Euro so gesehen noch mehr wert, als heute. Ich hatte den Mist in meinen damaligen Suzuki-Alto geladen und ungefähr 30 km von hier nachts an einer kleinen Waldstraße entsorgt. Ist mir doch egal! Jedenfalls unter solchen Bedingungen. Normalerweise würde ich das nie tun, aber wenn man glaubt, uns mit immer drastischeren Vorschriften und Abkassiermethoden so einzwängen zu können, dann verliere ich auch jeden Skrupel in dieser Hinsicht.
Diese Tage wurde im Radio eine seltsame Debatte über das Alter gehalten. Alt werden finde ich durchaus sehr schön, solange man gesundheitlich auf der Höhe ist, bzw. solange sich die Zipperlein wirklich noch im Bereich von Zipperlein, also kleineren Krankheiten und Gebrechen bewegen. Wenn jemand jedoch von einer größeren Krankheit befallen ist, gibt es wohl kaum etwas schlimmeres für denjenigen, als beim voranschreitenden eigenen Verfall zusehen zu müssen. Solche Erlebnisse münden dann schnell in restloser Verzweiflung und Selbstaufgabe und es gibt ganz bestimmte Punkte, ab denen der Betroffene sich selbst als hoffnungslosen Fall ansieht und jeder Mut dahinschwindet. Ich glaube, dass ich das durchaus so sagen darf, weil ich vor Jahren bekanntlich selbst unter einer schweren Erkrankung zu leiden hatte. Sind wir einmal ganz ehrlich, es hat in dieser Zeit für mich mehrere Phasen gegeben, wo ich so weit war, dass ich selbst der festen Überzeugung war, das Ende des Jahres nicht mehr zu erleben, teils sogar, dass ich keine 2 Monate mehr im Voraus etwas geplant hätte. Viele langdauernde Aufenthalte in unterschiedlichen Kliniken und Sanatorien führten zu ebenso unterschiedlichen Zuständen und Einschätzungen der eigenen Zukunft. Besonders in den Kliniken, in denen man sich auf das rein medizinisch notwendige Maß im Umgang mit den Patienten beschränkte, lag meine Stimmung nicht nur am Nullpunkt, sondern oft noch weit darunter im Negativen. Es gab durchaus Momente, in denen ich gesagt habe, bevor das Leben nun so mit dem Verfall weiter geht, wäre es mir lieber von einem momentanen erlösenden Blitz getroffen zu werden, der mich von einer Millisekunde zur nächsten ins Jenseits befördert. Dann aber in den Kliniken und Sanatorien, allen voran dem einzigartigen Haus in Liechtenstein, wo man den Eindruck hatte, die Behandlung der Krankheit läuft nur so nebenbei ab, der wahre Grund des Dortseins ist der, Spaß zu haben oder Ablenkung in den unterschiedlichsten Dingen zu finden, selbst mit solchen mit denen man sich zuvor im ganzen Leben noch nie beschäftigt hatte, dort ging es einem erheblich besser und solche tiefschwarzen Gedanken gab es eigentlich so gut wie gar nicht mehr. Eher im Gegenteil. Wenn ein Moment der Verzweiflung auftrat und sich die Schwere der Krankheit wieder ins Bewusstsein zurückmeldete, dann hätte man sich trotzdem nicht, wie zuvor nach dem erlösenden Blitz gesehnt, sonder eher mit einer Art Leichtigkeit jeden nächsten Tag zu seinem Freund gemacht, um wieder an diesen ganzen schönen Dingen teilhaben zu können. Das klingt jetzt vielleicht komisch, aber diese Art der Gesamthaltung hat dann die Genesung wirklich wesentlich mehr voran gebracht, als die ganzen komplizierten Therapien in den anderen Kliniken zuvor. So sage ich, sind derartige Vorhersagen, nach dem Motto, wenn ich mal diese oder jene schwere Krankheit habe oder dieses oder jenes hohe Alter habe, dann will ich lieber sofort in die Erdkiste springen, oft zu leichtfertig. Ich will und kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich mich damals selbst schon aufgegeben hatte und selbst viele Ärzte sahen das genauso. Eigentlich könnte man sagen, ich bin über den Berg, habe seit über 3 Jahren mit der Krankheit nichts mehr zu tun, außer, dass ich noch spätestens halbjährlich einmal zu einer umfangreichen Nachuntersuchung muss, wo ich dann auch seltene Medikamente zur Vorbeugung verschrieben kriege, die ich nach wie vor einnehmen muss. Diese Nachuntersuchungen können auch nur ganz bestimmte Kliniken durchführen, die eine spezielle Ausrüstung und Ärzte mit entsprechendem Fachwissen haben. Meist ist das nur an Universitätskliniken und einigen wenigen Privatkliniken der Fall. Trotzdem bin ich da vorsichtig. Auch wenn ich wirklich selbst unter diesen Fachärzten als völlig geheilt gelte, würde ich deshalb kein überschwängliches Freudenfest geben, zu sehr bleibt im Hinterkopf, ob die Krankheit sich nicht doch irgendwo noch in einer dunklen Ecke in meinem Körper versteckt hält, um irgendwann wieder auszubrechen. Es ist aber nicht so, dass solche Gedanken mich beunruhigen oder gar den Tagesablauf bestimmen, wie es damals war. Heute sehe ich es eher so, dass seither immerhin über 3 Jahre gut verliefen, die mir sozusagen geschenkt wurden und ich freue mich auf jedes weitere Jahr, bin aber nicht betrübt, wenn ich keine Vorhersage wage, ob ich noch 10, 20 oder mehr Jahre schaffe.
Nun sind das keine Gedanken, die zur Fasnet passen mögen, aber es sind Gedanken, die sicher ihre Anstrengung wert sind.
Soweit für heute. Eine lustige Fasnet, falls Sie in dieser Richtung irgendwie aktiv sind, ansonsten in jedem Fall viel Freude, Ihr
Egbert Lappenkeuler
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